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Verfahren zur Herstellung von 4-Pregnen-11ß,17a,21-triol-3,20-dion
(Kendalls Verbindung F) und dessen Estern In letzter Zeit hat eine Anzahl von Steroiden
mit 11 ständiger Hydroxylgruppe als wichtige therapeutische Mittel bei der Behandlung
von Krankheiten Bedeutung erlangt. Zu diesen Steroiden gehört unter anderem 4-Pregnen-11p,17a,21-triol-3,20-dion
(Kendalls Verbindung F).
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Es ist bereits bekannt, diese Substanz durch biologische Oxydation
von 4-Pregnen-17a,21-diol-3,20-dion (Reichsteins Verbindung S) mit Hilfe eines oxydierenden
Organismus herzustellen.
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Erfindungsgemäß wird nun diese Oxydation mit Hilfe eines oder mehrerer
Fungi des Genus Botrytis durchgeführt.
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Reichsteins Verbindung S, 4-Pregnen-17a,21-diol-3,20-dion, ist ein
im Handel erhältliches Produkt, das aus Diosg-enin hergestellt wird, das seinerseits
in verschiedenen Species mexikanischer Yamswurzeln der Familie Dioscoreaceae vorkommt.
Das erfindungsgemäße Verfahren stellt, da dabei keine Nebenreaktionen auftreten
und hohe Ausbeuten erzielt werden, einen Fortschritt gegenüber den bekannten Methoden
zur Oxydation von Steroiden in 11-Stellung dar. Bei diesem Verfahren wird vorwiegend
die gewünschte Steroidverbindung erhalten, die leicht durch Extraktionsverfahren,
für die im folgenden Beispiele angegeben werden, gewonnen werden kann.
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Bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird ein Fungus
des Genus Botrytis, beispielsweise von Botrytis cinerea, Botrytis peoniae und/oder
von anderen Botrytis-Species in einem geeigneten Nährmedium aerob gezüchtet und
auf Substanz S oder einen Ester derselben, beispielsweise das Acetat, einwirken
gelassen. Während des Wachstums des Organismus wird unter günstigen Bedingungen
eine Hydroxylgruppe in die 11-SteIlung eingeführt. Der genaue Mechanismus dieser
Oxydation ist noch nicht geklärt, aber sie wird durch die von dem wachsenden Organismus
.erzeugten Enzyme bewirkt.
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Gewöhnlich wird ein großer Anteil des Mineralbedarfs der Gärung bereits
durch die Rohstoffe gedeckt, die als Kohlenstoff- und Stickstoffquellen verwendet
werden, oder sie sind in dein bei dem Verfahren verwendeten Wasser enthalten. Im
allgemeinen ist .es jedoch ratsam, die normalerweise vorhandenen Mineralien durch
zusätzliche Mengen zu ergänzen, um ein optimales Funguswachstu:m zu erzielen. Zu
den zweckmäßigerweise zugesetzten Kationen und Anionen gehören z. B. Phosphat, Sulfat,
Chorid, Natrium, Kalium, Magnesium, Eisen, Calcium, Kobalt und Mangan u. dgl.
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Das 11-Desoxysterod kann dem Medium entweder vor der -Beimpfung oder
1 oder 2 Tage danach zugesetzt werden. Die Fermentation wird dann über einen Zeitraum
von 1 bis 4 Tagen oder mehr geführt, um die Oxydation des Steroids zu bewirken.
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Zur Herstellung von Inokula werden 5 bis 10 ml steriles Wasser zum
Suspendieren des Oberflächenwachstums eines Reagenzglasschrägagars der Kultur verwendet.
Die erhaltene Suspension von Sporen und Mycel wird zum Beimpfen von zwei bis drei
100-ml-Anteilen des sterilen Mediums in 500-m.l-Erlenmeyerkolben verwendet, wie
in den folgenden Beispielen erläutert wird. Nach der Beimpfung werden diese Kolben
auf einer Schüttelmaschine mit Hin- und Herbewegung etwa 2 bis 4 Tage bei 21° C
inkubiert. Der Inhalt von zwei oder drei derartigen Kolben wird zum Beimpfen von
12l sterilem Medium in einer 20-1-Flasche verwendet.
