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Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung von Chlorkalk. Es ist mehrfach
vorgeschlagen worden, die Handarbeit bei der Chlorkalkherstellung durch Benutzung
von Apparaten mit mechanischen Antrieb zu ersetzen. Für gewöhnlich wurden Turmapparate
mit mehreren übereinandergelegenen Zwischenböden, über welche der Kalk in Gegenstrom
zu dem von unten nach oben strömenden Chlorgas durch Rührarme gefördert wird, vorgeschlagen.
Soweit bekannt, haben sich diese Apparate nicht in der Praxis bewährt. Der einzige
mechanische Chlorkalkapparat, welcher sich in der Technik eingebürgert hat, ist
der von Hasenclever. Auch bei diesem Apparat treten indessen gewisse Übelstände
auf. Die Entfernung der bei der Reaktion entwickelten Wärme geschieht einerseits
durch die natürliche Wärmeabgabe an die umgebende Luft und anderseits durch Verdünnung
des Chlorgases mit einem mehrfachen Volumen von Luft. Hierdurch wird aber die Kontrolle
über die Aufrechterhaltung der für die Reaktion günstigsten Temperaturen in den
verschiedenen Teilen des Apparates erschwert, die Cberw achung des Betriebes erfordert
eine besondere Sorgfalt und ferner werden die Chlorverluste in den Abgasen verhältnismäßig
groß. Der Apparat muß zudem in kurzen Zwischenzeiten geöffnet und gereinigt werden,
um seine vollständige Verstopfung durch Ablagerungen zu vermeiden.
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Außer der Benutzung reinen Chlorgases und eines guten Kalkes ist die
lnnehaltung bestimmter Temperaturen während des Chlorierens für die Erreichung eines
hochprozentigen und haltbaren Chlorkalkes von der größten Bedeutung. Bei mechanischen
Apparaten sind außerdem die besonderen Schwierigkeiten zu beseitigen, welche durch
die Bildung von harten oder schmierigen Klumpen und Ablagerungen von Kalkverbindungen
im Innern des Apparates entstehen.
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Der Einfluß der Temperatur auf den Chlorkall<prozeß äußert sich
derart, daß einerseits die Reaktionsgeschwindigkeit mit steigender Temperatur vergrößert
wird, anderseits rler schon gebildete Chlorkalk einen Teil seines Gehaltes an aktivem
Sauerstoff bei hoher Temperatur wieder verliert und zum Teil auch in Kalziumchlorat
ül:ergefiihrt wird, das bleichende Eigenschaften bekanntlich nicht hesitzt. Die
Gefahr der Zersetzung und ]Umwandlung des Chlorkalkes wird in dem Maße vergrößert,
wie der Kalk an Chlor gesättigt wird. Infolge dieser entgegengesetzten Wirkungen
der Temperaturen wurde bis jetzt angenommen, daß es für die Wirkung am vorteilhaftesten
sei, wenn die Temperatur der Reaktionsprodukte im ganzen Apparat praktisch konstant,
und zwar bei etwa d.o bis 5o° C gehalten wird, und nach dieser Regel erfolgt immer
die praktische Herstellung von Chlorkalk.
