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Herstellung von Stickstoffoxyd aus Nitrosylchlorid unter gleichzeitiger
Gewinnung einer wäßrigen, Schwefelsäure und Salzsäure enthaltenden Lösung Es ist
bekannt, daß bei der Herstellung von Alkalinitraten durch Einwirkung von Salpetersäure
auf Alkalichloride die Bildung von Nitrosylchlorid nach folgender Gleichung vor
sich geht:
3 MCI -E- 4 HN03 -3 3 MN03 + Cl, -I- NOCI + 2
H20 |
(M stellt ein Alkalimetall dar) Es sind schon viele Vorschläge gemacht worden, die
einmal der Ausnutzung des Nitrosylchlorids selbst als auch seiner Umwandlung in
Chlor dienen sollten. Trotzdem hat die Verwertung von Nitrosylchlorid bis heute
nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt, während die Umwandlung dieser Verbindung
in Chlor ein ziemlich schwieriges und zu unbefriedigenden Ergebnissen führendes
Verfahren darstellt.
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Unter diesen Umständen ist es vorteilhaft, wenn man die Möglichkeit
hat, Nitrosylchlorid in andere SubL stanzen überzuführen, die praktisch eine sofortige
Möglichkeit zur Verwendung haben.
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Es ist bereits bekannt, Nitrosylchlorid mit Wasserstoff zu Salzsäure
und Stickstoffoxyd zu reduzieren. Hierbei ist es aber erforderlich, bei verhältnismäßig
hohen Temperaturen von etwa 350°C und in Gegenwart von Katalysatoren zu arbeiten
oder aber bei niedrigen Temperaturen unter gleichzeitiger Bestrahlung mit entsprechenden
Lichtquellen. Andererseits ist auch schon bekannt, Nitrosylchlorid mit Sauerstoff
zu Stickstoffdioxyd und Chlor zu oxydieren bei Temperaturen von 200 und 400°C und
bei Anwesenheit von Katalysatoren. Das Arbeiten bei diesen Temperaturen ist technisch
schwierig, da das sich bildende Chlor stark korrodierend wirkt. Demgegenüber wird
erfindungsgemäß ohne Zusatz von Katalysatoren gearbeitet. Die Reaktion springt erfindungsgemäß
an ohne Wärmezufuhr oder Zufuhr von Lichtenergie. Es wird NO und eine Säurelösung
von HCl und HZS04 erhalten, während man nach den bekannten Arbeitsweisen nie
SO, in Reaktion bringt und nur eine schwer trennbare Gasmischung anfällt.
Auch dieser Nachteil wird erfindungsgemäß vermieden; denn das anfallende Gas (NO)
und eine Flüssigkeit (HZS04 HCl) sind leicht voneinander trennbar.
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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von Stickstoffoxyd
aus Nitrosylchlorid unter gleichzeitiger Gewinnung einer wäßrigen Lösung von Schwefelsäure
und Salzsäure, welches darin besteht, daß man Nitrosylchlorid mit Schwefeldioxyd
in Gegenwart von Wasser reagieren läßt.
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Die Reaktion Nitrosylchlorid-Schwefeldioxyd geht wie folgt vor sich:
2 NOCl -f- SO, 2 11,0 --> 2 NO -11- H2SO4 -I-
2 HCl |
Die Reaktion erfolgt augenblicklich, ist stark exotherm und ergibt hohe Ausbeuten.
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Bei dieser Reaktion kann das Schwefeldioxyd entweder gasförmig, vorzugsweise
in Form eines mindestens 900/, SO, enthaltenden Gases, oder als wäßrige konzentrierte
und gesättigte Lösung (90 bis 100 g SO, je Liter) eingesetzt werden. Diese
Lösung kann man, wie bekannt, sehr einfach dadurch erhalten, daß man die Röstgase
von Schwefel oder Pyriten in einem Absorptionsturm, unter dem Druck von nur wenigen
Atmosphären, in Wasser auflöst.
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Wird Nitrosylchlorid direkt mit den aus dem Röstprozeß von Schwefel
oder Pyriten stammenden SOz haltigen Gasen - die meist einen sehr hohen Gehalt an
Luft aufweisen - zur Reaktion gebracht, so wird bedeutend mehr SO, als in
den beiden vorerwähnten Fällen verbraucht, da ja die in den Schwefelgasen enthaltene
Luft das erzeugte Stickstoffoxyd zu Stickstoffdioxyd oxydiert, wobei sich Salpetersäure
bildet, das dann seinerseits durch SO, reduziert werden muß.