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Fungi des Genus Botrytis wachsen bei allen Temperaturen zwischen 5
und 30° C, und es ist möglich, das Oxydationsverfahren innerhalb dieses Bereiches
durchzuführen. Temperaturen zwischen 15 und 28° C sind bevorzugt, und die Reaktion
wird gewöhnlich bei etwa 20° C durchgeführt.
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Die Belüftung der Gärung erfolgt mittels Durchpressen von steriler
Luft durch das Medium mit einer Geschwindigkeit von etwa:[/, bis 2 Volumina Luft
je Volumen des Mediums in der Minute. Um das Mycel
und andere unlösliche
Stoffe in Suspension zu halten, wird mechanisch bewegt. Entschäurriungsmittel, z.
B: Silicone, Glyceridöle u. dgl., können von Zeit zu Zeit und in den nötigen Mengen
zugesetzt werden.
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Das zu oxydierende Steroid wird als Lösung oder in feinverteilter
Form bei der Ferrnentation zugegeben. Eine bevorzugte Arbeitsweise besteht im Auflösen
des Steroids in Methanol oder anderen mit Wasser mischbaren Lösungsmitteln und darauffolgender
Zugabe zu dem Fermentatiönsmedium bei der gewünschten Verfahrensstufe. Das Steroid
kann bei einer derartigen Zugabe zwar aus derLösung ausfallen, es wird jedoch als
feine Suspension in dem gesamten Medium verteilt und steht so dem Organismus zur
Oxydation zur Verfügung. Die bei der Fermentation eingeführte Steroidmenge kann
in weiten Grenzen variieren, sie liegt jedoch im allgemeinen in der Größenordnung
von 1/1o bis 1 g je Liter Medium.
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Am Ende des Fermentationsv erfahrens wir das gewünschte 11-Oxysteroid
aus dem Fermentationsmedium nach der im folgenden beschriebenen Arbeitsweise gewonnen,
die am Beispiel einer Fermentation mit 10 ml beschrieben wird. Diese Arbeitsweise
ist allgemein anwendbar und kann zur Durchführung von Fermentationen in verschiedenstem
Umfang dienen.
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100 bis 150 ml Aceton werden zu 10 ml Gärflüssigkeit gegeben, und
die Mischung wird nach einigem Stehen bei Zimmertemperatur abfiltriert. Das Filtrat
wird unter vermindertem Drück eingeengt, bis kein Aceton mehr zurückbleibt (wäßriger
Rückstand 10 bis 15 ml). Dieser wäßrige Rückstand wird in einem Scheidetrichter
mit etwa- 100m1 Wasser versetzt. Die erhaltene wäßrige Lösung wird dann 4mal mit
je 20 ml Methylenchlorid extrahiert. Die vereinigten Extrakte werden 1mal mit 2o/oigeni
wäßrigem Natriumbicarbonat, das mit Natriumchlorid gesättigt ist, und dann 2mal
mit je etwa 50 ml gesättigter Natriumchloridlösung gewaschen. Die gewaschene Methylenchloridlösung
wird über wasserfreiem Magnesiumsulfat getrocknet und filtriert. Das Filtrat wird
auf einem Dampfbad bei Atmosphärendruck auf 3 bis 5 ml eingeengt, das Konzentrat
in ein 10-ml-Meßkölbchen übergeführt und mit Methylenchlorid aufgefüllt. Diese Lösung
wird zu der im folgenden beschriebenen Bestimmung des Steroidgehalts verwendet.
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Bei Fermentationen in größerem Maßstab kann das Rohprodukt oder können
die rohen Produkte aus der Gärflüssigkeit durch einfache Extraktion mit Lösungsmitteln
gewonnen werden, wobei man ein geeignetes, mit Wasser nicht mischbares Lösungsmittel,
z. B. chlorhaltige niedermolekulare Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Ester. Ketone
usw.; verwendet. Die weitere Reinigung und Trennung der Steroide aus den Extrakten
kann nach dem Fachmann geläufigen Arbeitsweisen erfolgen. Bei der Trennung von Steroidgemischen
ist häufig die Anwendung der Chromatographie erforderlich. Die Identifizierung der
in dem oben beschriebenen Extrakt der Gärlösung vorhandenen Steroide erfolgt durch
Papierstreifenchromatographie. Als Lösungsmittelsystem wird Wasser/ Methanol/Benzol
verwendet, das durch Schütteln von etwa 50% Wasser/50o/o Methanol mit Benzol in
einem Scheidetrichter und Warten bis zur Trennung der beiden Schichten hergestellt
wird. Ein Teil der unteren Schicht wird in einer offenen Schale auf den Boden eines
großen Glaszylinders gebracht. Die obere Schicht dient als mobile Phase -und wird
zum Auffüllen des Vorratstrogs innerhalb des Zylinders verwendet. Man stellt eine.
