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Verfahren zur Entparaffinierung von Schmierölen Es ist bekannt, daß
Harnstoff die Eigenschaft hat, in sein Kristallgitter Moleküle organischer Verbindungen
einzubauen und festzuhalten, wenn deren Kohlenstoffatomza'hl ein Minimum überschreitet
(im allgemeinen fünf) und wenn die Bindungen der Atome linear, nicht verzweigt oder
ringförmig sind, Um diese Einlagerung zu bewirken, ist es im allgemeinen unwesentlich,
zumindest vom Standpunkt der Qualität aus, ob man festen oder gelösten Harnstoff
mit der anzulagernden Substanz in Berührung bringt. Im letzten Fall, auch wenn man
von einem flüssigen - homogenen oder mehrphasigen -- System ausgeht, bilden sich
bei gleichartigen Arbeitsbedingungen Kristalle der Verbindungen.
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Das Gebiet der thermischen Beständigkeit solcher Verbindungen, wenn
auch variabel mit der Molekülgröße der Nichtharnstoffkomponente und nach der chemischen
Gruppe, zu der sie gehört, ist im allgemeinen adäquat, wie wenn die Bildung bei
gewöhnlicher oder nur wenig davon verschiedener Temperatur stattfände. Normalerweise
arbeitet man bei gewöhnlichem Druck. Zerstört man unter bestimmten Bedingungen (z.
B. durch Lösen in Wasser) das Kristalltraggerüst, so zerfallen die erwähnten Verbindungen;
man kann so den Harnstoff für neue Verwendung wiedergewinnen und andererseits die
Stoffe gewinnen, die eingelagert wurden.
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Diese Einschließung oder dieses Eindringen von organischen linearen
Verbindungen in den Harnstoffkristall ist zwar nicht völlig selektiv, so daß auch
Verbindungen mit leicht verzweigtem Molekül mit Harnstoff gleichartige Verbindungen
bilden können. Doch genügt sie, um so aus einem komplexen Gemisch die aliphatischen
Komponenten normaler Struktur mit erhöhter Reinheit zu extrahieren, schon in einer
ersten Stufe; eine Reinheit, die man steigern kann, wenn man den ersten Extrakt
nach Zerlegung weiteren Behandlungen mit Harnstoff unterwirft.
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Diese hier nur allgemein erwähnten Tatsachen hat erstmalig Dr. Bengen,
Deutschland; beobachtet.
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Die eingehende Untersuchung der Eigenschaft des Harnstoffes führte
zu zahlreichen Veröffentlichungen, von denen zu erwähnen sind die von Z i m m e
r s c h i e d (Ind. Eng. Chern., Juli 1950), Bailey (Erdölkongreß 1951), Hopp (Ind.
Eng. Chem., Januar 1953) und Sch 1 e n k (Chimie et Industrie, März 1953). In Spanien
haben Martinez Moreno und seine Mitarbeiter im Instituto de la Grasa, Sevilla, schon
1950 (September) das Verhalten des Harnstoffes gegenüber Gemischen von G.lyceriden
und Fettsäuren untersucht.
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Die Anwendung der erwähnten Eigenschaft des Harnstoffes auf alle jene
Fälle, in denen ein organisches Gemisch von Stoffen mit verschiedenartiger Struktur
in einerseits alipha.tische normale Verbindungen und andererseits an Harnstoff nicht
anlagernde Verbindungen aufgespalten werden soll, verlangt grundsätzlich folgende
Maßnahmen: 1. Behandlung des Gemisches mit Harnstoff, um die festen, kristallinen
Addukte zu bilden.
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2. Reinigen der kristallinen Masse, wobei man aus ihr möglichst -die
Komponenten entfernt, die mit Harnstoff nicht reagiert haben.
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3. Zerlegung der Addukte in Harnstoff, der wieder verwendet werden
kann, und eingelagerte Verbinden, die einen Extrakt darstellen, der ausschließlich
oder vornehmlich aus normalen aliphatischen Verbindungen besteht.
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Erfindungsgemäß können Schmieröle mit sehr tiefem Stockpunkt, wie
man sie für verschiedene Zwecke benötigt (z. B. für Kältemaschinen), hergestellt
werden.
