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Verfahren zur Herstellung von dünnen Streich- bzw. Spritzlacken auf
der Grundlage von Hartpechen Die Verwendung von Teerpechen aller Art für die Herstellung
von Anstrichmitteln ist seit langem bekannt. Werden solche Teerpeche mit einem Erweichungspunkt
nach K r ä m e r- S a r n o w von gewöhnlich 6o bis 70°C durch Zusatz von Lösungs-und
Verdünnungsmitteln zu Pechlacken verarbeitet, so neigen die damit hergestellten
Anstrichfilme unter dem Einfluß des Lichtes und der Sonneneinwirkung zur Narbenbildung.
Es kommt hierbei an der Filmoberfläche zu Polymerisationsvorgängen, welche zusammen
mit einer Ausmagerung der Oberfläche zu einem Reißen des Films führen, wobei sich
die obengenannten Narben bilden.
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Es ist bekannt, daß diese nachteiligen Erscheinungen weitgehend vermieden
werden können, wenn man an Stelle des normales Pechs ein Hartpech mit sehr hohem
Erweichungspunkt (mindestens 13o° C) verwendet. Mit geeigneten Lösungsmitteln erhält
man dabei Anstrichfilme von derart gesteigerter Plastizität und Elastizität, daß
eine Narbenbildung überhaupt nicht oder nur nach sehr langer Zeit auftritt.
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Die so hergestellten Anstrichmittel zeigen gewisse Verarbeitungsschwierigkeiten.
Der Grund hierfür liegt darin, daß im ursprünglichen Steinkohlenteer verhältnismäßig
geringe Mengen an hochmolekularen Anteilen, üblicherweise als »freier Kohlenstoff«
bezeichnet, in äußerst fein verteilter, bereits fester Form vorliegen. Bei derAufarbeitung
des Steinkohlenteers reichert sich dieser freie Kohlenstoff
im
verbleibenden Pech an. So enthält z. B. entwässerter Steinkohlenteer etwa bis 7%,
Brikettpech vom E. P. = 67° C über 2o % und Hartpech vom E. P. = 13o° C über 50%-
an freiem Kohlenstoff.
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Wird ein solches Hartpech mit geeigneten Lösungsmitteln verdünnt,
so zeigt sich, daß damit nur ein Streichlack von der Viskosität 5o° C = etwa 4.
bis 4,5° E herstellbar ist. Versucht man, noch mehr Lösungsmittel zuzusetzen, um
einen für die Verarbeitung mit der Spritzpistole genügend dünnen Pechlack zu erhalten,
so fällt der im Hartpech vorhandene freie Kohlenstoff teilweise aus und bildet einen
Bodensatz, der beim anschließenden Verspritzen die Düse der Spritzpistole verstopft.
Zudem entsteht beim Verarbeiten dieses Lackes keine glatte, glänzende Oberfläche,
sondern ein matter, unansehnlicher, von zahlreichen Stippen durchsetzter Film.
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Er wurde nun gefunden, daß man diese oben geschilderte Erscheinung
des Ausfällens von freiem Kohlenstoff vermeiden kann, wenn man gummiartige Stoffe
natürlicher oder synthetischer Herkunft, vulkanisiert oder unvulkanisiert, mitverarbeitet.
Es hat sich dabei herausgestellt, daß für den beschriebenen Zweck vorzugsweise gummiartige
Stoffe mit wenig oder gar keinem Gehalt an Füllstoffen besonders geeignet sind.
Die dabei verwendeten Hartpeche können aus entsprechenden Teeren durch Destillation,
aber auch durch Verblasen mit kondensierenden und bzw. oder polymerisierenden Gasen,
wie Luft, 02, H CI, Cl, S O3, NO, usw., gewonnen werden. Als Ausgangsmaterialien
dienen Teere wie z. B. Kokereiteer, Gaswerksteer, Wassergasteer und Ölgasteer.
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Von den gummiartigen Stoffen natürlicher Abkunft wird der sogenannte
Kreppgummi (oder auch Kreppkautschuk genannt) bevorzugt. Dieser wird gewonnen aus
dem Latex gewisser Pflanzenarten durch Ausfällen mit Säure und anschließendes Räuchern
(ohne Vulkanisierung), wodurch er völlig wasserfrei wird. Aus wirtschaftlichen Gründen
ist die Verwendung von Kreppsohlenabfällen zu empfehlen.
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Ferner kommen feinzerkleinerte Stoffe aus Gummi-Regenerier-Werken,
also Mahlgut aus vulkanisierten Abfällen (Gummischuhe, Schläuche od. dgl.) in Frage.
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Von den gummiartigen Stoffen synthetischer Herkunft sind vor allem
die durch geeignete Behandlung von gewissen Ausgangsmaterialien, wie z. B. Butadienprodukten,
gewonnenen Materialien geeignet, auch im Verschnitt mit natürlichen Gummipulvern.
Ein bedeutender Füllstoffgehalt in den verwendeten gummiartigen Stoffen erzeugt
insofern Schwierigkeiten, weil dadurch Stippenbildung im aufgetrockneten Lackfilm
auftritt, wodurch der Glanz mehr oder weniger verlorenareht.
