-
Verfahren zur Darstellung gemischter Kohlensäureester von Chinaalkaloiden.
Die bekannten Kohlensäureester des Chinins haben infolge einer zu festen Bindung
des Kohlensäurerestes mit dem bitteren Geschmack des Alkaloids zugleich auch einen
Teil ihrer Wirkung verloren. Es wurde nun die bemerkenswerte Beobachtung gemacht,
daß die bisher unbekannten Chinaalkaloidkohlensäureester des Acetonglycerins
die ebenso geschmacklos sind wie die bekannten therapeutisch wichtigen Chininkohlensäureester,
durch verdünnte Säuren leichter gespalten werden als diese. Infolge dieser leichten
Spaltbarkeit kommen die neuen Ester im Gegensatz zu den bekannten in ihrer temperaturherabsetzenden
Wirkung dem Chinin fast gleich, so daß in den gemischten Kohlensäureestern der Chinaalkaloide
und des Acetonglycerins zum ersten Mal geschmacklose Verbindungen von voller Alkaloidwirkung
vorliegen.
-
Aus den Untersuchungen Emil Fischers (Berichte 28 [1895], S. 1169)
geht hervor, daß im Acetonglycerin der Acetonrest durch verdünnte Mineralsäuren
sehr -leicht abgespalten wird,. während der Kohlensäurerest in den bekannten Chininkohlensäureestern
ziemlich fest gebunden ist, so daß bei der Einwirkung verdünnter Mineralsäuren auf
den Chininkohlensäureester des Acetonglycerins zunächst die Bildung eines Chininkohlensäureglycerinesters
erwartet werden mußte. Statt dessen tritt schon bei gewöhnlicher Temperatur in ganz
kurzer Zeit ein vollständiger Zerfall des Moleküls ein, so daß der neue Ester im
Magen die volle Chininwirkung entfaltet.
-
Zur Darstellung der neuen Kohlensäureester kann man entweder von Chlorkohlensäureestern
der Chinaalkaloide (vgl. Friedländer, Bd. q. [189g], S. 124o) oder dem des Acetonglycerins
ausgehen. Man führt zu diesem Zweck das Acetonglycerin in sein Chlorcarbonat über
und läßt dieses auf die Chinaalkaloide einwirken, oder man behandelt die Chlorkohlensäureester
der Alkaloide mit Acetonglycerin. Der bisher unbekannte Chlorkohlensäureester des
Acetonglycerins läßt sich in überraschend glatter Weise herstellen, ohne daß, wie
-zu befürchten war, bei der Einwirkung von überschüssigem Phosgen durch Abspaltung
von Aceton aus dem Acetonglycerin ein Gemenge verschiedener Ester erhalten wird.
Aber nicht nur bei der Darstellung des Zwischenproduktes, sondern auch bei der Darstellung
der Endprodukte konnte die leichte Abspaltbarkeit des Acetonrestes zu Erschwerungen
der Reaktion und-zu schwer trennbaren Gemischen verschiedener Ester führen. Statt
dessen verläuft auch hier die Umsetzung unter geeigneten Bedingungen
so
glatt, daß die gemischten Kohlensäureester mit fast quantitativen Ausbeuten erhalten
werden.
-
Beispiel i.
-
Zu einer Lösung von 132 Gewichtsteilen Acetonglycerin (Berichte 28
[18g5], S. =16g) und 132 Gewichtsteilen Dimethylanilin (io Prozent Überschuß) in
400 Volumenteilen trockenem Benzol werden allmählich unter Rühren und Kühlen mit
Eiswasser 7oo Gewichtsteile einer 2oprozentigen Benzol-Phosgenlösung (4o Prozent
Überschuß) gegeben. Darauf wird zwei Tage bei gewöhnlicher Temperatur stehengelassen,
dann mit Eiswasser versetzt, durch gerührt, getrennt und die Benzollösung mit 2ooo
Volumteilen eiskalter 1/1o n-Schwefelsäure und darauf mit 2ooo Volumteilen eiskalter
zweiprozentiger Sodalösung gewaschen. Nach dem Trocknen über Chlorcalcium wird das
Benzol unter Zusatz von etwas Calciumcarbonat abdestilliert und der Rückstand im
Vakuum fraktioniert. Der Chlorkohlensäureester des Acetonglycerins geht unter 8
mm Druck bei 95 bis g7° als farbloses, leicht bewegliches Öl über. Die Ausbeute
beträgt etwa 8o Prozent der Theorie. Beispie 12. Eine Mischung von 162 Gewichtsteilen
wasserfreiem Chinin und 6oo Volumteilen trockenem Tetrachlorkohlenstoff wird unter
Eiskühlung und Rühren allmählich mit einer Lösung von 135 Gewichtsteilen Acetonglycerinchlorkohlensäureester
in 300 Volumteilen trockenem Tetrachlorkohlenstoff versetzt. Das Chinin geht
schon bei der Zugabe des Chlorkohlensäureesters zum größten Teil, der Rest nach
kurzem Stehen des Reaktionsgemisches vollständig in Lösung. Nach zweitägigem Stehen,
wobei sich oft schon ein kleiner Teil des Chlorhydrats des neuen Esters gallertartig
ausscheidet, wird das Gemisch zur Zersetzung des überschüssigen Chlorkohlensäureesters
zunächst mit Zoo Volumteilen eiskalter n-Natronlauge gewaschen, dann der Ester der
Tetrachlorkohlenstofflösung durch wiederholtes Ausschütteln mit 9.oprozentiger Essigsäure
entzogen und aus der essigsauren Lösung durch Übersättigen mit Sodalösung gefällt.
