-
Verfahren zur Gewinnung einer jodhaltigen organischen Substanz und
anderer Produkte aus IKeeresalgen. Es sind bereits zahlreiche Verfahren vor-@eschlagen
worden, um den Meeresalgen, insbesondere den braunenAlgen (Phätophyceen), die nutzbaren
Bestandteile zu entziehen und sie in verwertbare Erzeugnisse umzuwancleln. Mit keinem
dieser bekannten Verfahren gelingt es indessen, die verschiedenen Bestandteile gleichzeitig,
wirtschaftlich und in ihrem natürlichen unveränderten Zustande auszuziehen, was
um so wichtiger ist, als verschiedene dieser Bestandteile sich leicht zersetzen
und infolgedessen einen Teil - wenn nicht alle - ihrer ursprünglichen wertvollen
Eigenschaften verlieren.
-
Das Verfahren der Erfindung gestattet es dagegen, die verschiedenen
nutzbaren Bestandteile gleichzeitig und wirtschaftlich so auszuziehen, daß jede
Veränderung ihrer Eigenschaften vermieden wird.
-
Es werden zu diesem Zwecke nicht frische, sondern trockene Algen behandelt,
und zwar entweder ganz oder zerkleinert.
-
In trockenen Algen befinden sich die wasserlöslichenBestandteile in
trockenem, festem Zustande, während sie in frischen .-lgen in gelöstem, wasserverdünntem
Zustande enthalten sind. Daraus ergibt sich, daß beim Auslaugen frischer Algen mit
Wasser, selbst bei vorsichtigster Behandlung, nur verdünnte Lösungen erhalten werden
können, die nur geringe Mengen Trockenmasse enthalten und deren Eindampfung daher
kostspielig ist, während beim Auslaugen von trockenen Algen nach Wunsch beliebig
angereicherte, ja selbst gesättigte Lösungen erhalten werden können, deren Eindampfung
wirtschaftlich sehr leicht ausführbar ist.
-
Ein weiteres Kennzeichen des Verfahrens zum Auslaugen trockener Algen
besteht darin, daß man sie zunächst mit stärkst angereichertem Auslaugewässer in
Berührung bringt und sie dem Gegenstromprinzip gemäß auslaugt, indem man das Auslaugewasser
stetig den Algen entgegen umlaufen läßt.
-
Die braunen Algen enthalten nämlich eine kolloidale Substanz, Algine
genannt, die in Wasser sehr stark aufquillt und sehr viskose Lösungen bildet. Um
dieser Unannehmlichkeit des Aufquellens der Algine im Wasser zu begegnen, ist vorgeschlagen
worden, die Algen mit durch eine Mineralsäure angesäuertem Wasser auszulaugen oder
mit einer Lösung von Calciumbisulfit, Aluminiumsalzen oder anderen die Algine unlöslich
machenden Stoffen. Diese Stoffe und besonders die Erd- und Metallsalze haben indessen
den großen Iachteil, die Algine und verschiedene
andere Bestandteile
der Algen so zu verändern, daß ihre weitere Verwendung nachteilig beeinflußt wird.
-
Nach dem Verfahren der Erfindung werden die Algine und die anderen
Bestandteile der Algen vor jeder nachteiligen Veränderung bewahrt, indem die Anwendung
von jeglichen Stoffen vermieden wird, mit Ausnahme des Auslaugewassers selbst, und
man hindert die Algine sich aufzulösen und aufzuquellen, indem man nur trockene
Algen behandelt und diese zunächst mit dem stärkst angereicherten Auslaugewasser
im Gegenstrome in Berührung bringt. Indem man so verfährt, sichert man gleichzeitig
die vollkommenste Extraktion der Bestandteile, welche in den Algen enthalten sind.
-
Die Aulaugung, wie sie gewöhnlich ausgeführt wird, hat aber bei den
Algen einen großen Nachteil: die große Begierde, mit welcher sie große Mengen Wasser
aufsaugen und durch Aufquellen festhalten.
-
Um diesem Nachteile vorzubeugen, werden nach der Erfindung die Algen
im Laufe des Verfahrens nach jedem Auslaugungsstadium ausgepreßt. Indem man unmittelbar
nach jeder Wässerung die Algen auspreßt, um das Auslaugewasser zu entfernen, verhindert
man das Aufquellen des kolloidalen Bestandteiles der Algen: der Algine. Man laugt
auf diese Weise gleichzeitig auch die Algen schneller aus.
