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Verfahren zur Herstellung von Zellstoff mit hohem Gehalt an oc-Cellulose
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von leicht bleichbarem
Zellstoff mit hohem a-L:ellulosegehalt aus Faserpflanzen aller Art, besonders aus
Holz und Holzabfällen, in offenen Gefäßen, also ohne Druckkochung, bei dem keinerlei
schädliche Ablaugen oder lästige Abgase entstehen.
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Das Verfahren arbeitet nach den an sich bekannten Grundzügen der Aufschließung
von Faserstoffen zu Zellstoff, gemäß denen das vorzerkleinerte, mit Alkali getränkte
Fasergut in Gegenwart des Tränkungsmittels weiter zerfasert, alsdann in offenen
Rührbütten o. dgl. mit Oxydationsmitteln, wie Hypochloriten, vermischt und ,anschließend
mit Alkali gewaschen wird. Diese Behandlung erfolgt in offenen Gefäßen z. B. bei
30 bis q.0°, zum Teil bei annähernd ioo°, während jede Druckkochung und die
dafür benötigte kostspielige Vorrichtung wegfällt.
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Das Wesen der Erfindung besteht darin, daß dem nach Einführung in
die Rührbütte o. dgl. durch Waschen von Alkali befreitem Stoff das Oxydationsmittel
gleichzeitig durch den oberen, mittleren und unteren Teil der Bütte absatzweise
in solcher Menge zugeführt wird, daß die Inkrusten .des Fasergutes ;gerade löslich
werden, worauf nach -Entfernung des Oxydationsmittels in üblicher Weise mit Alkali
und schließlich mit Wasser gewaschen und gebleicht wird. Während verschiedene Wandere
Chlorverfahren mit gasförmigem Chlor oder Chlorwasser arbeiten und dadurch die großen
Nachteile haben, die mit der Verwendung von Chlor in diesem Zustand und der im Lauf
der Behandlung gebildeten ziemlich starken Salzsäure verbunden sind, vermeidet das
vorliegende Verfahren alle diese übelstände durch Verwendung von Chlor in Form von
sehr schwachen Hypochloritlösungen. Diese.Hypochloritlösungen sind infolge ihres
sehr geringen Gehalts an Chlor für die Faser und die dafür in Frage kommende Vorrichtung
so gut wie unschädlich rund bilden nach ihrer Einwirkung auf das Fasergut und Wasser
nur noch völlig unschädliche, sehr schwache Lösungen von Kochsalz bzw. Chlorcalcium,
während alle aus dem Faserstoff zu entfernenden Inkrusten sich ,ausschließlich in
der alkalischen Behandlungsflüssigkeit lösen und in sehr einfacher Weise durch Neutralisation
mittels Salzsäure oder der Kohlensäure .der Luft bei gleichzeitigem Erhitzen auf
6o bis 8o° ausgefällt und durch geeignete Vorrichtungen, wie Filterpressen, entfernt
werden. Die-so von den Inkrusten befreiten Ablaugen enthalten dann nur noch geringe
Mengen von Kochsalz bzw. Chlorcalcium bzw. Soda und werden zweckmäßig bei der Herstellung
der im Fabrikationsgang verwendeten Sodalösung verwendet, also nicht in die Wasser-
Läufe
abgelassen, trotzdem auch dieses ohne Bedenken geschehen könnte.
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Es ist zwar schon vorgeschlagen, Torf und ähnliche, -nur geringe Cellülosemengen
enthaltende Produkte der wechselweisen Wirkung von alkalischen Bädern und chlorierenden
Flüssigkeiten zu unterwerfen, eine Arbeitsweise, die später jedoch zugunsten einer
Behandlung des Materials mit verdünnter Natronlauge unter gleichzeitigem Einleiten
von Chlor ,aufgegeben worden ist. Ebenso ist auch sonst .schon die aufeinanderfolgende
Behandlung von Zellstoff enthaltendem Rohmaterial mit Lösungen von Laugen oder Säuren
und Oxydationsmitteln - vorgeschlagen worden sowie schließlich ,auch das Einleiten
von gasförmigem Chlor in die mit verdünnten oxydierenden Flüssigkeiten, wie Hypochlorit,
beschickte Vorrichtung.
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Allen diesen Verfahren fehlt jedoch die Erkenntnis, ,auf der das vorliegende
Verfahren beruht, daß .es nämlich möglich ist, die inkrustierenden Substanzen von
cellulosebaltigen -Substanzen, insbesondere von Gräsern, bereits durch eine unvollständige
Behandlung mit Oxydationsmitteln, beispielsweise mit Hypochlorit, löslich und hierdurch
von der Cellulose ,abtrennbar zu machen.
