-
Verfahren zur Herstellung von Aminocarbonsäurenitrilen Es ist bekannt,
Aminocarbonsäurenitrile in der Weise herzustellen daß man in stark saurer Lösung
Blausäure oder deren Salze auf primäre und sekundäre Amine und Aldehyde oder Ketone
einwirken läßt. Hierbei geht man im allgemeinen so vor, daß man die Aminkomponente,
z. B. Äthylendiamin, mit je 2 Mol eines Cyanids und eines Aldehyds, also insgesamt
mit 4 Mol Cyanid und 4 Mol Aldehyd in Gegenwart von 3,5 bis 4 Mol Schwefelsäure
in wäßriger Lösung umsetzt. Das Reaktionsgemisch muß dauernd auf einer Temperatur
von mindestens 400 C gehalten werden, und es werden Reaktionszeiten von 24 Stunden
und mehr benötigt.
-
Es wurde nun gefunden, daß man Aminocarbonsäurenitrile mit wesentlich
verkürzten Reaktionszeiten und unter erheblich verringertem Säureverbrauch in einem
sehr einfachen und wirtschaftlichen Verfahren herstellen kann, wenn man eine Lösung
von 2 Mol Blausäure und 2 Mol Aldehyd oder eines Ketons pro primäre Aminogruppe
bzw. je eines Mols dieser Verbindungen pro sekundäre Aminogruppe und weniger als
0,5 Mol einer Säure wie beispielsweise Schwefelsäure oder Essigsäure je Aminogruppe,
gleichgültig, ob primär oder sekundär, vorlegt, vorzugsweise 0,05 bis 0,25 Mol,
und in dieses Gemisch kontinuierlich die Aminkomponente zutropft, wobei sich die
Reaktion in einem pH-Bereich von 3 bis unterhalb 6, vorzugsweise von 3 bis 5, abspielt.
Dabei erwärmt sich das Gemisch auf die Reaktionstemperatur. Die Zutropfgeschwindigkeit
des Amins wird so eingestellt, daß die Reaktionstemperatur von 40 bis 700 C nicht
unter- oder überschritten wird. Die Reaktion dürfte hierbei wie folgt verlaufen.
Zunächst wird dieAminkomponente durch die Säure zum entsprechenden Salz neutralisiert.
-
Dieses setzt sich mit dem Aldehyd oder Keton zu einer Oxymethylverbindung
um, die dann mit der Blausäure in das entsprechende Aminocarbonsäurenitril übergeführt
wird. Die Reaktion verläuft sehr rasch. Da das gebildete Aminocarbonsäurenitril
als sehr schwache Base keine Säure mehr zu binden vermag, steht die bei einer Reaktion
frei gewordene Säure zur Neutralisation weiteren Amins zur Ver-£übung. Auf diese
Weise ist es also möglich, mit einer weit geringeren Säuremenge als bei den bisher
bekannten Verfahren auszukommen.
-
Die zugesetzten Säuren sind zweckmäßig Mineralsäuren wie Schwefelsäure,
Salzsäure, Phosphorsäure.
-
Geeignet sind beispielsweise auch Carbonsäuren wie Ameisensäure oder
Essigsäure.
-
Als Lösungs- und/oder Verdünnungsmittel kommen außer Wasser beispielsweise
organische Lösungs-
mittel in Frage, wie Alkohole, Äther, die mit den Ausgangs- und
Reaktionsprodukten nicht reagieren.
-
Die durch die Erfindung erzielten Vorteile werden deutlich bei einem
Vergleich mit den bekannten Verfahren, bei denen beispielsweise 1 Mol Äthylendiamin
mit 4 Mol Aldehyd, 4 Mol eines Cyanids und weiteren 4 Mol Schwefelsäure umgesetzt
werden muß. Dabei ist zunächst die Neutralisationswärme des Äthylendiamins abzufangen.
Außerdem muß auch noch die Reaktionswärme aus der Reaktion zwischen dem Cyanid und
der Schwefelsäure (Blausäurebildung) abgefangen werden. Bei letzterem Verfahren
wird deshalb so vorgegangen, daß man nach Vermischung von Athylendiamin, Aldehyd
und Schwefelsäure unter Kühlung langsam die Cyanidlösung zufließen läßt. Zum Ingangsetzen
und Inganghalten der Reaktion muß jedoch dann Wärme zugeführt werden. Dies erfolgt
in der Weise, daß nach Beendigung der Zugabe des Cyanids das Gemisch längere Zeit
hindurch, beispielsweise 24 Stunden lang, auf Temperaturen von etwa 400 C gehalten
wird. Durch die Abscheidung des Nitrils, das als schwache Base unter den Reaktionsbedingungen
kein schwefelsaures Salz bildet, werden dann zwei weitere Mol Säure zur Entwicklung
der restlichen 2 Mol Blausäure frei. Die Schwefelsäure erscheint am Schluß der Reaktion
als Bisulfat wieder, das der Lösung eine noch sehr stark saure Reaktion verleiht,
und ist somit praktisch verloren.
