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Verfahren zur Aufschliessung basthältiger Pflanzenteile.
Bei der Gewinnung von Bastfasern aus den dieselben enthaltenden Pflanzenteilen war man bisher stets darauf ausgegangen, die Trennung der Bastschichte zunächst von Holz und Rinde zu erreichen, ohne aber schon den Zusammenhang der einzelnen Bastfasern und Bastzellen zu lösen, weil man nur dann imstande war, die Holzteile auf mechanischem Wege von der Bastschichte zu entfernen ; die Zerlegung der Bastschichte in die einzelnen Fasern musste einem folgenden Verarbeitungsstadium vorbehalten bleiben. Diesem Arbeitsgange waren in erster Linie die verschiedenen natürlichen und künstlichen Röstprozesse angepasst.
Namentlich bei letzteren musste man es durch schonende Behandlung und Beschränkung der chemischen Einwirkung auf eine bestimmte Richtung sorgfältig verhüten, die Reaktion zu weit zu treiben und hierdurch entweder ein nicht trennbares Gewirr von Einzelfasern mit Holzteilen oder angegriffen Fasern zu erhalten. Durch die in dieser Weise gebotene Rücksichtnahme wurden die Aufschliessungsprozesse immer umständlich und langwierig.
Versuche, bei denen man die erste Behandlung unter Benutzung oxydierender Mittel vornahm, so die Chlorröste nach D. R. P. Nr. 29646, die Kochung mit Alkalilaugen und Manganaten nach D. R. P. Nr. 681 il, die Vorbehandlung mit Salpetersäure nach D. R. P. Nr. 91823, die Chloraufschliessung nach D. R. P. Nr. 104504 haben sich in der Praxis nicht bewährt, ja man ging sogar auf die reduzierende Behandlung über, indem im amerikanischen Patent Nr. 1034194 empfohlen wurde, das rohe Flachsstroh ohne vorherige Röste durch eine Alkalikochung mit folgender Sulfitbleiche aufzuschliessen.
Gemäss anderen Vorschlägen strebte man zunächst eine Lösung und Entfernung der Pektinstoffe und harzartigen Bestandteile durch Behandlung mit Kochsalzlösungen an, so nach D. R. P. Nr. 106824, 193499, während im D. R. P. Nr. 207362 eine gleichzeitige Einwirkung von Alkali, Salz und als Oxydationsmittel Hypochlorit vorgesehen ist. Bei jenen Methoden, welche entfettende Mittel neben Alkalien anwendeten (vgl. D. R. P. Nr. 52048, 61668, 216892), wuroen
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eine Abkürzung des Prozesses durch Zusammenziehung in eine einzige Operation ermöglicht, ist es doch gelungen, durch Verwendung eines Zirkulationsapparates, wie man solche bisher zwar in der Leinengarnbleiche, jedoch nicht in der Faserdegummierung benutzt hat und einer Alkalioder Alkalikarbonat-bzw.
Silikatlauge mit relativ geringen Zusätzen von sauerstoffhältigen Persalzen (Perborat, Persulfat, Percarbonat), wasserlöslichen Entfettungsmitteln (z. B. Tetrapol) und endlich Kochsalz durch zirka 3 stündiges Kochen eine sehr gute Ablösung der Bastfasern von den Holz-und Rindenpartien zu erreichen, ohne dass hierbei ein Angreifen oder Verwirren der Fasern stattfinden würde.
Das gekochte, gespülte und getrocknete Material zeigt dann nicht nur beim Brechen eine wesentlich glattere Trennung des Holzes von den Fasern, sondern man erzielt im Gegensatze zu den bisherigen Erfahrungen, nach denen die Abkürzung des Prozesses immer mit einer weitergehenden mechanischen und chemischen Schädigung der Fasern und einer Minderausbeute an langfaserigen Spinnmaterial verknüpft war, eine erhebliche Mehrausbeute an wertvolle. langfaserigem Spinnmaterial und weniger kurzfaserigen Wergabfall, weil die Holz-und Rindenteile nicht mehr an den Bastfasern haften und beim Schwingen und Hecheln abgestreift werden, ohne dass die Fasern zerrissen werden.
