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Verfahren zur Herstellung von Glycerin aus Zucker durch Gärung in
alkalischer Lösung Die Gewinnung von Glycerin durch Gärung von Zucker in einem alkalischen
Medium unter Verwendung von Salzen, z. B. von Sulfiten, ist bekannt (Patent 298
593 und Zusatzpatente, Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 52, S. i385).
Die verhältnismäßig großen Mengen Salze, welche man jedoch zur Erzeugung nennenswerter
Mengen Glycerin zusetzen muß, verteuern die bekannten Verfahren so, daß sie unter
den inzwischen veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen nicht mehr rentabel sind:
Eine bessere Ausnutzung der für die Glyceringärung nötigen Salzmengen und der Hefe
bezweckt das Patent 347 60q. dadurch, daß zur gärenden Masse noch einmal Zucker
zugesetzt wird. Die Hefe vergärt zwar unter den Bedingungen .dieses Patentes den
Zucker, aber die Ausbeute an Glycerin fällt fast proportional .der Menge des zugefügten
Zuckers.
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Es wurde nun die überraschende Tatsache gefunden, daß man mit ein
und derselben Salzmenge (z. B. eines Sulfits) und mit fast der gleichen prozentualen
Ausbeute an Glycerin (auf den Zucker bezogen) wiederholt Zucker bzw. auch Rohzucker-
oder Rübensaftlösungen vergären kann, wenn man nach Beendigung der Gärung die flüchtigen
Gärungsprodukte der vergorenen Maische zunächst ab,destilliert und in der zurückbleibenden
glycerinhaltigen Maische von. neuem Zucker auflöst und vergärt.
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Als flüchtige Gärungsprodukte kommen im wesentlichen solche in Betracht,
die bis etwa i000 flüchtig sind. Zweckmäßig wird man das Abdestillieren :dieser
Gärungsprodukte erst vornehmen, wenn die Gärung größtenteils beendigt ist; selbstverständlich
kann man das Abdestillieren auch bereits in einem früheren Stadium ausführen. Auch
wird man im allgemeinen, bevor .man die flüchtigen Gärungsprodukte abdestilliert,
zunächst die Hefe abfiltrieren, nötig ist dies jedoch nicht. Das Verfahren :gemäß
vorliegender Erfindung läßt sich unter Benutzung ein und derselben Salzmenge beliebig
oft wiederholen. Auch kann man bei Ausführung .des Verfahrens die früher für die
Herstellung von Glycerin aus Zucker durch Gärung in einem alkalischen Medium gemachten
Vorschläge verwenden, beispielsweise in Gegenwart von Katalysatoren arbeiten. Auf
diese Art kann man ohne weitere Zusätze, als Zucker, die Gärung wiederholt mit ein
und derselben Salzmenge vornehmen. Daß :dadurch eine wesentliche Verbilligung des
Verfahrens eintritt, liegt auf der Hand. Es war nicht vorauszusehen, daß auf so
einfache Weise eine Regenerierung des zur Benutzung gelangenden Salzes, ohne es
zu isolieren, sondern nur durch einfaches Erhitzen der Maische trotz der Gegenwart
von Glycerin möglich wäre. Ebenso überraschend ist es, daß .das in der Maische schon
gebildete Glycerin keinen hindernden Einfluß auf die Neubildung von Glycerin ausübt.
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Das bei .der Glyceringärung beispielsweise zur Verwendung kommende
Sulfit, das bei.. der Gärung durch die Kohlensäureentwick-
Jung
in Natriumbicarbonat und Bisulfit übergeführt wird, hat die Aufgabe, den Acetaldehyd
zu binden. Die gebildete Glycerinmenge ist annähernd proportional der gebildeten
und gebundenen Aldehydtnenge. Daher erklärt es sich, daß, wie obenerwähnt, durch
Nachmaischen von Zucker während des Gärungsprozesses keine Zunahme der Glycerinbildung
proportional der Menge des nachgemaischten Zuckers stattfindet, weil die Bildung
und Bindung des Aldehyds von der Konzentration des Sulfits und der durch die Kohlensäure
bewirkten Hydrolyse des Sulfits abhängig ist. Während der Gärung bildet sich ein
Optimum der Hydrolyse des. Sulfits ün:d dadurch ein Optimum der Aldehydbindung und
dementsprechend auch der Glycerinbildung, das durch Zufügung einer neuen Zuckermenge
nicht wesentlich geändert wird. Infolgedessen tritt, wenn man nur neue Zuckermengen
zugibt, aber die flüchtigen Gärungsprodukte nicht beseitigt, während oder nach der
Gärung keine nennenswerte Mehrbildung von Glycerin ein.
