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Verfahren zum Imprägnieren von Hohlräumen und Kapillaren in organischen
und anorganischen Körpern
Es ist eine in der analytischen Chemie bekannte Tatsache,
daß die Halogenverbindungen des Silbers und des einwertig gebundenen Kupfers sowie
auch anderer Schwermetalle einschließlich des nahezu unlöslichen Kupfer(I)-rhodanids
in Lösungen von Salzen mit dem gleichen Säureanion in verschiedenem Umfang löslich
sind. So lösen sich z. B.
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Silberchlorid in Chloralkalien, Silberbromid in Bromalkalien, Silberjodid
in Jodsalzlösungen, Kupfer (I) -j odid und Kupf er (I) -rhodanid in den entsprechenden
Jodiden und Rhodaniden, wenn sie mit Lösungen von Salzen der gleichen Säure behandelt
werden. DieLöslichkeit derSilberhalogenide z. B. steigt mit dem Atomgewicht des
Säureanions in einem mathematisch bzw. physikalisch-chemisch nicht formulierbaren
Verhältnis an, derart, daß Chlorsilber in Chloriden relativ wenig, Bromsilber in
Bromiden schon in stärkerem Maß, Jodsilber in Jodiden dagegen außerordentlich viel
reichlicher löslich ist als die beiden genannten Silberhalogenide.
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Bekannt ist ferner die Löslichkeit von Silber und Silberjodid in konzentrierter
Jodwasserstoffsäure.
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Verwendet man als Lösungsmittel für Silberjodid konzentrierte Jodsalzlösungen,
denen man als Bodenkörper noch etwas ungelöstes Jodsalz beigibt, so gelingt die
Herstellung einer Reihe von an Silberjodid sehr reichen Doppelsalzen mit einem Gehalt
bis zu weit über SO °/o Jodsilber. Die Doppelsalze der Silber- und der entsprechenden
Kupferverbindungen haben die Eigenschaft, mit Wasser,
Alkoholen
oder anderen mit ihren Lösungen mischbaren Flüssigkeiten zu hydrolysieren unter
Zerfall in ihre Komponenten, lösliches Salz und den schwerlöslichen Doppelsalzbildner,
welch letzterer sich wieder in ungelöster Form abscheidet. Eine technische Verwendung
haben diese Doppelsalze wegen ihrer Empfindlichkeit gegen hydrolysierende Substanzen
und ihrer leichten Disproportionierbarkeit bisher nicht gefunden, da jeder Versuch
der Verdünnung das chemische Gleichgewicht der Verbindung stört und einen Zerfall
bewirkt. Das gleiche gilt auch für die aus Silberjodid und löslichen Rhodansalzen
bestehenden Doppelsalze sowie für die leichtlöslichen Kupferdoppelrhodanide und
analoge Doppelsalze mit einer schwerlöslichen Komponente.
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Versuche des Erfinders haben ergeben, daß sich diese Halogen- undRhodandoppelsalze,
insbesondere auch diejenigen des Silberjodids, durch ein hohes Diffusionsvermögen
auszeichnen, welches teilweise durch das hohle spezifische Gewicht der Lösung, zum
anderen Teil durch die schnelle Diffusionsfähigkeit, Kapillaraktivität und die schleim-
und eiweißverflüssigende Wirkung ihrer leichtlöslichen Komponenten bedingt ist.