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Die Fortschritte d@°s Verfahrens bestehen in der dritten Stufe der
oben angegebenen Maßnahmen, wenn sie auch zum Teil die Folge der Art der Ausführung
der zwei vorhergehenden sind. Bisher arbeitete man in der dritten Stufe zur Zerlegung
der Addukte entweder in wässerigem Medium oder bei erhöhten Temperaturen (Schmelzen),
bei denen Harnstoff nicht beständig ist. Im ersteren Fall erfolgt Hydrolyse des
Harnstoffes unter Entstehung von NH3 und CO2. Andererseits führt der Weg, die Addukte
mit Wasser zu zerlegen und der Versuch, den Harnstoff zu lösen und darüber eine
Schicht von geschmolzenem Paraffin
zu erzeugen. nicht zu befriedigenden
Ergebnissen; denn man erhält so keine klare Lösung, sondern eine milchige Masse,
eine beständige Emulsion sowohl bei alkalischem wie saurem p$, die sich nicht zur
Rekristallisation des Harnstoffes in reiner Form eignet. Das heißt, um ein an sich
mangelhaftes Ergebnis zu erzielen, maß man ziemlich lange auf mindestens 70 bis
80' C erhitzen; hierbei stellen die Verluste an Harnstoff und die Abspaltung
von Ammoniak einen ernsthaften Nachteil dar. -Das Arbeiten in der dritten Stufe
in Abwesenheit von Wasser, jedoch bei genügend hoher Temperatur, um durch Schmelzen
das Kristalltraggerüst zu zerstören (und so die angelagerten Verbindungen in Freiheit
zu setzen), ist ebensowenig befriedigend, und es ist wünschenswert, diese Nachteile
auf ein Minimum zu beschränken; denn bekanntlich zersetzt sich Harnstoff (bei
132' C) mehr oder weniger stark beim Schmelzen.
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Auf Grund dieser Tatsachen wird in der dritten Stufe (und auch allgemein
während des Verfahrens) in Abwesenheit von Wasser gearbeitet und andererseits nicht
etwa svstematisch (d. h. während aller Maßnahmen der Wiedergewinnung des Harnstoffes)
die Kristalle der Addukte geschmolzen.
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Sobald die Adduktmasse gewaschen ist, um die noch anhaftenden, mit
Harnstoff nicht reagierenden und die Kristalle bedeckenden Verbindungen zu entfernen,
wird die Kristallmasse mit handelsüblichem Xylol bei 90 bis 100' C behandelt;
bei dieser Temperatur wird der Harnstoff praktisch nicht zersetzt. Hierbei extrahiert
das Xylol die im Harnstoffkristal.l eingeschlossenen Kohlenwaeserstoffe und es hinterbleibt
der Harnstoff in einer soldien Form, daß er erneut verwendet werden kann (nach Trocknen
und Wiedergewinnung des anhaftenden Xylols). Die Lösung des Paraffins im Xylol wird
durch Destillation fraktioniert.
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Dieses einfache Verfahren gibt zwar ausgezeichnete Ergebnisse, doch
kann man es nicht ausschließlich und beliebig anwenden. Es wurde beobachtet, daß
nach Ablauf einer gewissen Zahl von Ansätzen (mindestens sieben) der auf die angegebene
Weise regenerierte Harnstoff allmählich seine Aktivität verliert. Und dann muß man
das Kristallnetz durch Schmelzen zerstören, um es durch Rekristallisierung gründlich
zu erneuern. Hierzu - was also nur alle sieben bis zehn Wiederholungen des Entparaffinierungsprozesses
nötig ist, wird als Mittel, indem der Harnstoff bis zum Schmelzen erhitzt wird,
das gleiche paraffinhaltige Ausgangsöl (etwa 3 Gewichtsteile auf den zu regenerierenden
Harnstoff) benutzt. Zu dem auf 130 bis 135' C erwärmten
01 wird unter Rühren der in der Aktivität erschöpfte Harnstoff zugeführt
und weitergerührt, bis der Harnstoff schmilzt und sich absetzt (seine Dichte in
flüssigem Zustand ist erheblich größer als die des Öles). Beim Schmelzen geht aus
dem Harnstoff das in den Kristallen zurückgehaltene Paraffin in das öl über. Das
bedeutet keinen Nachteil, weil insgesamt die Ausbeute des Verfahrens sich wenig
vermindert. Im Gegenteil sind die Einfachheit des Verfährens und der Umstand, daß
hierfür kein neues Produkt benötigt wird, deutliche Vorteile.
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Das Öl wird abgetrennt und die Entparaffinierung in üblicher Weise
weitergeführt. Der geschmolzene Harnstoff wird in Wasser bei 40 bis 60' C
gelöst. Die so erhaltene Lösung ist nicht klar, weil mechanisch etwas
01 mitgerissen wird, das emulgiert bleibt; aber es genügt, den pH der leicht
alkalischen Lösung auf 4 bis 6 einzustellen, um die Emulsion zu brechen. Dann wird
die geringe obere Kohlenwasserstoffschicht dekantiert oder filtriert, und die transparente
Harnstofflösung wird durch Abkühlen auf gewöhnliche Temperatur kristallisiert. Die
Kristalle werden abgetrennt und getrocknet, und der Harnstoff weist gleiche Aktivität
wie anfangs auf. Die Kristallisationsmutterlaugen \verden in späteren Operationen
weiterverwendet.
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Mit diesem Verfahren der abwechselnden Extraktion und Schmelzung wird
die Zersetzung des Harnstoffes auf ein Mindestmaß verringert; ebenso auch die Schwierigkeiten.
die sich bei der Zersetzung der Ad-dukte von festem Paraffin und Harnstoff ergeben.