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Durch das Verfahren gemäß vorliegender Erfindung wird. das in Lösung
befindliche Salz infolge des Erwärmens regeneriert, kann von neuem Aldehyd binden
und stellt dadurch die Grundlage für eine neue Glycerinbildung her.
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Von dem Verfahren -der Patentschrift 33169q. unterscheidet sich die
vorliegende Erfindung sowohl durch ein grundverschiedenes Gärprinzip (neutrale oder
saure Lösung einerseits, alkalisches Medium andererseits) als auch durch ganz verschiedene
chemische Reaktionen. Dies geht schon daraus hervor, daß so konzentrierte Zuckerlösungen,
wie von 40 %, bei dem Verfahren der vorliegenden Erfindung gar nicht zur Anwendung
kommen können, daß dagegen bei der vorliegenden Erfindung eine erheblich größere
Ausbeute an Glycerin aus Zucker, nämlich etwa 3000 Glycerin, gegen nur etwa 12 bis
15 0/0 bei dem Verfahren der Patentschrift 331 694 erhaltet werden, und daß die
zuletzt erhaltene glycerinhaltige Maische nach der vorliegenden Erfindung io bis
12 0h Glycerin und mehr enthält, während die vergorene Maische nach der Patentschrift
331 694 nur etwa 50)oig ist.
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Hierzu kommt noch, daß es unmöglich ist, nach dem Verfahren dieser
Patentschrift im Gegensatz zu dem beanspruchten Verfahren die billige Melasse als
Ausgangsmaterial für die Gärung zu verwenden.
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Außerdem ist man aber mit dem vorliegenden Verfahren in der Lage,
nach Vergärung des Zuckers und Austreibung der flüchtigen Gärprodukte aus der Maische
beliebig oft mit denselben glycerinbildenden Salzen stets von neuem eine gleiche
Menge Zucker mit stets der gleichen prozentualen Ausbeute an Glycerin zu vergären
wie bei der ersten Gärung. Man kann so den Gehalt der vergorenen Maische -an Glycerin
überraschenderweise bis 12 0/0 und höher anreichern, wodurch -ein ganz besonderer
technischer Fortschritt erzielt wird: Gegenüber dem Verfahren .der Patentschrift
347604 unterscheidet sich das vorliegende außerdem noch dadurch, daß rnan nicht,
wie dies dort der Fall ist, den neu zu vergärenden Zucker während des Höhepunktes
der Gärung der gärenden Maische zusetzt, sondern daß man nach beendeter Gärung die
flüchtigen Gärprodukte, besonders den Aldehyd, abdestilliert. Dadurch regeneriert
man das glycerinbildende Salz und kann von neuem mit derselben Salzmenge die gleiche
Menge Zucker mit der gleichen Ausbeute an Glycerin wie das erstemal vergären. Dieses
Verfahren kann man wiederholt anwenden, so daß man z. B. bei einer fünfmaligen Wiederholung
zu Glycerinkonzentrationen in der vergorenen Maische von. I2 0/0 und mehr kommt,
gegenüber einer Glvcerinkonzentration von etwa nach .dem Patent 347 604. Die Eindampfungskosten
der nach dem neuen Verfahren gewonnenen Maische zur Isolierung des gebildeten. Glycerins
betragen also weniger als die Hälfte; während die Ausnutzung der glycerinbildenden
Salze über doppelt so oft (5mal) ist gegenüber derjenigen (2mal) des Verfahrens
der Patentschrift 347 6o4. Hierdurch ist eine viel größere Wirtschaftlichkeit des
neuen Verfahrens gegenüber dem Bekannten gewährleistet. Daß es gelingen wird, die
glycerinbildenden. Salze durch einfaches Kochen wieder zu regenerieren> war um so
weniger vorauszusehen; als nach L i e b i g s Annalen Bd. 170, S. Sog, Zeilen
1.2 bis 16 beim Kochen einer wäßrigen Lösung von aldehydschwefligsaurem Kali eine
Zersetzung in Aldehyd und schweflige Säure stattfindet. Es war also überraschend,
daß beim Kochen der gemäß vorliegender Erfindung in Betracht kommenden Glycerinlösung
das Sulfit immer wieder regeneriert werden kann, ohne daß eine Zersetzung desselben
erfolgt. Ebenso überraschend war es, daß die sehr hohe Konzentration des Glycerins
von 12 % und. mehr in der vergorenen Maische die Neubildung von Glycerin nicht hindert.
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Der bei dem Verfahren der vorliegenden Erfindung abdestillierte Acetäldehyd
kann in besonders vorteilhafter Weise durch Verarbeitung auf Essigsäure nutzbar
gemacht werden.
