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Streichmasse für die Herstellung von Gipsbinden Die Erfindung betrifft
eine Streichmasse für die Herstellung von Gipsbinden, die gegenüber den bisher benutzten
Streichmassen den Vorteil hat, daß unter ihrer Verwendung Gipsbinden erhalten werden,
die sich während des Tauchens und der Verarbeitung durch einen sehr geringen Verlust
an Gipsmasse sowie hohe Abform- und Standfestigkeit nach verhältnismäßig kurzer
Zeit und völlige Verträglichkeit mit der menschlichen Haut auszeichnen.
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Für die Herstellung von Gipsbinden sind schon zahlreiche Streichmassen
vorgeschlagen und angewendet worden. Nach einem dieser bekannten Verfahren wird
als Streichmasse entwässerter Gips in wäßriger Aufschlämmung mit Hilfe eines Bindemitteils,
wie Dextrin, Gelatine, Zein, Mazein, Gummiarabicum od. dgl. auf den Unterlagestoff
aufgetragen.
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Hierbei erfolgt jedoch Hydratisierung und Kristallisation, und der
Gips wird dann durch Anwendung von Wärme unter normalem oder verringertem Druck
wieder entwässert, was sehr umständlich ist. Nach einem anderen Verfahren wird etwa
in gleicher Weise gearbeitet, jedoch werden hierbei der wäßrigen Gipsaufschlämmung
zur Verhinderung oder Verzögerung der Hydratbildung und Kristallisation Verzögerungsmittel,
wie Alkohol, Ammoniak, Chlorwasserstoffsäure, Aldehyde oder organische Säuren, zugesetzt,
bis das Wasser entfernt worden ist. Nach einem dritten bekannten Verfahren wird
die Binde durch ein Harz vom Melamin-Formaldehyd-Typ verstärkt und in sich verfestigt,
und nach einem noch anderen Verfahren werden die Gipsteilchen durch eine Emulsion
eines synthetischen Harzes auf der Unterlage zur Bindung gebracht, wobei außerdem
noch ein Verzögerungsmittel benutzt wird, um die Hydratbildung und Kristallisation
zu verhindern. Um den gebrannten Gips zu binden, ist auch schon die Verwendung wasserunlöslicher
Polyvinylverbindungen in Kombination mit verschiedenen hydrophilen Stoffen in organischen
Lösungsmitteln vorgeschlagen worden; auch ist schon der gebrannte Gips mit einem
Bindemittel aus einem Zellulosederivat kombiniert worden, das wasserlöslich ist
und in organischen Lösungsmitteln quillt.
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Es ist ferner auch ein Verfahren zur Herstellung von Gipsbinden bekannt,
nach welchem ein Gemisch aus Gips und Zement unter Beimischung eines in organischen
Lösungsmitteln löslichen und in Wasser quellbaren Klebemittels, wie quellbare Zelluloseäther
oder wasserlösliche Methyläther des Polyvinylalkobols, auf dem Trägerstoff fixiert
wird.
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Es ist ferner ein Verfahren bekannt, nach welchem ein Gemisch aus
weitgehend entwässertem Gips, Portlandzement, Kaliumaluminiumsulfat, Magnesium-
sulfat
und Oxychinolinsulfat unter Mitverwendung einer kleinen Menge pflanzlicher Harze
trocken auf den Trägerstoff aufgewalzt wird.
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Noch andere bekannte Verfahren sind in der deutschen Patentschrift
820 470, der schweizerischen Patentschrift 341 946 und der britischen Patentschrift
629 ei82 beschrieben.
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Alle die bisher bekannten Verfahren bzw. die zu ihrer Durchführung
benutzten Streichmassen haben jedoch gewisse Nachteile. Zunächst ist es schwierig,
aus wässerigen Systemen, bei denen der Gips einer Hydratbildung unterlegen gewesen
ist und dann entwässert werden muß, gleichmäßige Produkte zu erzeugen. Wird andererseits
die Hydratbildung durch Verwendung von Verzögerungsmitteln verhindert, so werden
die Härtezeiten der Binde wesentlich erhöht, und es werden hierdurch auch Stoffe
eingeführt, durch die nach einer gewissen Zeit die Haut stark gereizt wird. Derartige
Stoffe sind z. B. die Melamin-Formaldehyd-Harze, die vielfach ernste Hautreizungen
hervorgerufen haben, und zwar nicht nur bei den Patienten, sondern auch bei den
Verarbeitern der Binde, wie dem Arzt oder der Krankenschwester.
