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Verfahren zur Herstellung von Zellstoff, insbesondere für die Kunstseidefabrikation
Für die Kunstseideherstellung muß der Zellstoff möglichst große Reinheit aufweisen.
Aus diesem Grunde nimmt man beispielsweise vor der Herstellung von Alkalcellulose
eine weitgehende Reinigung des Zellstoffes mittels Ätzalkalien oder anderer Mittel
vor. Eine der wichtigsten Eigenschaften der Celluloselösung für ihre Weiterverarbeitung
ist ihre Viscosität. Diese ist von der Reinheit des verwendeten Zellstoffes weitgehend
abhängig. Um diese Abhängigkeit und damit den Vorgang der Reifung zu beeinflussen,
wurde bereits vorgeschlagen, der Alkalicellulose geeignete Sauerstoffträger, wie
Wasserstoffsuperoxyd oder Peroxyde, zuzusetzen. Diesem Verfahren wird indessen nicht
viel Vertrauen entgegengebracht (vgl. Hottenroth, S. 311), weil die Alkalicellulose
gegen Sauerstoff ziemlich empfindlich ist. Ein weiterer Nachteil dieser Arbeitsweise
liegt darin, daß durch den aktiven Sauerstoff die Nichtcellulosestoffe des Zellstoffes
zu alkalilöslichen Verbindungen abgebaut werden, welche dann in die Mercerisierlauge
übergehen und diese rasch unbrauchbar machen.
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Diese Nachteile werden durch das vorliegende neue Verfahren mit Sicherheit
vermieden.
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Das Verfahren-besteht darin, daß man einen mittels Chlor unvollständig
gebleichten Zellstoff zunächst möglichst weitgehend entwässert und alsdann mit aktivem
Sauerstoff oder solchen aktiven Verbindungen, wie z. B. Natriumsuperoxyd, Wasserstoffsuperoxyd,
Natriumperborat, in alkalischen oder neutralen Medien bei gewöhnlicher oder vorteilhaft
erhöhter Temperatur nachbehandelt. Die Vorbehandlung mittels Chlor oder Chlor abgebender
oder aktives Chlor enthaltender oder sonstiger Inkrusten lösender Chlorverbindungen
erfolgt so lange, bis die Reaktion zwischen Chlor und Zellstoff gegenüber der zwischen
Chlor und Lignin überwiegt, d. h. ,also bis zur annähernden Entfernung des Lignin:s.
Die vollständige Entfernung des Lignins wird darauf durch Oxydation desselben mittels
Sauerstoff abgebender Mittel erreicht. Es wurde gefunden, daß durch das Chlor bis
zu einem bestimmten Gehalt an Lignin eine Beeinflussung der Zellstofffaser nicht
erfolgt, während bei geringerer Ligninkonzentraton die Cellulose eher zu Oxy- und
Hydrocellulose abgebaut wird, bevor die Restbeseitigung des Lignins erfolgt, während
der aktive Sauerstoff in dieser Hinsicht der Cellulose gegenüber sich passiv verhält.
Die Zugabe des aktiven Sauerstöff enthaltenden Mittels erfolgt bei dem Verfahren
in möglichst hoher Stoffleonzentration. Zu diesem Zweck wird der mit Chlor oder
geeigneten Chlorverbindungen vorbehandelte
Zellstoff auf einer geeigneten
Entwässerungsmaschine bis zu einer Konzentration von beispielsweise 35 bis 4o
% Trockengehalt entwässert und in dieser Form der Behandlung mit aktivem
Sauerstoff unterworfen.
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Es hat sich herausgestellt, daß man aus wirtschaftlichen Gründen bei
dem üblichen Bleichvorgang im Holländer die Reinigung des Zellstoffes durch Chlor
bis an die äußerste Grenze treiben muß. Wird eine weitgehende Entwäsqerung des Stoffes
durchgeführt, so kann der Verbrauch an Sauerstoff erheblich herabgesetzt werden;
es ist dadurch möglich, die Chlorbehandlung weit vor dem Zeitpunkt abzubrechen,
bei dem gegebenenfalls eine Schädigung der Faser eintreten kann.
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Auf diese Weise ist es möglich, die Vorbehandlung mit 3 % Chlor oder
sogar noch weniger durchzuführen. Es genügt trotzdem noch eine Nachbehandlung mit
aktivem Sauerstoff oder Sauerstoff abgebenden Mit-» teln in einer Sauerstoffkonzentration
von o, i 5 %, auf Stoff gerechnet, um den gewünschten Effekt herbeizuführen.