Standard-Steroidlösung her, indem man je 10 mg der folgenden Steroide in 10 ml Methylenchlorid
löst: Reichsteins Substanz S Cortison Hydrocortison 11-epi-Hydrocortison (Falls
zweckmäßig, können auch andere Steroide in die Standardlösung aufgenommen werden.)
Bei jeder Prüfung einer unbekannten Lösung wird gleichzeitig wenigstens eine Standard-Steroidlösung
chromatographiert. Genau 0,025 ml der Standard-Steroidlösung werden auf dem Papierstreifen
an der Anfangslinie etwa 10 cm vom oberen Ende des Streifens aufgebracht, das über
die Kanten des Trogs gefaltet und in die darin befindliche mobile Phase eingetaucht
wird. Der Streifen wird dann während 2 bis 4 Stunden bei 37° C entwickelt. In gleicher
Weise wird 0,1 ml der unbekannten Lösung auf einen anderen Streifen aufgebracht,
der dann in den gleichen Trog eingelegt und mit dem Steroid-Standardstreifen entwickelt
wird. Es ist möglich, viele Streifen gleichzeitig in diesem Trog zu entwickeln.
Nach ausreichender Entwicklung der Papierstreifen werden diese aus der Vorrichtung
entfernt und luftgetrocknet. Dann werden sie mit einer alkalischen Lösung von Tetrazoliumblau
besprüht, wodurch bei Steroiden mit einer Ketolseitenkette eine Farbe erzeugt wird.
Die farbentwickelten Streifen werden zu wenigstens einem Standardstreifen parallel
gelegt und ausgewertet. Die verschiedenen Steroide können auf Grund ihrer Lage auf
den Streifen ndentifiziert werden.
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Die folgenden Beispiele erläutern die Oxydation von Reichsteins Substanz
S und die Reinigung des erhaltenen Hydrocortisons.
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Beispiel 1
°/a |
Maisquellwasser ................... 1,25 |
Mannit ............................ 1,0 |
(N H4) 2 H P 04 .................... 0,2 |
K H2 P 04 . . . . . . . . . . . . . . ........... 0,15 |
K2 H P 04 ......................... 0,05 |
Mg S 04 - 7 H2 O ................... 0,025 |
Na Cl .............................. 0,2 |
Wisconsin-A-Z-Salzlösung ......... 0,1 |
Wasser zum Auffüllen |
pn 6,5 bis 7,0 |
12 1 des oben angegebenen Mediums, das 3 g Reichsteins Substanz S enthält, werden
nach dem Sterilisieren in einer 20-1-Flasche mit 200 ml eines 3tägigen Mycelwachstums
von Botrytis cinerea (Lederle Cultur Nr. N-51) beimpft. Die Fermentation wird bei
28° C 240 Stunden geführt; die Papierstreifenanalyse läßt erkennen, daß nach dieser
Zeit eine etwa 20o/oige Umwandlung zu Hydrocortison erfolgt ist.
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Das erhaltene Gärgemisch wird abfiltriert und das Mycel mit 2 1 Aceton
gewaschen. Dieser Extrakt wird mit der Gärflüssigkeit vereinigt und unter vermindertem
Druck vom Aceton befreit. Die Gärflüssigkeit wird dann 4mal mit je 2 1 Methylenchlorid
extrahiert, und die Extrakte werden nach Vereinigung 2mal mit gesättigter Salzlösung
gewaschen. Nach dem Trocknen über wasserfreiem Natriumsulfat wird der Extrakt unter
vermindertem Druck eingedampft und liefert 4 g eines öligen Rückstands.