Der zunächst ölig ausfallende, schnell erstarrende Ester wird nach kurzem Stehen
abgesaugt, mit Wasser gewaschen, zunächst an der Luft, dann bei etwa go° getrocknet
und schließlich aus 5 bis 6 Gewichtsteilen Ligroin unter Zusatz von etwas Tierkohle
umkristallisiert. Der Chininkohlensäureester des Acetonglycerins kristallisiert
in langen, weichen, zu Büscheln zusammengewachsenen farblosen Nadeln, die bei 125
bis 126° schmelzen. Die Ausbeute ist nahezu quantitativ. Der neue Ester ist geschmacklos,
in Äther und Ligroin ziemlich schwer-, in Aceton leichtlöslich. Seine Lösungen in
verdünnten Säuren zeigen grüne Fluoreszenz, diej enigen in verdünnten Mineralsäuren
erleiden schon nach kurzer Zeit vollständige Spaltung in Chinin, Aceton und Glycerin.
Beispiel 3.
In eine Lösung von 3z4 Gewichtsteilen wasserfreiem Chinin in 1400
Volumteilen trockenem Chloroform werden 49,5 Gewichtsteile Phosgen eingeleitet und
das Gemisch 24 Stunden bei gewöhnlicher Temperatur stehengelassen. Dann wird mit
Wasser gewaschen, wodurch das salzsaure Chinin entfernt wird. Darauf wird die Chloroformlösung
überNatriumsulfat getrocknet und dann allmählich unter Eiskühlung und Rühren zu
einer Lösung von 8o Gewichtsteilen (2o Prozent Überschuß) Acetonglycerinin 6oo VolumteilentrockenemChloroform
gegeben. Nach zweitägigem Stehen bei gewöhnlicher Temperatur wird das Chloroform
abdestilliert, der Rückstand in Wasser gelöst, die wässerige Lösung mit Äther ausgeschüttelt
und die salzsaure Lösung fraktioniert und mit je Zoo Volumteilen n-Natronlauge gefällt,
die Fällung jedesmal sofort mit Äther aufgenommen und der Äther abdestilliert. Diese
fraktionierte Fällung wird so lange fortgesetzt, bis der Rückstand der Ätherdestillation
in Ligroin nur noch schwerlöslich ist und bitter schmeckt. Die vereinigten Fällungen-
des Chininkohlensäureesters des Acetonglycerins werden dann. aus Ligroin umkristallisiert,
der Ester abgesaugt und mit etwas trockenem Äther nachgewaschen. Beispiel 4. Eine
Mischung von 74 Gewichtsteilen Cinchonin und 300 Volumteilen trockenem Tetrachlorkohlenstoff
wird unter Eiskühlen und Rühren allmählich mit einer Lösung von 67,5 Gewichtsteilen
Acetonglyceriächlorkohlensäureester in Zoo Volumteilen Tetrachlorkohlenstoff versetzt.
Das Cinchinon geht beim Zusatz des Chlorkohlensäureesters langsam in Lösung, und
nach einigen Tagen hat sich das Chlorhydrat des neuen Esters als dicker weißer Niederschlag
abgeschieden, der beim Absaugen an der Luft zusammenbackt und klebrig wird. Er wird
abgesaugt, mit etwas trockenem Äther nachgewaschen, in Wasser gelöst, die Lösung
noch einmal ausgeäthert, filtriert und mit Sodalösung übersättigt. Der Cinchinonkohlensäureester
des Acetonglycerins fällt dabei als schwach gelb gefärbtes dickes 01 aus.
-
Beispiel s.
-
Eine Mischung von 163 Gewichtsteilen Hydrochinin und 6oo Volumteilen
Tetrachlorkohlenstoff wird unter Eiskühlung und Rühren allmählich mit einer Lösung
von 135 Geivielltsteilen
Acetonglycerinchlorkohlensäureester in
300 Volumteilen Tetrachlorkohlenstoff versetzt. Nach zweitägigem Stehen bei
gewöhnlicher Temperatur wird das Reaktionsgemisch zwei- bis dreimal mit Wasser ausgeschüttelt
und die wässerige Lösung mit Soda übersättigt und der zunächst ölig ausfallende
Ester nach dem Erstarren abgesaugt, mit Wasser gewaschen, getrocknet und auf etwa
5 Teilen Ligroin umkristallisiert. Der Hydrochininkohlensäureester des Acetonglycerins
kristallisiert in ,weichen, weißen, zu Büscheln zusammengewachsenen Blättchen, die
bei 12z° schmelzen. Statt der genannten Chinaalkaloide kann man auch andere, wie
z. B. Cinchonidin usw., verwenden.