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Verfahren zur Herstellung von Salpetersäure-Fettsäure-Mischestern
der Cellulose oder ihrer Umwandlungsprodukte Die Vorzüge der Nitro-Fettsäureester
gegenüber den reinen Fettsäureestern sind bekannt. So weist Nitroacetylcellulose
gegenüber der reinen Acetylcellulose verschiedene Vorzüge, z. B. eine ,größere Klarheit
der Lösungen und geringere Wasserempfindlichkeit der daraus hergestellten Produkte,
auf.
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Es sind verschiedene Methoden zur Herstellung von Nitroacetylcellulose
bekannt: i. Die Vorbehandlung von Cellulose mit Mischsäure und darauffolgend die
Acetyli.erung der schwach annitrierten Cellulose. Dieses Verfahren hat den Nachteil,
daß zwei getrennte Operationen notwendig sind, nämlich die Nitrierung und die Acetylierung.
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a. Es wird zuerst die Cellulose mit kleinen Mengen Essigsäureanhydrid
und beträchtlichen -Mengen Schwefelsäure in Gegenwart von Salpetersäure vorbehandelt
und dann durch Zusatz von mehr Essigsäureanhydrid fertig acetyliert. Der Nachteil
dieses Verfahrens liegt darin, daß eine starke Bildung von Hydrocellulose stattfindet
infolge der Verwendung verhältnismäßig großer Mengen von Schwefelsäure, -wodurch
eine heftige Acetylierung erfolgt, so daß das Verfahren im großen entweder einen
starken Aufwand an Kühlung oder aber große Mengen Eisessig als Verdünnungsmittel
erfordert. Die Viskosität der auf diese Weise erhaltenen NitroacetvIcelluloselösungen
ist niedrig. Die daraus hergestellten Erzeugnisse sind von schwankender Güte. Die
Verschlechterung des Produktes ist zum Teil auf die ungleichmäßige Einwirkung der
Mischsäure bei der Vorbehandlung mit Essigsäureanhydrid zurückzuführen, da die zuerst
eingetragenen Cellulosemengen stärker nitriert werden als die zuletzt eingetragenen.
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Das vorliegende Verfahren stellt eine erhebliche Verbesserung dar,
indem man die Cellulose zuerst ohne organisches Säureanhydrid mit dem Gemisch von
Salpetersäure, einem Katalysator und einem geeigneten Verdünnungsmittel, vorzugsweise
einer organischen Säure, behandelt und dann erst ein organisches Veresterungsmittel,
.etwa ein Säureanhydrid, zugibt. Es findet bei der Vorbehandlung nach dem vorliegenden
Verfahren weder eine merkliche I`Titrierung noch sonst eine Acylierung statt, sondern
der Katalysator und die Salpetersäure haben Zeit, sich vollkommen gleichmäßig in
der Cellulose zu verteilen und diese aufzulockern. Hierdurch wird die spätere Nitrierung
und Acylierung durch die Fettsäure bedeutend erleichtert. Es findet auch kein Zerfall
der Cellulosefasern, also keine Hydrocellulosebildung statt, welche die Qualität
der fertigen Mischester verschlechtert, z. B. die Viskosität der Lösungen in unerwünschter
Weise herabsetzt. Bei dem nun auf diese Vorbebandlung folgenden Zusatz von Säureanhydrid
tritt sogleich die in
der Cellulose verteilte Salpetersäure gleichmäßig
in die Lösung ein, während der Katalysator infolge seiner gleichmäßigen Verteilung
in der lockeren Cellulose die Acylierung sehr gleichmäßig verlaufen läßt. Hat man
genügend Katalysator von Anfang an zugesetzt, so kann man die Acylierung in seinem
Zuge-ohne weiteren Zusatz von Katalysatoren zu Ende führen. Es ist .aber vorzuziehen,
mit einem schwachen Katalysator oder geringen Mengen eines starken Katalysators
vorzubehandeln, die Acylierung nach Zusatz von Säureanhydrid in gelinder Weise bis
etwa zum Monosäureester zu treiben, worauf nach Zusatz von weiterem Katalysator,
etwa einer größeren Menge Schwefelsäure, die Fertigacylierung in kurzer Zeit stattfindet.
Dieses Zweiphasenverfahren ist außerordentlich schonend für die Acylcellulose und
ergibt ein ausgezeichnetes Produkt.
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Aus der klaren, faserfreien Lösung kann die Nitroacylcellulose in
der hochveresterten Form isoliert werden; meistens wird man aber eine Hydrolyse
nach. den üblichen Verfahren anschließen, um Produkte von besserer Löslichkeit zu
erhalten.
