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Verfahren zur Ausführung chemischer Reaktionen in Lösungen Aus dem
Massenwirkungsgesetz, aus dem Gesetz von Van't Hoff, aus dem Prinzip von Le Chatelier
wie auch direkt aus molekularkinetischen Betrachtungen kann folgendes allgemeine
chemisch.-technologische Prinzip abgeleitet werden: Man kann jede chemische Reaktion
in Lösungen durch gleichzeitige kontinuierliche Veränderungen: I. des gesamten osmotischen
Druckes in der Lösung, 2. des partiellen Druckes entsprechender Stoffe, 3. der Temperatur
in Richtungen, die den Veränderungen dieser Faktoren durch die gewünschte Reaktion
gerade entgegengesetzt sind, fördern und beschleunigen (s. die Arbeit des Erfinders
»Theorie der Brennkraftmaschinen und deren Brennstoff vom Standpunkt der chemischen
Gleichheitslehre«, erschienen bei W. Knapp, Halle a. d. Saale, wo dieses Prinzip
für Gasreaktionen analytisch abgeleitet und experimental bewiesen ist).
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Durch diese Veränderungen der drei Faktoren des chemischen Gleichgewichtes
wird der gewünschten Reaktion der größtmöglichste Impuls verliehen, und es wird
immer eine Temperaturzone geben, bei welcher diese Einwirkungen allein, ohne Anwendung
von Katalyten genügen, um die Reaktion hervorzurufen und mit genügender Geschwindigkeit
zu leiten.
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Wird ein Katalyt angewendet, so werden diese Veränderungen von außen
die Wirkung des Katalyten stark unterstützen.
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Bei der Reaktion, die zur Bildung des Äthylacetates führt: CH3 COOH
+ C2HjO 3 CH3COO . C2H5 + H20 wird in jedem Moment aus Essigsäure und Alkohol Acetat
gebildet, und gleichæitig zerfällt das Acetat in Essigsäure und Alkohol.
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Das Endresultat hängt von der Differenz der beiden Geschwindigkeiten
ab und ist die resultierende Geschwindigkeit gleich dieser Differenz.
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In diesem Beispiel der Esterbildung bzw.
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Verseifung kann das gebildete oder verbrauchte Molekül des Wassers
bei der Betrachtung der Veränderlichkeit des osmotischen Druckes nicht in Betracht
gezogen werden, da durch dieses Molekül das Lösungsmittel, das immer im großen Überschuß
vorhanden ist, nur in einem zu vernachlässigenden Maße vermehrt bzw. verkleinert
wird.
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Geht die Reaktion von links nach rechts, so wird aus zwei Molekülen
ein Molekül gebildet, und Wärme wird frei. Verläuft die Reaktion von rechts nach
links, so werden aus einem Molekül zwei Moleküle, und es wird Wärme gebunden.
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Wirkt man auf ein System von Essigsäure, Alkohol und Äthylacetat
in Wasserlösung so ein, daß man den gesamten osmotischen
Druck durch
Beimengung der entsprechenden verbrauchten Stoffe in der Lösung kontinuier lich
zu vergrößern sucht, die partiellen Drücke der Säure und des Alkohols oder eines
dieser Stoffe kontinuierlich durch dieselben Beimengungen zu erhöhen und die Temperatur
der Lösung kontinuierlich zu erniedrigen sucht, so wird in ein und demselben Temperaturintervall
die Reaktion der Bildung des Esters viel rascher verlaufen als ohne diese Einwirkungen.
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Sucht man umgekehrt den gesamten osmotischen Druck kontinuierlich,
durch Zuführen von Lösungsmitteln zu erniedrigen, den partiellen osmotischen Druck
durch das Äthylacetat kontinuierlich zu erhöhen und die Temperatur ebenfalls kontinuierlich
iu erhöhen, so wird der umgekehrte Vorgang des Zerfalls des Esters in Essigsäure
und Alkohol mit viel größerer Geschwindigkeit als sonst vor sich gehen.
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Dadurch, daß man von außen die erwähnten drei Faktoren des chemischen
Gleichgewichtes in Lösungen in gewissen Richtungen zu verändern sucht, ruft man
eine Reaktion hervor, die dieselben Faktoren in die entgegengesetzten Richtungen
verändert. Es könnendabei drei folgende Fälle eintreten: I. Die Veränderungen von
außen überwiegen diejenigen, die durch die Reaktionen hervorgerufen sind, und die
drei Faktoren ändern sich in den Richtungen der äußeren Einwirkungen.
