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Verfahren zur Erhöhung der Begießgeschwindigkeit von photographischen
Halogensilber-Gelatine-Emulsionen Die Erfindung bezieht sich auf das Erhöhen der
Begießgeschw indigkeit von photographischen Halogensilber-Gelatine-Emulsionen, die
diffusionsfeste Farbkuppler enthalten, durch Erniedrigen der Viskosität. Wäßrige
Lösungen solcher Farbkuppler haben seifenartigen Charakter, d. h., die Farbkupplermoleküle
sind nicht molekular, sondern in Form von Kolloidmizellen gelöst. Bei der Zufügung
solcher diffusionsfester Kuppler zu Halogensilber-Gelatine-Emulsionen treten Viskositätserhöhungen
auf, die durch Wechselwirkungen der molekularen Kräfte der Farbkuppler mit den Gelatinemolekülen
verursacht werden. Solche Viskositätserhöhungen sind unerwünscht, da sie, um die
nur wenige [, dicken Emulsionsschichten auf die Unterlage auftragen zu können, durch
Zugabe großer Wassermengen zu den Emulsionen oder durch sehr langsames Begießen
der Film-, Papier- oder sonstigen Unterlagen ausgeglichen werden müssen. Beide Methoden
sind unwirtschaftlich. Während die zweite Methode eine starke Verlängerung der Fabrikationsdauer
mit sich bringt, ist die erstere durch die schlechte Erstarrung und die Verlängerung
der Erstarrungszeit solcher verdünnter Lösungen, durch das geringe Tragvermögen
der verdünnten Gelatine für die lichtempfindlichen Silbersalze, Pigmente usw. sowie
durch die Notwendigkeit, diese großen zugesetzten Wassermengen unter Aufwand erheblicher
Energiemengen durch Trocknen wieder entfernen zu müssen, und außerdem zur Vermeidung
von Begußungleichmäßigkeiten nur in beschränktem Umfange anwendbar.
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Die Nachteile lassen sich erfindungsgemäß dadurch vermeiden, daß man
den Emulsionen Substanzen zusetzt, die mindestens eine Ammonium- oder Aminogruppe
aufweisen und eine elektroviskose Wirkung hervorrufen.
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Es ist aus der Literatur bekannt, daß die Viskosität, besonders diejenige
von Hydrosolen, äußerst abhängig von Zusätzen ist. Schon geringe Mengen von Elektrolyten
rufen eine starke Viskositätserniedrigung hervor, die als »elektroviskoser Effekt«
bezeichnet wird. Bekannt ist ferner, daß z. B. Seifensole bei Zusatz von bestimmten
Salzen ein ausgesprochenes Viskositätsniinimum durchlaufen. Auch Organosole und
Hydrosole synthetischer Polymere, z. B. von Polyacrylsäure, zeigen solche elektroviskosen
Erscheinungen. Ausgeprägte Effekte dieser Art treten beim Zusatz von Erdalkalisalzen
zu Agarsolen, von Natriumsalzen zu Natriumpalmitat- oder Natriumlauratsolen auf.
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Bisher nicht bekannt und auch nicht zu erwarten war, daß man die Viskosität
farbkupplerhaltiger Gelatinesole durch Zusatz bestimmter Verbindungen mit Hilfe
des elektroviskosen Effektes erniedrigen kann. Worauf diese Erscheinung zurückzuführen
ist, bedarf noch der Klärung. Wahrscheinlich spielt die durch intermizellare Wasserabspaltung
bewirkte Solvatationsänderung eine entscheidende Rolle und führt so zur Desaggregation
oder Hemmung der Bildung von Addukten zwischen. Farbkuppler und den Gelatinemizellen.
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Zu den erfindungsgemäß zur Anwendung kommenden Substanzen gehören
insbesondere die Ammonium= salze anorganischer Säuren, z. B. Ammoniumsulfat, Ammoniumchlorid
und Ammoniumnitrat. Vorteilhaft sind auch die wasserlöslichen Ammoniumsalze aliphatischer
organischer Säuren, wie z. B. der Ameisensäure, Essigsäure, Buttersäure und Valeriansäure.
