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Verfahren zur Darstellung von Cellulosefettsäureestern Behandelt man
Cellulose mit heißem Eisessig, so tritt eine nur geringe Acetylierung ein. Das Reaktionsprodukt
enthält bis zu q.,2% Essigsäure (vgl. C r o s s und B e v a n, Chemiker-Zeitung
igo5, S. 5.28, Spalte r, Absatz 6 u. ff.). Behandelt man Cellulose unter Vermeidung
höherer Temperatur mit Essigsäure und Essigsäureanhydrid (vgl. britische Patentschrift
9 266 von igi4), so tritt selbst nach längerer Zeit eine Acetylierung nicht
ein. Erst durch Kochen von Baumwolle mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetat wird
eine Monoacetylcellulose (berechnet auf C6 Hio 05) gebildet (vgl. C r o s s und
B e v a n, Researches an cellulose, 1895 bis igoo, a. Auflage, S. 40/41).
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Um höhere Acetylierungsstufen zu erreichen, muß man Katalysatoren
anwenden. Am wirksamsten ist die Schwefelsäure, doch ist ihre Verwendung sehr heikel,
da sie das Cellulosemolekül sehr leicht durch Abbau schädlich beeinflußt. Dieser
Nachteil der Schwefelsäure ist die Ursache gewesen, daß man zur Veresterung versuchsweise
schwache Katalysatoren genommen hat. Diese haben aber ihrerseits wieder den Nachteil
geringerer veresternder Wirkung, so daß man zu größeren Mengen der Katalysatoren
oder höheren Temperaturen greifen muß, was wiederum ungünstig auf das Cellulosemolekül
einwirkt. Man ist daher auf den Ausweg verfallen, die Cellulosedurch eine Vorbehandlung
mit verhältnismäßig viel Schwefelsäure (3 bis 5 °/o) in einer, wasserfreien Medium
und in Gegenwart geringer Mengen Essigsäureanhydrid in einen leicht rührbaren Brei
von Hydrocellulose überzuführen, die .sich leichter acetylieren läßt (vgl. französische
Patentschrift 473 399 nebst Zusatz 2a 587). Oder man versuchte, die Veresterung
mit einem schwachen Katalysator zu beginnen und sie mit Schwefelsäure zu Ende zu
führen (vgl. die britische Patentschrift 145 525)- In diesem Falle tritt die abbauende
Wirkung der Schwefelsäure, auch wenn man beträchtliche Mengen nimmt, selbst bei
erhöhter Temperatur zurück, und man erhält brauchbare Celluloseester. Der Nachteil
dieses Verfahrens liegt in der Verwendung von zwei oder mehreren Katalysatoren,
von denen der schwächere (Chlor, Brom) meist teurer und umständlicher zu handhaben
ist als Schwefelsäure. Außerdem erschwert die Anwesenheit verschiedener Katalysatoren
die Verwertung der zurückgewonnenen Essigsäure. Auch erfordert das Verfahren besonders
gute Baumwolle, wie sie nur schwierig stets gleichmäßig zu, beschaffen ,ist.
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Es wurde nun gefunden, da.ß man bei dem Zweiphasenverfahren den schwachen
Katalysator der ersten Phase vorteilhaft durch geringe
Mengen Schwefelsäure
ersetzen kann. Es findet in diesem Falle in der ersten Phase eine unvollständige
Acetylierung in `schonender Weise statt, so daß ein schädlicher Abbau des Cellulosemoleküls
nicht eintritt. Die teilweise acetylierte Cellulose nimmt eine gequollene, sehr
reaktionsfähige Form an und läßt sich durch Zusatz von mehr Schwefelsäure in der
zweiten Phase leicht in eine klare, faserfreie Lösung überführen. Von dem Verfahren
.der Acetylierung in einer Phase in Gegenwart von viel Schwefelsäure (io0% der Cellulose;
vgl. Ost, Zeitschrift für angewandte Chemie igo6, S.998), das zu einer in Chloroform-Alkohol-Mischung
leicht löslichen Diacetylcellulose von etwa 52 0/0 Essigsäuregehalt führt, unterscheidet
sich das vorliegende Verfahren durch die Zerlegung der Acetylierung in zwei Phasen,
deren erste sich in Gegenwart von wenig Schwefelsäure (zweckmäßig nicht mehr als
1 0/0) vollzieht und bei welchem sich in erster Phase eine in Chloroform-Alkohol-Mischungen
unlösliche Acetylcellulose mit weniger als 52 0/0 Essigsäuregehalt bildet, während
das Erzeugnis der zweiten Phase sich in dier Zusammensetzung der Tri.acetylcellulose
nähert. Außerdem ist im großen das Arbeiten nach dem Beispiel von Ost in einer Phase
nur mit sehr starker Kühlung möglich, wenn einigermaßen brauchbare Erzeugnisse erhalten
werden sollen. Die Acetylierung in zwei Phasen nach dem vorliegenden Verfahren läßt
sich dagegen ohne Nachteil für die Güte der Acetylcellulose bei gewöhnlicher .oder
erhöhter Temperatur durchführen.
