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Verfahren zur Herstellung von als Naturlanolin einerseits und Wollfettwachs
anderseits verwendbaren Produkten aus Wollfettarten. Die gereinigten wie die rohen
neutralen Wollfettarten des Handels werden bisher auf chemischem Wege aus dem rohen
(sauren) Wollfett in der Weise hergestellt, daß man die freien Fettsäuren des Rohfettes
an Alkalien oder alkalische Erden bindet und den neutralen Teil des Fettes mit geeigneten
Lösungsmitteln von den entstandenen Seifen trennt. Dies bedingt natürlich in den
meisten Fällen die gleichzeitige Verwendung verschiedenartiger Lösungsmittel und
eine komplizierte Apparatur sowie den Umstand, daß man behufs Verwertung der Abfallfettsäuren
diese mit Mineralsäuren erst isolieren muß, was ja die Anlagen noch komplizierter
und kostspieliger gestaltet.
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Das vorliegende Verfahren umgeht diese Schwierigkeiten in recht einfacher
Weise. Kocht man nämlich rohes Wollfett mit Spiritus aus, so erhält man bekanntlich
in der heißen Lösung einen kleineren Teil des Fettes, der im wesentlichen aus den
freien Fettsäuren und den weichsten Estern des Fettes besteht (Fraktion I), während
der zurückgebliebene größere Teil des Fettes die in Spiritus unlöslichen fast völlig
neutralen und viel festeren Fettanteile enthält (Fraktion II). Die Fraktion I scheidet
nach dem Erkalten helle kristallinische Flocken aus, die nach ihrer Isolierung und
Trocknung eine fast wachsfeste, mehr oder minder helle Talg- oder Wachsmasse darstellen
(Fraktion Ia). Das im kalten Spiritus gelöst gebliebene Fett ist -nach Beseitigung
des Lösungsmittels - ein bei gewöhnlicher Zimmertemperatur mehr oder minder weiches
oder dickflüssiges Öl (Fraktion Ib).
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Aus diesem Befund erwachsen für die Verwendungsmöglichkeiten des Wollfettes
gar mannigfache, nicht vorauszusehende Vorteile, denn außer der Entfernung der freien
Fettsäure beseitigt das Lösungsmittel den größten Teil der unangenehmen Riech- und
Farbstoffe, die meisten dunklen und nicht wasserbindenden Substanzen, sowie die
weichsten Fetteile. Man erhält daher den größten Teil des Rohmaterials als fast
neutrales helleres, nur wenig riechendes und talgfestes Fett von sehr hoher Wasseraufnahmefähigkeit.
Zu nur 15 Prozent mit Vaseline verschmolzen, nimmt die Mischung mit Leichtigkeit
22o bis 250 Prozent Wasser auf und liefert dabei sehr zarte und haltbare
Salben und Cremearten, was selbst mit den meisten gereinigten Wollfettarten des
Handels (wie Lanolin, Adeps lanae u. dgl.) nicht erreicht werden kann. Besonders
wertvoll wird diese Fraktion II des Wollfettes für die Herstellung der Wollwachsarten
nach den deutschen Patenten Nr. 286244 und Nr. 286245.
Durch die Beseitigung
der Fettsäuren und der meisten teerigen Stoffe, die die Filterflächen zu verschmieren
und zu verstopfen
pflegen, wird die Filtration des Wachsbreies wesentlich
erleichtert und beschleunigt und das Endprodukt fester und weniger schmierig.
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Will man jedoch für manche Zwecke ein neutrales Wollfett von weicherer,
sozusagen natürlicher Konsistenz erhalten, so läßt sich die gesamte obige Fraktion
I, insofern Azeton nicht von vornherein als Lösungsmittel verwendet wurde, nach
Beseitigung des anderweitigen Mittels, mit Azeton aufnehmen, mit einem Alkali neutralisieren
und mit einem Metall- oder Erdsalz, z. B. mit Chlorkalzium, fällen. Der Seifenniederschlag
wird dann abfiltriert, das Lösungsmittel abdestilliert und das zurückgebliebene
weiche Neutralfett mit der obigen festeren Fettfraktion II verschmolzen. Man erhält
dann ein Lanolin, das dem tatsächlichen Gehalt des Rohmaterials an Neutralfettstoffen
entspricht. Geht man z. B. von einem Wollfett mit etwa 15 bis 2o Prozent
freiem Fettsäuregehalt aus, so erhält man den Gesamtrest, also 8o bis 85 Prozent
des Rohmaterials, an Neutralfett, das mit Recht als ein »Naturlanolinc< angesprochen
werden darf. Aus dem Niederschlag läßt sich die Fettsäure mit ihrer vollen Verseifbarkeit
in üblicher Weise freilegen.