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Zur Erläuterung der Wirksamkeit des Verfahrens dienen die Ergebnisse
aus einer der vielen Versuchsreihen Ausgegangen wird von einem Schmieröl, das durch
Vakuumdestillation erhalten wird, mit einer Viskosität 50o C 13,6 cSt, Stockpunkt
+ 19' C. 200 Teile dieses Öles werden mit 100 Teilen Harnstoff behandelt,
die mit 5 Teilen Methanol befeuchtet sind. Rührdauer 1 Stunde bei gewöhnlicher Temperatur
(25o C). Hiernach wird filtriert und die Kristalle werden auf dem Filter mit Isooctan
nachgewaschen, wobei die Waschflüssigkeit mit dem filtrierten Öl vereinigt
wird. Aus der Flüssigkeit werden das Methanol und Isooctan durch Destillation wiedergewonnen
und aus dem öl die restlichen Lösungsmittelmengen mittels Wasserdampf ausgetrieben;
dabei wird ein Schmieröl erhalten, dessen Stockpunkt in der folgenden Tabelle angegeben
ist.
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Die Adduktmasse, durch Waschen vom
Öl befreit, wird bei
35' C getrocknet und dann '/E Stunde bei
90' C mit 200 Teilen Xylol
behandelt, filtriert, mit Xylol hei gewöhnlicher Temperatur einmal nachgewaschen
und das Waschxylol mit dem Filtrat vereinigt. Das Xylol wird durch Destillation
wiedergewonnen und aus dem Paraffin der Rest des Lösungsmittels mit Dampf ausgetrieben.
Der mit Xylol extrahierte Harnstoff wird bei
90' C getrocknet und wiederverwendet.
Diese Umsetzung wird siebenmal wiederholt. Die kleinen Verluste an Harnstoff, etwa
1°/o im Mittel, werden durch Zusatz von frischem Harnstoff bei jedem Ansatz ersetzt.
Ergebnisse der Versuchsreihe |
Nummer Entparaffiniertes öl Harnstoff Stockpunkt des Ules |
des Ansatzes Baräffin erhalten (Gewichtsteile) |
wiedergewonnen |
o C |
1 16 ( 183 99,4 I -22 |
2 15 183 98 -22 |
3 15 182 99 -20 |
4 16 182 97 -19 |
5 16 180 98 -18 |
6 15- 180 100 -17 |
7 .@3 181 102 -16 |
Nach sieben Ansätzen (wobei das Gemisch der hierbei erhaltenen
Öle einen Stockpunkt -18° C hatte), wird der Harnstoff nach zuvorigem Schmelzen
in paraffinhaltigem Öl und Auflösen in Wasser wie oben angegeben umkristallisiert
und kann zu einer weiteren Ansatzreihe mit gleichen Ergebnissen benutzt werden.
Die analytische Prüfung des Öles hinsichtlich des Stockpunktes genügt, um zu erkennen,
wann man an Stelle der normalen Extraktion des Harnstoffes mit Xylol die Maßnahme
des Schmelzens in 01 einschalten muß.
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Das vorstehend geschilderte Verfahren ist sowohl zum Entparaffinieren
von Schmierölen als auch als zusätzliches Verfahren zur Behandlung von Schmierölen,
die bereits nach anderen Methoden entparaffiniert sind und deren Stockpunkt man
noch merklich senken will, brauchbar. Ausgehend von einem mit Lösungsmitteln entparaffinierten
01 vom Stockpunkt -18°C wird nach dem erfindungsgemäßen Verfahren ein Schmieröl
vom Stockpunkt -45° C erhalten. Andererseits werden so tiefe Stockpunkte auch allein
mit Harnstoff erhalten, wenn seine Menge erhöht wird.
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Bei der Behandlung von wenig viskosen Schmierölen ist die Verwendung
von Verdünnungsmitteln nicht notwendig. Viskosere Schrnieröle werden zweckmäßig
in der ersten Stufe mit Isooctan verdünnt. Letzteres übt keinen hindernden Einfluß
auf die Bildung der Addukte aus und in dieser Verdünnung, von geringerer Viskosität,
ist die Einwirkung von Harnstoff auf die Kohlenwasserstoffmischung besser. Statt
Isooctan können andere flüssige Kohlenwasserstoffe mit verzweigter Kette und von
niederem Molgewicht verwendet werden.
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Es ist aus der deutschen Patentschrift 866 786 bekannt, daß die Zerlegung
der Komplexe durch Einwirkung eines Lösungsmittels für die frei gewordenen organischen
Verbindungen bewirkt wird; hierbei wird aber in Gegenwart von Wasser gearbeitet.
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Nach dem Verfahren gemäß deutscher Patentschrift 908 616 sowie der
USA.-Patentschrift 2 663 671 kann die Zerlegung des gewaschenen Komplexes mit Hilfe
eines Lösungsmittels, darunter auch Xylol, durchgeführt werden; es wird aber bei
diesen Verfahren das Addukt nicht getrocknet, sondern in Wasser zerlegt.
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Nach dem Verfahren der deutschen Patentschrift 865140 soll die Adduktbildung
aus Ko'hlenwasserstoffgemisch und wässeriger Harnstofflösung bei einem PH 6 bis
9 erfolgen; es wird also auch bei diesem Verfahren während des eigentlichen Entparaffinierungsvorganges
nicht unter Ausschluß von Wasser gearbeitet.