Die viskositätserniedrigendeWirkungnimmt mit steigender Kettenlänge ab. Der Effekt
gemäß der Erfindung wird auch durch wasserlösliche Ammo:niumsalze aromatischer Säuren
erreicht, z. B. Aminobenzoesäuren oder Salizylsäure. Ferner geben den erfindungsgemäßen
Effekt beispielsweise Aminosäuren, außerdem photographisch inaktive Hydrolysate
von Proteinen, insbesondere von Gelatine, auch Verbindungen solcher Hydrolysate
z. B. mit Fettsäurechloriden oder Athylenoxyd. Gute Wirkungen werden auch durch
den Zusatz von Guanidinsalzen und deren Derivaten erzielt. Auch Gemische der genannten
Substanzen kommen in Frage.
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Die Halogensilber-Gelatine-Emulsionen können Farbkuppler verschiedenster
Art enthalten, wie sie unter anderem auch im BIOS-Bericht 1355, S. 72/73, und FIAT
Final Report Nr. 943, S. 66 bis 68, beschrieben worden sind.
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Die Substanzen werden der photographischen Emulsion vor dem Vergießen
einverleibt, und zwar in einer Menge von etwa 1 bis 5 g auf 1 kg Emulsion.
-Man
hat bereits Gallensäuren bzw. deren Derivate photographischen, Farbkuppler enthaltenden
Emulsionen zugesetzt. Diese Substanzen bringen jedoch nicht den elektroviskosen
Effekt hervor, sondern die Viskositätserniedrigung beruht auf einer Erhöhung der
Löslichkeit der Farbkuppler. Im übrigen sind sie praktisch nicht anwendbar, weil
sie die Diffusionsfestigkeit der Farbkuppler aufheben.
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Man hat auch schon Gelatinelösungen und photographischen Emulsionen
Aminosäuren oder Gelatinehvdrolysate zugesetzt. Diese Substanzen sollen die Erhöhung
der Konzentration unlöslicher Metallsalze, insbesondere Silbersalze von Farbkupplern,
bewirken, welche normalerweise ausfallen oder mit der Gelatine koagulieren, wodurch
Gelatinekonzentrationen von 3 oder 411/o erzielt werden können. Bei den Farbfilmemulsionen,
auf die sich das Verfahren nach der Erfindung bezieht, liegen jedoch keine unlöslichen
Metallsalze von Kupplern vor; auch ist die Erzielung einer Gelatinekonzentration
von 3 bis 411/o unzureichend.
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Es ist auch bekannt, die Viskosität wäßriger Gelatinelösungen durch
eine Vorbehandlung mit niedrigmolekularen Alkylaminen (wie z. B. Monomethylamin,
Äthylamin, Dimethylamin, Diäthylamin) unter gleichzeitiger Einstellung des pH-Wertes
auf 8,5 bis 10,5 durch Zugabe eines Puffers, z. B. von Ammoniumsalzen anorganischer
oder organischer Säuren, herabzusetzen. Wenn man dieses Verfahren jedoch auf photographische
Gelatineemulsionen anwendet, sind die erzielten Effekte völlig unbefriedigend, bzw.
sie werden durch sehr unangenehme Verluste an Gallertfestigkeit, Herabsetzung des
Schmelzpunktes und Erhöhung der Erstarrungszeit erkauft. Es handelt sich dort um
die Wirkungen, die einfach durch den alkalischen Gelatineabbau erzielt werden. Außerdem
gehören die genannten Alkylamine nicht zu den elektroviskos wirksamen Substanzen.
Hinzu kommt, daß es sich erfindungsgemäß um Farbkuppler enthaltende Emulsionen handelt.
Daher können auch die genannten Ammoniumsalze die Wirkung gemäß der Erfindung nicht
hervorrufen.
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Zur näheren Erläuterung der Wirkung des Verfahrens nach der Erfindung
dient folgende Zusammenstellung. Aufgeführt ist eine Reihe von Substanzen, die der
gleichen photographischen farbkupplerhaltigen Emulsion zugesetzt worden sind, und
zwar auf 1 kg Emulsion 25 ml einer wäßrigen 20o/oigen Substanzlösung bzw. -aufschlämmung.
Die Viskosität der Emulsion, gemessen mit ein und demselben Gerät, betrug ohne Substanzzusatz
580 (Auslaufzeit in Sekunden). Die angegebenen Zahlen sind die Auslaufzeiten nach
dem Zusatz der Substanz.
