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Verfahren zur Entsäuerung von Neutralfetten. Die Entsäuerung von Ölen
und Fetten geschah bisher stets durch Neutralisation. Die Nachteile dieser Methode
sind jedem, Praktiker bekannt. Öl und Seife trennen sich schwer voneinander. Man
muß bestimmte, für jedes Öl verschiedene Arbeitsbedingungen einhalten, um die Seife
in geeigneter Form auszufällen, und auch dann äst die Trennung unvollkommen, da
die Seife stets ihr gleiches Gewicht öder mehr an Neutraliöl festhält. Das zwingt
nicht nur dazu, die Seife nachträglich noch einer Fettspaltung zuzuführen, sondern
bedingt auch einen so großen Neutralölverlust daß bei Ölen mit mehr als 2o Prozent
Fettsäure die Neutralisation, wenn überhaupt noch technisch durchführbar, meist
unwirtschaftlich wird. Auch schleimhaltige, zur Fmulsionsbildung neigende Öle lassen
sich so nur schwer entsäuern Die Frage ist praktisch von großer Bedeutung, da einige
der technisch wichtigsten Öle, vor allem. Palmöl und gcwisse Sorten von Tranen und
Olivenöl, wegen ihres hohen Säuregehaltes (bis über 4o Prozent) derzeit nicht raffiniert
werden können. Die Entsäuerung solcher Öle ist seit Jahren ein eifrig studiertes,
bisher jedoch ungelöstes Problem der chemischen Technik. Die vorliegende Erfindung
bringt nun hierfür eine einfache und billige Lösung von allgemeiner Anwendbarkeit.
Sie beruht auf der Entdeckung, daß das an sich für andere Zwecke bekannte Förderungsmittel
der Destillation, nämlich das Durchtreiben eines Gasstromes, wenn derselbe kräftig
genug gewählt und dem! Öl-Säure-Gemisch in seiner Stärke angepaßt ist, einmal die
Abtreibung von praktisch dem Gesamtfettsäuregehält ermöglicht, zweitens, diese auch
ohne Vakuum bei so niedriger Temperatur ermöglicht, wie man sie nicht erwarten durfte
und drittens die Austreibung, in einem überraschend kurzen Zeitraum bewirkt, ohne
daß irgendwelche schädlichen Nebenwirkungen auf die Fettsäure und das Neutralöl
eintreten.
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Die Ausführung geschieht so, däß durch die sauren öle in der Hitze
ein kräftiger Strom eines indifferenten Gases, vorzugsweise Wasserstoff, in feiner
Verteilung hindurchgepreßt. wird. Die Wirkung ist überraschend. Entgegen allem,
was auf Grund des Vorbekanuten von den Fettsäuren erwartet werden konnte, hat es
sich gezeigt, daß trockner, fein verteilter Wasserstoff die Fettsäuren auch aus
großem Ölüberschuß rasch und vollständig auszutreiben vermag, und zwar ohne Vakuum
bei verhältnismäßig niederer Temperatur. Schön wesentlich unterhalb 300° geschieht
die Austreibung so rasch, daß Öle von beliebigem Säuregehalt .in i bis 2 Stunden
praktisch völlig entsäuert werden können. Es hat sich gezeigt,
daß
unter diesen Umständen praktisch keine Zersetzung der Fettsäuren eintritt, und daß
man in quantitativer Ausbeute einerseits ein neutrales und überdies durch den Gasstrom
desodorisiertes Öl, anderseits in der Vorlage eine helle ölfreie Fettsäure von tadelloser
Beschaffenheit erhält.
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Man hat schon Dampf und permanente Gase zur Desodorisierung von Fetten
und Fettsäuren benutzt und dabei auch das Übergehen geringer Mengen von Fettsäuren
mit den Riechstoffen beobachtet. Man wußte aber bisher nicht, daß man aus Mischungen
mit hohem Neutralfettgehalt mittels permanenter Gase die Fettsäuren vollständig
unzersetzt abtreiben könne, und daß dies ohne Vakuum bei niedriger Temperatur und
in kurzer Zeit ohne Schädigung der Fettstoffe möglich sei.
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FürdieEntsäuerung verwendet man zweckmäßig hohe zylindrische Behälter
aus säurefestem Metalil mit eingebauten Heizschlangen. Der Wasserstoff tritt unten
durch entsprechende Verteilungsdüsen ein, durchstreicht das Öl in zahllosen kleinen
Bläschen, wird darauf in einem; Kühler von der Fettsäure, dann allenfalls noch in
einem Wäscher von mitgeführten Riechstoffen befreit und .durch eine Pumpe wieder
zum Ausgangsgefäß zurückgeführt. Ein Wasserstoffverbrauch tritt dabei nicht ein,
so daß sich die Kosten der En`tsäuerung lediglich auf die Ölheizung und die geringe
Pumpenarbeit beschränken. Die Operationsdauer ist katun ein Zehntel derjenigen einer
normalen Neutralisation, und auch die Größe der Apparatur und' die Bedienung sind
dementsprechend geringer. Die Höhe des Säuregehaltes ist belanglos. Hochsaure Öle
lassen sich ebenso leicht verarbeiten wie schwachsaure, ja man kann sogar die übliche
Fettsäuredestillation (im Vakuum mit überhitztem Wasserdampf) vorteilhaft durch
die obige Methode ersetzen, wodurch man den gesamten, Dampf erspart und sich überdies
von dem sonst streng zu vermeidenden Neutralölgebalt unabhängig macht.
