Verfahren zur Herstellung wässeriger, elektrolytarmer Lösungen von Seiderifibroin. Wässerige Lösungen von Seidenfibroin mit nur geringem, oder ohne Elektrolyt gehalt, konnten bisher nur durch Lösen des Fibroins in konzentrierten Salzlösungen und darauffolgendes Entfernen der Salze durch Dialyse hergestellt werden. Bei der Dialyse verdünnt. sich aber die Fibroinlösung stark, so dass die Lösungen für die technische Ver arbeitung wieder im Vakuum konzentriert werden müssen.
Das Dialysieren und dass Eindampfen im Vakuum sind im Grossbetrieb sehr lästige, und zum Teil mit Verlusten ver bundene Massnahmen. Ausserdem werden die verhältnismässig teuren Salze bei der Dia lyse nur in stark verdünnter, also entwerteter Form, zurückgewonnen. Alle diese Nachteile lassen das bisher bestehende Verfahren als nicht geeignet für den Grossbetrieb erschei nen.
Es wurde nun gefunden, dass man auf viel raschere Weise und fast ohne Chemi kalienverbrauch folgendermassen zu wässeri gen Fibroinläsungen gelangt: Fibroin löst sich reichlich in flüssigem wasserfreiem Ammoniak. Ihesc ammonia- kalische Lösung lässt sich in Nasser bringen. ohne dass eine Ausflockung eintritt.
Eine Ausflockung erfolgt auch nicht, wenn das Ammoniak aus der wässerigen Lösung durch Evakuieren, gegebenenfalls bei erhöhter Tem peratur oder mittelst Durchleiten von Cia.seii vollständig entfernt wird. Das abgesaugti@ oder abgeblasene Ammoniak kann in bekann ter Weise ohne Verlust wiedergewonnen wei- den. Man erhält so schwach gefärbte. wäs serige Fibroinlösungen von beliebiger Kon zentration.
Ein Fibroingehalt von 353o' und mehr ist ohne Eindampfen leicht erreichbar. Die Viskosität der Lösungen ist überraschend gering, ohne dass ein Abbau des Fibroint nachweisbar wäre.
Bei der praktischen Ausführung des Ver fahrens sind eine Reihe von Faktoren zu beachten. Die Seidenabfälle sollen gut. ent- bastet sein; gegebenenfalls führt: man vor dem Lösen eine nochmalige gründliche Ent- bastung mit bekannten Mitteln. beispielsweise mit Fermenten aus. Ferner sollen die Sei denabfälle frei von-Verunreinigungen, wie Puppenresten, Raupenexkrementen und der gleichen sein, da diese Verunreinigungen schon das Lösen in Ammoniak erschweren und. eine s-oontane Gelatiuie..rung der wässeri gen Lösung verursachen können.
Gegebenen falls werden die Abfälle vor dem Lösen einer Reinigung unterzogen, indem man sie zum Beispiel über einen Wattekrempel -laufen lässt. Eine Vorbehandlung der -Seidenabfälle durch kurzes Kochen mit schwachalkali schen odersauren wässerigen Lösungen, zum Beispiel mit
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Soda- oder Salasäurelösung, kann das Lösen des Fibroins beschleunigen.
Eine gewisse Rolle spielt auch die Tem peratur des Ammoniakes beim Lösen. Es hat sich gezeigt, dass Ammoniak von - 46 bis - 48 C die Seidenabfälle nur teilweise löst. während bei - 77 C schon in etwa 3 Mi nuten .glatte Lösung eintritt. Bei tiefer Tem peratur hergestellte Lösungen gelatinieren im geschlossenen Gefäss bei Zimmertemperatur vollständig, werden aber beim Abkühlen wie der flüssig. Durch Kochen mit verdünnten Alkalien oder Säuren vorbehandelte Seiden abfälle oder einer kombinierten Vorbehand- lung mit alkalisch und mit sauer wirkenden Stoffen unterzogene Seidenabfälle bedürfen zum Lösen keiner so starken Temperatur erniedrigung wie unbehandelte Seidenabfälle.
Die Umwandlung der ammoniakalischen Fibroinlösung in eine wässerige kann einfach dadurch geschehen, dass man sie langsam unter Rühren in Wasser einlaufen lässt, wo bei von vornherein nur so viel Wasser ver wendet wird, als der :gewünschten Konzen tration an Fibroin entspricht. Man kann auch umgekehrt das Wasser in die ammonia- kalische Lösung eintreten lassen. Vorteilhaft ist es, die ammoniakalische Lösung durch eine Düse fein zu versprühen und nach Durch fallen einer längeren Luftstrecke erst auf :die Wasseroberfläche gelangen zu lassen.
Man gewinnt auf diese Weise :die Hauptmenge des Ammoniakes sofort gasförmig wieder, ohne ihn erst aus der wässerigen Lösung aus- treiben zu müssen. Das Austreiben des Am- moniakes braucht übrigens 'nicht ins Extrem getrieben zu werden, da die Anwesenheit ge ringer Ammo:niakmengen die Verwendbarkeit der Lösungen nicht beeinträchtigt, im Gegen teil ihre Stabilität. erhöht.
Die vom Ammoniak weitestgehend befrei ten wässerigen Fibroinlösungen lassen sich ausgezeichnet, zum Beispiel zu künstlichen Fäden aus vielen Fasern mittelst einfacher. vorteilhaft konzentrierter Salzbäder verspin nen, wobei man leicht Abzüge von 50 m und mehr in der Minute anwenden kann. Der Chemikalienverbrauch ist äusserst gering, da das Ammoniak leicht wieder zu gewinnen ist und in die Fellbäder nur Wasser gelangt. Sie sind also durch einfaches Konzentrieren wie der gebrauchsfähig zu machen.