Verfahren zur Gewinnung von Morphin und Codein. Immer und immer wieder hat das Pro blem, die Opiumalkaloide statt aus dem ein getrockneten Milchsaft des Mohns unmittel bar aus der unreifen oder reifen Mohnpflanze zu gewinnen, die Forscher beschäftigt. Es sind auch bereits auf einige Verfahren zur Herstellung der Opiumalkaloide unmittelbar aus der Pflanze Patente ausgefolgt worden (Deutsche Patentschriften Nr. 232126, 524946, franz. Patentschrift Nr. 748308).
Wenn die fabrikmässige Morphingewin- nung unmittelbar aus der Pflanze bis jetzt nur vereinzelt durchgeführt wurde, erklärt sich dies aus den grossen Schwierigkeiten, welche die Verarbeitung der sehr geringe Mengen Alkaloid, dafür aber sehr grosse Men gen Verunreinigungen enthaltenden Auszüge verursacht. Bisher hat man die sehr ver dünnten Alkaloidlösungen stets eingedampft und die Verunreinigungen durch Ausfällung beseitigt. Die Umkehrung :
dieser Arbeits weise, nämlich die Extraktion der Alkaloide aus den verdünnten Lösungen, erschien un durchführbar und wurde noch von keiner Seite versucht, da man lästige Emulsions- bildungen und einen gleichzeitigen Übergang der Verunreinigungen mit .den Alkaloiden in das zur Extraktion verwendete organische Lösungsmittel annehmen musste.
Es wurde nun gefunden, dass die Extrak- tion der Alkaloide aus dem in .gewaltigem Überschuss vorhandenen wässerigen Lösungs mittel und die Abtrennung von den grossen Mengen Verunreinigungen mit geeigneten organischen Lösungsmitteln in technisch sehr ökonomischer und leicht durchführbarer 'Weise, gelingt, und dass, dabei Ausbeuten er zielt werden, welche diejenigen, die bisher mit technischen Verfahren erhalten worden sind, um ein Mehrfaches übertreffen.
Die wässerigen, wässerig-sauren oder wässerig-alkalischen Auszüge von unreifen oder reifen Mohnpflanzen oder Teilender selben werden :durch Zugabe von schwachen Alkalien, wie Natrium- oder Ammonium karbonat, oder von Säuren auf ein pH von ungefähr 9 eingestellt. Dadurch werden die als Salze in :der Lösung vorhandenen Alka- loide in die freien Basen übergeführt.
Aus der so vorbereiteten Lösung werden die Al kaloide mit organischen Lösungsmitteln, die Morphin und Codein lösen und leicht wieder freigeben, wie Chloroform, Butanol, Amyl- alkohol und dergleichen oder durch Mischun gen solcher Lösungsmittel extrahiert. Mor phin und Codein werden von den organischen Lösungsmitteln aufgenommen, ohne dass da bei eine lästige Emulsionsbildung entsteht oder wesentliche Mengen von Verunreinigun gen mitgehen.
Aus dem organischen Lösungs mittel können die Alkaloide in üblicher Weise, zum Beispiel durch Überführung in konzentrierte wässerige Alkaloidsalzlösung durch Ausrühren mit verdünnten Säuren und Fällung der Alkaloide leicht gewonnen wer den. Nach,dem Entzug der Alkaloide ist das organische Lösungsmittel nicht wesentlich verunreinigt, es kann ohne Destillation zur weiteren Extraktion Verwendung finden.
Da durch ist es möglich, die Alkaloide, trotzdem sie in sehr grosser Verdünnung vorliegen und trotzdem der Verteilungskoeffizient für Mor phin zwischen Wasser und organischem Lö- sungsmittel allgemein nicht besonders günstig ist, mit kleinen Mengen organischen Lösungs mitteln vollständig und in sehr wirtschaft licher Weise zu extrahieren.
Die viel höheren Ausbeuten, die mit dem neuen Verfahren erzielt werden, erklären sich dadurch, dass bei den bisher gebräuch lichen Methoden .durch das lange Eindamp fen und besonders durch Okklusion und Ad sorption bei der Fällung der Verunreinigun gen grosse Mengen von Alkaloiden verloren gehen, während beim vorliegenden Verfahren diese Verlustquellen vermieden werden.