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Als notwendig zur Erlangung klarer, faserfreier Lösungen hat es sich
gezeigt, die Cellulose erst einige Zeit mit dem Eisessig-Schwefelsäure-Gemisch allein
zu behandeln und nach vollständiger Aufsaugung der Flüssigkeit durch die Cellu,los:e
das esterifizierende Mittel, meist Essigsäureanhydrid, zuzugeben. Diese Maßnahme
hat nicht den Zweck, eine Hydrolyse der Cellulose wie nach der französischen Patentschrift
494 832 herbeizuführen, dazu sind die Mengen der angewandten Schwefelsäure zu gering.
Durch die Vorbehandlung mit Eisessig und Schwefelsäure ohne E:ssigsäureanhydrid
kann ein Zerfall der Baumwolle und Bildung von Hydrocellulose, wie es beim Verfahren
der französischen Patentschrift 473 399 der Fall ist, nicht eintreten, da der Eisessig
wasserhaltig und die Schwefelsäuremengz nur gering ist; auch wird das im Eisessig
enthaltene Wasser nicht beseitigt.
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Zweckmäßig -verwendet man die Cellulose, die man in die Mischung von
Eisessig und Schwefelsäure einträgt, in kurzfaseriger, möglichst lockerer Form.
Liegt die zu verarbeitende Cellulose, z. B. Baumwolle, in Form langer und fester
Fasern vor, so. muß sie vorher zerkleinert, z. B. gemahlen werden. Dadurch wird
das Eindringen der Flüssigkeit und die gleichmäßige Verteilung der geringen Menge
Schwefelsäure in der Cellulose erleichtert. -Zum Unterschied von dem Verfahren der
Patentschrift 299 181 verläuft die Acetylierung nach dem vorliegenden Verfahren
nicht in zwei getrennten Arbeitsgängen, son-Bern in zwei aufeinanderfolgenden Phasen
desselben Arbeitsganges. Außerdem wird dort die niedrig acetylierte Cellulose hergestellt
durch Einwirkung von Essigsäure allein mit Hilfe großer Mengen Schwefelsäure oder
Phosphorsäure nach vorheriger Hydratisierung der Cellulose, wobei das. Cellulosemolekül
stark abgebaut wird. Das isolierte Zwischenprodukt wird dann in ein Acetylierungsgemisch
.gebracht, das weniger als die doppelte Menge Essigsäureanhydrid, bezogen auf das
Gewicht-der Cellulose, und wenig Schwefelsäure (nicht über 1 0/0) enthält, um in
etwa 6 Stunden fertig acetyliert zu werden. Beispiel ioo Teile Baumwolle werden
in .eine Mischung von 4oo Teilen Eisessig und o,5 Teilen konzentrierter Schwefelsäure
eingetragen und 6 bis 12 Stunden bei 2o° darin gerührt. Nun gibt man unter Kühlung
35o Teile Essigsäureanhydri.d hinzu und hält weiter io bis 12 Stunden bei 2o° oder
darunter, bis ein gleichmäßiger schmieriger Faserbrei entstanden ist. Die Acetylierung
ist jetzt etwa bis zum Monoacetat fortgeschritten, die Essig säürebestimmungen ergeben
etwa 27 bis 34%. Dieser Essigsäuregehalt nach der ersten. Phase genügt im allgemeinen,
dnch schadet es auch nicht, wenn er etwas höher steigt, vorausgesetzt daß die Temperatur
dabei niedrig bleibt. Man setzt nun 4 bis 5 Teile Schwefelsäure, in Eisessig .gelöst,
in 5 bis io Minuten zu. Es beginnt eine starke Reaktion, und die gequollene, voracetylierte
Masse wird schnell .in eine faserfreie, klare, viskose Lösung verwandelt. Dies dauert
bei 20 biss 30° etwa 15 bis 30 Minuten, kann bei niedrigerer Temperatur aber
unter Umstän-,den eine Stunde und noch länger -dauern. Das klare Acetylierungsgemisch
wird entweder mit Wasser versetzt, um die Acetylcellulose zu fällen, oder diese
wird zwecks Herbeiführung der Löslichkeit in Aceton usw. in bekannter Weise hydratisiert.
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Die Cellulose kann in jeder geeigneten Form, beispielsweise als Hydro-
oder Oxycellulose oder als schwach nitrierte Cellulose, verwendet werden. Die Mengenverhältnisse
von
Eisessig und Veresterungsmitteln können in gewissen Grenzen verändert werden. Auch
kann die Veresterung in der ersten Phase nur mit einem Teil des Veresterungsmittels
vorgenommen und der Rest in der zweiten Phase zugegeben werden. Man nimmt z. B.
in obigem Beispiel statt 35o Teile Essigsäureanhydrid im Anfang nur 15o Teile und
fügt Zoo Teile zu Beginn der zweiten Phase vor oder nach dem Zusatz .der Schwefelsäure
hinzu. Die Menge der Schwefelsäure in der ersten Phase kann weniger oder mehr betragen,
als im Beispiel angegeben; die Grenze nach oben ist jedoch sehr eng gezogen, da
die Katalysatorwirkung der Schwefelsäure in der ersten Phase ganz gelind sein muß.
