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Verfahren zur Aufbereitung von Kunstfaserabfällen auf Cellulosegrundlage
sowie von Abfällen synthetischer Fasern auf Polyamidgrundlage, insbesondere zur
Herstellung von hochsaugfähigen und zu Filtrationszwecken verwendbaren Papieren,
Kartonen und Pappen Die Erfindung befaßt sich-mit einem Verfahren zur Aufbereitung
von Kunstfasern, wie sie beispielsweise als Kettenstuhlabfälle in der Textilindustrie
anfallen, um sie als Rohstoff zur Herstellung saugfähiger und für Filtrationszwecke
geeigneter Papiere und Pappen verwendbar zu machen.
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Eine wirtschaftliche Verwendung von Kunstfaserabfällen, insbesondere
der Kettenstuhlseidenabfälle, stößt in der Papier- und Pappenindustrie auf große
Schwierigkeiten, obgleich es an Versuchen nicht gefehlt hat. So sind in der Literatur
Versuche beispielsweise mit Viskose-, Nitrocellulose-, Kupferoxyd-, Ammoniak- und
Acetatseiden beschrieben, nach welchen das Material teilweise mit Ätznatron und
teilweise mit Kalk behandelt wurde, um daraus Papier zu schöpfen. Es zeigte sich
aber, daß die Kunstfasern bei der Stoffbereitung meistens sehr leicht in Stücke
brechen und eine Fibrillierung oder auch nur eine Aufrauhung nicht stattfindet.
Die Folge davon ist eine ungenügende Verfilzungsfähigkeit der Fasern. Papiere, die
vollkommen aus Kunstfasern hergestellt wurden, zeigten deshalb eine völlig ungenügende
Festigkeit und zu geringe Geschmeidigkeit. Auch diejenigen Papiere, die man aus
Kunstfasern mit Zellstoff vermengt herstellte, hatten viel geringere Festigkeit
als solche, die nur aus Zellstoff, beispielsweise aus Sulfitzellstoff, bestehen.
Kunstfasern sind demnach nach der vorherrschenden Anschauung in den Lumpen zur Papierherstellung
nicht nur wertlos, sondern sogar schädlich. Dieses Ergebnis kann keinesfalls überraschen,
denn die Kunstfasern sind überwiegend glatt und verfilzen sich nicht. Soweit als
möglich werden deshalb solche Kunstseidenlumpen aussortiert. Als unbeabsichtigte
Beimengungen sind sie vor allem in baumwollhaltigen Papieren zu finden, wenn die
verwendeten Fasern Beimengungen von Zellwolle enthielten.
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Erfindungsgemäß wurde nun ein Verfahren entwickelt, mit welchem es
möglich ist, Kunstfasern auf Cellulosegrundlage sowie synthetische Fasern auf Polyamidgrundlage,
insbesondere Kettenstuhlabfälle aus der Textilindustrie, für die Papiererzeugung
nicht nur verwendbar zu machen, sondern mit ihnen dem Papier besonders gewünschte
Eigenschaften zu verleihen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren besteht insbesondere darin, daß die
gemahlenen, in Flüssigkeit aufgeschwemmten Fasern durch mehrstündige Behandlung
mit Hypochlorit im Überschuß bei erhöhter Temperatur verfilzbar gemacht und anschließend
mit neutralem Fabrikationswasser ausgewaschen werden.
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Das Verfahren wird im folgenden in mehreren Ausführungsbeispielen
näher erläutert. 1. Beispiel zur Aufbereitung der Abfälle Die Kunstfaserabfälle
bzw. die Abfälle synthetischer Fasern auf Polyamidgrundlage werden in gebräuchlicher
Weise im Hadernschneider geschnitten und sodann im Halbzeugholländer auf den gewünschten
Mahlungsgrad gemahlen. Erfindungsgemäß werden nun dem gemahlenen Stoff Natriumhypochlorit
(NaOCI) in handelsüblicher Konzentration im Überschuß, etwa wie bei einer normalen
Hypochloritbleiche, z. B. 0,45 g11, unter gleichzeitiger Erwärmung des Stoffes auf
50 bis 60° C zugegeben. Sonach wird der so behandelte Stoff einer Einwirkungszeit
von etwa 5 Stunden unterworfen und dieser Prozeß dann durch Auswaschen mit neutralem
Wasser im Halbzeugholländer unterbrochen.
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Zur Beschleunigung der Neutralisation kann dem Wasser in bekannter
Weise Antichlor beigegeben werden.
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Durch die Behandlung der Abfälle gemäß Beispiel 1 ergibt sich ein
Halbstoff, der spezifisch leichter ist als Zellstoff und dessen Fasern eine gewisse
Aufrauhung erfahren haben und dabei eine bessere Geschmeidigkeit aufweisen, so daß
dieser Stoff für die Verfilzung geeignet ist.
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Da hei der Einwirkung von Natriumhypochlorit zunächst primär ein Lockern
bzw. Aufsprengen der Nebenv alenzen der Wasserstoffbrücken zwischen den
Molekülketten
erfolgt, -was ein Aneinandervorbeigleiten der Molekülketten erleichtert,_kämmt 'es
bei dem erfindungsgemäßen Verfahren allerdings zu einem Festigkeitsabfall, während
ein chemisches Aufspalten der Kettenmoleküle selbst und damit ein Absinken des Pölymerisationsgrades
erst bei zu langer Behandlungs= dauer erfolgt. Die Festigkeitseigenschaften des
unter Verwendung solcher Fasern hergestellten Faserfilzes können aber durch Zusatz
von beispielsweise Melaminharz in der Masse - wie an sich bekannt - bei der Herstellung
des Papierbreies wieder bis zu einem gewissen Grad ausgeglichen werden.