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Dieser Umstand war auch der Hauptgrund dafür, weshalb diese oxydierenden
Behandlungen cellulosehaltiger- Materialien bisher praktisch kaum eine Anwendung
gefunden haben, weil der =Verbrauch an Chemikalien gegenüber den sonst bekannten
Aufschlußmitteln in wirtschaftlicher Hinsicht gegen. diese bekannten Verfahren nicht
aufkommen konnte. Erst durch die wesentliche Verminderung der anzuwendenden Chemikalien
gemäß der vorliegenden Erfindung wird nun diese Schwierigkeit behoben und ein hinsichtlich
der Menge der entstehenden Abwässer und der entstehenden Abfallprodukte wesentlich
verbessertes Verfahren praktisch durchführbar gestaltet.
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Beispiel Der Rohfaserstoff, beispielsweise Holz, wird zunächst in
üblicher Weise mit Maschinen, wie Schäl- und Hackmaschinen, bearbeitet und zerkleinert.
Dann werden diese Hack-, Hobel-, Schäl- oder sonstigen Späne mit so viel einer 1/2
bis i %igen Natron- oder Soda,-lauge übergössen, daß auch nach Durchtränkung des
Holzes mit -derselben noch überschüssige Lauge über dem Holze steht; also mit mehr
Lauge als unbedingt zur völligen Durchtränkung des Holzes ,erforderlich ist, und
bis zur völligen Durchtränkung es Holzes mit der Lauge darin belassen, was je nach
der Stärke und Art der Holzstücke verschieden lange .dauert, aber meist in 12 bis
2q. Stunden beendet ist. Die mit der unter Umständen zweckmäßig auf -etwa 5o bis
6o° erwärmten Lauge getränkten Holzstückchen werden nun in einem Kollergang, Stampf-oder
Quetschwerk weiter zerkleinert, und zwar möglichst gleichmäßig und bis zu einer
Dicke von nicht mehr als 45 bis 2 mm. Die so fein zerkleinerte Holzmasse wird dann
in einem Mahlholländer, einer Jördanmühle oder einem Zerfaserer mit 1/2 bis i %iger
Natron-oder Sodaläuge bei möglichst hoher Temperatur, also- möglichst- nahe der
Siedetemperatur, chemisch und mechanisch zugleich weiterbehandelt und zerfasert,
und zwar bis zur völlig gleichmäßigen Weichheit und Zerfaserung aller Teile.
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Hierauf wird die Behandlungsflüssigkeit von dem Stoffe ,abgetrennt
und aus dem Stoff ausgewaschen, was zweckmäßig in Säugrührbütteri und folgendermaßen
geschieht: Es wird der gesamte Inhalt des Mahlholländers in die Saugrührbütte eingelassen
und durch den unteren Stutzen die Lauge abgesaugt: Nun wird .durch 'denselben unteren
Stutzen f (Abb. i) zweckmäßig warmes Waschwasser in die Bütte gedrückt, das Rührwerk
d angestellt, der Stoff dadurch schnell mit dem Waschwasser vermischt und
letzteres dann wieder wie vorhin,durch f abgesaugt. Das Auswaschen .erfolgt bis
zum Verschwinden der alkalischen Reaktion und der Gelbfärbung des Waschwassers.
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Dann wird so viel Wasser von 35 bis 4.ö° von unten durch? f @n idie
Bütte gedrückt, daß eine ,gute und schnelle Durchmischung der Stoffaufschlämmung
durch die nun zuzusetzende Ca- oder Na-Hypochloritlösung gewährleistet ist, wozu
eine Stoffdichte von 3 bis 6% am besten geeignet ist. In den durch .das Rührwerkd
energisch durchgerührten Stoff wird nun die berechnete Menge von Oxydationsmitteln,
wie Chlor, in Form von Hypochloritlauge mit ?/2 bis i % aktivem Chlor in Portionen,
und zwar gleichzeitig an verschiedenen Stellen, d. h. oben, in der Mitte iund unten,
hineingedrückt und die Temperatur der Stoffmasse bei 35 bis q.0° gehalten. Die Wirkung
des Hypochlorits wird dabei beschleunigt durch Bestrahlung des Bütteninhalts mit
Ultrastrahlen einer oder mehrerer Quarzlampen.
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Zur völligen Aufschließung der so verschiedenartig verholzten Faserstoffe
sind dementsprechend verschiedene Mengen Alkali und Chlor erforderlich, die sich
in ihrer Wirkung ergänzen. Bei Holz genügen im allgemeinen je 8 bis i2%, gegebenenfalls
auch. weniger; bei weniger verholzten Fasern natürlich noch weniger. Nach kurzer,
meist nur 5 bis 30 Minuten langer Einwirkung der Hypochloritlaugen ,auf die
Stoffmasse ist der ursprünglich
vom Alkali braun gefärbte Stoff
ganz hell, fast weiß geworden und zeigt dadurch seine Aufschließung an. Dann wird
das Rührwerk :abgestellt, die Behandlungsflüssigkeit durch den unteren Stutzen f
der Bütte abgesaugt -und der Stoff, wie oben, mit möglichst warmem Wasser ausgewaschen.