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Zur Herstellung der Bäder kann z. B. Natriumsuperoxyd ohne oder mit
Zusatz von weiteren Alkalimengen, Wasserstoffsuperoxyd und Alkali usw. verwendet
werden. Zur möglichst wirtschaftlichen Ausnutzung des aktiven Sauerstoffes kann
es vorteilhaft sein, einen Stabilisator, z. B. Natriumsilikat oder Magnesiumsilikat,
dem Bleichbad zuzusetzen. Maßgebend für den Beginn der Nachbehandlung ist nicht
die im ersten Bleichprozeß erreichte, Weiße des Zellstoffes, sondern der Reinheitsgrad,
da durch geeignete Chlorbleiche auch eine Weiße erreicht werden kann, ohne den für
die Kunstseidefabrikation schädlichen Gehalt an Verunreinigungen zu entfernen.
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Man kann auch dem Zellstoff oder den Peroxydlösungen geeignete Netzmittel
beliebiger Art oder _ spezifische Reinigungsmittel, wie Türkischrotöl, zusetzen.
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Die besonderen technischen Vorteile des Verfahrens sind folgende:
i. Verringerung des Chlorverbrauches zum Bleichen des Rohzellstoffes.
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2. Gründliche Reinigung des Zellstoffes, so daß ein Stoff mit hohem
Gehalt an Alphacellulose resultiert.
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3. Gute Beeinflussung des Stoffes in Hinsicht auf rasche Reifung und
Viscos,ität.
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4. Geringere Verschmutzung der Mercerisierungslauge. . - Beispiele
i. iooo kg vorbehandelter Zellstoff werden bei üblicher Stoffkonzentration mit z.
B. io kg Natriumsuperoxyd, i kg Wasserglas, 11,- Bittersalz 4 bis 6 Stunden bei
6o bis 7o° behandelt. Hierauf wird gewaschen, gesäuert und wieder gewaschen.
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2. iooo kg vorgebleichter Zellstoff werden in derselben Weise mit
z. B. io kg Natriumsuperoxyd, 2o kg Natronlauge, 2o kg Wasserglas behandelt.
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Bei den üblichen Verfahren zur Herstellung von Kunstseidenzellstoff
wird entweder ein Stoff mit hoher Viscosität oder mit niedriger Alphacellulose bzw.
hoher Kupferzahl erhalten, während nach dem vorliegenden Verfahren die niedrige
Viscösität ohne Schädigung der Faser, die sich in Kupferzahl und Alphacellulose
ausdrückt, erhalten wird.
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Es ist zwar bereits ein Verfahren zum Bleichen von Papierstoff mit
Superoxyden bekannt, bei welchem eine nachträgliche Bleichung des mit Alkalisuperoxyd
bei Gegenwart von Alkalisilikat vorgebleichten Stoffes mit Chlor vorgeschlagen wird.
Durch die Alkalisüperoxydbleichung läßt sich aber keine vollständige Reinigung des
Zellstoffes erreichen. Das vorliegende Verfahren beruht demgegenüber auf der Erkenntnis,
daß die vollständige Entfernung .des Lignins durch Chlor nicht möglich ist, ohne
gleichzeitig eine Faserschädigung- hervorzurufen, während durch Vorbleiche mit Chlor
bis zu einem angegebenen Punkte eine Beeinflussung der Faser nicht erfolgt und die
darauf eintretende Behandlung reit Superoxyd die letzten Reste Lignin entfernt,
ohne physikalische und chemische Konstanten des Zellstoffes zu beeinflussen.
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Ferner hat man auch vorgeschlagen, beim Bleichen von Pflanzenstoffen
mittels Kalk, Atznatron, Sulfiten oder Bisulfiten der Alkalien und Chlorieren die
neutralen Pflanzenstoffe unmittelbar nach dem Auslaugen und ersten Chlorieren einer
bereits für Bleichzwecke bekannten Oxydation in einem dickflüssigen Bad von Alkalisuperoxyden
und neutralem Alkalisilikat bei Aufrechterhaltung der gleichfalls bekannten Reihenfolge
der übrigen Vorgänge zu unterwerfen.
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Im vorliegenden Falle handelt es sich aber nicht um die an sich bekannte
Behandlung von Fasern mit Sauerstoffbleichmitteln, sondern um die Erzielung eines
bestimmten Effektes durch Kombination von Chlor und Sauerstoffbleiche. Es ist bei
dem vorliegenden Verfahren von ausschlaggebender Bedeutung, wieweit die 'Entfernung
der Ver- j unreinigungen aus dem Zellstoff durch Chlor erfolgen darf und wann die
Sauerstoffbleiche einsetzen müß;- um eine vollständige Bleiche ohne Faserschädigung
zu erreichen. Es ist nämlich notwendig, die Vorbehandlung bis j zur annähernden
Entfernung des Lignins fortzusetzen und alsdann die Nachbehand-
Jung
mit aktivem Sauerstoff oder solchen abgebenden Salzen vorzunehmen.
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Bei dem bekannten Verfahren ist von einer derartigen, Erkenntnis nicht
die Rede. Das ergibt sich schon daraus, daß bei diesem Verfahren an die Sauerstoffbleiche
noch eine Chlorbleiche angeschlossen wird.