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Der durch das erfindungsgemäße Verfahren gewonnene Halbstoff besitzt
große Saugfähigkeit und überaus schnelle Durchlässigkeit für Flüssigkeiten bei guter
Filterwirkung. Diese Eigenschaften machen ihn deshalb besonders geeignet zur Herstellung
von Papieren auf Cellulosebasis, bei' denen dieselben gefordert werden, z. B. bei
saugfähigen und zu Filterzwecken geeigneten Papieren.
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Die Verfahren zur Herstellung solcher Papiere werden durch die folgenden
Ausführungsbeispiele näher beschrieben.
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z. Beispiel zur Herstellung von hochsaugfähigen Papieren und Kartonen
a) Gebleichter Sulfitzellstoff wird in einem Kugelkocher mit etwa 211/o Natriumhypochlorit
bei einem Betriebsdruck von etwa 2,5 atü etwa 3 Stunden gekocht und dann in einem
Bleichholländer mit reinem Fabrikationswasser auf einen pH Wert von etwa 8 ausgewaschen.
Anschließend läßt man ihn vorteilhaft im Absetzkasten in gebräuchlicher Weise absitzen
und entwässern, wobei der Zellstoff gleichzeitig die notwendige Reife (Alterung)
erfährt.
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b) In einem Holländer werden im getrennten Arbeitsgang Kunstfaserabfälle
bzw. Abfälle synthetischer Fasern auf Polyamidgrundlage gemäß Beispiel 1 behandelt
und in die Papiermaschinenbütte abgelassen. Nunmehr wird der in einem anderen Holländer
auf ebenfalls etwa 25° SR gemahlene Sulfitzellstoff gemäß a) in die Papiermaschinenbütte
im Verhältnis 60 Teile Zellstoff und 40 Teile Kunstfasern bzw. synthetische Fasern
abgelassen und gut gemischt. Der Stoff wird sodann in bekannter Weise zu Papier
bzw. Karton oder Pappe mit einem Flächengewicht bis etwa 500 g/m2 herausgefahren.
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Das gewonnene Erzeugnis eignet sich infolge seiner physikalischen
Eigenschaften unter anderem auch zur Herstellung von Kunststoffmatern, Saugtellern
für Schädlingsbekämpfung, Damenbinden usw. _ Bestehen die_:Kettenstuhlseidenabfälle
ausschließlich aus Abfällen auf Cellulosebasis, so ist es zweckmäßig, nach folgendem
Verfahren vorzugehen: Die Kettenstuhlseidenabfälle werden gebräuchlicherweise in
I-Iadernscbneider vorgeschnitten und erfindungsgemäß dann einer Reife unterworfen,
indem die zerkleinerten Abfälle auf einen Haufen geworfen und gut durchfeuchtet
werden. Nach einer Lagerung von 24 Stunden werden die Abfälle in den Halbzeugholländer
eingetragen und in der üblichen Weise gemahlen, wobei die Holländerwalze scharf
aufgesetzt werden kann, weil sich die Celluloseseidenabfälle alsdann gut mahlen
lassen. Bei Halbzeugholländern mit rauben Seitenwänden, beispielsweise aus Beton,
ist es zu empfehlen, den Stoff im Anfang der Mahlung öfter durchzuführen, denn die
Abfälle bleiben an rauben Wandungen leicht hängen. Die Mahldauer soll 30 bis 45
Minuten betragen. Der Stoff wird anschließend in einen Holländer gepumpt und einer
etwa 2stündigen Behandlung mit Calcium- oder Natriumhypochlorit bei einer Temperatur
von 35 bis 40° C und einem pH-Wert von 4,5 bis 4 unterworfen.
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Nach diesem Prozeß wird der Stoff, wie üblich, im neutralen Fabrikationswasser
ausgewaschen, wobei zur schnelleren Vernichtung des Chlors Antichlor hinzugefügt
werden kann, und dann in gebräuchlichen Absitzkästen entwässert.
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Der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Halbstoff ist
äußerst saugfähig und stark auftragend. Er ist deshalb besonders gut für Papiere
geeignet, wo es auf Verbesserung der Saugfähigkeit und Vergrößerung des Volumens
ankommt, beispielsweise für Lösch- und Abzugspapiere, Damenbinden usw. Aber auch
zur Herstellung geleimter Papiere, bei denen eine schöne geschlossene Durchsicht
angestrebt wird, eignet sich der erfindungsgemäß gewonnene Halbstoff als Füllstoff.
3. Beispiel zur Herstellung von Filtrierpapier Gebleichter Sulfitzellstoff wird
in gebräuchlicher Weise rösch auf etwa 20° SR gemahlen. Gleichzeitig werden im besonderen
Arbeitsverfahren auf einen sehr geringen Mahlgrad, etwa 10° SR, gemahlene und gemäß
Ausführungsbeispiel 1 behandelte Kunstfasern bzw. synthetische Fasern auf Polyamidgrundlage
dem Sulfitzellstoff im Verhältnis etwa 70 Teile Zellstoff und 30 Teile Kunstfasern
bzw. synthetische Fasern zugesetzt und miteinander gut gemischt. Sonach wird das
Gemisch in bekannter Weise, beispielsweise auf einer Langsieb-Papiermaschine, zu
Papier mit einem Flächengewicht von etwa 50 g/m2 ausgefahren.
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Dieses Papier besitzt eine sehr gute Filtrationsfähigkeit bei einer
ebenfalls sehr guten Filtrationswirkung, so daß es vorzüglich als Schnellfiltrierpapier,
z. B. für Milch, Tee-Extrakte usw. Verwendung finden kann. .