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Außerdem ergeben die Verfahren, nach welchen wasserlösliche, in organischen
Lösungsmitteln quellfähige Bindemittel benutzt werden, eine Binde, deren Naßfestigkeit
gering ist, so daß, wenn sie vor ihrer Verarbeitung in Wasser eingetaucht, ausgedrückt
und verformt wird, größere Verluste an Masse auftreten.
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In einigen Fällen beträgt dieser Verlust bis zu 30 Gewichtsprozent
des benutzten Gipses. Die Standfestigkeiten derartiger Binden sind daher unbefriedigend,
und dies gilt insbesondere auch für solche Binden, bei denen nach einigen bekannten
Verfahren die Beschichtung trocken oder aus : wäßrigen Emulsionen auf den Trägerstoff
aufgebracht wird.
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Die vorliegende Erfindung bezweckt daher die Herstellung einer Gipsbinde,
die einerseits leicht herzustellen und gegenüber der menschlichen Haut verträglich
ist und die andererseits beim Tauchen in Wasser schnell durchfeuchtet wird, hierbei
und beim Ausdrücken nur sehr wenig Masse verliert und nach dem Anlegen auf gebrochene
Gliedmaßen schnell aushärtet und eine hohe Standfestigkeit besitzt, so daß die gebrochenen
Gliedmaßen schnell ruhiggestellt werden.
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Die erfindungsgemäßen Ziele werden dadurch erreicht, daß für das
Beschichten der Gewebeunterlage der Binde eine neue Streichmasse benutzt wird, die
aus einem Gemisch aus weitgehend entwässertem Gips, einem wasserunlöslichen, in
einem wasserfreien organischen Lösungsmittel gelösten organischen Bindemittel, wie
Ätliyizellulose oder einem Zelluloseester, und einem als Benetzungsmittel dienenden
Siliciumoxyd oder einem Mineralsilikat besonders feiner Teilchengröße, wie Magnesiumsilikat,
Magnesiumtrisilikat, Magnesium-Aluminiumsilikat, oder Gemischen der Siliciumyerbindungen
besteht.
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Falls erwünscht, kann dem Präparat auch ein Stoff in der Art von
Zinkoxyd zugesetzt werden, um die Binde in an sich bekannter Weise der Haut gegenüber
verträglicher zu machen, sowie auch ein wasserlöslicher Stoff, um das Befeuchten
der Binde zu erleichtern. Ein derartiger Stoff, der auch eine bindende und gelierende
Wirkung besitzt, ist beispielsweise Polyvinylpyrrolidon und andere später noch envähnte
Verbindungen.
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Das Silicumoxyd oder das Mineralsilikat, die nachstehend als kieselsäurehaltiger
Stoff bezeichnet werden, hat in der erwähnten feinen Teilchengröße die Wirkung,
daß, wenn die Binde vor dem Anlegen eines Verbandes in Wasser eingetaucht wird,
Wasser leicht in der erforderlichen Menge auf die Gipsteilchen übertragen und deren
Hydratisierung und Kristallisation bewirkt wird. Ferner werden bei einer Binde,
die das wasserunlösliche Bindemittel und gebrannten Gips (Pariser Gips) enthält,
durch die kieselsäurehaltigen Verbindungen die Viskosität der angefeuchteten Gipsmasse
auf der Binde erhöht, die genannte Gipsmasse plastischer gemacht und das Abtropfen
und der Verlust an Masse während des Tauchens, Ausquetschens und Verformens verringert
oder sogar verhindert, so daß die Verarbeitung der Binde in sauberer Weise durchgeführt
werden kann.
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Als gebrannter Gips kann irgendein für die vorliegenden Zwecke geeigneter
Gips oder ein Gemisch derartiger Gipse benutzt werden. Besonders geeignet haben
sich die Gipse erwiesen, die als Gipse für Dental- und orthopädische Zwecke oder
als Formgips oder Schnellgips u. dgl. bekannt sind.