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Im Gegensatz hierzu liefert die bisherige Verfahrungsweise in diesem
Falle höchstens 55 bis 6o Prozent an Lanolin, in dem also 2o bis 25 Prozent der
neutralen Naturstoffe fehlen und in die Seifenlaugen bzw. in die daraus zii isolierenden
Abfallfettsäuren geraten, wo sie obendrein den Wert der letzteren durch ihren hohen
Gehalt an Unverseifbarem wesentlich herabsetzen.
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Da die Unterfraktion Ia noch fester ist als die Hauptfraktion II und
eine gleichfalls hohe Wasserbindefähigkeit besitzt, so kann sie entweder für sich
als Wachsart oder mit Fraktion II etwa für die Herstellung von Wollwachs verschmolzen
oder auch der in obiger Weise neutral gemachten Fraktion Ib, die auch noch eine
erhebliche Wasseraufnahmefähigkeit besitzt, für die Herstellung von Salben und Emulsionen
einverleibt werden.
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Da die bisherigen Verfahren zur Herstellung von neutralen Wollfettarten
auf eine eigentliche Trennung der Weichfettanteile bzw. der weniger hydrophilen
Substanzen von dem festeren Fetteil nicht bedacht sind, so läßt sich naturgemäß
das vorliegende Verfahren behufs der in Rede stehenden Fraktionierung des Wollfettes
auch auf die Neutralfettarten des Handels anwenden, um den für manche Zwecke unerwünschten
Fettanteil auszuschalten.
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Ein Ausführungsbeispiel des Verfahrens ist etwa folgendes: ioo Teile
des zu fraktionierenden Wollfettes werden mit etwa Zoo Raumteilen Weingeist ausgekocht.
Nach einiger Zeit setzt sich die ungelöste Hauptmenge des Fettes zu Boden. Die warme
Lösung wird abgehebert und die Operation nötigenfalls wiederholt. Nach Beseitigung
des Lösungsmittels aus dem Rückstande erhält man die oben angeführte Fraktion II.
Ist man von einem Wollfett mit 15 bis 2o Prozent freier Fettsäure ausgegangen,
so ist diese Fraktion bereits technisch neutral. Die etwa darin noch enthaltene
kleine Menge von etwa i bis 2 Prozent Fettsäure läßt sich z. B. mit den bekannten
Entfärbungsmitteln durch Absorption leicht beseitigen. Das Fett ist in der Regel
wesentlich heller als das Rohmaterial, zeigt die Konsistenz des Talges und einen
wesentlich höheren Schmelzpunkt als das Rohmaterial. Die Ausbeute beträgt in diesem
Fall 6o bis 65 Prozent vom Rohfett. Bei höherem Säuregehalt des Rohmaterials ist
die Auzbeute entsprechend geringer und die Konsistenz etwas. weicher. Die Hydrophilie
der Fraktion II ist jedoch in beiden Fällen die oben geschilderte. Kommen Neutralfette
zur gleichen Behandlung, so ist natürlich die Ausbeute an dieser Fraktion eine entsprechend
höhere, je nach dem hier sehr variierenden Gehalt an spirituslöslichem Anteil.
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Die von den Auskochungen abgeheberten vereinigten warmen Lösungen
(Fraktion I) scheiden nach dem Erkalten eine erhebliche Menge heller kristallinischer
Flocken ab, die abfiltriert und getrocknet, die obenerwähnte feste wachsartige Fraktion
Ia darstellen. Nach Abdestillieren des Filtrates erhält man die Fraktion Ib in weicher
oder dickflüssiger Form.
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Die Fraktion I stellt den verlustfreien Rest des Rohmaterials dar
und besteht - beim sauren Wollfett - zu etwa i/3 aus Fraktion =a und zu 2/3 aus
Fraktion =b und bei den neutralen Handelswollfettarten zu rund gleichen Teilen beider
Fraktionen (=a und =b). Kommt es auf Isolierung der Fraktion Ia für sich nicht so
sehr an, so kann die Fraktionierung des Rohmaterials auch bei gewöhnlicher Temperatur
oder nur gelinder Erwärmung, z. B. im Schüttelapparat oder durch sonstige mechanische
Vorrichtungen, bewerkstelligt werden.
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Als Lösungsmittel kommen vorzugsweise wasserlösliche Flüssigkeiten
in Betracht, z. B. Weingeist, Holzgeist, Azeton und dessen Homologen u. dgl.