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In diesem Falle bleibt eine erhebliche Menge Stickstoff in Form von
Salpetersäure in der wäßrigen Schwefelsäure-Salzsäure-Lösung zurück; diese kann
nicht
in die Salpctersäuregewinnungsanlage zurückgeleitet werden und muß daher vom Standpunkt
der Stickstoffrückgewinnung als verloren angesehenwerden.
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Man kann übrigens auch unreines Nitrosylchlorid verwenden, ohne daß
dadurch der Verfahrensverlauf beeinträchtigt wird. So kann z. B. das Nitrosylchlorid
eine gewisse Menge freien Chlors enthalten., das in gleicher Weise mit
SO, reagiert und H$SOQ und HCl bildet, wobei in diesem Falle der Verbrauch
an SO,
höher ist. Das gleiche gilt für Verunreinigungen, die aus N02 bestehen.
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Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren wird der Stickstoff des Nitrosylchlorids
praktisch quantitativ in Form von NO wiedergewonnen, während die Schwefel- und Salzsäure
enthaltende Lösung sich als praktisch stickstofffrei erweist.
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Verwendet man reines S02-Gas, so können Säurekonzentrationen je Liter
bis zu 12 Äquivalenten Säure durch die NOCl-Zersetzung in der Lösung erhalten werden.
Säurekonzentrationen von etwa 5 n können bei Verwendung von S02 in gesättigter wäßriger
Lösung in sauren Lösungen erhalten werden. Das Gewichtsverhältnis HCl : HZS04 beträgt
ungefähr l:1,5.
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Das erfindungsgemäß gewonnene Stickstoffoxyd kann ohne weitere Reinigung
in der Salpetersäuregewinnungsanlage verwertet werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann auch in zwei getrennten Stufen
durchgeführt werden, indem man zuerst dem Reaktor nur Nitrosylchlorid und Wasser
im Gegenstrom zuführt, und so gasförmiges Stickstoffoxyd und ein Gemisch aus Salpetersäure,
Salzsäure, Chlor und unverändertem Nitrosylchlorid im Reaktor erhält. Diese Reaktion
ist endotherm. Dem Endprodukt dieser Reaktion wird gasförmiges oder gelöstes S02
zugesetzt, bis eine völlige Entfärbung eintritt. Die Reaktion mit S02 ist exotherm.
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Etwa die Hälfte des während der Reaktion in Freiheit gesetzten Stickstoffoxyds
wird in der ersten Stufe des Verfahrens gebildet, die andere Hälfte während der
zweiten Stufe.
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Es muß jedoch bemerkt werden, daß das Zweistufenverfahren weniger
vorteilhaft ist, weil durch die in Freiheit gesetzten stark korrosiv wirkenden Substanzen
das Reaktormaterial stark in Mitleidenschaft gezogen wird, während die Reaktion
von NOCI gleichzeitig mit Wasser und Schwefeldioxyd an das Reaktormaterial keine
so hohen Anforderungen stellt.
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Da nur mäßige Temperaturen auftreten und die Zuführung von Außenwärme
nicht notwendig ist, kann das Reaktormaterial außer aus metallischen auch aus keramischen
Stoffen bestehen.
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Die folgenden Beispiele sollen der Erläuterung des Verfahrens dienen.
Beispiel l Die Apparatur besteht aus einer 1-1-Glasflasche, die mit zwei Gasverteilern
versehen ist und auf die eine kurze, kleine Kolonne mit Füllkörpern und ein mit
Wasser gefüllter Trichter aufgesetzt ist.
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Der obere Teil der kleinen Kolonne ist durch ein der Gasableitung
dienendes Rohr mit einer Wasserwaschkolonne und einem Gasometer (Wassergasometer)
verbunden. In die Flasche werden 50 ml Wasser eingefüllt, so daß beide Gasverteilungsrohre
eintauchen. Die ganze Apparatur wird mit einem Stickstoffstrom gespült. Hierauf
läßt man in das Reaktionsgefäß gasförmiges S02 und gasförmiges NOCI einströmen,
und zwar gleichzeitig. Die Menge NOCI ist zweimal so groß wie S02.
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Die Reaktion erfolgt spontan unter starker Entwicklung von gasförmigem
Stickstoffoxyd, das sich im Gasometer sammelt. Das Beschicken mit NOCI und S02 soll
so abgestimmt sein, daß eine gleichmäßige Gasentwicklung eintritt und - gleichzeitig
- eine dauernde, farblose Reaktionsflüssigkeit vorherrscht; sobald nämlich nicht
genügend S02 vorhanden ist, wird diese Flüssigkeit braunrot.