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Der kieselsäurehaltige Stoff kann entweder aus wasserhaltigem Magnesiumsilikat
(Talk), Aluminiumsilikat (Bentonit), Magnesiumtrisilikat, Magnesiumsilikat, Magnesium-Aluminiumsilikat
oder einem Siliciumdioxyd verhältnismäßig feiner Teilchengröße von etwa 0,022 Micron
oder einem luftgeblasenen Siliciumdioxyd, bestehen. Die bevorzugte Menge der
Kieselsäureverbindung
beträgt 0,2 bis 10,0 Gewichtsprozent des gebrannten Gips es.
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Als wasserunlösliches Bindemittel wird vorzugsweise ein plastifiziertes
Zellulosederivat benutzt, das in einem organischen wasserfreien Lösungsmittel gelöst
ist. Ein geeignetes Lösungsmittel ist beispielsweise Äthylendichlorid oder Methylhydrat,
während das plastifizierte Zellulosederivat entweder aus Athylzellulose, Zelluloseacetat
(normaler Acetylgehalt), Zelluloseacetat mit hohem Acetylgehalt, Zelluloseacetat-butyrat,
Zellulosepropionat oder Zellulosenitrat bestehen kann. Die bevorzugte Konzentration
des Athyläthers, Esters oder der Gemische des Äthers oder Esters der Zelluloseverbindung
beträgt etwa 0,2 bis 12,0 Gewichtsprozent des gebrannten Gips es. Die Zelluloseverbindung
kann in bekannter Weise plastifiziert werden, wobei als Plastifizierungsmittel entweder
die Phthalate, Phosphate, Fettsäureester oder andere Stoffe, wie Acetyltriäthylcitrat,
benutzt werden. Wie bekannt, ist das angeführte Citrat für alle Zelluloseverbindungen
brauchbar, während die Diäthylphthalate oder Methyl- oder Athylphthalyläthylglycolate
normalerweise für Zelluloseacetat geeignet sind. Zellulosenitrat wird dagegen im
allgemeinen durch Butylphthalylbutylglycolat oder Methyl- oder Butylacetylricinoleate
plastifiziert. Für die Zelluloseverbindungen können natürlich auch andere Plastifizierungsmittel
benutzt werden.
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Durch die Äthylzellulose oder einen der angeführten Zelluloseester
oder deren Gemische werden, wenn diese in geeigneter Weise plastifiziert und in
ein geeignetes wasserfreies organlsches Lösungsmittel eingetragen werden, die Gipsteilchen
mitejuander und mit dem Träger oder Unterlagestoff verbunden, der vorzugsweise aus
einer ungestärkten Gaze einer Bindungszahl von etwa 24 X 28 (US-Zählung) besteht.
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Ein Präparat, das lediglich aus der Zelluloseverbindung und dem gebrannten
Gips besteht, d. h. keine kieselsäurehaltige Verbindung enthält, würde jedoch eine
Binde ergeben, die sich nicht gut anfeuchtet.
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Wird jedoch die genannte Masse aus der Zelluloseverbindung und dem
Gips, die ihre natürlichen Poren besitzt, mit den feinen Teilchen des kieselsäurehaltigen
Stoffes versetzt, der dazu neigt, Wasser schnell zu absorbieren, aber selbst nicht
kristallisiert oder härtet, so wird durch diesen das Wasser auf die Gipsteilchen
übertragen und hierdurch deren Hydratisierung und Kristallisation bewirkt. Auf diese
Weise wird somit eine ideale Befeuchtung der Gipsteilchen erhalten, die Viskosität
der befeuchteten Gipsmasse auf der Binde erhöht, die Masse plastischer gemacht und
das Abtropfen und der Verlust an Gips während des Tauchens, Ausdrückens und Verformens
verhindert. Außerdem wurde gefunden, daß die kieselsäurehaltigen Verbindungen die
Eigenschaft besitzen, die Ausdünstungsstoffe des Körpers zu absorbieren, die natürlicherweise
unter dem Gipsverband oder Gipsabguß vorkommen. Dabei wird, wie bereits erwähnt,
durch den Zusatz der kieselsäurehaltigen Stoffe die Standfestigkeit der Bandage
oder des Abfusses in keiner Weise verringert.
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Falls es erwünscht sein sollte, die Befeuchtungswirkung auf die Gipsteilchen
noch weiter zu steigern und die Viskosität zu erhöhen,-so kann der aus dem gebrannten
Gips, dem wasserunlöslichen Bindemittel und dem kieselsäurehaltigen Stoff bestehenden
Masse noch ein wasserlöslicher organischer Stoff zugesetzt werden, der eine bindende
und gelierende-Wirkung
besitzt. Derartige Produkte sind Polyvinylpyrrolidon,
Polyvinylalkohol, Oxyäthylzellulose oder eine höher molekulare Methylzellulose.