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Als besonders günstig hat es sich erwiesen, die Cellulose in einem
Zustande zu verwenden, in welchem sie eine große Oberfläche besitzt, z. B. die Baumwolle
in zerkleinertem (gemahlenem) Zustande, also in Form kurzer, lockerer Fasern. Dadurch
wird die gleichmäßige Verteilung der Katalysatoren in der Cellulose und die Leichtigkeit
der Vereste; rung wesentlich gefördert.
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Die Verwendung vorzerkleinerter, möglichst lockerer Cellulose ist
an 'und für sich nicht Bedingung für das vorliegende Verfahren. Man kann die Cellulose
sowohl im Originalzustand, d. h. mehr oder weniger langfaserig, als auch nach vorheriger
Zerkleinerung verwenden. Die Form der Cellulose richtet sich in der Hauptsache nach
der verwendeten Apparatur. Für Apparate mit Knetflügeln ist die Verwendung einer
kurzstapeligen oder vorher zerkleinerten Cellulose im Interesse der leichteren Verarbeitung
vorzuziehen. Darüber hinaus bietet die Verwendung vorzerkleinerter Cellulose, besonders
bei Verwendung von wenig Eisessig bei der Acetylierung, noch den Vorteil, daß die
daraus erhaltene Nitroacetylcellulose einen höheren Grad der Klarheit und Faserfreiheit
der Lösungen ergibt. Im Gegensatz zum Patent 415 588 wird die Cellulosefaser wirklich
zerkleinert und nicht nur aufgelockert, ohne daß allerdings ein Pulverisieren stattfindet
wie im Patent 403 783. Beispiel I Ioo Gewichtsteile gebleichte Baumwolllinters,
nicht vorzerllein.ert, 4oo Gewichtsteile Eisessig (99%), I2,5 Gewichtsteile Salpetersäure
(98 bis iooolo), 1,25 Gewichtsteile Schwefelsäure werden bei zo bis z5° in einer
Flasche 12 Stunden lang geschüttelt, worauf man unter guter Kühlung 3oo Teile Essigsäureanhydrid
zusetzt und die Masse in einen Mischapparat bringt. Nach etwa 4stündigem Rühren
bei 2o bis 25° hat sich ein weicher Faserbrei gebildet, aus dem sich keine Flüssigkeit
mehr abpressen läßt. Man fügt nun innerhalb von ungefähr i o Minuten unter gutem
Rühren 4,2 Teile Schwefelsäure (950io), gelöst in 22 Teilen Eisessig, zu. Die Acetylierung
schreitet rasch weiter und ist in I3/4 Stunden bei 3o bis 35° beendet. Aus der klaren,
faserfreien Masse kann entweder die Nitroacetylcellulose sogleich mit Wasser gefällt
werden, oder man schließt zunächst eine Hydrolyse nach dem Verfahren der ;amerikanischen
Patentschrift 838 85o an. Dieerzeugte Nitroacetylcellulose besitzt einen Stickstoffgehalt
von I,5%. Die mit ihr hergestellten Lösungen zeichnen sich durch große Klarheit
und durch Fehlen von Verunreinigungen (Fasern usw.) aus. Die daraus hergestellten
Gebilde, z. B. Filme, zeigen gute Festigkeitseigenschaften und besitzen nur 3o bis
40% der Wasserempfindlichkeit des reinen Acetylfilms. Beispiel 2 ioo Gewichtsteile
..gebleichte Baumwolllinters, locker zerkleinert, 4oo Gewichtsteile Eisessig, 20
Gewichtsteile Phosphorsäure (96%), 12,5 Gewichtsteile Salpetersäure (96 bis i oo
% ), werden in einer Flasche 3 Stunden lang bei 2o bis 3o° geschüttelt. Man fügt
dann 35o Gewichtsteile Essigsäureanhydrid zu, steigert die Temperatur auf 5o bis
6o° und hält diese Temperatur so lange aufrecht, bis ein Faserbrei entstanden ist,
aus dem sich keine Flüssigkeit mehr abpressen läßt .(etwa 5 Stunden). Darauf setzt
man. 4,2 Teile konzefltrierte Schwefelsäure zu und erhält die Masse ungefähr i Stunde
lang auf 3o bis 40°, bis keine Fasern mehr sichtbar sind. Die glänzende, weißliche
Masse wird wie im Beispiel i hydrolysiert, d. h. in die gewünschte Löslichkeit übergeführt.
Man erhält eine Nitro.acetylcellulose von 4450/0 Stickstoffgehalt. Die mit Phosphorsäure
als Katalysator erzeugten Nitroacetyleellulosen zeichnen sich durch eine sehr hohe
Viskosität ihrer Lösungen aus. Sie eignen sich hervorragend für die Herstellung
plastischer Massen.
