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Verfahren zur Herstellung von spinnfähigen primären Celluloseesterlösungen
Rohlösunggen von Celluloseestern, zu deren Herstellung starke Säuren, wie Schwefelsäure,
Phosphorsäure u. dgl., als Katalysator verwendet werden, sind bekanntlich wegen
der weitergehenden Einwirkung des Katalvsators nicht haltbar und lassen sich, abgesehen
von den in ihnen enthaltenen Verunreinigungen, nicht verspinnen.
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Nach dem Verfahren der deutschen Patentschrift 196 730 kann
man die Kontaktstoffe durch Zusatz von Basen oder ihren Salzen mit schwachen Säuren
abstumpfen und unwirksam machen. Dadurch werden die Lösungen wohl haltbar gemacht,
aber zur technischen Verarbeitung auf Kunstseide sind sie nicht geeignet. Entweder
bleibt das Salz aus Kontaktsäure und Abstumpfungsmittel in Lösung und verhindert
so die kontinuierliche Fadenbildung und schädigt die Festigkeit der Seide, oder
es fällt aus, und zwar meiner so störenden kolloidalen und feinverteiltenForm, daß
eine Reinigung, z. B. durch Filtration, in technisch durchführbarer Art einfach
unmöglich ist. Aus .diesem Grunde ist es der Technik bis jetzt noch nicht gelungen,
Celluloseesterrohlösungen direkt auf Kunstseide zu verarbeiten, obwohl dies außerordentlich
vorteilhaft wäre.
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Es wurde nun gefunden, daß man diese Schwierigkeiten überwinden und
die Roh-Lösungen in einer Operation haltbar, sauber und spinnbar machen kann, wenn
man beim Abstumpfen die Basen bzw. deren Salze und die Arbeitsbedingungen, wie z.
B. Tempo der Zugabe, Konzentration und Temperatur, so wählt, daß sich das Reaktionsprodukt
aus Abstufungsmittel und Kontaktsubstanz in @grobkristalliner Form abscheidet. Dadurch
erreicht man, daß sich nicht nur die Ausscheidung von der Rohlösung sehr leicht
trennen läßt, sondern auch, daß die Reinigung der Rohlösung von anderen Verunreinigungen,
wie Fäserchen, gequollenen Anteilen u. dgl., durch die Kristallisation ganz wesentlich
erleichtert wird gegenüber der Reinigung der nicht abgestumpften Lösung. Offenbar
umhüllen die Kristalle einen großen Teil dieser Verunreinigungen oder absorbieren
und reißen sie nieder. Erfolgt die Reinigung durch Filtration - auch Zentrifugieren
ist ein sehr geeignetes Mittel -, so wirkt außerdem die auf dem Filter sich ansammelnde
Kristallschicht als Filtermaterial mit und ermöglicht, was Klarheit und Menge anlangt,
eine vorzügliche Filterleistung. Da das eigentliche Filter fast rein und sauber
bleibt, so kann man sogar bei geeigneter Apparatur, z. B. einem Trommelfilter mit
Abschabevorrichtung, weitgehend kontinuierlich arbeiten.
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Um den mit vorliegendem Verfahren erstrebten
Effekt,
nämlich gute Kristallbildung aus Abstumpfungsmittel und Katalysator, zu erzielen,
ist es zweckmäßig, in erster Linie mit solchen Basen, Basengemischen oder deren
Salzen abzustumpfen, deren Reaktionsprodukt mit der Kontaktsäure an sich schon eine
große -Neigung hat, sich aus dem verwendeten Lösungsmittel für Acidylcellulose grobkristallin
abzuscheiden. Dies ist z. B. beim Vorliegen einer Rohlösung von Acetylcellulose
in Essigsäure, hergestellt mit Schwefelsäure als Katalysator, der Fall, wenn man
mit Magnesiumacetat abstumpft und auf .die Bildung von Bittersalz Mg S O,, # 7 aq
hinarbeitet. Aus Essigsäurelösung fällt dieses in Form von langen Nadeln aus, die
unter geeigneten Arbeitsbedingungen die Länge von mehreren Zentimetern erreichen.
Um diese beste Form des kristallwasserhaltigen Salzes zu erzielen, ist es erforderlich,
die Essigsäurekonzentration durch vorheriges Verdünnen mit Wasser oder wäßriger
Essigsäure auf 65 bis 751, zu erniedrigen. Auch soll die Viskosität der Acetylcelluloserohlösung
nicht zu hoch sein, man muß daher bei einer acetonlöslichen Acetylcellulose von
mittlerer Viskosität die Rohlösung auf einen Gehalt von 8 bis 12°/o einstellen.
