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Verfahren zur.Gewinnung von Zucker aus getrockneten, zuckerhaltigen
Materialien Die Gewinnung von Zucker aus zuckerhaltigen Rohstoffen, z. B. aus Zuckerrohr,
Zuckerrüben usw., erfolgt nach dem bekannten Verfahren der Extraktion mit Wasser.
Bei dieser Extraktion mit Wasser hat man stets mit größeren Ausbeuteverlusten zu
rechnen, da ein bestimmter Anteil des Zuckers in der Melasse verbleibt und aus dieser
nur durch kostspielige Aufbereitung gewonnen werden kann. Der Grund liegt, wie bekannt,
darin, d:aß durch Wasser auch andere Stoffe al-s Zucker, insbesondere Mineralsalze,
extrahiert werden, die sich in dem Rückstand anreichern und das Abtrennen des restlichen
noch in der Melasse vorhandenen Zuckers verhindern.
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Es wurden nun Verfahren vorgeschlagen; die an Stelle von Wasser 'als
Lösungsmittel flüssiges Ammoniak, mit Ammoniak gesättigte Alkohole oder auch organische
Amine benutzen. Bei diesen Verfahren wird die hohe Lösungsfähigkeit der genannten
Lösungsmittel und Gemische für Zucker dazu benutzt, diesen mehr oder weniger selektiv
aus dem-zuckerhaltigen Gut zu extrahieren. Die Verfahren haben den Vorteil, daß
eine Extraktion von kristallisutionshemmenden Stoffen nur im geringen Maße erfolgt,
so daß eine wesentlich höhere Zuckerausbeute erreicht werden kann. Als Nachteil
stellte es sich jedoch heraus, daß eine Reihe anderer in flüssigem Ammoniak oder
in den Aminen. löslicher Stoffe in mehr oder minder großen Mengen anfallen und damit
die Zusammensetzung der Melasse verändern. Es ist hier nicht ohne weiteres möglich,
aus dem ammoniakalischeri Extrakt einen
reinweißen Zucker durch
einfache Kristallisation zu erhalten.
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Bei den Versuchen, Zucker aus zuckerhaltigen Rohstoffen mit flüssigem
Ammoniak zu extrahieren, stellte es sich heraus, daß das hohe Lösungsvermögen des
Ammoniaks für Zucker auf der spontanen Bildung einer Zucker-Ammoniak-Verbindung
beruht, die ihrerseits wieder sehr gut in flüssigem Ammoniak oder in verschiedenen
organischen Lösungsmitteln löslich ist. Es wurde weiterhin beobachtet, daß diese
Zucker-Ammoniak-Verbindung bei normalen Temperaturen unstabil ist und in ihre Komponenten
zerfällt sobald ein gewisser Ammoniakdampfdruck unterschritten wird.
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Die Erfindung beruht nun darauf, daß an Stelle des flüssigen Ammoniaks
eine Begasung des zuckerhaltigen Materials mit gasförmigem Ammoniak unter Druck
erfolgt. Bei dieser Druckbegasung, für die schon geringe Überdrücke von o,5 bis-
i atm genügen, bilden sich ebenfalls die Zucker-Ammoniak-Verbindungen, die unter
Wärmeentwicklung in einer öligen, hochviskosen Form anfallen. Die Anlagerung erfolgt
bereits bei normalen Temperaturen. Hiernach läuft das Verfahren wie folgt ab: Getrocknete,
zuckerhaltige Materialien, insbesondere Zuckerrübenschnitzel, werden in einem Druckbehälter
so lange mit gasförmigem Ammoniak behandelt, bis das Gut kein Ammoniak mehr aufnimmt.
Durch diese Behandlung unter Druck wird der im. begasten Gut vorhandene Zucker in
die Zucker-Ammoniak-Verbindung umgewandelt. Bei verarbeitungsgerechten Trockenschnitzeln
ist der Anteil an Stoffen, die ebenfalls mit dem Ammoniak reagieren können, im allgemeinen
gering, so daß der Zucker bei dem nachfolgenden Auswaschen kaum durch andere Ammoniakverbindungen
verunreinigt ist.
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Die sich bei der Druckbegasung bildende wird nun mit einem organischen
Lösungsmittel herausgewaschen. Für diesen Waschvorgang eignen sich vor allem solche
Lösungsmittel, die für die Zucker-Ammoniak-Verbindung eine hohe, für Zucker selbst
dagegen keine oder nur ein geringes Lösungsvermögen besitzen. . Es kommen also vor
allen Dingen die niederen Alkohole in Frage, durch die die Zucker-Ammoniak-Verbindung
sehr selektiv herausgelöst wird. Je selektiver die verwendeten Lösungsmittel für
die Zucker-Ammoniak-Verbindung sind, um so besser lassen sich auch Materialien verarbeiten,
die einen höheren Prozentsatz mit Ammoniakgas reagierender Beimengungen -enthalten.
