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Absaugeverfahren zur Herstellung von Farbenphotographien.
Das Absaugen von Farbstoffbildern aus gegerbten Gelatinereliefs für farbenphotographische
Zwecke ist an sich bekannt. Die Anfänge dieser Methode gehen zurück auf Charles Cros und Sanger-
Shepherd und wurden später durch die Mitteilung Dr. Königs dahingehend ergänzt, dass auch die Pinatypie- farbstoffe auf Grund der Beobachtung von A. Gleiehmar für das Absaugen gegerbter Gelatinereliefs verwendet werden könnten.
Versucht man, nach diesem Verfahren Farbenphotographien anzufertigen, so stellen sieh ver- schiedene Mängel heraus, welche das Resultat stark beeinträchtigen und unzuverlässig machen. In der
Hauptsache bestehen diese Unvollkommenheiten darin, dass sich bei Bildern mit grossen Tiefen sehr leicht Detaillosigkeit einstellt und dass die Zahl der Abzüge eine frühzeitig begrenzte ist. Die schlechten Tiefen entstehen dann, wenn mehr oder weniger starke Überexposition vorliegt, und die begrenzte Zahl der Abzüge kommt daher, dass sieh das Relief langsam mit Farbstoff anreichert und diesen so fest adsorbiert hält, dass weiteren Farbstoffmengen die Diffusion erschwert und sogar allmählich unmöglich gemacht wird.
Man kann zwar durch Behandlung des stark gefärbten Reliefs mit farbstoff zerstörenden Oxydationsmitteln den Farbstoff beseitigen, wodurch das Relief wieder befähigt wird, sich von neuem einfärben und absaugen zu lassen, aber die auf diese Weise hergestellten Abzüge sind im Charakter abweichend, und nur wenige Absaugungen sind überhaupt möglich.
Durch die vorliegende Erfindung wird nicht nur eine einwandfreie, klare und detaillierte Tiefe erzielt, sondern auch eine hohe Auflagezahl ermöglicht.
Es ist gefunden worden, dass der Grund für die merkv, ürdige Eigenschaft der Pinatypiefarbstoffe, eine gegerbte Gelatineschicht gleich gut einzufärben wie eine ungegerbte oder wenig gegerbte (Pinatypie), darin liegt, dass für beide Methoden verschiedene Gerbzustände der Gelatineschiehten erforderlich sind.
Die Pinatypieschicht benötigt mehrfach längere Expositionszeiten als das mit heissem Wasser entwickelte Relief, um ein reines Weiss zu geben, d. h. also, die Gelatineschieht muss einen solchen Grad von Härtung besitzen, dass kein Farbstoff mehr hineindiffundieren und somit wieder abgesaugt werden kann. Wird deshalb für das gegerbte Relief die normale Expositionszeit überschritten oder liegen Negative von besonderer Härte vor, bei welchen die glasigen Tiefen schnell überkopieren, so nähert sich der Gerbzustand der Schatten dem Charakter der Pinatypieschicht, d. h. die Absaugung verliert an Kraft-und Detailreichtum.
Die begrenzte Auflagezahl hat ihre Ursache darin, dass die Lösungen der Farbstoffe ungeeigneten Dispersitätsgrad haben. Unter Zugrundelegung der Nägelischen Mizellartheorie verstopfen gewisse submikronische Anteile der polydispersen Farbstofflösung allmählich die Mizellarinterstitien der Gelatineschicht und verlangsamen oder verhindern dadurch das Eindringen neuer Farbstoffmengen. Die Absaugung wird deshalb von Druck zu Druck schwächer und erfordert immer längere Zeiten, wobei gleichzeitig das ganze Bild flauer und die Tiefen detaillos werden. Dieser Übelstand wird auf ein ganz geringes Mass zurückgedrängt, wenn zur Einfärbung Farbstofflösungen von spezifischem Dispersitätsgrad verwendet werden.
Es wurde bereits versucht, Farbstofflösungen durch Behandlung mit Eiweiss und späterer Koagulation desselben ganz besonders gut zu reinigen und von stark schädlichen Partikeln zu befreien, doch konnte dadurch niemals ein Eingriff in den Dispersitätszustand der Lösung selbst erreicht werden.
Zerlegt man nach bekannten Methoden der Dialysierung, Kapillarisierung, Ultrafiltration oder fraktionierten Fällung usw. einen an sieh schon geeigneten Farbstoff, wie beispielsweise das Pinatypieblau
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oder verschiedene Diaminfarbstoffe, in mehrere Phasen, so werden sich hiebei die Lösungen von höherem Dispersitätsgrad wesentlich besser verhalten als die von niederem. So lässt sich aus dem Pinatypieblau eine gröber zerteilte Phase isolieren, welche von Bild zu Bild schlechter werdende Absaugungen ergibt, so dass der zehnte Abzug überhaupt kaum mehr eine Tiefenzeichnung erkennen lässt. Eine andere Phase von höherer Dispersität ergibt zehn Abzüge, einen so gut wie den andern, u. zw. von rein blauer, klarer Farbe, während die andern unklarer und von graublauer-Farbe sind.
