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Verfahren zur Herstellung von Glykolsäurenitril Die Erfindung betrifft
ein Verfahren zur Herstellung von Glykolsäurenitril aus Blausäure und Formaldehyd.
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Es ist bekannt, daß durch Addition von Blausäure an Carbonylgruppen
enthaltende Verbindungen Cyanhydrine entstehen. Bei diesen in wäßriger Lösung verlaufenden
Reaktionen ist die Geschwindigkeit und Vollständigkeit des Umsatzes weitgehend vom
pH-Wert der Reaktionslösung abhängig. Die Bildungsgeschwindigkeit des Cyanhydrins
ist in niederen pH-Bereichen gering, so daß bei Verwendung handelsüblicher stabilisierter
Blausäure und technischer Formaldehydlösungen alkalisch reagierende Stoffe oder
Puffersubstanzen zugesetzt werden müssen. So wird die Einstellung des gewünschten
pH-Wertes in der deutschen Patentschrift 947 550.durch Zusatz sekundärer Phosphate,
z.E. sex. h.mm3niumphcsphatr erzielt. Soll eine ausreichende Elastizität des Puffers
gewährleistet sein, so ist auch der Salzgehal; der wäßrigen Glykolsäurenitrillösung
entsprechen hoch; hierdurch wird die Gewinnung reinen Glykolsäure nitrils wesentlich
erschwert, weitere Umsetzungen des Rohnitrils werden nachteilig beeinflußt.
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Aus der DAS 1 088 942 ist weiterhin bekannt, daß die Verwendung salzfreie
Ausgangsstoffe in Gegenwart von wenigstens 0,001 %
Fremdsäuren,
bezogen auf den Wassergehalt, den Reaktionsablauf günstig beeinflussen. Diese Verfahrensweise
birgt jedoch die Gefahr einer unkontrollierten Polymerisation nicht stabilisierter
Blausäure in sich und bedarf einer sehr aufwendigen, völligen Entsäuerung des Formaldehyds
am Anionenaustauscher.
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Die deutsche Patentschrift 1 212 954 nennt einen für die Reaktion
zwischen Blausäure und Formaldehyd optimalen pH-Bereich zwischen 2,8 bis 3,0. Unter
diesen Bedingungen verläuft die Reaktion jedoch äußerst langsam und erfordert infolge
langer Reaktionszeiten einen großen apparativen Aufwand.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung bestand darin, eine hochprozentige,
salzfreie, farblose, wasserklare, stabilisierte wäßrige Glykolsäurenitrillösung
aus technischen, unvorbehandelten Ausgangsprodukten in einem Reaktor mit hoher Durchsatzleistung
herzustellen.
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Gelöst wurde diese Aufgabe der Herstellung wäßriger, hochkonzentrierter
Glykolsäurenitrillösungen durch Umsetzen von Blausäure mit Formalin in zwei Stufen
mit anschließender Stabilisierung des Reaktionsproduktes, wobei die Hauptreaktion
in einer durch einen zwischengeschalteten Kühler temperaturgeregelten; vorzugsweise
mit Füllkörpern beschickten Kolonne bei pH-Werten zwischen 3 bis 6, vorzugsweise
4,5 bis 5,0, welche durch dosierte Zugabe von Lösungen der Alkali- oder Erdalkalisalze
schwacher Säuren eingestellt werden, und einer Temperatur zwischen 35 bis 600 C
erfolgt, die Nachreaktion in einem temperaturgeregelten Zwischenbehälter bei 20
bis 300 e, vorzugsweise bei ca. 250 C stattfindet und eine Behandlung des Reaktionsproduktes
an einem Kationenaustauscher vorgenommen wird.