Da durch die Anwendung eines Zirkulationsapparates im Gegensatze zum Arbeiten in offenen oder geschlossenen Behältern ohne Zirkulation mit wesentlich kürzerer Flotte gearbeitet werden kann, erzielt man eine Be-
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den bisher gebräuchlichen langen Flotten arbeiten. so hätte man, um dieselbe Konzentration im. Anfang zu haben, wesentlich grössere Zusätze der wirksamen Chemikalien nötig, von denen die Verunreinigungen nur einen Teil verbrauchen, so dass der Rest nicht nur bei zu langer Einwirkungsdauer, die sich praktisch nicht immer mit Sicherheit ausschliessen lässt, sondern auch
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gewinnenden Fasern schädigend einwirken müsste.
Wollte man hingegen die Zusätze so niedrig bemessen, dass sie dem Verbrauch durch die Verunreinigungen entsprechen, so wäre die Anfangs- konzentration schon eine zu geringe, so dass die Aufschliessung zu träge und unvollständig erfolgen müsste, der Zusammenhang zwischen Fasern und Holzteilen nur mangelhaft gelockert würde und die Folge ein grosser Verlust an Fasermaterial durch Zerreissen beim Brechen, Schwingen und Hecheln wäre.
Das Wesen des Verfahrens liegt darin, dass die Rohmaterialien mit möglichst kurz gehaltende
Lösungen, deren Gehalt an chemisch wirksamen Agentien derart bemessen ist, dass zwar ein
Anfangskonzentration einen raschen Reaktionsverlauf ermöglicht, die wirksamen Zusätze jedoch mit dem Fortschreiten der Aufschliessung allmählich verbraucht werden, unter Kreisen der Flüssigkeit behandelt werden, so dass keine. die Faser gefährdenden Überschüsse angewendet zu werden brauchen. In dieser Weise gelingt es z. B., durch die beschriebene kombinierte Ein-
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Beispiel I : 1500 kg getrockneter Flachsstengel werden in einem Bleichapparat nach dem System
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10 bis 15 leg kalzinierter Soda 2..
Perborat (Obor oder eine andere Marke) ss Tetrapol bzw. ein demselben analoges Produkt
3 Kochsalz.
Man lässt unter Zirkulation 3 Stunden kochen, dann wird im Apparat abgewässert, gespült und weiter behandelt wie oben beschrieben.
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2500 kg trockener Brennesselstengel werden in gleicher Weise in den Apparat gebracht und darin direkt oder nach vorherigem Auslaugen mit einer Lauge gekocht, welche für 1000'enthält : 20 kg Natronlauge 38 bis 400 Bé.
2"Persulfat
3" Tetrapol 3# Gewerbesalz.
Nach 3 stündigem Kochen wird gespült, wenn erwünscht, kann darauf noch ein Absäuern mit einer schwachen bis 10 Bé starken Schwefelsäure erfolgen, wodurch man ein noch reineres Fasermaterial erhält.
Da die ablaufenden Kochlaugen, welche die Spaltungsprodukte der gelösten Interzellularsubstanz enthalten, bei diesem Verfahren einerseits konzentrierter sind und andrerseits keine Überschüsse an sonstigen Chemikalien mehr enthalten, ist auch deren Unschädlichmachung bzw. industrielle Aufarbeitung eine leichtere, wie dies sonst bei den Abwässern der Röstanstalten der Fall ist.
PATENT-ANSPRÜCHE ;
I. Verfahren zur Aufschliessung bastfaserhaltiger Pflanzenteile auf chemischem Wege, dadurch gekennzeichnet, dass die Rohmaterialien mit unabhängig von der Temperatur zwangläufig zirkulierenden Flotten behandelt werden, welche die wirksamen Zusätze so knapp auf den Verbrauch bemessen enthalten, dass sie sich während der Behandlung völlig oder doch nahezu erschöpfen und dabei so kurz gehalten sind, dass die rohen Pflanzenteile anfangs dennoch mit verhältnismässig konzentrierter Lösung in Berührung kommen.