Im Falle der niedererdispersen Phase ist das Relief nach dem zehnten Abzug intensiv dunkelblaugrau gefärbt, im andern Fall nur schwach bläulich, d. h. bei der Phase von geeigneter höherer Dispersität behält die Gelatineschicht so gut wie nichts an Farbstoff zurück, während von der weniger geeigneten niedererdispersen Phase eine langsame Verstopfung des Reliefs mit jeder neuen Einfärbung erfolgt.
Aus Benzoreinblau, z. B. dem aus Dianisidin mit H-Säuren gekuppelten substantiven Azofarbstoff, kann man leicht vier verschiedene Phasen mit spezifischem Verhalten gegenüber dem Gelatinerelief ausscheiden. Die Farbe dieser Phasen geht von Grünlichblau der gröbsten bis zum Violettrot der feinsten Zerteilung. Letztere ist in Lösung nahezu molekulardispers, da sie bei der Dialyse langsam durch die Membran hindurchwandert. Sie ist als Teilbild für die Dreifarbenphotographie in Anbetracht des Rotstiches nicht zu verwenden. Am besten verhält sich eine in der Mitte liegende Phase von rein blauer Farbe, welche mindestens 50 praktisch gleiche Abzüge von ein und demselben Relief abzusaugen gestattet, bis eine merkliehe Verstopfung der Schicht eingetreten ist.
Behandelt man jetzt eine derartige Schicht mit schwachen, den Farbstoff zerstörenden Oxydationsmitteln, wie beispielsweise einer sehr verdünnten Lösung von Kaliumpermanganat-Schwefelsäure, so wird die Schichte farblos und von neuem befähigt, ungefähr weitere 50 Abzüge zu gestatten. Die Verwendung von Farbstofflösungen geeigneten Dispersitätsgrades schliesst also eine reliefsehädigende Wirkung aus.
Neben dem spezifischen Dispersitätsgrad der Farbstofflösungen ist noch ein anderer Faktor für die Erzielung einwandfreier Absaugungen von Wichtigkeit, welcher in einer Nachbehandlung des gefärbten Reliefs besteht. Bei grossen, schweren Tiefen wird nur dann eine dauernd gleichmässige Vollwertigkeit der Abzüge gewährleistet, wenn die gefärbte Schicht mit destilliertem Wasser nachbehandelt wird.
Es hat sich gezeigt, dass die das Relief schädigenden submikronischen Anteile der Farbstofflösung
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gewöhnlichem, d. h. elektrolythaltigem Wasser absolut beständig ist. Bringt man ihn aber mit elektrolytfreiem, also destilliertem Wasser in Berührung, so wird der Komplex gespalten, und der vorher fest adsorbierte Farbstoff der Oberfläche geht offenbar mit höherer Dispersität wieder in Lösung. Das nach der Färbung mit gewöhnlichem Wasser ausgewaschene Relief. welches an dieses elektrolythaltige Wasser keinen Farbstoff mehr abgibt, beginnt sofort mehr oder weniger stark zu bluten, wenn es in destilliertes Wasser gelegt wird. In demselben Moment, in welchem die Schicht dann aber wieder in gewöhnliches Wasser zurückgebracht wird, hört das Bluten voll und ganz auf.
Auf diese Weise ist es möglich, jedwede bildsehädigende Wirkungen auf Grund festsitzender niedererdisperser Farbstoffanteile zu vermeiden und die vorher genannte hohe Auflagezahl zu ermöglichen.
Die für die Färbung am besten geeigneten spezifischen Farbstoffanteile können naturgemäss auch aus andern wie substantiven Farbstoffen gewonnen werden, so beispielsweise auch aus sauren Wollfarbstoffen. Hier wird es sich darum handeln, aus annähernd geeigneten Körpern die Phasen relativ niederster Dispersität als brauchbarste auszuscheiden, da ja die meisten sauren Wollfarbstoffe in amikonischem Zustand in Lösung sind. Um dann noch mit diesen Farbstoffen eine optimale Anfärbung und Absaugung des Reliefs zu erzielen, kann man kleine Mengen von Elektrolyten zusetzen, wodurch ungefähr dasselbe erzielt wird, wie mit den vorher bei den substantiven Farbstoffen beschriebenen spezifisch geeigneten Farbstoffanteilen.
Mit Hilfe der beiden vorstehend geschilderten Faktoren der spezifischen Eignung der Farbstofflösung und der Nachbehandlung mit destilliertem Wasser wird man der Forderung einwandfreier Tiefen weitgehendst gerecht werden können. Sollten besondere Fälle vorliegen, wie beispielsweise die Reproduktion eines Ölgemäldes mit zarten Lichtern und tiefschwarzen oder dunkelfarbige Schatten, für welche das Kopieren eines einwandfrei absaugenden Films kaum möglich ist, so kann man auch hier noch durch eine geeignete Nachbehandlung des entwickelten Films das Resultat wesentlich verbessern. Zu diesem Zweck badet man den Film einige Minuten in einer 10% igen Glykolsäurelösung, welche sich unter einer grossen Zahl verschiedener, für diesen Zweck versuchter Substanzen als besonders geeignet erwiesen hat.