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Die Reaktion verläuft unter den erfindungsgemäßen Bedingungen spontan,
exotherm und praktisch quantitativ, wodurch sowohl die Verwendung 20 %iger technischer,stabilisierter
als auch gasförmiger, unverdünnter Blausäure möglich wird. Im Gegensatz
zu
den Angaben der DAS 1 212 954 findet unter den angegebenen Reaktionsbedingungen
kein "Durchbrechen" von Blausäure statt, da neben dem spontanen Reaktionsablauf
das im Reaktor in Umlauf befindliche, bereits gebildete Glykolsäurenitril ein ausgezeichnetes
Lösungsmittel für Blausäure darstellt. Entsprechend dem erfindungsgemäßen Verfahren
kann die Reaktion durchaus bei pH-Werten unterhalb 5 mit hoher Ausbeute durchgeführt
werden, ohne daß die Gefahr des Durchbrechens von Blausäure oder des Durchgehens
der Reaktion bestünde.
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Die Einstellung des pH-Bereiches auf Werte zwischen 3 bis 6 erfolgt
in bekannter Weise durch kontinuierliche Zugabe von Alkali zu dem Gemisch der Ausgangsstoffe,
z.B. in Form wäßriger Lösungen oder Suspensionen von Natriumhydroxid, Natriumcarbonat,
vorzugsweise Natriumbicarbonat, aber auch anderen basisch reagierenden Alkali- und/oder
Erdalkaliverbindungen, wie z.B. Ca (OH)2 oder Ca03.
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Die Menge der verbrauchten Alkali- oder Erdalkaliverbindungen hängt
von der Stabilisatormenge in der Blausäure und vom Ameisensäuregehalt des Formalins
ab.
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Der Basenzusatz erfolgt nach dem Verfahren der Erfindung im Unterschuß.
Er kann infolge des geringen Säuregehaltes der Ausgangsstoffe prozentual niedrig
gehalten werden. Die Zugabe der Base sollte unbedingt dosiert erfolgen.
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pH-Werte oberhalb 6 bergen die Gefahr der spontanen Zersetzung des
Glykolsäurenitrils unter Blausäurepolymerisation und starker Erwärmung in sich Angezeigt
wird der Beginn einer solchen Zersetzungsreaktion durch eine merkbare Gelbfärbung
der Glykolsäurenitrillösung. Als Gegenmaßnahme wirkt in diesem Stadium eine sofortige
Zugabe 2 n Schwefelsäure bis etwa ein pH-Wert von 3 erreicht ist.
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Die mit einem pH-Wert von 3 bis 6 den Reaktor verlassende wäßrige
Glykolsäurenitrillösung wird erfindungsgemäß durch Entzug der Alkali- und/oder Erdalkalikationen
mittels eines Kationenaustauschers stabilisiert. Hierbei wirken sowohl die in jeder
technischen Blausäure als Stabilisator enthaltenen Anteile von Mineralsäure, als
auch die in technischen Formalinlösungen durch Disproportionierung entstandenen
Ameisensäuremengen als Stabilisatoren für das Glykolsäurenitril. Als Kationenaustauscher
können sämtliche stark saure Gruppen enthaltenden Austauscherharze, wie z.B. Amberlite,
Lewatite oder Wofatite verwendet werden, die die Fähigkeit zum Austausch von Alkali-
oder Erdalkaliionen -gegen Wasserstoffionen besitzen.
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Durch das Schema in Abb. 1 wird der Prozeß der erfindungsgemäßen Glykolsäurenitrilherstellung
weiter erläutert: Einer Füllkörperkolonne 10 wird am Kopf 12 30-50 %ige technische
Formalinlösung aufgegeben. Etwas oberhalb des unteren Drittels der Füllkörperkolonne
befinden sich der Einlaßstutzen für die Alkalilösung 14 sowie derjenige für verdünnte
Schwefelsäure 16, welche bei eventuell beginnender Zersetzung des Glykolsäurenitrils
zum Abbremsen der Reaktion zugegeben wird. Darunter ist der mit einer Verteilerdüse
ausgerüstete Blausäureeinlaßstutzen 18 eingesetzt. Durch die Pumpe 20 wird das Reaktionsgemisch
über den Kühler 22 ständig umgepumpt. Ein der zudosierten Menge der Reaktionsprodukte
entsprechender Teil des Reaktionsgemisches wird über das Dreiwegeventil 24 abgezogen
und gelangt in den kühlbaren Lagerbehälter 26 zur Nachreaktion.
