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Verfahren zur Erhöhung der Festigkeit cellulosehaltiger Flächengebilde
Zweck und Ziel des neuen Verfahrens ist die Gewinnung cellulosehaltiger Flächengebilde
mit besonders hohen.Festigkeitseigenschaften in trockenem und nassem Zustande für
die Herstellung von Papieren, Karton, Tapeten oder Kunstleder.
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Bisher hat man die höchsten Festigkeitswerte cellulosehaltiger Flächengebilde
durch das allgemein bekannte, auf einer kurzen Einwirkung konzentrierter, etwa 72-
bis 78°/oiger Schwefelsäure beruhende sogenannte Pergamentieren erzielt. Dieses
in seiner Wirkung ausgezeichnete Verfahren hat hinsichtlich seiner Durchführung
erhebliche Nachteile. Die verhältnismäßig teuere konzentrierte Schwefelsäure kann
nur zum geringen Teil in starker Verdünnung wiedergewonnen werden. Sie übt auf die
Cellulose nicht nur die günstige pergamentierende, sondern auch eine schädliche,
auflösende und abbauende Wirkung aus. Infolgedessen ist die Einwirkung sehr zeitgebunden
und muß auf einige Sekunden beschränkt bleiben. Auch dann noch ist es unvermeidlich,
daß die zuerst mit der Säure in Berührung kommenden Teile der Cellulose einen Angriff
erleiden, bevor die ganze Fasermasse durchgequollen ist, so daß das Verfahren mit
einer großen Betriebsunsicherheit verbunden ist. Auch die beim Auswaschen der konzentrierten
Schwefelsäure auftretende Verdünnungswärme kann leicht schädliche Abbauwirkungen
veranlassen. Ferner kann man nach dem Schwefelsäurepergamentierverfahren einwandfreie
Erzeugnisse nur bei Verwendung von hochwertigem Ausgangsstoff erzielen. Beispielsweise
sind Zellstoffe
mit hohem Ligningehalt ungeeignet für dieses Verfahren,
weil durch das Lignin die Wirkung der -Schwefelsäure beeinträchtigt wird. Dementsprechend
sind auch ungebleichte Zellstoffe hierfür nur in beschränktem Maße verwendbar, und
zur Erzielung sehr fester Pergamentpapiere werden stets erhebliche Mengen von Baumwollhalbstoff
oder Leinen initverwendet.
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Das neue Verfahren vermeidet diese Nachteile und führt überdies zu
bisher unerreichten Festigkeitswerten der Erzeugnisse in nassem und trockenem Zustande.
Es besteht darin, da?) die als Ausgangsstoff dienenden cellulosehaltigen Faserstoffbahnen
oder -blätter aus vorher auf etwa 30'' SR vorgemahlenen, keine weiteren Zusätze
enthaltenden Zellstoffen beliebiger Herkunft oder ähnlichen cellulosehaltigen Stoffen
mit 5- bis ro°/oiger Natronlauge, ; o°/Qiger Chlorzinklösung oder 6o°/oiger Calciumthiocianatlösung
als Ouellungsmittel behandelt und in gequollenem Zustand einem sehr hohen Flächendruck
von etwa d.o bis 6o kg/cm= ausgesetzt werden, worauf das O_uellungstnittel wieder
entfernt und die Faserstoffbalin getrocknet oder in feuchtem Zustand der Weiterverarbeitung
zugeführt wird.
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Wie ersichtlich, können die Duellmittel teilweise in verhältnismäßig
sehr niedriger Konzentration verwendet werden, z_. B. Natronlauge von 5 bis 1o Gewichtsprozent.
Da auch hiervon ein erheblicher Teil beim Abpressen und Auswaschen zurückgewonnen
wird, so ist der Verlust an Duellmittel nur sehr gering. Während der Einwirkung
des Duellmittels, welches auch den Luftsauerstoff von der Faser abschließt, findet
keinerlei Celluloseabbau statt, und auch bei längerer Einwirkungsdauer bleibt daher
die Festigkeit der Faser vollkommen erhalten. Die Quellungsdauer kann dementsprechend
beliebig lang bemessen werden, wodurch eine vollkommen gleichmäßige Durchtränkung
des Faserstoffs gewährleistet ist. Das Verfahren weist somit größte Betriebssicherheit
auf, zumal die hier verwendeten Ouellungsmittel sich auch ohne jede meßbare Temperaturerhöhung
verdünnen und auswaschen lassen.