Es ist ja bekannt, dass die Säurealkohole ungegerbte Gelatine lösen, so dass die Wirkung der Glykol- säure auf gegerbte Gelatine vielleicht darin zu suchen ist, dass sie das Relief bis zu einem gewissen Grad quellfähig macht und dadurch der Farbstofflösung die Möglichkeit gibt, in die erweiterten Mizellarinter- stitien doch noch einzudringen.
In der Folge werden noch zwei Massnahmen angeführt, welche bei der Herstellung von Saugbildern nach dem im vorangehenden beschriebenen Verfahren zweckmässig bzw. nötig sind.
Von Wichtigkeit für die Herstellung einwandfreier Absaugbilder ist auch die Art der Lichtquelle, bei welcher für den Fall des mittels Chromaten direkt erzielbaren Reliefs die Exposition vorgenommen wird. Bei Sonnenlicht oder zerstreutem Tageslicht ist die Erzielung eines einwandfrei absaugenden
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Reliefs so gut wie ausgeschlossen. Es hat sich gezeigt, dass es in der Hauptsache die gelben Strahlen sind, welche ein mangelhaftes Absaugen veranlassen. Sie verursachen ein hartes, ganz kurz graduiertes Bild, in welchem selbst von normalen Negativen keine tadellosen Tiefen zu erzielen sind. Für den Fall der Belichtung bei Tageslicht muss deshalb ein Filter verwendet werden, welches das langwellige Licht absorbiert und nur blaues und violettes zur Wirkung gelangen lässt.
Für Bogenlieht, besonders solches mit eingeschlossenem Lichtbogen, ist nach dem vorher Ausgeführten naturgemäss kein Filter notwendig.
Auch die Art des gelatinierten Papieres, welches für die Absaugung verwendet wird, spielt naturgemäss eine besondere Rolle. Gebraucht man lediglieh mit reiner Gelatine überzogene Papiere, so macht man die Beobachtung, dass die Schärfe der abgesaugten Bilder, u. zw. vornehmlich bei Bildern zarterer Natur, zu wünschen übrig lässt. Der Grund hiefür liegt darin, dass der Farbstoff innerhalb der Gelatineschicht nach verschiedenen Richtungen hin, und sogar durch die ganze Schicht hindurch bis zur Barytschicht, diffundiert, so dass bei zarten Bildern der Farbton stark verweisslicht wird. Die Erscheinung kommt daher, dass der mehr oder weniger stark gefärbte weissliche Barytkörper durch die Gelatineschieht hindurchscheint.
Zur Vermeidung dieses oft sehr störenden Übelstandes sind eine grosse Reihe kolloider Substanzen als Zusatz zur Gelatine versucht worden, von denen sieh als besonders wirksam das Kasein erwiesen hat. Es ist bekannt, Kasein der Emulsion beizufügen, aus der das spätere Relief entwickelt wird, zu dem Zwecke, die Gelatineschicht in ihrer Homogenität zu unterbrechen, damit eine gewisse Porosität entsteht, die das leichtere Einwandern von Farbstofflösungen bedingen soll. Dieser Effekt betrifft keine Bindung von Farbstoffen durch andere Körper, da ja diese Substanzen entfernt werden, noch bevor die Gelatineschicht eingefärbt wird. Das Kasein hält bei vorliegender Erfindung in erster Linie die Diffusion des Farbstoffes innerhalb der Gelatineschicht fast vollkommen auf, so dass nur ganz geringe Mengen noch auf die Barytschicht gelangen können.
Während viele andere, vornehmlieh suspensoide Kolloide, die Tiefendiffusion des Farbstoffes wohl mehr oder weniger hindern, aber gleichzeitig bei Mattierung der Schicht schlechte Tiefendifferenzierung mit sich bringen, gestattet der Zusatz von Kasein ohne oder kaum nennenswerte Mattierung die Absaugung einer einwandfreien Tiefe.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Absaugverfahren zur Herstellung von Farbenphotographien, dadurch gekennzeichnet, dass zur Einfärbung und Absaugung gegerbter Gelatinereliefs Farbstofflösungen von einem der molekularen Zerteilung nahen Dispersitätsgrade verwendet werden, der nicht durch das übliche Filtrieren, sondern nach den bekannten Methoden der Dialysierung, Kapillarisierung, Ultrafiltration, fraktionierten Fällung oder wirkungsgleichen Verfahren zur Trennung polydisperser Phasen dieser Farbstoffe, vornehmlich der Lösungen der Azofarbstoffe, gewonnen wird.