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Eine nähere Prüfung der theoretischen Verhältnisse zeigt aber, daß
eine höhere Temperatur die Reaktion beschleunigt und daher in dieser Hinsicht günstig
ist, während anderseits die Zersetzung und Umwandlung des gebildeten
Chlorkalkes
infolge zu hoher Temperatur erst in dem Maße, wie der Kalk mit Chlor gesättigt wird,
sich bemerkbar macht. Unter Zugrundelegung dieser Erkenntnis besteht die Erfindung
ini wesentlichen darin, <laß die Herstellung des Chlorkalkes in einem Etagenapparat
unter Bewegung des Chlorgases und des Kalkes in Gegenstrom derart ausgeführt wird,
daß die Temperatur der Reaktionsmasse durch eine geregelte Kühlung der einzelnen
Etagen allmählich gesenkt wird, in dem Maße, wie sich die Reaktionsmasse an Chlor
anreichert. Das beinahe gesättigte Reaktionsprodukt wird somit bei -verhältnismäßig
niedriger Temperatur der Wirkung des reichsten Chlorgases ausgesetzt und kann sich
bis zur Sättigung anreichern, ohne daß eine wesentliche Zersetzung oder Umwandlung
des Reaktionsproduktes infolge der niedrigen Temperatur eintritt. Die zweckmäßigste
Endtemperatur liegt zwischen 15 bis 25" C. Wird diese Temperatur bei dein Austrittsende
innegehalten, so kann man ohne Schwierigkeit ein hochprozentiges Chlorgas benutze:i
und dadurch ein an wirksamem Chlor sehr reiches Produkt herstellen. Anderseits kann
die erste Chlorierungsstufe, wo der frisch zugeführte Kalk dem nunmehr infolge der
Absorption verdünnten Chlorgasstrome entgegenströmt, ohne Nachteil bei verhältnismäßig
hoher Temperatur, z. B. 50° C, ausgeführt werden, ohne daß Verlust infolge Zersetzung
oder Umwandlung stattfindet, wohei das übrige Chlor schnell und beinahe vollständig
absorbiert wird, so daß auch die Chlorverluste sehr klein werden.
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In Abb. i und 2 der beiliegenden Zeichnung ist eine Ausführungsform
des zur Ausführung des Verfahrens dienenden Apparates in senkrechtem und wagerechtem
Schnitt dargestellt.
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Die Wände i und Zwischenböden 2 des Apparates werden vorzugsweise
aus Beton hergestellt und werden zum Schutz gegen die zerfressende Einwirkung des
Chlorgases mit Asphalt o. dgl. bestrichen. Der Kalk wird durch den mit Schnecke
o. dgl. 3 versebenen Speisetrichter 4. auf den obersten Zwischenboden gebracht.
Das fertige Erzeugnis wird von dem Sammelraum 5 im unteren Teil des Apparates unmittelbar
in die Versandfässer abgegeLen. Ein Elektromotor 6 dient zum Antrieb der Fi;rderschnecke
3 und der -Mittelwelle 7 mit darauf angebrachten Armen 8 und Schaufeln g. In jedem
Zwischenboden sind Kühlrohre oder Kühlkasten i o eingelegt, «-elche mit je einer
Zuleitung 1i und einer Ahflußleitung 12 für Kühlwasser versehen sind. In den Abflußleitungen
sind Hähne 13 vorgesehen, durch welche die zugeführte Kühlwassermenge für jeden
Zwischenloden einzeln geregelt werden kann. Hierdurch wird die Durchführung des
Prozesses unter Aufrechterhaltung der oben angegebenen Temperaturen ermöglicht.
Die Kühlwasserzufuhr wird also derart geregelt, daß der Kalk auf dem obersten Zwischenboden
eine Temperatur von 3o bis 50° C annimmt, welche durch verstärkte Kühlung der nachfolgenden
Zwischenböden allmählich gesenkt wird, so daß der fertige Chlorkalle auf dein untersten
Zwischenboden eine Temperatur von i 5 bis 25° C erhält.
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Uni die Kühlwasserzufuhr bequem überwachen zu können, werden zweckmäßig
in den Al-flußrohren Thermometer vorgesehen und die Abflußrohre münden mit freiem
Strahl in Trichtern oder Rinnen 1d., so daß Störungen in der Wasserzufuhr leicht
leobachtet werden können.
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Bei älteren Etagenapparaten zur Herstellung von Chlorkalk wurde die
Höhe der einzelnen Etagen ziemlich klein gemacht, um die Abmessungen des Apparates
nach Möglichkeit zu beschränken. Es hat sich indessen herausgestellt, claß es für
die ungestörte Durchführung des Prozesses von wesentlicher Bedeutung ist, daß der
Abstand zwischen den einzelnen Zwischenböden nicht allzu klein gemacht wird, und
zwar soll dieser Abstand mindestens einem Drittel des inneren Durchmessers oder
der Breite des Apparates entsprechen. Die Erklärung hierfür liegt wahrscheinlich
darin, daß infolge des verhältnismäßig großen freien Raumes oberhalb der Reaktionsmasse
die Gasgeschwindigkeit und dadurch die Gefahr für eine zu schnelle Reaktion zwischen
dem Kalke und dem Chlorgase vermindert und die geregelte Kühlung in beabsichtigter
Weise gesichert wird. Ein wichtiger Vorteil bei den hohen Reaktionskammern liegt
auch darin, daß sie für Überwachung und Ausbesserung leicht zugänglich werden. Der
Zutritt zu den einzelnen Reaktionskammern wird durch die Türen 15 erhalten.