Ammoniumsulfat .. 200 Gelatinehydrolysat 215 |
Ammoniumchlorid.. 340 Haarhydrolysat .... 250 |
Ammoniumnitrat .. 380 Proteinhydrolysat, |
Ammoniumformiat 248 mit Fettsäure- |
Ammoniumacetat . . 253 chlorid umgesetzt 325 |
Ammoniumpropionat 256 Glykokoll ......... 270 |
Ammoniumbutyrat 260 a-Aminocapronsäure 220 |
Ammoniumcaprylat 265 Cystin ... .. ....... 225 |
Ammoniumvalerianat 290 C_, stein . . . . . . . . . . . . 230 |
Guanidinnitrat .... 165 |
Beispiel 1 1 kg einer N-Octadecyl-(oxy-ß-naphthoyl)-amin-3,5-dicarboxybenzol (Abhandlung
von J. J. Lewkoj ew, J. M. Friedemann, W.
S. Tschelzow, J. J. Scheb e r s
t o w in »Fortschritt der wissenschaftlichen Photographie« [russ.], Bd. IV, 1955)
als Farbkuppler enthaltenden photographischen Halogensilber-Gelatine-Emulsion, verdünnt
mit 1 kg Wasser, wird mit 2,5 g Ammonsulfat versetzt. Das Gemisch wird gut verrührt
und wie üblich vergossen. Die Viskosität, die vor dem Zusatz der Substanz 28,1 cP
betrug, wird durch den Zusatz auf 14,8 cP herabgedrückt. Beispiel 2 Man verfährt
wie im Beispiel 1. An Stelle von 2,5 g Ammonsulfat werden 2 g a-Aminocapronsäure
zugesetzt. Die Viskosität sinkt auf 14,7 cP herab. Beispiel 3 1 kg einer den Farbkuppler
Kö 308 (BIOS-Bericht 1355, S. 72 und 73) enthaltenden photographischen Halogensilber-Gelatine-Emulsion,
verdünnt mit 1 kg Wasser, wird mit 3,0 g Cystin versetzt. Die Viskosität des gut
verrührten und wie üblich vergossenen Gemisches, die vor dem Zusatz der Substanz
26,0 cP betrug, wird durch den Zusatz auf 16,2 cP herabgedrückt. Beispiel 4 Man
verfährt wie im Beispiel 1. An Stelle von 2,5 g Ammonsulfat werden 3 g Gelatinehydrolysat
zugesetzt. Die Viskosität sinkt auf 16,2 cP.
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Das Gelatinehydrolysat ist wie folgt hergestellt worden: Man quillt
200 Teile einer reifungskörperarmen Gelatine in 600 Teilen konzentrierter Salzsäure
einige Stunden und kocht dann das Gemisch etwa 5 Stunden am Rückflußkühler.Das entstandeneHydrolysat
reinigt man zweckmäßigerweise mit Aktivkohle, filtriert von der Kohle ab und dampft
aus dem Filtrat die überschüssige Salzsäure im Vakuum ab. Das zurückbleibende zähe,
sirupähnliche Gelatinehydrolysat wird mit heißem Wasser aufgenommen, mit Ammoniak
neutralisiert und unter Zugabe eines Desinfektionsmittels zu einer 20n/oigen Gebrauchslösung
verdünnt. Beispiel 5 1 kg einer den Farbkuppler F 654 (FIAT Final Report Nr. 943,
S. 66 bis 68) enthaltenden photographischen Halogensilber-Gelatine-Emulsion, verdünnt
mit 1 kg Wasser, wird mit 2,5 g Ammoniumformiat versetzt. Die Viskosität des gut
verrührten und wie üblich vergossenen Gemisches, die vor dem Zusatz der Substanz
20,0 cP betrug, wird durch den Zusatz auf 9,9 cP gesenkt. Beispiel 6 1 kg einer
den Farbkuppler F 546 (FIAT, a. a. O.) enthaltenden photographischen Halogensilber-Gelatine-Emulsion,
verdünnt mit 1 kg Wasser, wird mit 2,0 g Guanidinnitrat versetzt. Die Viskosität
des gut verrührten und wie üblich vergossenen Gemisches, die vor dem Zusatz der
Substanz 20,6 eP betrug, wird durch den Zusatz auf 12,8 cP gesenkt.