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Nach der Zugabe des Gummis zu dem vorher mit einem geringen Zusatz
höhensiedenden Teeröles als Weichmacher behandelten Hartpech wird dem Gemisch in
der- Wärme etwas Schwefel zugefügt. Eine Entwicklung von Schwefelwasserstoff ist
beim Verarbeiten des Schwefels in der Pech-Gummi-Masse nicht feststellbar, während
sonst beim Erhitzen ohne Gummizusatz der zugegebene Schwefel eine stark dehydrierende
Wirkung auf die Bestandteile von Pechen oder Teeren ausübt und infolgedessen in
diesem Fall eine merkbare Entwicklung von Schwefelwasserstoff stattfindet. Aus diesem
Grunde ist anzunehmen, daß der zugesetzte Schwefel in bestimmtem Umfange zur Herstellung
von Schwefelbrücken verwendet wird und so zur Ausbildung einer Netzstruktur führt.
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Bevor nun der dünne Spritz- oder Streichlack durch Zusatz. einer genügenden
Menge an geeignetem Lösungsmittel hergestellt wird, wird zunächst durch Zugabe eines
geringen, nicht ausreichenden Teiles des Lösungsmittels ein dickflüssiges Konzentrat
hergestellt, welches mehrere Stunden, am besten über Nacht, stehenbleibt. Diese
»Reifezeit« ist ein sehr wesentlicher Teil der Erfindung. Der Einfluß der Reifezeit
war nicht ohne weiteres vorauszusehen, und die Möglichkeit, auf diese Weise einen
dünnen Streich- oder Spritzlack mit plastischen Eigenschaften, aus Hartpechen mit
einem E.P. von etwa 13o° C, ohne Ausscheidung von freiem Kohlenstoff zu gewinnen,
bedeutet einen technischen Fortschritt. Wird nämlich die Verdünnung auf Spritzlack-Konsistenz
sofort nach Herstellung des Ansatzes, ohne denselben »reifen« zu lassen, vorgenommen,
so kommt es momentan zur Ausfällung des freien Kohlenstoffes.
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Es muß angenommen werden, daß der freie Kohlenstoff des Hartpechs
als Knüpfstelle auf die Kautschukketten -wirkt. Um diese Funktion ausüben zu können,
bedarf es einer gewissen Zeitdauer. Der freie Kohlenstoff . spielt anscheinend hier
die Rolle, welche sonst z. B. der Gasruß als Füllmaterial in der Kautschuckindustrie
darstellt.
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Die Verfahrensweise für die Herstellung dünner Streich- und Spritzlacke
aus Hartpechen wird im nachstehenden Beispiel näher dargelegt, ohne daß damit eine
Begrenzung der Ansprüche ausgesprochen wird. Ausführungsbeispiel A) Gummimehl (3
Gewichtsteile) wird in höhersiedendem Teeröl (I7 Gewichtsteile) in der Wärme gelöst.
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B) 176 g Hartpech aus Kokereiteer (Erweichungspunkt nach K
r ä m e r- S a r ri o w = 13o bis I35° C) wird in der Wärme mit 39 g höhensiedendem
Teeröl versetzt und sodann diesem heißen Gemisch IZo g Gummilösung nach A) sowie
etwa 8 g Schwefel zugefügt. Man verdünnt nun mit etwa 200 g aromatischem Lösungsmittel
und läßt das erkaltete dickflüssige Gemisch über Nacht stehen.
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Am nächsten Tag verdünnt man portionsweise in der Kälte mit weiteren
300 g aromatischem Lösungsmittel, ohne daß eine Ausfällung eintritt. Der
so hergestellte spritzfertige Pechlack hat nachstehende Kennzahlen:
Viskosität/5o° = IC> E |
Trockenzeit = etwa I Stunde. |
Der Pechlack trocknet nach dem Verspritzen mit glatter, glänzender
Oberfläche auf und zeigt beim Lagern kein Absetzen des freien Kohlenstoffes.
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Im Schrifttum sind verschiedene Maßnahmen und Erfahrungen bei der
Verarbeitung von Teeren und Pechen mit einem Gehalt an »freiem Kohlenstoff« beschrieben.
So wird z. B. (in der deutschen Patentschrift 904 338) die Herstellung eines besonders
klebefähigen Grundanstriches geschildert, bei welchem durch Ausfällen des freien
Kohlenstoffs ein hohes Haftvermögen gegenüber den anschließend aufzubringenden Deckmassen
hervorgerufen wird. Als eigentlicher Szhutzanstrich kommt aber dieses Grundierungsmittel
wegen des matten, unansehnlichen Aussehens nicht in Frage.
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In einer anderen Literaturstelle (der Zeitschrift »Gas- und Wasserfach«,
1950, S.61) wird insbesondere darauf hingewiesen, daß die Herstellung von Teerpechlösungen
aus Pechen und Schwerbenzol mit Zusätzen anderer Teeröle viel Erfahrung bedarf,
da sonst Ausfällungen an freiem Kohlenstoff unvermeidlich sind..
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Schließlich ist an einer anderen Schrifttumstelle (Abraham-Brühl,
»Asphalt und verwandte Stoffe«, 1939, S. 538) angegeben, daß die Lösbarkeit
bituminöser Stoffe durch Zusatz von Harzen, tierischen oder pflanzlichen Ölen und
Fetten, Fettsäurepech bzw. Erdölrückstandsölen gesteigert werden kann. Es ist auch
bekannt, Teere und Teerpeche mit gummiartigen Stoffen, z. B. Gummimehl, in Gegenwart
von Schwefel zu verarbeiten; jedoch ist dabei die Herstellung dünner Streich- und
Spritzlacke in der erfindungsgemäß gekennzeichneten Weise nicht vorgesehen.