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Durch die überwachung der Färbung läßt sich der Reaktionsverlauf sehr
leicht und sofort steuern. Mit fortschreitender Reaktion und zunehmender Konzentration
der Schwefelsäure im Flüssigen, fällt die Reaktionsgeschwindigkeit selbst ab, da
sich größere Mengen Nitrosyl-Schwefelsäure bilden, die nicht so bereitwillig reagieren
wie NOCI. In diesem Falle ist es nötig, in das Reaktionsgefäß über die oben aufgesetzte
kleine Kolonne eine ausreichende Menge Wasser einzuleiten, damit das Reaktionsgemisch
in der Flasche die richtige Verdünnung erhält; die normale Reaktion wird wiederhergestellt,
was man aus der Menge der entwickelten Gase ersehen kann.
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Dieses Zugeben von Wasser soll gleichzeitig dafür sorgen, daß das
NO-Gas gewaschen wird von den Dämpfen des noch nicht zersetzten Nitrosylchlorids,
welches man in das Reaktionsgefäß zurückführt.
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Im Verlauf der Reaktion steigt die Temperatur der Flüssigkeit auf
etwa 65°C an. Es wurden folgende Mengen zugesetzt: 81,5 g reines NOCI, 47,0 g gasförmiges
S02, 325 ml Wasser. Die Gesamtbeschickungsdauer betrug 1 Stunde 34 Minuten. Es wurde
eine Menge von 410 g konzentrierter Säurelösung mit einer Dichte = 1,17 erhalten.
Die Lösung enthielt 70,0 g H$SO4 und 45,0 g HCI, 0,024 g NH03 und 1,2 g im Überschuß
gelöstes Schwefeldioxyd.
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Im Gasometer wurden 27,0 Normalliter NO aufgefangen. Die Konzentration
der erhaltenen Säure beträgt demnach H,S0........................ 195,5 g/1 HCI.........................
125,0 g/1 HN03 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,066 g/1 S02 . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,33 g/1 und enthält 7,5 Säureäquivalente
je Liter.
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Der Stickstoff des Nitrosylchlorids wird als NO mit einer Ausbeute
von 97,5°/o gewonnen; der Schwefel des SO, wird mit einer Ausbeute von
97,50/, zu Schwefelsäure, das Chlor des NOCI praktisch quantitativ in Salzsäure
umgewandelt. Das Molarverhältnis der gebildeten Schwefelsäure zur Salzsäure beträgt
1 : 1,73.
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Beispiel 2 Der Versuch wird analog dem Beispiel 1 durchgeführt, jedoch
wurden zugesetzt: Gasförmiges NOCI . . . . . . . . . . . . . 80 g Flüssiges Wasser................
150 g S02-Gas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37,64 g Nach einer Reaktionsdauer
von 1 Stunde und 30 Minuten wurden folgende Produkte erhalten: Reines gasförmiges
NO 36,0 g (= 16,8 g N) Säurelösung . . . . . . . . . 180,0 ml (Dichte = 1,22)
Zusammensetzung:
H,S0..................... 312 g/1 HCI..... ................. 220 g/1 HNO3
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,089 g/1 S02 ...................... 2,46
g/1 wobei auf den Liter 12 Säureäquivalente entfallen. Ausbeute: NO = 95 °/o; H2S04
= 97,6 °/o. Beispiel 3 Es werden 50m1 wäßrige, gesättigte S02-Lösung in die im Beispiell
beschriebene Apparatur eingebracht.
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NOCI-Dampf und gleichzeitig wäßrige gesättigte S02-Lösung werden eingebracht.
Die letztere wird durch das im Beispiell zum Einbringen des gasförmigen S02 benutzte
Verteilerrohr eingeleitet.
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Das gleichzeitige Zusetzen beider Reagenzien erfolgt wie im Beispiel
1.
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Im ganzen wurden eingebracht: Gasförmiges NOCI . . . . . . . . . .
. . . . . . 77 g Wäßrige S02-Lösung mit 106 g/1 ..... 470 ml (= 50 S02) Nach
einer Reaktionsdauer von 1 Stunde 20 Minuten bei einer Temperatur von 65°C wurden
folgende Produkte gewonnen: Reines gasförmiges NO 25 Normalliter, d. h. 33,5 g (=
15,7 g N) V
Wäßrige Lösung ..... 485 ml (Dichte = 1,l3), enthaltend:
H,S04............... 149 g/1 HCI................. 83,7 g/1 HNO3 . . . . . . . .
. . . . . . . 0,78 g/1 S02 ................. 2,9 g/1 das sind 5,3 Säureäquivalente
je Liter. Ausbeute: NO = 95"/,; H2S04 = 94,50/0.