<I>Beispiel Z: .</I>
6 Tonnen zerkleinertes, lufttrockenes Mohnstroh, das zu einem guten Teil aus Köp fen besteht, werden in .6 Ansätzen zu je einer Tonne mit Wasser im Gegenstrom, also nach dem Anreicherungsprinzip, ausgezogen. Die ungefähr 20 m3 betragende Lösung wird nach Einstellung mit Soda auf ein p$ von unge fähr 9 in einer Flüssigkeitsextraktionskolonne mit einer Mischung gleicher Volumen Bu- tanol und Benzol extrahiert.
Das aus der Kolonne abfliessende, mit .den Alkaloiden be ladene Extraktionsmittel leitet man durch wässerige Säure, welche die Alkoloide auf- nimmt, worauf die Butanolbenzolmischung zur Fortsetzung der Extraktion der wäs serigen Lösung benützt wird.
Die vollstän dige Überführung der Alkaloide aus dem wässerigen Pflanzenextrakt in die Säure lösung gelingt in weniger als 48 Stunden. Die saure Alkaloidlösung wird bei 50 mit Soda pulver auf ein p$ von ungefähr 9 gebracht und das dabei ausfallende Morphin vom Lö sungsmittel abgetrennt. Dem Filtrat entzieht man das Codein mit Benzol und reinigt es über das Sulfat.
Es werden auf diese Weise 34,6 kg trockenes Rohmorphin mit einem Ge halt von 83,87 % reiner wasserfreier Morphin base entsprechend 4,8.1 /oo der lufttrockenen Mohnpflanzen, sowie 1,2 kg wasserfreie Co deinbase erhalten. <I>Beispiel 2:</I> 1000 kg trockene, zerkleinerte Mohn pflanzen werden mit 7000 Liter Wasser ver rührt. Nach einigen Stunden setzt man 100 kg gelöschten Kalk zu und sorgt für gründliche Mischung.
Die Brühe reagiert sehr stark phenolphthalein-alkalisch. Es folgt die Filtration und anschliessend das Aus waschen .des Rückstandes, wobei die Filtrate getrennt aufgefangen und zum Ansetzen und Auswaschen einer zweiten Menge von 1000 kg verwendet werden.
Die getrennt gesammelten Filtrate werden, besonders wenn sie nicht so fort zur Aufarbeitung gelangen, mit ver dünnter Salz- oder Schwefelsäure auf Lack mus neutral oder schwach sauer gestellt. 6 solche 1000 kg-Ansätze geben eine Flüssig keitsmenge von etwa 25 m?. Durch Zusatz von wenig Salzsäure wird,die Alkaloidlösung schwach angesäuert und dann mit Sodapulver das pH der Lösung auf etwa 9 eingestellt.
Nach dem Abfiltrieren einer geringfügigen Calciumkarbonatausscheidung werden die Al kaloide durch Behandlung mit einer Mi schung von etwa je 1000 Liter Butanol und Benzol herausgelöst und wie in Beispiel 1 ge wonnen.
<I>Beispiel 3:</I> 10 kg Mohnköpfe werden nach dem im Deutschen Arzneibuch, 3. Ausgabe, Seite 277, beschriebenen Verfahren ausgezogen und die im Filtrate vorhandenen geringen Alkohol mengen im Vakuum abgedampft. Das pn der wässerigen Lösung wird hernach durch Zusatz von Ammoniumkarbonat auf etwa 9 eingestellt und die Morphin- und Codeinbase mit Amylalkohol ausgezogen. Die Überfüh rung des Morphins und Codeins aus .dem organischen Lösungsmittel in verdünnte wäs serige Säurelösung und die Isolierung der reinen Alkaloide geschieht in bekannter Weise.
<I>Beispiel</I> .4: 1000 kg zerkleinerte, naturfeuchte, un reife Mohnpflanzen werden mit angesäuertem Wasser erschöpfend ausgezogen und die etwa 9000 Liter betragende wässerige Lösung im Vakuum auf 6000 Litereingeengt. Die wei tere Verarbeitung des wässerigen alkaloid- haltigen Auszuges erfolgt wie in Beispiel 3.