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Das neue Verfahren gestattet aber auch Erzeugnisse zu erzielen, deren
Festigkeitswerte die der besten Schwefelsäurepergamente weit übertreffen. Insbesondere
die Naßfestigkeitsw-erte sind von bisher nicht erreichter Höhe. Auch-die Transparenz
der Erzeugnisse kann dabei günstig beeinflußt werden. Däbei ist es nicht erforderlich,
besonders hochwertigen Rohstoff zu verwenden. Aus gewöhnlichen, unveredelten und
billigen Zellstoffen können nach dein neuen Verfahren festeste Papiere erzeugt werden.
Sogar 'hemicellulasereiche Stoffe, wie z. B. gebleichte Stilfatzellstoffe, lassen
:ich mit besonderem Vorteil verwenden, ebenso auch Stoffe mit hohem und selbst Halbstoffe
mit höchstem Ligningehalt.
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Als Duellmittel kommen für das neue Verfahren. in erster Linie etwa
;- bis ro°/oige r fltzalkalilaugen in Betracht; es können aber auch beliebige andere,
die Cellulosefaser zum Quellen bringende Mittel Verwendung finden, so z. B. die
als Cellulosequellmittel bekannte etwa 75°/oige Lösung von Chlorzink oder etwa 6o°/oige
Calciumthiocvanatlösung. Da Cellulosequellungsmittel bei niederer Tenperatur bessere
Wirkungen ergeben, ist die Anwendung niedrigerer Temperaturen als günstig anzusehen,
was einen weiteren Vorteil darstellt.
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Die speziellen Arbeitsbedingungen für die Durchführung des Verfahrens,
wie Konzentration des Ottellmittels, Dauer und Temperatur der Einwirkung und Höhe
des anzuwendenden Flächendrucks, hängen vor allen von der Art und Beschaffenheit
des zu behandelnden Werkstoffs und den gewünschten Eigenschaften - des Enderzeugnisses
ab und können leicht von Fall zu Fall durch einen Vorversuch in kleinem Maßstabe
ermittelt werden.
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In manchen Fällen hat es sich als vorteilhaft erwiesen, die zu behandelnden
Faserstoffblätter schon vor dem Zusammenbringen mit dem Duellmittel einer Vorpressung
in feuchtem Zustande unter ebenfalls sehr hohem Flächendruck von beispielsweise
6o kg/cm22 zu unterwerfen. Ebenso hat meistens eine Wiederholung: der Druckquellung,
d. h. der starken Pressung in gequollenem Zustande, eine weitere Steigerung der
Festigkeitseigenschaften zu Folge. i Es war bekannt, cellttlosehaltige Flächengebilde
in gequollenem Zustande einem Flächendruck zu unterwerfen; jedoch geschah dies niemals
zum Zweck der Festigkeitserhöhung und demgemäß auch nicht unter den i nach dein
neuen Verfahren vorgeschriebenen Bedingungen. Die Benutzung eines auf etwa 30° SR
vorgentahlenen Ausgangsstoffs, die Anwendung der echten Duellmittel in den vorgeschriebenen
Konzentrationen und des hohen Flächendrucks von etwa qo bis 6o kg/cm!' waren hierbei
ebenso unbekannt wie überhaupt die Tatsache, daß auf diesem Wege eine so beträchtliche
Erhöhung der Festigkeit, besonders auch der Naßfestigkeit, zu erzielen sei.
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Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen im einzelnen die Durchführung
des neuen Verfahrens, dessen außerordentliche Wirkung insbesondere durch die den
einzelnen Ergebnissen gegenübergestellten, bei den nicht der Druckquellung unterworfenen
Blattproben er- .
mittelten Vergleichszahlen ohne weiteres zuerkennen
ist.
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q Beispiel r Als Ausgangsstoff dienen getrocknete Blätter aus gewöhnlichem
Fichtensulfitzellstoff, der bei einer Stoffdichte von 6°/o bis auf einen Mahlgrad
von 29° SR gemahlen war. Die Blätter werden in io volttmprozentige Natronlauge eingelegt
und einige Minuten darin belassen. Sodann werden sie aus der Lauge herausgenommen
und nach dem Abtropfenlassen der überschüssigen Lauge in einer hydraulischen Presse
als Stapel mit Zwischenlagen einem Druck von 6o kg/cm2 während einer Dauer- von
5 Minuten ausgesetzt. Die aus der Presse herausgenommenen Bogen werden sodann in
fließendem Wasser vollkommen alkalifrei gewaschen, nochmals 5 Minuten unter dem
gleichen Druck wie oben nachgepreßt und hierauf in üblicher Weise getrocknet. Die
Prüfung von auf vorstehende Weise behandelten Blättern neben den als Ausgangsstoff
dienenden nicht behandelten ergab folgende Eigenschaftsänderungen: die Reißlänge
stieg von 45oo auf 578o, die Dehnung von 2,61/, auf 7,72'/" die Falzzahl von 25o
auf 75oo, die Naßreißlänge von o auf 1570, die Transparenz von 14 auf 48,8.