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2. Die Veränderungen von außen bleiben dauernd den Veränderungen,
die durch die Reaktion hervorgerufen werden, gleich. In diesem Falle vollzieht sich
die Reaktion bei konstantem allgemeinen und partiellen osmotischen Druck und bei
konstanter Temperatur.
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3. Die Veränderungen von außen bleiben dauernd kleiner als die Veränderungen,
die durch die Reaktion hervorgerufen werden, und die drei Faktoren ändern sich in
den Richtungen der Veränderungen, die durch die Reaktionen hervorgerufen werden.
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Es können auch die resultierenden Veränderungen der einzelnen Faktoren
verschiedenken, hier aufgezählten Gruppen angehören.
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In den Veränderungen der drei Faktoren des chemischen Gleichgewichtes
liegt ein Mittel, chemische Reaktionen in gewünschter Richtung zu leiten und die
Geschwindigkeiten des Verlaufs von Reaktionen zu steigern.
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Bei der praktischen Ausführung von chemischen Reaktionen kann auf
die Veränderung des einen oder anderen Faktors verzichtet werden. Gewöhnlich wird
die Veränderung des partiellen osmotischen Druckes gleichzeitig die nötige Veränderung
des allgemeinen osmotischen Druckes hervorbringen.
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Zur Ausführung des beschriebenen Verfahrens ist keine besondere Apparatur
nötig.
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Die Kühlung und Erwärmung kann mit den üblichen bekannten Mitteln
ausgeführt werden. Nur muß hervorgehoben werden, daß örtliche, mit hohen Temperaturdifferenzen
verbundene Einwirkungen am vorteilhaftesten sind. Die Erwärmung bzw. Abkühlung kann
durch ein im Gefäß angeordnetes Rohr erzeugt werden, welches von einer Wärme abgebenden
bzw. Wärme aufnehmenden Flüssigkeit oder Dampf durchströmt wird.
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Es handelt sich dabei nicht nur um eine Erwärmung oder Abkühlung
der ganzen Lösung, sondern darum, Stellen in der Lösung zu schaffen, von wo die
reagiernden Moleküle sich die nötige Wärme holen können bzw. ihre frei werdende
Wärme abgeben können.
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Für manche komplizierte Reaktionen müssen im Reaktionsgefäße gleichzeitig
erwärmende und abkühlende Stellen geschaffen werden.
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Die kontinuierliche Erhöhung des osmotischen Druckes kann durch kontinuierliches
Zusetzen einer stark konzentrierten Lösung der entsprechenden Stoffe geschehen,
die kontinuierliche Erniedrigung kann durch kontinuierliches Zusetzen des reinen
Lösungsmittels erfolgen. Die Einführung der stark konzentrierten Lösung bzw. des
reinen Lösungsmittels in die Lösung kann durch ein gelochtes Rohr mittels kleinen
überdruckes der einzuführenden Flüssigkeiten bewerkstelligt werden.
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Das hier beschriebene Verfahren soll an einigen technologischen Beispielen
hier weiter erläutert werden.
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Die Reaktion der Esterbildung Diese Reaktionen bilden die Grundlage
vieler wichtiger chemischer Industrien. Wie bekannt, verlaufen diese Reaktionen
sehr langsam. Von diesem Standpunkt ist die Reaktion der Bildung des Athylacetat
am meisten erforscht, Eine Lösung von Essigsäure und Alkohol setzt sich bei Zimmertemperatur
in I90 Tagen nur zur Hälfte um.
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Nach dem neuen Verfahren kann diese Zeit sehr verkürzt und eine größere
Ausbeute erzielt werden.
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Die Reaktion erfolgt nach der Formel: CH3-COOH+C2H5HO-t CH3COO .
C2H5+H2O.
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Da bei der Bestimmung des osmotischen Druckes das Molekül H20 nicht
berücksichtigt werden darf, so verläuft die Reaktion mit Verkleinerung des allgemeinen
osmotischen Druckes. Bei der Reaktion wird etwas Wärme frei.
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Diese Reaktion muß daher zufolge dem neuen Verfahren mit folgenden
Veränderungen
der drei Faktoren des chemischen Gleich gewichtes
ausgeführt werden: I. mit Steigerung des allgemeinen osmotischen Druckes, 2. mit
Steigerung gdes partiellen Druckes von Essigsäure und Alkohol durch Beimengung dieser
Stoffe, was auch gleichzeitig die unter I genannte Fordlerunlg der Steigerung des
allgemeinen osmotischen Druckes erfüllen wird, 3. bei einer Einwirkung einer fallenden
Temperatur.