-
Infolge der -Unterschiede in der Dur chdringlichkeit der Zellwände
der Algen für kristallinische Substanzen, wie die in den Algen enthaltenen Mineralsalze,
und für kolloidale Substanzen, wie die in ihnen ebenfalls enthaltene Algine, und
ferner infolge der Unterschiede in der Geschwindigkeit, mit welcher diese Substanzen
diffundieren, hat die in den Algen enthaltene Algine nicht die Zeit, das Wasser
aufzusaugen, da sie immer «-leder von ihm getrennt wird, und zwar gerade in dein
Augenblicke, in welchem es in Wirkung treten könnte, was besonders zu befürchten
wäre gegen Ende der Auslaugung, wenn die Algen mit mehr und mehr reinem Wasser,
das heißt je weiter mit je weniger angereichertem Auslaugewasser in Berührung kommen.
Die auf diese Weise ausgelaugten und ausgepreßten Algen enthalten verhältnismäßig
wenig Wasser und lassen sich infolgedessen wirtschaftlich leicht trocknen.
-
Die durch das Auslaugen der Algen mit Wasser enthaltene Flüssigkeit
ist eine Lösung von vornehmlich Chloriden und Sulfaten von Kalium, Natrium und Magnesium,
von einer organischen jodhaltigen Substanz und von Kohlehydraten.
-
Um die organische jodhaltige Substanz aus dieser Flüssigkeit auszuscheiden,
behandelt man sie vorzugsweise mit einer Lösung von Blei- oder Kupfersalzen, welche
mit ihr in Wasser unlösliche Verbindungen bilden. Die organische jodhaltige Substanz
wird hierauf von dem Blei oder Kupfer, welches sie unlöslich gemacht hat, mit der
nötigen Vorsicht getrennt, um ihre ursprüngliche Zusammensetzung nicht zu verändern,
indem man auf geeignete Weise verfährt, beispielsweise wie bei der Reinigung von
durch Blei niedergeschlagenem Eiweiß.
-
Um alsdann aus der Flüssigkeit die Kalium-, Natrium- und Mägnesiumchloride
und -sulfate auszuscheiden, dampft man die Lösung ein und kristallisiert die verschiedenen
Salze nacheinander nach bekannten Verfahren.
-
Diese Trennung ist indessen zwecklos, wenn man die genannten Salze
lediglich als Düngemittel verwenden will. In diesem Falle ist es zweckmäßiger, nach
der Niederschlagung der jodhaltigen Substanz die Lösung einzudampfen und hierauf
die eingetrocknete :Masse in ihrer Gesamtheit als Düngemittel zu verwenden.
-
Die ausgelaugten Algen bilden ihrerseits -ein Gemenge, das hauptsächlich
aus Algine und Cellulose besteht, das aber durch die Algine gekennzeichnet ist und
daher Rohalgine genannt wird.
-
Um die Rohalgine zu reinigen, d.h. von der Cellulose zu trennen, wird
die Algine gelöst, beispielsweise durch Behandlung mit einer wässerigen Lösung von
kohlensauren Alkalien, welche bekanntlich die Algine lösen und die Cellulose als
Rückstand belassen. Diese Trennung, welche infolge der großen Viskosität der Algine
sehr beschwerlich ist, ist indessen im allgemeinen nicht erforderlich, sondern kann
gewöhnlich vermieden werden, denn die Cellulose der Algen ist durch ihre besonderen
Eigenschaften in zahlreichen Fällen nicht nur der Algine nicht hinderlich, sondern
sogar sehr erwünscht.
-
Die ausgelaugten und ausgepreßten Algen werden daher gewöhnlich unmittelbar
getrocknet, und zwar mit der nötigen Sorgfalt, um jegliche Veränderung zu vermeiden.
-
Sie werden hierauf im gleichen Zustande oder zerkleinert oder zerpulvert
für die verschiedensten Zwecke verwendet, im besonderen mit Rücksicht auf die kolloidale
Substanz, die Algine, welche sie enthalten. Sie können aber auch in der einen oder
anderen nachstehend beschriebenen Weise verändert verwendet werden.