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Der Rückstand wird dann in einem Teil der Lösungsmittelphase des Systems:
Essigsäureäthylester (4); Petroläther vom - Siedebereich 90 bis
100°
C (2), Methanol (3), Wasser (2), gelöst und in einer Säule, die aus 220 g Diatomeen:erde
und 110 g der wäßrigen Phase des oben angegebenen Systems besteht, getrennt. Die
das gewünschte Steroid enthaltenden Eluatfraktionen werden vereinigt und unter vermindertem
Druck zur Trockne eingedampft. Beim Kristallisieren des Rückstands aus Aceton/Petroläther
(60 bis 70° C) erhält man Kristalle vom F. = 213 bis 216° C; [a] = -!-162°
(Äthanol).
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ö Ultraviolettabsorption: >: !@'`;"""` = 240 bis 241 m[ (e = 16300).
Das Infrarotabsorptionsspektrum ist identisch mit dem einer authentischen Probe
von 4-Pregnen-11r),17a,21-triol-3,20-dion (Hvdrocortison). Beispiel 2 100 ml des
im Beispiel 1 beschriebenen Mediums werden in einem 500-ml-Erlenmeyerkolben mit
I ml einer Sporenstxspension von Botrytis cinerea (Lederle Culture 1\7r. N-51) beimpft,
die auf sogenanntem TSA-Agar gezüchtet wurde [TSA-Agar besteht aus 3% »Trypticase«-Sojabrühe
(Baltimore-Biological Laboratory Products, 4. Ausgabe, 1956), 5% Glycerin, 0,3%
Fleischextrakt und 1,5 % Agar]. Nach 58stündigem Schütteln bei 28° C wird 1 ml dieses
Inokulums zum Beimpfen von 100-ml-Schüttelrohren verwendet, die 10 ml steriles Medium,
wie im Beispiel 1 beschrieben, sowie 2 mg Reichsteins Substanz S enthalten. Ein
Rohr wird 96 Stunden bebrütet, wonach die Papierchromatogramme die Gegenwart von
etwa 1 ml Hydrocortison (50% Ausbeute) anzeigen. Beispiel 3
0/0 |
Dextrose (bekannt unter der Handels- |
bezeichnung Cerelose) . .. .. ....... 1,0 |
Hefeextrakt ....................... 0,1 |
Na C1 ............................. 0,25 |
Fleischextrakt ..................... 0,4 |
Pepton ............................ 0,4 |
pli Einstellung mit NaOH auf einen |
Wert von 7 |
12 1 des oben angegebenen Mediums werden in einer mit einem Rührer und Belüftungsvorrichtung
versehenen 20-1-Flasche mit 300 ml eines 3tägigen Mycelwachstums von Botrytis cinerea
(Lederle Culture Nr. N-51-61) beimpft. Die Fermentation wird bei 21' C geführt.
Vor der Behandlung im Autoklav werden 3 g Reichsteins Substanz S zugesetzt. Der
Fermentationsverlauf wird periodisch durch die beschriebene Papierstreifenprobe
verfolgt und, die Flasche nach 72 Stunden, als die Probe praktisch vollständige
Umwandlung von Reichsteins Substanz S anzeigte, abgeerntet.
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Nach einer wie im Beispiel 1 durchgeführten Aufarbeitung werden 7,92
g eines schmierigen Rückstands erhalten. Dieser Rückstand wird unter Verwendung
des Systems Essigsäureäthylester (3), Petroläther (2), Methanol (3), Wasser (2)
an Diatomeenerde getrennt und ergibt 2,2 g einer kristallinen festen Substanz. Durch
erneute Chromatographie dieser festen Substanz mit dem gleichen Verteilungssystem
werden 1,043 g des gewünschten Steroids, das im Bereich zwischen 200 und 216,5°
C schmilzt, erhalten. (Ausbeute 33,3%.) Durch Kristallisieren aus Ace:ton/Petroläther
wird die reine Verbindung F vom F. = 217 bis 218° C erhalten. Das Infrarotspektrum
ist mit dem einer authentischen Probe identisch. Beispiel 4 Bei einem weiteren Versuch
unter den im Beispiel 2 vergleichbaren Bedingungen unter Verwendung des im Beispiel
3 angegebenen Mediums wurde an Stelle von Reichsteins Substanz S das Acetat dieser
Verbindung verwendet und eine ähnliche Ausbeute von Hydrocortison erhalten, was
sich aus der chromatographischen Analyse ergab. Dabei wurde Botrytis cinerea (Lederle
Culture Nr. N-51-61) als Mikroorganismus verwendet und die Fermentation bei 21'
C geführt.