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Beispiel 3a 400 g nicht vorzerkleinerte, gebleichte Baumwollinters,
2400 g Eisessig (99%), --o-Salpetersäure (98 bis iooo/o), 6 g Schwefelsäure (95%)
werden 6 bis 12 Stunden bei 2o bis 25° in einer Flasche geschüttelt. Darauf
gibt
man unter Kühlung und gutem Umrühren i 08o g (= 2,7 Teile) Essigsäureanhydrid zu.
Man läßt die Acetylierung bei 3o bis 4o'' verlaufen, bis die Fasern verschwunden
sind, was insgesamt etwa 2 bis 3 Stunden dauert. Die Umwandlung der Nitroacetylcellulose
in die ,acetonlösliche Form geschieht wie in den Beispielen i Lind 2. Der Stickstoffgehalt
der erhaltenen Nitro,acetylcellulose beträgt 0,750,ö. Die i8oloige Lösung in einem
Gemisch von Aceton und Alkohol ist klar und enthält wenig Fasern. Der daraus hergestellte
Film ist klar und zeigt eine gute Festigkeit.
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Zum Vergleich wird die Veresterung nach dem Verfahren der ,amerikanischen
Patentschrift i 286025 mit denselben Ausgangsstoffen wie folgt ausgeführt:
Beispiel 3b 40o g nicht vorzerhleinerte, gebleichte Baumwollinters, 24009 Eisessig,
i 6o g Essigsäureanhydrid, 20 g Salpetersäure, 2o g Schwefelsäure werden in einer
Flasche geschüttelt, bis die Faser zerfallen ist, was bei 2o bis 3o' etwa 4. bis
6 Stunden dauert. Dann setzt man, unter denselben Bedingungen wie bei 3a, 92o g
Essigsäureanhydrid zu und hält bei 3o bis 4o", bis die Acetylierung in etwa 2 bis
3 Stunden beendet ist. Die Masse wird nicht vollkommen faserfrei, im Gegensatz zum
Beispiel 3a. Der Stickstoffgehalt des Nitroacetats beträgt nur o,4%.
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Die i 8 0 oige Lösung in einem Gemisch von Aceton und Alkohol ist,
im Gegensatz zum Beispiel 3a, sehr trübe und stark faserhaltig. Dementsprechend
ist auch der Film,3b in optischer und mechanischer Beziehung schlechter als der
Film 3a.
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Es wurden die beiden Beispiele 3.a und 3b auch noch wiederholt mit
je 5o g Salpetersäure auf 400 g Cellulose. Das Ergebnis war das gleiche wie bei
den Versuchen 3a und 3b; die Lösungen und Filme aus dem Nitroacetat nach der ,amerikanischen
Patentschrift waren trüber, faserhaltiger und schlechter ,als die, aus dem Nitroacetat
nach dem vorliegenden Verfahren. Der Stickstoffgehalt des Nitroacetats betrug bei
den Versuchen nach dem Verfahren gemäß der Erfindung i,67% und bei den nach dem
.amerikanischen Verfahren hergestellten nur i,2o!o. Daraus geht hervor, daß bei
dem amerikanischen Patent ein Teil der Salpetersäure nicht zur Veresterung der Gellulose
verwendet wird, sondern für Nebenreaktionen, z. B. zur Oxydation der Cellulose,
worauf zum Teil die schlechte Beschaffenheit des Produktes nach dem amerikanischen
Patent zurückgeführt werden kann.
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Abgesehen von diesen Vorteilen ist das Verfahren gemäß der Erfindung
demjenigen der amerikanischen Patentschrift i 286o25 auch wirtschaftlich überlegen,
da man mit geringeren :Mengen Essigsäureanhydrid (z. B. 2,7 Teile auf i Teil Cellulose)
auskommt.
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Wenn es auch am einfachsten und vorteilhaftesten ist, die Salpetersäure
gleichzeitig mit dem Katalysator in der Cellulose zu verteilen, so läßt sich doch
das Verfahren auch in der Weise ,ausführen, daß man die Cellulose zuerst mit dem
Katalysator behandelt, und die Salpetersäure später, aber stets vor dem Essigsäure,a.nhydrid,
zugibt. Umgekehrt kann man auch zunächst die Salpetersäure, gelöst in einem Verdünnungsmittel,
in der Cellulose verteilen und danach den Katalysator zusetzen.
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In den vorstehenden Beispielen kann das Essigsäureanhydrid durch ein
anderes ,geeignetes Säureanhydrid ersetzt werden; ebenso kann an die Stelle des
Eisessigs eine andere geeignete organische, Säure treten.