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Lösungsmittel, die eine selektive Herauslösung der Zucker-Ammoniak-Verbindung
in vorstehendem, Sinn ermöglichen, sind, wie bereits geschildert, neben # den niederen
Alkoholen die mehrwertigen Alkohole, wie z. B. Glykol oder Triäthylenglykol oder
auch in Gemischen mit organischen stickstoffhaltigen Verbindungen, wie Formamid
und Triäthanolamin.
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Bei Materialien mit hohem Zuckergehalt ist es erfindungsgemäß auch
möglich, die durch die Ammoniakbegasung unter Druck erhaltene Zucker-Ammoniak-Verbindung
direkt durch Auspressen zu erhalten. Die hohe Viskosität der öligen Verbindung gestattet
zwar in den meisten Fällen nur, einen gewissen Anteil dieser Verbindung durch Abpressen
zu gewinnen, doch kann die Zuckerausbeute durch nachfolgendes Waschen mit einem
der obenerwähnten Lösungsmittel bzw. Gemische dieser Lösungsmitte-1 leicht erhöht
werden.
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Die Gewinnung des Zuckers aus der durch Abpressen gewonnenen oder
durch Auswaschen mit einem organischen Lösungsmittel erhaltenen Zucker-Ammoniak-Verbindung
kann in einfacher Weise durch'mäßiges Erwärmen erfolgen. Unter Zerlegung der Verbindung
in Ammoniak und Zucker fällt der Zucker in reiner Form an. Aus den Waschlösungen
wird der Zucker 'in feinkristalliner Form und in einer Reinheit gewonnen, die durch
andere Verfahren bisher nicht. zu erreichen ist. Aus dem Preßsaft gewonnener Zucker
fällt als glasige Masse an. Seine Weiterverarbeitung auf kristallinen Zucker kann
ohne besonderen Aufwand nach den bekannten Methoden erfolgen. Beispiel i Ein Stahliylind@er
von Zoo mm Höhe und roo mm Durchmesser ist am Boden mit einer Reihe von Löchern
versehen, durch die Ammoniakgas in den Zylinder einströmen kann. 5oo g getrocknete
Zuckerrübenschnitzel, die einen Wassergehalt von 7°/o haben werden in den Zylinder
eingefüllt und das Gut mittels eines gut passenden Stempels zusammengedrückt. Man
läßtAmmoniakgas aus einer Stahlflasche bei etwa i atm Druck in den Zylinder einströmen.
Unter Wärmeentwicklung bildet sich sofort die Zucker-Ammoniak-Verbindurig. Nach
vollendeter Reaktion wird die Verbindung zur Stahlflasche gelöst und der Stempel
hydraulisch in den Zylinder hineingedrückt. Die hochviskose, ölige Zucker-Ammoniak-Verbindung
fließt in eine Vorlage. Durch Erwärmen auf 55° C wird die Masse von Ammoniak befreit
und der Zucker als feste Masse erhalten. Beispiel Z In einem Druckgefäß werden 5oo
g getrocknete Zuckerrübenschnitzel mit einem Wassergehalt von 4,511/o mit Ammoniakgas
unter einem Druck von etwa i atm bis zur .Sättigung behandelt. Bei Normaldruck wird
auf 40° C vorgewärmtes Methanol auf das begaste Gut gegeben und die Zucker-Ammoniak-Verbindung
herausgewaschen. Beim Erwärmen der methanolischen Lösung zerfällt die Verbindung
in Zucker und Ammoniak, das abgetrieben wird. Der Zucker fällt in feinkristalliner
Form in reinem' Zustand an. Bezogen auf den ursprünglichen Zuckergehalt der Trockenschnitzel
werden rund 9o °/o des Zuckers gewonnen. Beispiel 3 Wie im Beispiel Z dargelegt,
werden 5oo g Zuckerrübentrockenschnitzel unter Druck mit Ammoniak
begast
und die Auswaschung unter Druck mit einem Gemisch von 9o Teilen Äthanol und ro Teilen
Ttiäthanolamin durchgeführt. Die Lösung wird im schwachen Vakuum auf 6o° C erwärmt,
wobei das Ammoniak entfernt und der Zucker in reiner Form in einer Ausbeute von
87 °/o erhalten wird.