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Um das Chlorgas möglichst vollständig in den obersten Reaktionskammern
zu absorbieren, soll darin nicht nur eine verhältnismäßig hohe Temperatur aufrechtgehalten
werden, sondern es ist auch wichtig, daß der darin eingeführte Kalle möglichst schnell
ausgebreitet und verteilt wird. Gemäß der Erfindung werden daher mindestens vier
Rührarme in den zwei obersten Etagen benutzt, während in den übrigen Etagen zwei
Rührarme genügen. Es wird hierdurch in den obersten Etagen eine verbesserte Absorption
des verdünnten Chlorgases erreicht und ferner werden zufällige Überhitzungen einzelner
Stellen der Kalkmasse verhindert.
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Bei allen bekannten mechanischen Apparaten
zur Herstellung
von Chlorkalk bildete das Umrühren der Kalkmasse eine der größten Schwierigkeiten.
Es werden leicht harte Klumpen gebildet, deren innere Teile nicht in Reaktion mit
dem Chlorgas kommen. Noch schlimmer ist es, daß schmierige Verbindungen gebildet
werden, welche an den Schaufeln und Armen und an den Zwischenböden selbst anhaften,
wodurch das mechanische Rührwerk gänzlich außer Betrieb gesetzt werden kann. Auch
wird die Wirksamkeit der Kühlung dadurch beeinflußt. U m diese Übelstände zu beseitigen,
sind gemäß der Erfindung folgende Maßnahmen getroffen. Einerseits ist die mittlere
Rührwelle derart ausgeführt, daß sie während des Betrie es gehoben oder gesenkt
werden kann, tun die Höhe der Schaufeln oherhalb der Zwischenböden derart regeln
zu können, daß die Umrührung möglichst wirksam wird, ohne daß eine Gefahr für das
Zerbrechen der Schaufeln eintritt. Die Schaufeln werden dabei so nahe an den Böden
wie möglich gehalten, und die zweckmäßigste Lage kann durch Beobachtung der jeweiligen
Belastung des Antriebmotors beurteilt werden. Anclers#-its sind zur Wegspülung etwaiger
Ablagerungen in gewissen oder sämtlichen Reaktionskammern Spülvorrichtungen vorgesehen,
durch -welche die abgelagerten Kalkverbindungen mit Wasser aufgelöst und entfernt
werden können, -wenn dies erforderlich wird. Diese Anordnung hat sich so wirksam
erwiesen, daß eine Reinigung des Apparates durch Handarbeit nur selten in Frage
kommt. Das kalk-und chlorhaltige Spülwasser ist zur Herstelhmg von sogenanntem flüssigen
Chlorkalk verwendbar, der für gewöhnlich gleichzeitig tiiit derChlorkalkfabrikation
durchAbsorption cles Chlorgehaltes der abziehenden Gase durch Kalkmilch hergestellt
wird.
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Die Ausführung des Apparates kann je nach den Umständen abgeändert
werden. Der Querschnitt kann rund oder rechteckig sein. Der Baustoff kann aus säurefesten
Klinkern, Steinen oder Ziegeln mit einer schützenden Bekleidung bestehen. Der Antriebniotor
und die Überwachungsvorrichtungen können tmten statt oben vorgesehen -werden. Bei
größeren Anlagen werden zweckmäßig mehrere Apparate nebeneinander gebaut, wobei
der oberhalb der Apparate vorgesehene Raum mit Regelungs- und Cl:erwachungsvorrichtungen
zweckmäßig für sämtliche Apparate gemeinsam ausgeführt wird. Endlich mag erwähnt
werden, daß der vorliegende Apparat, welcher wesentlich größere Abmessungen als
die bisher vorgeschlagenen und benutzten mechanischen Chlorkalkapparate erhält,
nicht wie andere Apparate ein besonderes Gebäude erfordert, sondern selbst als ein
solches dient.