Verfahren zur Herstellung von Kunstleder. Bei der Herstellung von Kunstleder auf der Grundlage von tierischem Fasermaterial wird bisher im allgemeinen so verfahren, daB Haut- oder Lederabfälle durch geeignete Zerkleinerungsmaschinen zerfasert werden und der erhaltene Faserbrei unter Zusatz von Bindemitteln und geeigneten Weieh- machungsmitteln nach Art der Papierfabri kation zu Kunstlederplatten verarbeitet wird.
Als Bindemittel werden Gummi oder künst liche harzartige Polymerisationsprodukte in Form von Latex oder Emulsionen oder auch gelöst in geeigneten organischen Lösungs mitteln verwendet. Der Zusatz von derarti gen Bindemitteln ist erforderlich, um die Fasern miteinander zu verkleben. Durch die Anwendung von Bindemitteln und nament lich von synthetischen Produkten werden je doch diese Verfahren sehr verteuert.
Ausser dem werden vielfach Produkte erhalten, die sich durch ihre Luftundurchlässigkeit und ihren gummiartigen Charakter weitgehend von Leder unterscheiden. Es ist zwar schon vorgeschlagen worden, Lederabfälle von Warmblüterhäuten unter Zusatz von weichmachenden Ölen, Fetten und dergleichen in Wasser zu zerfasern und daraus ohne Zusatz von Bindemitteln kunst- lederartige Produkte herzustellen.
Es ist ferner bekannt, ungegerbte Häute bezw. Hautabfälle von Warmblütern zu zer fasern, zu gerben und gegebenenfalls nach Zusatz von faserigen oder pulverigen Füll stoffen sowie wasserfestmachenden fettenden Stoffen ohne Verwendung von Bindemitteln zu Kunstleder zu verpressen.
Alle diese Verfahren haben sich jedoch nicht bewährt, da die danach erhaltenen Produkte entweder nicht genügende Festig keit aufwiesen oder aber in bezug auf Weich heit und lederartige Eigenschaften nicht ent sprachen.
Die Erfindung betrifft nun ein Verfah ren zur Herstellung von Kunstleder und tierischen Fasern .ohne Zusatz von Binde mitteln durch Zerfaserung von tierischem Hautmaterial und Verarbeitung der Fasern zu kunstlederartigen Platten, das dadurch gekennzeichnet ist, dass man Fischmaterial verwendet. Dabei kann man sowohl gegerbte als auch ungegerbte Fischhäute sowie Ab fälle davon benutzen.
Das nach dem erfindungsgemässen Ver fahren so erhaltene Kunstleder weist, wie überraschenderweise festgestellt wurde, trotz des Fehlens von Bindemitteln, z. B. genü gende Festigkeit, Weichheit usw. auf. Die Kollagenfasern der Fischhaut unterscheiden sich in ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften grundlegend von denjenigen der Warmblüter. Sie sind vor allem feiner in ihrem Bau und besitzen, insbesondere auch nach der Gerbung, die Fähigkeit, sich weitgehend miteinander zu verfilzen.
Ausser dem ist die Faser in der Fischhaut nicht so stark verflochten; sie ist vielmehr ziemlich regelmässig kreuzweise nach Art eines Gewe bes angeordnet, so dass es beim Zerfasern auch gelingt, Fasern von grösserer Länge zu gewinnen. Auf Grund dieser Eigenschaften ist es, wie nicht vorauszusehen war, möglich, Kunstleder aus Fischhautfasern ohne An wendung eines Bindemittels herzustellen. Das Verfahren kann beispielsweise wie folgt durchgeführt werden.
Fischleder bezw. beliebig gegerbte Fisch hautabfälle - besonders geeignet sind auch die für die Lederherstellung weniger geeJ*g- neten minderwertigen Häute von kleineren Fischen - werden in einer geeigneten Zer kleinerungsmaschine, z. B. in einer Hammer schlagmühle, in Gegenwart .oder unter Zu fluss von Wasser zerfasert. Der erhaltene, mit Wasser gegebenenfalls noch verdünnte Faserbrei wird ohne weitere Zusätze bei spielsweise über eine Siebplatte unter An wendung von Vakuum abgesaugt.
Dabei ver filzen sich die Fischhautfasern so weit gehend, dass man eine Platte erhält, die be reits in feuchtem Zustand eine hohe Festig keit besitzt. Bei völligem Auftrocl.:nen wird diese noch ganz beträchtlich erhöht. Ferner können auch ungegerbte Fischläute oder Ab fälle davon zuerst zerfasert und dann vor der Verarbeitung mit mineralischen, vegeta bilischen, synthetischen Gerbstoffen, Sulfit- zelluloseextrakt oder Formaldehyd gegerbt werden.
Um zu vermeiden, dass die so erhaltenen Kunstlederplatten zu hart auftrocknen, was meist bei mineralisch gegerbten Fasern der Fall ist, werden sie zweckmässig nach dem Ablüften in halbfeuchtem Zustande mit. in der Lederindustrie üblichen Fettungs- oder Weichmachungsmitteln eingerieben und an der Luft getrocknet. Die Fettungsmittel kön nen auch gleich dem Faserbrei in Form von Emulsionen zugesetzt werden.
