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Verfahren zum Trennen von Gemischen aus kristallisierten Teerkohlenwasserstoffen
und öligen Stoffen Bei der Herstellung oder Reinigung organischer kristallisierter
Verbindungen ist es häufig erforderlich, die Kristalle von öligen Stoffen zu trennen,
aus denen sie sich im Laufe der Aufbereitung abgeschieden haben oder mit denen sie
aus anderen Gründen vermischt sind. Durch die üblichen Maßnahmen zum mechanischen
Abtrennen, Filtrieren oder Schleudern lassen sich die Kristalle aus solchen Gemischen
bekanntlich nur unzureichend von den öligen Anteilen befreien. Bei der Herstellung
von z. B. Naphthalin fällt zunächst ein ölhaltiges Roherzeugnis an, aus dem durch
mehrfaches Abpressen unter hohen Drucken ein Produkt höheren Reinheitsgrades in
mäßiger Ausbeute und ein Preßöl erhalten werden, das noch beträchtlicheMengen Naphthalin
enthält. Zur Umgehung des umständlichen Preßverfahrens ist es daher vorgeschlagen
worden, naphthalin- oder anthracenhaltige Öle bei Temperaturen unterhalb 55° mit
reichlichen Mengen einer wäßrigen Emulgatorlösung in einer schnell laufenden Schlagmühle,
z. B. Kolloidmühle, zu bearbeiten, bis alles Öl fein emulgiert ist, worauf die das
Naphthalin oder Anthracen in feiner Verteilung enthaltende Emulsion durch feinporige
Filter getrieben und die Kohlenwasserstoff- auf diese `'eise abgetrennt werden.
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Schließlich ist es bekannt, daß man Rohparaffin mit wäßrigen Lösungen
von Netzmitteln, z. B. Fett- oder Harzseifen, aromatischen Sulfonsäuren oder deren
Salzen, derart waschen kann, daß die öligen Stoffe in der wäßrigen Lösung emulgiert
und durch Filtrieren
oder Schleudern von den Kristallen befreit
werden können. Die zum Auswaschen verwendete Netzmittellösung kann vom emulgierten
Öl befreit und wieder zum Auswaschen benutzt werden.
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Diese Emulsionverfahren haben den Nachteil, elaß bei der Verwendung
der üblichen Emulgier- oder Netzmittel entweder die Waschwirkung ziemlich gering
ist oder bei guter Waschwirkung sehr stabile Emulsionen entstehen, aus denen das
01 erst nach mehrtägigem Stehen oder durch kräftiges Schleudern abgeschieden
werden kann. Die als Netzmittel zum Waschen von Rohparaffin empfohlenen Natrium-
oder Kaliumsalze der aromatischen Sulfonsäuren haben nur eine geringe Waschwirkung.
Beim Verrühren von z. B. ölhaltigen, Naphthalin mit einer 2- bis 3%igen Lösung von
naphthalinsulfonsaurem Natrium auf einem Filter wird nur ein ganz geringer Teil
des Öles emulgiert bzw. von den Naphthalinkristallen abgedrängt. Dagegen ist die
Wirkung der ebenfalls zum `'Faschen von Rohparaffin empfohlenen Fett- oder Harzseifenlösungen
auch bei ölhaltigen kristallisierten Teerkohlenwasserstoffen vorzüglich, aber die
Trennung der damit entstehenden Olemulsionen geht so langsam und so unvollständig
vor sich, daß die Netzmittellösung in technisch annehmbarer Zeit nicht oder nur
zum geringen Teil zurückgewonnen werden kann. Eine durch Schütteln von Kresolöl
mit einer wäßrigen Lösung von Tallölseife entstehende Emulsion, wie sie z. B. bei
der Reinigung von ölhaltigemNaphthalin entsteht, ist nach 2 Tagen noch nicht zerfallen.
Bei der Verwendung der üblichen und für diese Waschzwecke empfohlenen Netzmittel
muß man daher zur Gewinnung der Öle und zur Regenerierung der Waschflüssigkeit die
entstehenden Emulsionen sehr lange stehenlassen oder das 01 auf geeigneten
kräftig wirkenden Schleudern abtrennen. In beiden Fällen bleibt im abgeschiedenen
01 ein beträchtlicher Teil des Netzmittels gelöst, der nicht nur für das
weitere Waschverfahren verlorengeht, sondern auch die Aufbereitung des Öles stört.