Vorzugsweise werden diese letzteren Stoffe in einer Menge von etwa 0,1 bis 2,4 Gewichtsprozent
des gebrannten Gipses benutzt.
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Ein Zellulosederivat, wie Methylzellulose oder Oxymethylzellulose,
das durch Kondensationsreaktion mit Dialdehyden, mehrbasischen Säuren, Harnstoff-Formaldehydharz,
Melamin-Formaldehydharz od. dgl. wasserunlöslich gemacht worden ist, könnte auch
als wasserunlösliches Bindemittel in der oben beschriebenen Weise benutzt werden.
Da jedoch die Einführung von organischen Resten Anlaß für Hautreizungen sein kann,
ist die Verwendung derartiger Bindemittel weniger zu empfehlen.
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Ein weiterer Stoff, der dem Präparat zugesetzt werden kann, ist Zinkoxyd,
und zwar zu dem Zwecke, den Verband in an sich bekannter Weise der menschlichen
Haut gegenüber verträglicher zu machen. Die Menge des Zinkoxyds wird vorzugsweise
auf 0,3 bis 8,5 Gewichtsprozent des gebrannten Gipses bemessen. Wie festgestellt
wurde, wird durch das Zinkoxyd die kristalline Struktur des Gipses in keiner Weise
geschwächt; vielmehr wird durch dieses eine Binde bzw. Bandage erhalten, die sogar
eine erhöhte Form-und Standfestigkeit besitzt.
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Obgleich die Wirkung der benutzten wasserunlöslichen Bindemittel
auf verschiedene Weisen erklärt werden kann, so scheint durch diese doch ein biegsames,
schwammartiges Gerüst mit offenen Zellen aufgebaut zu werden, und jede Zelle enthält
dann die trockenen Bestandteile, nämlich den gebrannten Gips, die kieselsäurehaltigen
Stoffe, das Zinkoxyd und das wasserlösliche Bindemittel. Die Zellen haben hierbei
natürlich eine verschiedene Größe.
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Die Wirkung der kieselsäurehaltigen Stoffekann weiter dahin erklärt
werden, daß sie Wasser im Überschuß zu dem für die Kristallisation und Härtung des
Gipses erforderlichen Wasser absorbieren, und sie dienen auch dazu, die Viskosität
der Gipsmasse, die aus dem Gips, den kieselsäurehaltigen Stoffen, dem Zinkoxyd und
dem wasserlöslichen Bindemittel besteht und die in das wasserunlösliche, in einem
organischen wasserfreien Lösungsmittel gelöste Bindemittel eingemischt sind, zu
erhöhen. Die erwähnte Viskosität ist die der Masse in ihren Anfangsstufen, d. h.
unmittelbar nach dem Eintauchen des die Masse tragenden Gewebes in Wasser. Die gewünschte
Viskosität entspricht etwa der einer glatten, rahmartigen Kaltcreme, und sie beträgt
etwa 60000 bis 150000 c.p.s.
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Die neuen Streichmassen für die Herstellung von Gipsbinden können
beispielsweise verarbeitet werden, indem auf eine in Bewegung versetzte Gewebe-
unterlage
eine der erfindungsgemäßen Massen aufgetragen und auf die auf der Gewebeunterlage
liegende Masse ein Luftstrom od. dgl. gerichtet wird, um der Masse eine geeignete
Porosität zu erteilen und eine Binde zu erzeugen, die durchgängig eine Oberfläche
gleichmäßiger Körnung oder Rauhigkeit besitzt. Zu diesem Zwecke werden die trockenen
Pulverstoffe sorgfältig gemischt und durch ein Sieb mit etwa 60 bis 200 Maschen
(US-Zählung) gesiebt. Das Pulvergemisch wird dann zweckmäßig mit der Lösung der
wasserunlöslichen Zellulosederivate befeuchtet und durch ein Streichmesser od. dgl.
auf die Gewebeunterlage, die zweckmäßig aus einer ungestärkten Gaze einer Fadenzahl
24 X 28 (US-Zählung) besteht, aufgetragen und dann getrocknet.