Das Waschwasser wird abgesaugt und der Stoff nochmals in der Bütte, wie oben, mit
1/2- bis i o/oiger Natron- oder Sodalauge bei ,annähernd i oo° behandelt und so
die durch das Chlor löslich gemachten restlichen Inkrusten herausgelöst. Hierzu
kann zweckmäßig die erste alkalische Behandlungsflüssigkeit benutzt werden, denen
Alkali,gehalt notfalls auf 1/2 bis i % durch frischen Alkalizusatz ergänzt ist,
meist aber an sich dazu genügt. Der helle Stoff färbt sich dabei wieder braun oder
braungelblich und wird schließlich etwa in 1/2 bis i Stunde von dem Alkali, wie
oben, getrennt und mit warmem Wasser ausgewaschen.
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Dann ist der ungebleichte Zellstoff in der Hauptsache fertig und muß
nur noch nach oder schon während der einzelnen Stadien der obigen Behandlung .durch
Verfeinerung, Zerfaserung und Reinigung in Sortierern, Zerfaserern, Sandfang usw.
raffiniert werden, um zur Bleichung oder Entwässerung. bzw. zum Versand fertig zu
werden.
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Zur Raffinierung des Zellstoffs schaltet man zweckmäßig Knotenfänger,
Zerfaserer, Raffineure, Kegelstoffmühlen, Stabmühlen, Sortierer, Sandfänge oder
sonstige dafür gebräuchliche Maschinen sinngemäß in den obigen Gang des Verfahrens
ein, beispielsweise zwischen der ersten alkalischen Behandlung und derjenigen mit
Hypochlorit wie auch zwischen letzterer und der zweiten alkalischen Behandlung,
notfalls auch nach der letzteren.
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Dazu sei bemerkt, daß auch der ungebleichte Zellstoff schon eine ziemlich
helle Farbe hat, erheblich heller als ungebleichter Sulfit- oder Natronzellstoff
und daher auch nur erheblich weniger Bleichmittel und kürzere Zeit zur Erzielung
eines noch höheren Weißgrades benötigt.
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Das ganze Verfahren ist so einfach und schnell durchführbar, es kann
auch kontinuierlich ausgeführt werden.
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Da nach dem Verfahren das Holz in sehr stark zerkleinertem Zustand
verarbeitet wird, eignet es sich auch besonders für die Verarbeitung von Holzabfällen
aller Art.
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Die Unschädlichkeit bzw. Unschädlichmachung der anfallenden Ablaugen
und Waschwässer ergibt sich aus folgendem: A. Die Ablauge und Waschwässer von der
Hypochloritbehandlung enthalten an sich keine den Flüssen irgendwie schädlichen
Stoffe, sondern nur Kochsalz bzw. Calciumchlorid in -sehr großer Verdünnung. Sie
könnten also ohne Bedenken in die Flüsse abgeleitet werden. Aber da sie eben nur
Kochsalz enthalten und gerade dieses für die Alkalichloridelektrolyse, die zweckmäßig
unmittelbar mit der Zellstoffabrik verbunden ist und dieser die von ihr benötigten
Chemikalien liefert, gebraucht wird, ist es unbedingt geboten, diese kostenlos anfallenden
Kochsalzlösungen zur Herstellung der in der Elektrolyse benötigten. stärkeren Kochsalzlösungen
mit zu verwenden.
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B. Die Ablaugen und Waschwässer vor der alkalischen Behandlung enthalten
dagegen sämtliche .aus dem Rohmaterial herausgelösten Inkrust@en und müssen von
ihnen befreit werden, ehe sie in die Flüsse .abgeleitet werden. Diese Abtrennung
der in den Laugen und alkalischen Abwässern gelösten Beimengungen oder Begleitstoffe
der Cellulose von der Flüssigkeit geschieht folgendermaßen Zunächst wird das freie
Alkali der Laugen und Abwässer, die übrigens gegebenenfalls nach Zusatz von Alkali,
mehrmals zur alkalischen Behandlung der Rohstoffe verwendet werden können, durch
Säure neutralisiert, sodann wird bei 6o bis 8o° Luft durchgeleitet. Durch die Kohlensäure
der Luft werden die vorhandenen lockeren Verbindungen der Inkrusten mit dem Alkali
zerstört, die Inkrusten fallen als solche in flockiger oder kristalliner Form aus
und können, etwa durch Filterpressen, von der Flüssigkeit getrennt werden. Es verbleibt
in der Hauptsache Sodalösung, die noch geringe Mengen Kochsalz enthält. Diese selbstverständlich
sehr verdünnte Sodalösung wird wieder in den Betrieb hineingenommen und zweckmäßig
zur Herstellung frischer Sodalösung oder nach Kaustifizierung in der üblichen Weise
von Natronlauge benutzt.
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Es brauchen also überhaupt keinerlei Ablaugen und Abwässer in die
Flüsse abgeleitet zu werden. Die zunächst ,anfallenden Ablaugen und Abwässer können
,aber ohne jede Bedenken ;auch restlos in Flüsse ,abgelassen werden, da sie unschädlich
sind.