Anstatt Essigsäure kann eine andere Fettsäure als Verdünnungsmittel genommen werden.
An die Stelle von Essigsäureanhydrid kann behufs Darstellung eines anderen Celluloseesters
das entsprechende Säureanhydrid treten.
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Man erhält nach vorstehendem Verfahren auch aus minderwertiger Baumwolle
klare und faserfreie Lösungen.
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Die Veresterung der Cellulose mit wenig Schwefelsäure ist bereits
in der amerikanischen Patentschrift 733 729 vorgeschlagen worden. Die Veresterung,
namentlich. die Acetylierung, wird aber von Anfang bis zu Ende mit,der gleichen
Menge Schwefelsäure durchgeführt. Hierbei ist besonders der letzte Teil der Veresterung
infolge der geringen Schwefelsäuremenge sehr schwierig auszuführen. Man muß entweder
bei niedriger Temperatur sehr lange oder in kürzerer Zeit bei höherer Temperatur
verestern, was beides die Güte des Celluloseesters sehr benachteiligt.
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Im Gegensatz hierzu wird bei dem neuen Verfahren der letzte Teil der
Acetylierung durch Zusatz einer weiteren Schwefelsäuremenge stark beschleunigt,
so daß eine schnelle und vollkommene Veresterung erreicht wird. Zum, Unterschiede
von dem Verfahren der amerikanischen Patentschrift 733 729 werden vollkommen faserfreie
und klare, dicke Lösungen gewonnen, die infolge der kurzen Acetylierungsdauer den
Celluloseester in wenig acetolytisch abgebautem, also in. hochkolloidem Zustande
enthalten.
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In der amerikanischen Patentschrift ist die Rede von verschiedenen
Acetylierungsstufen der Cellulose; die niedrigste Stufe, das Diacetat, soll zum
Tri- und Tetraacetat weiter acetyliert werden können. Die Bildung der gewünschten
Acetylierungsstufe wird nach der amerikanischen Patentschrift geregelt durch die
entsprechende Menge von Veresterungsmitteln, also z. B. von Essigsäureanhydrid.
Auch bei der Weiterveresterung niedriger Stufen zu höheren bleibt die Katalysatormenge
unverändert, und das Verfahren hat gleichfalls die obenerwähnten Nachteile der durchgehenden
Veresterung mit wenig Schwefelsäure.
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Die überlegenheit der Celluloseester nach dem vorliegenden Verfahren
gegenüber den nach dem Verfahren der amerikanischen Patentschrift 733 729 erhältlichen
ist aus folgenden Vergleichsversuchen ersichtlich. Zu den Versuchen wurden verwendet
je 40o g lockere, zerkleinerte Baumwolle, r6oo g Essigsäure 99 °/oig, 49 Schwefelsäure
95 °1,ig, 1400 g Essigsäureanhydrid.
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Die Baumwolle wurde in die Essigsäure-Schwefelsäure-Mischung eingetragen
und 12 Stunden mit ihr geschüttelt, um eine gute Verteilung der Schwefelsäure in
der Cellulose sicher zu erreichen. Dann wurde bei 2o° das Essigsäureanhydrid zugesetzt.
Nach 3 Stunden war, während die Temperatur 17 bis 20° betrug, die Baumwolle zu einer
teigigen Fasermasse gequollen, aus der sich keine Flüssigkeit mehr auspressen ließ.
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Bei dem einen Versuch wurden, im Sinne des vorliegenden Verfahrens,
15.g Schwefelsäure 95 °foig, mit Eisessig verdünnt, zugegeben. Die Temperatur stieg
auf 30°. Nach einer Stunde war eine dicke, klare, faserfreie Paste entstanden. Durch
Zusatz von wäßriger Schwefelsäure (nach dem Verfahren der Patentschrift 252 7o6)
wurde die Acetylcellulose in die acetonlösliche Form übergeführt.
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Bei dem anderen Versuch, welcher der amerikanischen Patentschrift
733 729 entsprach, wurde keine Schwefelsäure mehr zugesetzt, sondern die
Fasermasse so lange bei 2'o bis, 25° gerührt, bis die Fasern allmählich verschwanden.
Dies .dauerte noch 7 Stunden; ganz frei von Fasern, wie beim Vergleichsversuch nach
dem beanspruchten Verfahren, wurde die Masse aber überhaupt nicht. Die weitere Behandlung
geschah wie beim Vergleichsversuch.
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Aus beiden Acetylierungserzeugnissen wurden in genau der gleichen
Weise Lösungen und aus diesen Filme von o, i bis o,2 mm Dicke, wie sie für photographische
Zwecke Verwendung finden, hergestellt. Die Lösung nach dem vorliegenden Verfahren
war ziemlich klar, der Film aus ihr klar und zäh. Die Lösung nach, dem Verfahren
der amerikanischen Patentschrift 733 729 war trübe, der Film trübe und sehr spröde.