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Für die gebräuchliche Art der Fettsäuredestillation gilt bekanntlich
ein Gehalt von 5 Prozent an Neutralöl als das höchste, praktisch noch zulässige
Maß, da ein höherer Gehalt rasch zu Zersetzungsverlusten, Pechbildung und dem Auftreten
von Unverseifbarein im Destillat führt. Sobald der Neutralölgehalt in derBlase auf
etwa ioProzent gestiegen ist, muß die Operation unterbrochen und der Blaseninhalt
neu gespalten werden, um die Destillation fortsetzen- zu können. Bei dein vorliegenden
Verfahren läßt sich die destillationserschwerende Wirkung des Neutralfettes vollkommen
und in einfachster Weise durch Erhöhung der Gasgeschwindigkeit ausgleichen, so d.aß
die Methode bei Anwendung genügend starker und genügend fein verteilter Gasströme
ebensogut zur Destillation hochgespaltener Fettsäuren als zur Entsäuerung von Mischungen
mit überwiegendem Neutralölanteil, beispielsweise von Ölen mit 2o Prozent freier
Fettsäure, dienen kann.
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Praktisch empfiehlt es sich meist, die Destillation nicht ganz bis
zum Ende zu führen, sondern sie bei einem Fettsäuregehalt von 2 bis 3 Prozent abzubrechen
.und den Rest durch Neutralisation zu entfernen, da dies für die Beseitigung der
Schleim- und Schmutzstoffe vorteilhaft ist. Auch wird durch die Austreibung der
letzten Fettsäurereste die Operation unnötig und unzweckmäßig verlängert. Je rascher
die Erhitzung beendet wird, desto hoch-,vertiger sind die Produkte. Gerade die durch
das vorliegende Verfahren gebotene Möglichkeit, die Abtreibung der Fettsäuren ohne
Temperaturerhöhung lediglich durch Verstärkung des Gasstromes fast beliebig zu beschleunigen,
ist einer der wichtigsten Fortschritte. Von Bedeutung ist dabei das Verhältnis der
stündlichen Gasmenge zur Menge des gleichzeitig behandelten Öles: dasselbe soll
nachstehend als »spezifische Gasgeschwindigkeit« bezeichnet werden. Je höher die
spezifische Gasgeschwindigkeit, also die durch i 1 Öl stündlich durchgblasene Gasmenge
ist, desto rascher geht die Entsäuerung vor sich, und desto besser ist die Qualität
des Produktes. Die Erhöhung der spezifischen Gasgeschwindigkeit bildet ein willkommenes
Mittel, um die zur Entsätrerung nötige Temperatur herabzusetzen und damit die Ölqualität
zu schonen. Mit hoher spezifischer Gasgeschwindigkeit kann man häufig schon bei
22o° dieselbe Entsäuerungsgeschwindigkeit erreichen wie mit geringer Gasgeschwindigkeit
bei 300°. Betriebsmäßig empfiehlt es sich, für die Entsäuerung bei 2940 bis 26o°
eine spezifische Gasgeschwindigkeit von etwa 300 Stundenlitern Gas pro Liter
Öl, unterhalb 24o-° eine solche von etwa 7oo bis iooo Stundenlitern Gas pro Liter
Öl anzuwenden. Oberhalb :26o'- genügt meist schon eine spezifische Gasgeschwindigkeit
von i5o Stundenlitern Gas pro Liter Öl.
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Die bei der Abstumpfung der Fettsäurereste im Desti.llationsrückstand
mit Alkali entstehenden geringen Mengen ölhaltiger Seife können durch Zerlegung
mit Schwefelsäure und nachfolgendes Abdestillieren der Fettsäure im Wasserstoffstrom
auch noch auf Neutralöl verarbeitet werden, wodurch die Trennung zu einer praktisch
vollständigen wird.
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Die besten Fettqualitäten werden bei Anwendung von Wasserstoff erzielt.
Dieser hat gleichzeitig den Vorteil der Schonung des Gefä
Bmaterials,
da er dem Metallangriff aurch Fettsäure entgegenwirkt.
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Beispiel. i2oo kg rohes Palmöl von 39,5 Prozent Fettsäure wurden in
der geschilderten Weise i1/2 Stunden lang bei 28o° C mit Wasserstoff behandelt und
dann rasch abgekühlt. Es werden 730 kg helles, geruchloses Speisefett mit
o,5 Prozent Fettsäure und: 47o kg helle, kristallinische, ölfreie Fettsäure erhalten.