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Ein Behälter wird bis ein Drittel mit einer Lösung von Essigsäure
und Alkohol gefüllt, die dann bis auf eine Temperatur von 60° C erwärmt wird. Die
Lösung soll z. B. auf je 1 kg reiner Essigsäure 0,6 kg 95 prozentigen Alkohol enthalten.
Das Lösungsmittel ist in diesem Falle von den 5 01o des Wassers gebildet. Nun wird
im Gefäß durch ein gelochtes Rohr dieselbe Lösung mittels überdruck allmählich eingeführt.
Diese Lösung enthält mehr Essigsäure als theoretisch nötig wäre. Dadurch wird das
Endprodukt nur wenig Alkohol enthalten können, was die Abdestillation des Acetats
stark erleichtern wird.
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Der Siedepunkt der Essigsäure ist II80 C, der des Acetats 740 C und
der des Alkohols 780 C. Die Einführung der neuen Lösung geschieht so langsam, daß
das Gefäß erst in 3 Stunden gefüllt ist. Die Temperatur der eingeführten Lösung
kann der Temperatur der Flüssigkeit im Behälter immer gleichgehalten werden. Da
bei der Reaktion nur seht kleine Wärmemengen frei werden, so kann man von künstlicher
Kühlung absehen. Die Luftkühlung wird genügen, um die Temperatur zu erniedrigen.
Nachdem das Gefäß gefüllt ist, kann die Lösung ausgepumpt werden und wie gewöhnlich
destilliert werden. Die Destillation wird in diesem Falle sehr leicht vor sich gehen,
da, wie früher erwähnt, die Lösung nur wenig freien Alkohol enthalten kann.
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Um die Reaktion noch mit größerer Geschwindigkeit durchzuführen,
kann in bekannter Weise Schwefelsäure als Katalyt der Lösung beigemengt werden.
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Nach dem neuen Verfahren können alle sonstigen Esterbildungen mit
viel größerer Geschwindigkeit als üblich ausgeführt werden.
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Die Verseifung von Estern Die entgegengesetzte Reaktion der Verseifung
von Estern, wie z. B. die Verseifung von Äthylacetat, muß nach dem neuen Verfahren
bei folgenden, gleichzeitigen und kontinuierlichen Einwirkungen auf die drei Faktoren
des chemischen Gleichgewichtes ausgeführt werden: I. der gesamte osmotische Druck
muß durch Beimengung des Lösungsmittels einer fallenden Einwirkung, 2. der partielle
osmotische Druck des Athylacetats muß durch Beimengung dieses Stoffes einer steigenden
Einwirkung ausgesetzt werdien, und 3. die Temperatur der Lösung muß durch äußere
Einwirkung gesteigert werden.
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Um diese Einwirkungen zur Wirkung zu bringen, muß das Reaktionsgefäß
mit folgenden drei Röhren ausgestattet werden: I. mit einem Heizrohre, 2. ! mit
einem gelochten Rohre, durch welches mittels kleinem Überdruck Wasser an alle Stellen
des Reaktionsgefäßes eingeführt werden kann und 3. mit einem gelochten Rohre, durch
welches rnittels kleinem Überdruck an alle Stellen des Reaktionsgefäß es kleine
Mengen einer starken Lösung von Äthylacetat eingeführt werden können.
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Die Reaktion der Verseifung wird folgendermaßen ausgeführt: Das Reaktionsgefäß
wird bis auf ein Drittel seines Fassungsvermögens mit einer starken Lösung (z. B.
einer 50 prozentigen Lösung) von Äthylacetat von I80 C gefüllt. Dann wird mit der
Einführung von kleinen Mengen von Wasser und kleinen Mengen derselben Lösung von
Äthylacetat begonnen. Die Mengen des eingeführten Wassers und der Lösung müssen
so bemessen werden, daß sie dabei den gesamten osmotisehen Druck mindernde Einwirkungen
aussetzen und daß das Gefäß sich nur in ungefähr 2 Stunden füllt. Die ganze Lösung
wird allmählich durch das Heizrohr so geheizt, daß die Temperatur in den 2 Stunden
von I80 bis auf 400 (: C steigt.
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Nach 2 Stunden kann die Lösung aus dem Reaktionsgefäß entfernt werden
und wie üblich einer fraktionierten Destillation unterworfen werden.
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Das hier beschriebene Verfahren erlaubt solche Reaktionen in Lösungen
auszuführen, die bis jetzt überhaupt unausführbar waren, solche Reaktionen, die
bis jetzt nur mit Hilfe von Katalyten ausgeführt wurden, ohne Anwendung derselben
anzuführen; ferner die Temperatur vieler Reaktionen herabzusetzen und viele Reaktionen
mit größerer Geschwindigkeit und größerer Ausbeute auszuführen.