Außerdem ist es vorteilhaft, das Abstumpfen allmählich vorzunehmen, um Übersättigung
zu vermeiden. Auch kann man während oder nach vollendetem Abstumpfen die Rohlösung
erwärmen, wodurch bei geeigneter Konzentration und Essigsäureverdünnung der größte
Teil des Salzes in Lösung bleibt bzw. in Lösung geht und beim Abkühlen auf Zimmertemperatur
in besonders schöner Form ausfällt. Ganz allgemein gesagt, muß man nicht nur auf
Bildung eines Salzes hinarbeiten, das an sich große Neigung zeigt, sich kristallin
abzuscheiden, sondern auch die Konzentration und die Essigsäureverdünnung diesem
Salz individuell anpassen und die allgemein bekannten Methoden zur Erzeugung großer
Kristalle auf diesen besonderen Fall übertragen.
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Ein weiteres, zur Erläuterung .des Verfahrens sehr geeignetes Beispiel
ist das Abstumpfen mit einem Gemisch aus Kalium- und Natriumacetat im molekularen
Verhältnis 3 : i und das Hinarbeiten auf das Doppelsalz K@ Na (S O,) 2. Im Gegensatz
zum Abstumpfen mit Magnesiumsalzen darf hierbei .die Essigsäurekonzentration nicht
zu tief liegen, weil sonst das Salz in Lösung bleibt. Wenn man also der Viskosität
wegen genötigt ist, zu verdünnen, so muß dies mit konzentrierter Essigsäure geschehen,
damit :die Essigsäurekonzentration zwischen 85 und 95 °/o bleibt. Arbeitet
man aber nach dem Verfahren gemäß der Patentschrift 196 730 und stumpft nur
mit Natrium- oder Kaliumacetat ab, so fällt das gebildete Sulfat unabhängig von
den Arbeitsbedingungen so fein verteilt und kolloidal aus, daß die ganze Lösung
milchig getrübt ist, und versucht man eine derartig abgestumpfte Lösung zu filtrieren,
so ist schon nach Durchgang weniger Kubikzentimeter pro Quadratzentimeter Filterfläche
das Filter vollkommen verstopft und die filtrierte Lösung selbst noch stark opal
von kolloidalem, durchs Filter gegangenem Sulfat.
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Das Verfahren der Patentschrift 26o 984 vermeidet zur Herstellung
von Celluloseacetatlösungen auch den sonst allgemein üblichen Weg des Ausfällens
des Rohacetats und Wiederlösens .desselben. Nach diesem Verfahren wird die primäre
Acetylierungsmischung zuerst :durch ein neutrales organisches Lösungsmittel oder
Lösungsmittelgemisch stark verdünnt; dann wird durch Zusatz einer Base die gesamte
.Essigsäure neutralisiert und das entstandene essigsaure Salz abfiltriert, so daß
eine neutrale organische Acetatlösung (z. B. in Aceton) zurückbleibt. Bei vorliegendem
Verfahren wird dagegen nur der bei Acidylierung verwendete schädliche Katalysator,
z. B. Schwefelsäure, in eine feste kristallisierte Verbindung übergeführt und in
dieser Form aus .der Lösung herausgeschafft. Die Essigsäure der Acetylierungsmischung
bleibt nach wie vor unverändert das Lösungsmittel der Celluloseesterlösung. Beispiel
i In eine nach bekanntem Verfahren z. B. mit Eisessig, Essigsäureanhydrid und Schwefelsäure
und Hydrolyse hergestellte Lösung von acetonlöslicher Acetylcellulose wird Magnesiumacetat
in kleinem Überschuß, gelöst in So' ,/oiger Essigsäure, langsam unter Umrühren bei
gewöhnlicher Temperatur zufließen gelassen. Dann wird weiter langsam mit 5o°/oiger
Essigsäure verdünnt. Die Konzentrationsverhältnisse beim Verdünnen sind so zu wählen,
daß eineCelluloseesterlösung resultiert mit einem Essigsäuregehalt von ungefähr
65'/" und einem Estergehalt von 8 bis io°/". :\ ach einigem Stehen scheidet sich
ein dichtes Gewirr feiner Kristalle aus Bittersalz ab. Diese werden samt allen Verunreinigungen
durch Filtration entfernt, wobei man zweckmäßig, besonders nach langem .Stehen,
durch Umrühren die Kristalle gleichmäßig in der Lösung verteilt.
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Beispiel z Man löst 294,6 Gewichtsteile Kaliumacetat und 136,1 Gewichtsteile
Natriumacetat, kristallisiert in go%iger Essigsäure und gibt diese Lösung langsam
unter dauerndem Umrühren bei einer Temperatur von 2o° C in eine Rohlösung nach Beispiel
i. Dann läßt
man weiter noch so viel Eisessig langsam unter Umrühren
zufließen, bis die Lösung etwa 8 bis Io°/o Celluloseester enthält. Dann läßt man
ruhig stehen, wobei sich ein Kristallbrei ausscheidet, welchen man nach dem Aufrühren
samt allen Verunreinigungen abfiltriert.