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Von hier wird das Produkt kontinuierlich mit Hilfe der Pumpe 28 auf
die Austauscherkolonne 30 gepumpt, in der die Befreiung der Lösung von Alkali- bzw.
Erdalkalikationen erfolgt.
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Glykolsäurenitril entsteht bei Anwendung des beschriebenen Verfahrens
in sehr hoher Ausbeute. Das Produkt ist in der erhaltenen Form als salzfreie, wäßrige
60 %ige Lösung für fast alle weiteren Umsetzungen geeignet. Durch Abdestillieren
des Wassers im Vakuum kann der Gehalt der Glykolsäurenitrillösung weiter erhöht
werden.
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Beispiel Die Füllkörperkolonne wird mit 29 Vol.Tln. 45 %igem Formalin
gefüllt und die Lösung über einen Kühler mit einer Fließgeschwindigkeit von 2000-2200
Vol.Tln./h im Kreis gefördert.
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Dem Formalin wird mit einer Geschwindigkeit von 19 bis 20 Vol.-Tln./h
über den mit Verteilerdüse ausgerüsteten Einlaßstutzen Blausäure zudosiert. Dabei
steigt die Reaktionstemperatur rasch an und wird durch Kühlung auf 50 bis 550 C
gehalten. Während der Blausäurezugabe wird gleichzeitig ca. 1 n Natriumbicarbonatlösung
zudosiert, so daß sich der pH-Wert des Reaktionsgemisches in den Grenzen von 4,5
bis 5 hält. In der Reaktionslösung werden halbstündlich Formaldehyd- und Blausäuregehalt
auf herkömmlichem Wege bestimmt.
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Sobald äquivalente Mengen an Formaldehyd und Blausäure vorliegen -
die letzten 1 bis 2 % der beiden Reaktionspartner reagieren nur noch langsam - wird
Formaldehyd am Kopf der Füllkörperkolonne in einer Menge von 29 Vol.Tln./h zudosiert.
Die Blausäurezufuhr läuft weiter; die Zugabegeschwindigkeit der Blausäure wird nach
den Analysenwerten des Reaktionsgemisches reguliert. Es ist zweckmäßig, Blausäure
im geringen Überschuß von ca. 1 % zuzugeben, um den Formaldehyd quantitativ zur
Reaktion zu bringen. Die überschüssige Blausäure ist beim Aufkonzentrieren des Glykolsäurenitrils
im Vakuum flüchtig, während sich nicht-umgesetzter Formaldehyd hierbei im Produkt
anreichert.
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Die gleiche Menge, die der Füllkörperkolonne an Reaktionspartnern
zufließt, wird in Form eines Teilstromes von ca. 50 Vol.Tln./h aus dem Kreislauf
am Dreiwegventil abgezogen und zur Nachreaktion ca. 3 Std. in einem mit Kühlschlange
und pH-Meßgerät ausgestatteten Nachreaktionsgefäß gelagert. Hierbei soll die Temperatur
bei ca. 250 C liegen und der pH-Wert in den Grenzen von 4,5 bis 5 bleiben. Ein Ansteigen
des pH-Wertes und eine Erhöhung der Temperatur würden auf eine beginnende Zersetzung
des Glykolsäurenitrils hindeuten.
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Die rohe, ca. 60 %ige Glykolsäurenitrillösung wird auf eine mit stark
saurem Kationenaustauscher (Lewatit S 100, H+-Form, der Fa.Bayer AG) gefüllte Säure
gepumpt, wodurch die Stabilisierung und Entsalzung des Produktes erreicht wird.
Die Glykolsäurenitrilläsung muß mit einem pH-Wert von mindestens 2 oder darunter
vom Kationenaustauscher ablaufen, womit die Gewähr für eine 6-monatige oder längere
Lagerzeit des Produktes bei Raumtemperatur gegeben ist.
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Die stabilisierte Glykolsäurenitrillösung wird im Vakuum bei einer
Temperatur von nicht über 50°C auf einen Gehalt von 80 % aufkonzentriert. Das Destillat
enthält überschüssige Blausäure und etwa 1 % Glykolsäurenitril.
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Auf umgesetzten Formaldehyd berechnet, beträgt die Glykolsäurenitrilausbeute
95 %.