Nach einer eventuell noch vorgenommenen mechanischen Bearbeitung nach Art des in der Lederfabri kation üblichen Stollens werden die Kunst leder gewalzt oder gepresst und können dann in bekannter Weise durch Aufbringen eines farbigen Lacküberzuges, durch Einpressen einer Musterung usw. zugerichtet werden.
Um ein nicht zu hartes, lederartiges Auf trocknen zu gewährleisten, können die feuch ten Platten auch mit. in Wasser mischbaren organischen Lösungsmitteln, denen zweck mässig noch Weichhalter, wie Glycerin oder dergleichen zugesetzt sein können, bestrichen oder kurz darin eingehängt werden. Sie werden darauf abgelüftet, leicht abgeölt und getrocknet.
Auch durch Ablagern von Schwefel zwi schen den Fasern kann ein zu hartes Auf trocknen der Kunstlederplatten vermieden werden. Zu diesem Zweck wird dem Faser brei eine kolloidale Schwefellösung, wie sie beispielsweise durch Ansäuern einer Na- triumthiostzlfatlösung erhalten wird, ein verleibt oder man behandelt die fertigen feuchten, aber schon etwas angetrockneten Platten damit, indem man sie zum Beispiel einige Zeit in solche Lösungen einhängt.
Die Fähigkeit. der Fischhautfasern, sich miteinander zu verfilzen, wird auch nicht wesentlich beeinträchtigt, wenn dem Faser brei Papierfasern oder Haut- und Leder fasern höherer Tiere in nicht zu grossen Men gen zugemischt werden. Die Reissfestigkeit der nach dem Verfah ren der Erfindung hergestellten Kunstleder bewegt sich etwa zwischen 1,5-2,3 kg/mm'.
Weitere Ausführungsformen des Verfah rens seien noch in den folgenden Beispielen gegeben: <I>Beispiel 1:</I> Chromgegerbte Fischleder oder Abfälle davon, wie z. B. Abschnitte von Kabeljau-, Schellfischhaut und dergleichen, werden in einer Hammerschlagmühle unter Zufluss von Wasser zerfasert.
Der erhaltene Faserbrei wird mit so viel Wasser verdünnt, dass ein Liter davon etwa 5-l0 g Trockensubstanz i enthält,- und über einer Siebplatte unter Vakuum abgesaugt, wobei je nach der ge wünschten Dicke des herzustellenden Kunst- leders entsprechende Mengen verwendet wer den. Die Platte wird abgehoben, an der Luft oberflächlich getrocknet und mit einem Lederfett, z. B. einer Mischung von unsulfo- niertem und sulfoniertem Klauenöl, gefettet.
Nachdem das Fett eingezogen und die Platte aufgetrocknet ist, wird sie, gegebenenfalls nach Einschaltung einer mechanischen Be arbeitung, gewalzt und gepresst. Man erhält auf diese Weise weiche, biegsame Kunst leder von der gleichen Festigkeit wie sie mit Bindemitteln hergestellte Produkte aufwei sen. Statt der nachträglichen Fettung der trockenen Platten können die Fettstoffe dem Faserbrei von dem Absaugen in Form einer Emulsion zugegeben werden. Zweckmässig setzt man 10-149o, bezogen auf die Trok- kensubstanz, an Fettstoffen zu.
Dem aus Fischleder hergestellten Faser brei können auch vor der Verarbeitung mit Chrom- oder andern Gerbstoffen gegerbte Fasern von Häuten von Säugetieren in Men gen bis zu etwa. 30% zugemischt werden.
<I>Beispiel 2:</I> Chromgegerbte und mit Formaldehyd nachbehandelte Fischlederabfälle werden, wie im Beispiel 1 beschrieben, in einen Faser brei verwandelt und daraus, ohne irgend welche Zusätze, Kunstlederplatten herge stellt. Die Platten, werden an der Luft ober- flächlich getrocknet und dann etwa 1 Stunde in eine Lösung, die Aceton oder Alkohol und 570 Glycerin enthält, eingelegt. Nach dem Herausnehmen und Ablüften werden die Platten noch leicht abgeölt und nach dem Auftrocknen gewalzt.
<I>Beispiel 3:</I> Nach Beispiel 1 aus chromgegerbten Fischhautfasern unter Zusatz von 10-20% Papierfasern hergestellte Kunstlederplatten werden nach dem Ablüften und Antrocknen mit einer 10%igen Natriumthiosulfatlösung durchtränkt und danach zur Abscheidung des Schwefels in eine etwa 21/2 % ige Salz säurelösung gebracht. Nach dem Herausneh men werden die Platten abgelüftet, leicht ab geölt, getrocknet und gewalzt.
Statt der Nachbehandlung mit Schwefel kann dieser auch gleich der Fasersuspension beigemischt werden, indem man dem Brei eine ange säuerte Natriumthiosulfatlösung zusetzt. Die erhaltenen Platten werden wie nach Bei spiel 1 weiterbehandelt.