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Bei der Trennung von Gemischen aus kristallisierten Verbindungen und
öligen Stoffen kann man in den meisten Fällen, insbesondere bei der Reinigung von
ölhaltigen kristallinen Teerkohlenwasserstoffen, nicht auf die Gewinnung der wertvollen
öligen Bestandteile verzichten. Bei den großen Mengen des zu waschenden Kristallgutes
muß das Waschmittel aus Gründen der Wirtschaftlichkeit leicht zurückgewonnen und
wiederholt benutzt werden können. Hieraus ergibt sich die Aufgabe, die ölhaltigen
organischen Kristalle unter Verwendung solcher Netzmittel zu waschen, mit denen
eine schnelle restlose Entölung unter Bildung kurzlebiger Emulsionen erfolgt, die
ohne besondere mechanische oder chemische Mittel schnell und möglichst vollständig
in eine ölige und eine wäßrige Schicht zerfallen, in der der überwiegende Teil des
Netzmittels enthalten ist.
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Es wurde nun die überraschende Feststellung gemacht, daß die gewünschte
Trennwirkung ohne Verminderung der Waschwirkung eintritt, wenn man Waschflüssigkeiten
verwendet, die ein Gemisch aus Fett- oder Harzseifen und Alkalisalzen einer aromatischen
Sulfonsäure enthalten. Vorzügliche Ergebnisse «erden erzielt, wenn man Netzmittellösungen
benutzt, die neben etwa 5o bis 70 "/o Fett- oder Harzseifen etwa 5o bis 3o°/, Alkalisalz
einer aromatischen Sulfonsäure, z. B. naphthalinsulfonsaures Natrium, enthalten.
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Beim Verrühren oder Schütteln der ölhaltigen Kristalle mit Lösungen
dieser N etzmittelgemische werden nur die Kristallaggregate so weit zerteilt, daß
die mechanischen Oleinschlüsse freigelegt werden und die Lösung mit allen einzelnen
Kristallen in Berübrung kommt. Das durch die Wirkung der kapillaraktiven Stoffe
von der Oberfläche der Kristalle abgehobene 01 wird in der Lösung des Gemisches
aus Seifen und sulfonsauren Salzen in Form einer labilen Emulsion dispergiert, in
der es schnell und restlos von den Kristallen getrennt werden kann. Die in Gegenwart
dieser Netzmittelgemische gebildete Emulsion ist so unbeständig, daß sie das
01 in kurzer Zeit abscheidet. Aus einer Emulsion von 45 g Kresolöl in ioo
ccm einer Lösung von 1,5 g Tallölseife und 1,5 g naphthalinsulfonsaurem Natrium
scheiden sich schon nach io Minuten etwa "/'. des Kresolöles ab. Nach spätestens
15 Stunden ist die Emulsion vollständig in eine klare Netzmittellösung mit einem
Gehalt von 2 °/o Netzmittelgemisch und in eine ölige Schicht zerfallen, die 43 g
wasserfreies Kresolöl enthält.
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Infolge der milden mechanischen Einwirkung bei der Emulgierung bleiben
die Kristalle in ihrer Form und Größe weitgehend erhalten, so daß zu ihrer Abtrennung
gewöhnliche Filter verwandt werden können. Die Trennung von Emulsion und Kristallen
kann auch durch Absitzenlassen und Abgießen oder durch Schleudern erfolgen. Die
schnelle und saubere Trennung der Öle von der wäßrigen Lösung der Gemische aus Fett-
bzw. Harzseifen und Alkalisalzen aromatischer Sulfonsäuren gestattet eine wiederholte
Anwendung derselben Waschflüssigkeit zur Behandlung ölhaltiger Kristalle, wobei
gegebenenfalls eingetretene Verluste an Netzmitteln ersetzt werden. Auf diese Weise
kann man mit derselben Netzlösung entweder mehrfach dieselbe Menge oder neue Portionen
ölhaltiger Kristalle waschen. Wenn man eine Aufschlämmung ölhaltiger Kristalle in
einer wäßrigen Netzmittellösung der Ruhe überläßt, erfolgt die Trennung der drei
Bestandteile unter Umständen sogar nach dem spezifischen Gewicht, indem sich am
Boden der Netzlösung die gereinigten Kristalle und auf ihrer Oberfläche das
01 abscheiden.