-
Die ausgelaugten, getrockneten und möglichst zerpulverten Algen werden
mit kohlensauren Alkalien behandelt, indem sie mit Lösungen derselben imprägniert
werden.
Vorzuziehen sind verhältnismäßig konzentrierte Lösungen,
um den festen Zustand der .',lgen nicht zu verändern und tun unmittelbar verwendbare
Erzeugnisse zu erhalten hei gleichzeitiger Sicherung der Entwicklung der auf diese
Weise hervorgerufenen Reaktionen. Man erhält auf diese Art ausgelaugte _Mgen, die
mehr oder weniger löslich gemacht worden sind und deren kolloidale Eigenschaften
diejenigen der reinen Algine übertreffen, das heißt der entsprechenden alkalischen
Alginate, und welche die verschiedensten Anwendungen ermöglichen, sei es als bindende,
klebende, verdichtende, appretierende, emulsionierende, Kesselstein entfernende,
klärende, reinigende u. d-1. Mittel.
-
Wendet man an Stelle von festen flüchtige alkalische Substanzen an,
so erhält man Stoffe, @lie durch Verdunstung der alkalischen Substanz wasserunlöslich
werden. Die bindenden, klebenden, appretierenden usw. Stoffe werden auf diese Weise
in wasserdichte, undurchdringliche Stoffe verwandelt.
-
Werden die ausgelaugten bzw. die mehr oder weniger löslich gemachten
Algen mit Erdsalzen behandelt (mit Ausnahme von lagiiesiuinsalzen) oder mit Metallsalzen
(mit Ausnahme von Ouecksilbersalzen), so werden sie ebenfalls unlöslich gemacht.
Man erhält dann Stoffe, die für die verschiedensten Zwecke verwendbar sind, wie
wasserdichtende, undurchdringlichmachende Stoffe für C`berzüge und Anstriche, welche
einesteils die Eigenschaften der kolloidalen Substanz aufweisen, aus der sie gebildet
sind, andernteils die Eigenschaften der Erd- oder :Metallbasen, an welche sie gebunden
worden sind.
-
Werden die oben beschriebenen, durch Metallsalze unlöslich gemachten
Algen durch Ammoniak, Ammoniumkarbonat oder andere alkalische flüchtige Substanzen
mehr oder weniger löslich Beinacht, so erhält man Stoffe, welche durch Verdunstung
des Ammoniaks oder der anderen flüchtigen alkalischen Substanz neuerdings in Wasser
unlöslich werden. Diese können außer den obengenannten An-\t-en;luii"en noch weitere
wichtige Verwendun-en findon: die durch Kupfersalze unlöslich gemachten Algen als
antikryptogamische Stoffe, Unterseewasser .Anstriche u. dgl.; die durch Aluminiumsalze
unlöslich gemachten Algen als plastische Massen, Isolierungsinassen u. dgl.
-
An Stelle der natürlichen Algen können für die beschriebenen Verfahren
auch Algen verwendet werden, die auf natürliche oder künstliche Weise gebleicht
worden sind, wie auch zerkleinerte oder zerpulverte Algen.
-
\v enn man nach dem beschriebenen Verfahren ioo kg Laminaria flexicaulis,
die an der Luft getrocknet sind und noch etwa 15 bis 2o Prozent Wasser enthalten,
behandelt, so erhält man im Mittel 35 kg Rohalgine, 3o kg Mineralsalze, von denen
etwa 35 Prozent Kalisalze sind, 15 bis 2o kg organische Masse, die im Wasser
löslich ist. Die wasserlösliche Masse wird alsdann nach den Verfahren behandelt,
die für die Fällung der jodhaltigen Masse beschrieben sind. Man erhält im Mittel
d.oo g Jod, an organische Masse gebunden, die mit Blei oder Kupfer verbunden ist,
je nach der Lösung, mit deren Hilfe sie gefällt worden ist.
-
Die Masse wird dann beispielsweise mit einer Lösung von Natriumsulfid
behandelt, wodurch das Blei oder Kupfer gefällt und die organische jodhaltige Masse
in Form eines Natronsalzes ausgeschieden wird.