-
Wie festgestellt wurde, reicht jedoch eine weit geringere Säuremenge
aus, um die Lösung so sauer zu halten, daß keine störenden Nebenreaktionen eintreten.
Auch in stark verdünnter Säure verläuft die Reaktion genau so schnell.
-
Nach vorliegendem Verfahren wird beim Zusammengeben von Blausäure,
Aldehyd oder Keton und weniger als 1 Mol einer verdünnten Säure so
gut
wie keine Wärme frei. Tropft man nun in diese Lösung die Aminkomponente ein, so
reicht die dabei freigesetzte Wärme zur Umsetzung zum Aminocarbonsäurenitril aus,
d. h., die zur Reaktion notwendige Wärme liefert die kontinuierlich frei werdende
Neutralisationswärme des Amins, so daß die Hauptreaktion praktisch ohne Energiezufuhr
von außen ablaufen kann. Die geringe Wärmezufuhr zum Halten der Reaktionstemperatur
beim Nachrühren (Vervollständigen der Reaktion) ist gering im Vergleich zu den bekannten
Verfahren.
-
Die Reaktion kann in einfacher Weise kontinuierlich durchgeführt
werden, indem man den Reaktor in Form eines länglichen Reaktionsgefäßes ausbildet,
an dessen oberem Ende die Einsatzprodukte aufgegeben werden, während am unteren
Ende kontinuierlich die Reaktionsprodukte abgezogen werden.
-
Beispiele 1. In einem 2- bis 3-l-Rührgefäß, ausgerüstet mit Rührer,
Tropftrichter, Rückflußkühler und Thermometer werden 300 g 400/obige Formaldehydlösung
(4 Mol), 10 g konzentrierte Schwefelsäure (0,1 Mol), 166 ml Blausäure (4,25 Mol)
sowie 500 bis 1500 ml Wasser eingefüllt. Gegebenenfalls kann eine wäßrige verdünnte
Blausäure verwendet werden, Die Zugabe an Wasser muß dann entsprechend variiert
werden.
-
Innerhalb von 2 Stunden werden 78 g (1 Mol) Athylendiaminhydrat zugetropft.
Nach einigen Minuten ist die Reaktionstemperatur von 40 bis 45e C erreicht, und
nach 10 Minuten scheiden sich die ersten Äthylendiamintetraacetonitril-Kristalle
ab. Das Zutropfen wird so geregelt, daß eine Temperatur von 40 bis 503 C nicht unter-
oder überschritten wird. Gegen Ende des Eintropfens wird die Temperatur mittels
eines temperierten Wasserbades gehalten und 3 Stunden weitergerührt.
-
Dann wird 20 Minuten Stickstoff zur Entfernung überschüssiger Blausäure
eingeleitet (Auffangen in Natronlauge oder Kalkmilch). Das ausgefallene Nitril wird
nach dem Abkühlen abgesaugt mit 200 ml
Wasser und 100 ml Alkohol gewaschen und bei
800 C im Trockenschrank getrocknet. In einer Ausbeute von 94 0/o und mehr wird es
in feinen weißen Kristallen analysenrein erhalten. Fp. = 128 bis 1290 C. Es ist
zu etwa 7°/o in siedendem Wasser löslich, in Alkohol und Aceton leichter löslich.
-
2. In der gleichen Apparatur wie im Versuch 1 werden 185 g 370/ige
Formaldehydlösung (2,25 Mol), 25 g konzentrierte Schwefelsäure (0,25 Mol), 84 g
(3,1 Mol) wasserfreie Blausäure sowie 350 ml Wasser eingefüllt. Innerhalb von 3
Stunden werden 58 g (0,5 Mol) Hexamethylendiamin in 150 ml Wasser zugetropft. Die
Temperatur wird auf 40 bis 500 C gehalten. Nach 10 Minuten scheiden sich die ersten
Aminonitrilkristalle ab. Das Gemisch wird weitere 3 Stunden bei 452 C weitergerührt.
Dann wird 20 Minuten Stickstoff zur Entfernung überschüssiger Blausäure hindurchgeleitet.
Nach dem Abkühlen saugt man das ausgefallene Hexamethylendiamintetraacetonitril
ab, wäscht mit wenig Wasser und Alkohol nach und trocknet bei 650 C im Trockenschrank.
Ausbeute: 52,50/o. Fp. = 80 bis 810 C.
-
Löslich in siedendem Wasser, weniger löslich in Alkohol.