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Da bei der Ahdestillation der flüchtigen Gärungsprodukte unter Umständen
eine wenn auch nicht erhebliche Oxydation des Sulfits eintritt, so kann man für
die neue
Gärung etwa io °/o frisches Sulfit zusetzen und gleichzeitig
auch etwas Wasser, um die Konzentration der Salze möglichst gleich zu halten. Nötig
sind diese Zusätze aber nicht, sie erhöhen nur etwas die Glycerinausbeute. Ebenso
ist es nicht notwendig, frische Nährsalze für die Hefe oder von neuem geririge Mengen
des Katalysators zuzusetzen, wobei als solcher zweckmäßig Verbindungen -von Nickel
oder Kobalt (beispielsweise Sulfate) in Betracht kommen. Man kann es natürlich tun,
ohne die Gärung zu schädigen.
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Die Hefe kann man vor dem Verdampfen der flüchtigen Gärprodukte abfiltrieren
und wiederholt benutzen oder die abfiltrierte Hefe bei ihrer Verwendung mit etwas
frischer Hefe vermischen. Man kann aber auch stets frische Hefe verwenden. Irgendeine
Regenerationsgärung der abfiltrierten Hefe ist nicht erforderlich, aber auch nicht
schädlich.
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Die Isolierung des Glycerins aus der vergorenen Maische geschieht
nach den üblichen Methoden. So kann man z. B. vergorene Maische, vorteilhaft nach
Absitzenlassen oder Abfiltrieren der Hefe, unter Gewinnung des gebildeten Alkohols
und Aldehyds eindampfen und aus dem zurückbleibenden Salzbrei das Glycerin mit Alkohol
extrahieren oder mit überhitztem Dampf im Vacuum abdestillieren. Man kann auch,
anstatt mit Alkohol zu extrahieren, .das Glycerin von den Salzen durch Zentrifugieren
oder Behandlung in Filterpressen abtrennen und dann destillieren, oder aber man
fällt vor dem Eindampfen das Sulfit mit Calciumchlorid aus und dampft dann die kochsalz-
und glycerinhaltige Maische ein und gewinnt das Glycerin wie bei der Unterlaugenaufarbeitung
in der Seifenfabrikation. Beispiel i ioo g Zucker werden mit i5o g kristallisiertem
-Natriumsulfit und i g Natriumphosphat in 1750 ccm Wasser gelöst. Hierzu
gibt man eine Lösung von o,5 g Ammoniumsulfat, i g Magnesiumsulfat, i g Nickelsulfat
und io g Hefe in 25o ccm Wasser und läßt die Mischung bei ungefähr 30 bis
35° stehen. Nach etwa zwei Tagen ist der Zucker verschwunden. Man filtriert dann
die Hefe ab und kocht die vergorene Maische, bis der Aldehyd und der Alkohol abdestilliert
ist. Dann löst man in der gekochten Maische wieder ioo g Zucker und 15 g Natriumsulfit,
füllt auf 21 auf, gibt die abfiltrierte Hefe und noch 5 g frische Hefe zu und läßt
wieder bei 3o bis 35° gären. Nach 2 Tagen ist der Zucker wieder verschwunden. Nun
destilliert man den Alkohol und Aldehyd ab und setzt, wie eben beschrieben, von
neuem an. Man kann dieses Verfahren mehrmals wiederholen. Nachdem man z. B. 5oo
g Zucker vergoren hat, filtriert man. die Hefe ab, dampft ein und isoliert aus .dem
Rückstand das Glycerin z. B. durch Extraktion mit Alkohol. Nach dem Verdampfen des
Alkohols bleiben 169 g Rohglycerin zurück, das Si,i°/oig, 147g Beinglycerin entsprechen.
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Beispiel 2 i kg Zucker wird mit io g Natriumphosphat und
750 g kristallisiertem Natriumsulfit in 7,51 Wasser gelöst und dann
eine Lösung von 5 g Ammoniumsulfat, io g Magnesiumsulfat, io g Nickelsulfat und
ioo g Hefe in 2,51 Wasser zugegeben. Man läßt diese Maische bei 3o bis 35° gären.
Nach etwa 2 Tagen ist der Zucker vergoren. Man filtriert die Hefe ab, vertreibt
den Alkohol und Aldehyd und gibt von neuem i kg Zucker und ioo g Sulfit, die abfiltrierte
Hefe und 50 g frische Hefe hinzu und füllt auf i i 1 auf. Nach zweitägigem
Stehen bei 3o bis 35° ist der Zucker verschwunden. Nun wiederholt man diese Operation
und gibt jedesmal i 1 Wasser mehr zu. Hat man z. B. q. kg Zucker auf diese Art vergoren
und isoliert das Glycerin, wie oben. beschrieben, so erhält man 1,2 kg Rohglycerin
entsprechend 96o g Beinglycerin.