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Verfahren zur Veredlung von Bastfasern aller Art, insbesondere von Fasern aus Schilf
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Die in bekannter Weise durch Behandlung des Schilfes mit alkalischen Laugen gewonnenen Fasern haben die Eigenschaft, sich im nassen Zustande, also nach dem Kochen oder Spülen, als völlig freiliegend zu zeigen, während sie im getrockneten Zustande zusammenkleben und nicht mehr die einzelne Faser, sondern nur ganze Faserbündel darstellen.
Diese Erscheinung hat ihren Grund darin, dass die in der Pflanze enthaltene natürliche Klebe mit der beim Kochen des Schilfes verwandten Lauge eine Schlichte bildet, die, so' lange sie nass ist, die Fasern freiliegend erscheinen lässt, in getrocknetem Zustande jedoch sie zusammenhält, so dass man der Meinung sein kann, dieses Schilf wäre noch nicht genügend gekocht oder die Fasern des Schilfes wären noch nicht genügend erschlossen.
Um diesen Übelstand zu beseitigen, hat man das gekochte Schilf oder die gewonnenen Fasern gesäuert, um die Lauge zu neutralisieren ; man wäscht oder spült die gewonnenen Fasern in einem Bade mit enzymhaltige Malzpräparaten oder man behandelt die aufschlossenen Fasern in stark konzentrierter Natronlauge nach Art des bekannten, sogenannten .. Jute-Mercerisierverfahrens" u. dgl. mehr.
Alle diese bekannten Verfahren führen nur bis zu einem gewissen Grade zum Ziele ; sie haben aber sehr grosse Nachteile. Durch zu starkes Säuern wird die Faser angegriffen ; durch Behandlung mit enzymhaltige Malzpräparaten wird die Faser zwar weich und in ihre einzelnen Faserteilchen zerlegt, das Verfahren nimmt aber viel Zeit in Anspruch. Malz-
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falt. Die nachträgliche Behandlung der Faser mit stark konzentrierter kalter Natronlauge ist sehr kostspielig und zeitraubend, der Umgang mit stark konzentrierter Natronlauge bekanntermassen auch sehr gefährlich und die daraus entstehende Faser zwar gut geteilt und gekräuselt, aber hart und spröde.
Die vorliegende Erfindung beseitigt nicht nur die vorerwähnten Mängel, sondern sie ergibt eine bis ins feinste geteilte Faser mit einem weichen, wollähnlichen Charakter. Ferner gestattet sie die Veredlungsarbeit ungleich wirtschaftlicher als nach irgendeiner der bisher bekannt gewordenen Arbeitsweisen durchzuführen.
Im wesentlichen besteht das neue Veredlungsverfahren darin, dass die durch Kochen mit Natronlauge oder nach anderen bekannten Verfahren gewonnenen'oder bereits aufgeschlossenen Fasern in nassem Zustande dem Gefrieren ausgesetzt, darauf aufgetaut und entweder unmittelbar oder nach vorangegangene Spülen im Wasser getrocknet werden.
Man hat zwar bereits vorgeschlagen, zur Gewinnung von Pflanzenfasern diese dem Gefrieren zu unterwerfen. Bei diesen bekannten Verfahren handelt es sich aber keineswegs um die Veredlung von durch geeignete Vorbehandlung bereits aufgeschlossenen Pflanzenfasern, sondern um einen bisher erfolglos gebliebenen Versuch, das die Fasern enthaltende Rohmaterial unter Zuhilfenahme von Kälte unter dem Gefrierpunkt aufzuschliessen.
Das den Gegenstand der Erfindung bildende Verfahren wird zweckmässig folgendermassen ausgeübt :
Die aus Schilf gewonnenen Fasern werden dem Gefrieren ausgesetzt, z. B. in einen
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den Gefrierraum nass eingebrachte Faser und die Klebkraft der durch die Verbindung von Natronlauge und der in der Pflanze enthaltenen natürlichen Klebe beim Kochen des Schilfes entstandenen Schlichte wird durch das Gefrieren vernichtet. Danach wird die Faser aufgetaut und entweder unmittelbar oder nach vorhergegangenem Spülen in Wasser getrocknet. Man erhält so eine völlig freiliegende Faser von aussergewöhnlich weicher Beschaffenheit, die nicht an Festigkeit eingebüsst hat. Die Faser wird also veredelt.
Da das Gefrieren sehr schnell von statten geht, der Verbrauch von Säuren und anderen Chemikalien wegfällt und damit auch Arbeitskräfte gespart werden, so ist es-einleuchtend, dass die Gewinnung von Fasern nach der vorliegenden Erfindung von grossem wirtschaftlichen Wert ist.
Die gleiche Veredlung erzielt man bei allen anderen Bastfasern, gleichviel, ob sie durch Kochen mit Natronlauge gewonnen sind oder nicht, indem man die fertige Faser vor dem Gefrieren je nach Art der Pflanze in Wasser kocht oder nur mit Wasser tränkt.