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Beispiele Die aus einem auf 30° SR gemahlenen gebleichten Sulfatzellstoff
gebildeten Blätter werden unmittelbar nach der Blattbildung, also vor der ersten
Trocknung, in einer hydraulischen' Presse wie oben einem Druck von 6o kg/cm2 unterworfen,
sodann getrocknet und hierauf in 7,5 °/oige Natronlauge eingelegt. Nach einigen
Minuten werden die Bogen aus der Lauge herausgenommen, erneut etwa 5 Minuten einem
Preßdruck von 6o kg/cm' ausgesetzt und wie in Beispiel i weiterbehandelt.
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Die Prüfung des so hergestellten Blattes ergab: Die Reißlänge war
von 8025 auf 9523 gestiegen, die Dehnung von 3,9 auf 8,2, die Brecht-Imset-Fortreißfestigkeit
von z46 auf 394 die Berstfestigkeit von 5,2 auf einen unbestimmbaren Wert über 9,
die Falzzahl von 4666 auf 15166, die Naßreißlänge von ö auf 3.1:13, .die Maßdehnung
von o auf i7,8. Beispiel3 Den Rohstoff bildet ein nach dem bekannten Verfahren von
A s p 1 u n d durch mechanisches Zerfasern und anschließende Chlorierung hergestellter
Halbstoff mit einem Ligningehalt von etwa 20(1/" der unter Anwendung eines Pressendruckes
von 6o kg/cm2 in Blattform gebracht ist:Die Blätter werden in io volumprozentige
Natronlauge eingelegt und wie in Beispiel i weiterbehandelt. Dabei stieg die Reißlänge
von 256o auf 4000, die Dehnung von i auf 2,8, die Brecht-Imset-Fortreißfestigkeit
von i io auf 179, die Berstfestigkeit von 1,4 auf 3,5, die Falzzahl von i
i auf 830.
Beispie14 Als Ausgangsstoff dienen die aus gebleichtem, auf einen
Mahlgrad von 30° SR gemahlenem Strohzellstoff ohne besondere Vorpressung geformten
und getrockneten Faserstoff behälter, die mit 7,5 gewichtsprozentiger Natronlauge
zur Quellung gebracht und wie im Beispiel 2 weiterbehandelt werden. Bei so gewonnenen
Strohstoffblättern wurde folgender Festigkeitswertzuwachs ermittelt: -Die Reißlänge
stieg von 6298 auf 678T, die Dehnung von 4,2 auf 5, die Fortreißfestigkeit Brecht-Imset
von io8,8 auf 154,3, die Falzfestigkeit von 463 auf io66, die Naßreißlänge von o
auf 9o9, die Maßdehnung von o auf 4,7, die Transparenz von 18,7 auf 2z,1.
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Beispie15 Aus einem auf einen Mahlgrad von 30° SR gemahlenen gebleichten
Sulfitzellstoff werden in üblicher Weise ohne besondere Vorpressung Blätter geformt
und diese io Minuten lang in- einer 70 °/oigen Zn C12-Lösung, die einen pH-Wert
von etwa 1,.1 hat, getaucht, sodann herausgenommen und etwa 5 Minuten lang einem
Preßdruck von 6o kg/cm2 ausgesetzt. Sodann werden die Blätter weitere io Minuten
in die Chlorzinklösung getaucht und anschließend einer Nachpressung von 1/2 Min.
Dauer bei einem Druck von 6o kg/cm2 unterworfen..
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Die Prüfung von auf vorstehende Weise behandelten Blättern neben den
als Ausgangsstoff dienenden nicht behandelten ergab folgende Eigenschaftsveränderungen:
Es stiegen die Reißlänge von 838o auf io ioo, die Dehnung von 2,35 auf 2,65, die
Naßreißlänge von 34o auf 2700, die Maßdehnung von 1,2 auf 4,1, die Transparenz von
17,5 auf 33,6, die ;Falzzahl von 354o auf 5630 und die Berstfestigkeit von
4,98 auf 5,65.
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Ähnliche Ergebnisse wurden erzielt, wenn an Stelle der Chlorzinklösung
eine. 6o °/oige Calciumthiocyanatlösung angewendet wurde, die einen pH-Wert von
etwa 7,8 hatte.