So werden z. B. nicht nur feinporiger Sandstein, sondern auch lebende und tote Gewebe
des pflanzlichen und tierischen Körpers leicht von ihnen durchdrungen, wenn man
dafür sorgt, daß ein reichlicher überschuß der Lösung vorhanden ist, welcher einen
durch etwa vorhandenes Gewebswas ser eintretenden Hydrolysierungprozeß praktisch
aufhebt. Insbesondere ergab sich diese hohe Durchdringungsfähigkeit bei Versuchen
mit lebenden und toten Zähnen, deren histologwischer Aufbau so beschaffen ist, daß
das Dentin von vielen Tausenden mikroskopisch feiner, von innen nach außen verlaufender
Kanälchen durchzogen wird, in welchen die Odontoblasten, die nervartigen Fortsetzungen
der Zahnpulpa, eingebettet sind. Verwendet man aber anstatt eines wesentlichen Überschusses
nur die zur Ausfüllung des Pulpenlumens erforderliche Menge des Doppelsalzes oder
seiner konzentrierten Lösung, so wird durch das Gewebswasser allmählich die vollständige
Hydrolyse und Disproportionierung des eingebrachten Doppelsalzes bewirkt, wobei
das sich ausscheidende Silberjodid in den Dentinkanälchen in dicht anliegender,
wandständiger, volumenbeständiger, kristalliner Form abgelagert wird.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist es, die hohe Diffusionsfähigkeit
sowie die leichte Hydrolysierbarkeit und Disproportionierbarkeit der erwähnten Doppelsalze
zu einem Verfahren der Imprägnierung von Hohlräumen und Kapillaren in organischen
und anorganischen Körpern mit einer praktisch unlöslichen, oligodynamisch wirksamen
Verbindung ausgenutzt zu haben. Im lebenden Gewebe der Zähne oder anderer Organe
vollzieht sich diese Imprägnierung nach Einführung der Doppelsalze oder ihrer Bestandteile
selbsttätig durch den natürlichen Zutritt des Gewebswasserstromes. Der Endeffekt
ist eine Verstopfung der mikroskopischen Zell- und Gewebsräume mit der unlöslichen
Komponente der angewandten Doppelsalze, also z. B. mit Silberjodid, Kupfer(I) -j
odid, Kupfer(I)-rhodanid oder mit schwerlöslichen sekundären Doppelverbindungen
dieser Stoffe, wie dem unlöslichen Hexamethylentetramins ilberj odid oder analogen
Verbindungen.
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Der Effekt des neuen Verfahrens ist ein bisher unerreichter, nämlich
die wandständige, volumenbeständige, schrumpfungsfreie, bakteriendichte Abdichtung
der Oberfläche und Ausfüllung feinster Spalte und Kanäle der Organe, oder je nach
dem beabsichtigten Verwendungszweck die Hervorhebung feiner Gewebsstrukturen in
anatomischen und histologischen Präparaten.
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Eür viele Zwecke kann es vorteilhaft sein, die Disproportionierung
zu verzögern, so daß die Ausscheidung des unlöslichen Salzes erst nach Zufuhr größerer
Flüssigkeitsmengen eintritt. Es wurde gefunden, daß man dies erreichen kann, indem
man den Lösungen der Doppelsalze solche organischen Stoffe zusetzt, welche eine
Erschwerung der Hydrolyse bewirken. Als Beispiele seien genannt, Pyridin, Aceton,
Chinolin, ohne damit eine Beschrän'kung auf diese Substanzen oder ihre Homologen
auszusprechen.
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Beispiel I 33 g Kaliumjodid und 23 g Silberjodid werden unter Erwärmen
in 30 ccm Wasser gelöst und die Lösung bis zur Bildung einer Kristallhaut eingedampft.
An Stelle des Wassers können auch andere Lösungsmittel dienen, in welchen das Kaliumjodid
löslich ist, wie z. B. Glycerin, Äthylenglykol usw.
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Füllt man diese Mischung beispielsweise in die Wurzelkanäle eines
extrahierten Zahnes ein, so erhält man nach der Entkalkung und optischen Aufhellung
des Zahnes ein durchsichtiges Präparat, in welchem die feinen Verästelungen der
Wurzelkanäle sowie die Kapillaren der Rentinkanälchen durch ausgeschiedenes Silberjodid
deutlich sichtbar sind.
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Beispiel 2 Eine Lösung mi-t Verzögerung der Disproportionierungerhält
man in folgender Weise: 2ogKaliumrhodanid und 20 g Silberjodid werden mit 25 ccm
Wasser verrieben und erwärmt, bis sich der größte Teil des an sich unlöslichen Bestandteils
gelöst hat.
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Zu der warmen Lösung fügt man 5 bis In cm Pyridin.