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Infolge der einfachen Arbeitsweise und der mehrfachen Benutzbarkeit
der Netzmittel ist das Verfahren vorzugsweise für die Trennung von großen Massen
von Gemischen aus weniger wertvollen organischen kristallisierten Verbindungen und
öligen Stoffen vorzüglich geeignet. Solche Massengüter sind z. B. die verschiedenen
Kristallgüter aus Teerölen, z. B. Gemische aus Naphthalin, Anthracenen oder Carbazol,
ferner Phenanthren, Pyren u. dgl., mehrkernigen Kohlenwasserstoffen und öligen Bestandteilen
der Teere. Auch alipliatische kristallisierte Verbindungen können gemäß dem neuen
Verfahren von öligen Begleitstoffen getrennt werden. Beispiel i 25o g eines stark
ölhaltigen Naphthalins vom Erstarrungspunkt 67,5` wurden nach (lern Offnen der
Öleinschlüsse
durch Zerdrücken in einer Reibschale auf einer Jenaer Glasfilternutsche bei Raumtemperatur
siebenmal mit je 5o ccm einer «-tischflüssigkeit verrührt, die in ioo ccm Lösung
1,5 g Kaliseife des Tallöls und 1,5 g Natriumsalz der /3-Naphthalinsulfonsäure enthält,
und anschließend abgesaugt. Bei der ersten Wäsche dauerte das Verrühren 2 Minuten,
das Absaugen 8 Minuten. Bei den folgenden Waschungen wurde jeweils i Minute verrührt
und 2 Minuten abgesaugt. Die letzte Waschflüssigkeit war klar. Anschließend wurde
das Naphthalin noch zweimal mit je 25 ccm Wasser nachgewaschen und dann in der Luft
getrocknet.
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Aus den vereinigten Waschflüssigkeiten schied sich nach 15 Stunden
47,3 g Kresolöl mit einem Wassergehalt von 4,50,', ab. Die blanke wäßrige Lösung
ergab beim Eindampfen einen Rückstand von 7,3 g Netzmittelgemisch. Ausbeute: 194,5
g = 78°.'u gereinigtes Naphthalin vom Erstarrungspunkt 7y,3-, 45,2 g = i8 ui, wasserfreies
Kresolöl. Der Netzmittelverlust beträgt 1,3 °!u, bezogen auf den Einsatz an Rohnaphthalin.
Beispiel Stark ölhaltiges Rohnaphthalin vorn Erstarrungspunkt 67,5° wurde durch
Absaugen soweit wie möglich vom Öl befreit. 25o g des so erhaltenen ölfeuchten Naphthalins
vom Erstarrungspunkt 76,o° wurden auf einer Filternutsche bei Raumtemperatur zunächst
mit ioo ccm einer Waschlösung, die 1,5 °u Tallölseife und 1,5 °,-u naphtlialinsulfonsaures
Natrium enthielt, 2 Minnten verrührt und dann unter Abpressen mit einem Glasstempel
3 Minuten abgesaugt. Die weiße Emulsion schied nach 7stündigem Stehen 5 ccm Kresolöl
ab. Mit der überstehenden schwachtrüben Waschlösung wurde das Naphthalin auf der
Nutsche nochmals verrührt und abgesaugt. Von der Emulsion konnten nach 5 Stunden
weitere 5 ccm Kresolöl abgetrennt werden. Mit der wäßrigen Lösung wurde aus dem
Naphthalin noch i ccm Kresolöl ausgewaschen. Dann wurde die Waschflüssigkeit vor
der weiteren Verwendung bis auf die Hälfte abdestilliert. Das Destillat wurde im
Scheidetrichter gesammelt,' der Rückstand jeweils auf ioo ccm aufgefüllt und für
sieben weitere Wäschen verwendet. Schließlich wurde das Naphthalin mit Wasser nachbehandelt
und an der Luft getrocknet. Im Kresolöl wurde der Wassergehalt nach der Xylolmethode
bestimmt. Ausbeute: 228 g - 9i,2 °u gereinigtes Naphthalin, Erstarrungspunkt 79,3-,
16 g = 6,5 °/u wasserfreies Kresolöl. Der Verlust an Netzmittel beträgt 0,40i, bezogen
auf die Menge des eingesetzten Rohnaphthalins.