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Verfahren zur'Gewinnung von Stickstoff -Verbindungen aus Melasse Es
ist bekannt, daß der bei weitem größere Teil der Stickstoffverbindungen, die sich
im Zuckerrohr und in den Zuckerrüben befinden, in der Melasse zurückbleibt. Einige
dieser Verbindungen sind sehr wertvoll, wie die Aminocarbonsäuren, z. B. die Glutaminsäure,
die in Form ihres Alkalisalzes in der Melasse vorliegt, und Betain.
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Versuche, diese Verbindungen mit Hilfe von Tonenaustauschern zu isolieren,
waren naheliegend und sind schon Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen.
Dabei hat es sich herausgestellt, daß in der Tat einige wertvolle Stickstoffverbindungen,
wie Betain oder Glutaminsäure, zunächst in dem Kationenaustauscher festgehalten,
jedoch bei längerer Behandlung durch anorganische Kationen ausgetauscht werden.
Es war daher unmöglich, nach dieser Verfahrensweise Stickstoffverbindungen zu erhalten,
die praktisch frei von anorganischen Bestandteilen waren. Man hat daher gewisse
Hilfsmittel angewandt. Es wurden zwei
Kationenaustauscher hintereinandergeschaltet.
In dem ersten wurden zunächst die wertvollen Stickstoffverbindungen festgehalten
und anschließend durch anorganische Kationen ersetzt. Die aus dem ersten Ionenaustauscher
austretende Flüssigkeit wurde anschließend durch einen zweiten Kationenaustauscher
geleitet, in welchem dann die Aminocarbonsäuren festgehalten wurden. Man kann auch
den ersten Kationenaustauscher nur unvollständig mit den Stickstoffverbindungen
beladen, so daß sie noch nicht durch die anorganischen Ionen ersetzt werden. In
beiden Fällen wird eine Elution beispielsweise unter Anwendung von verdünntem Ammoniak
durchgeführt. Diese Verfahren sind jedoch unwirtschaftlich, da es nur unter äußersten
Schwierigkeiten gelingt und mitunter sogar unmöglich ist, ein aschefreies Eluat
zu erhalten.
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Hierzu kommt noch der Umstand, daß die Melasse vor dem Austauschverfahren
gereinigt werden muß, da andernfalls die Filter schnell mit Substanzen verschiedenster
Zusammensetzung, wie Pektinen, Proteinen, schleimartigen Verbindungen aus Zuckern
und Aminocarbonsäuren, verstopft werden.
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Die Erfindung betrifft ein einfaches Verfahren zur Isolierung der
wertvollen Stickstoffverbindungen aus der Melasse mit Hilfe von Ionenaustauschern,
das die obenerwähnten Nachteile nicht aufweist. Zu diesem Zweck wird die Melasse
mit einer organischen Flüssigkeit, die mit der Melasse mischbar ist, oder einer
Mischung solcher Flüssigkeiten verdünnt, eine Säure zugefügt, die mit den in der
Melasse vorhandenen Kationen Salze bildet, die schwer oder gar nicht löslich sind.
Diese Säure kann entweder in Mischung mit der organischen Flüssigkeit oder allein
zugefügt werden. Der dabei erhaltene Niederschlag wird von der Flüssigkeit abgetrennt,
die organische Flüssigkeit abgedampft und der Rückstand durch einen oder mehrere
Ionenaustauscher geschickt.
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Die organische Flüssigkeit wird hauptsächlich dazu verwendet, die
Melasse zu verdünnen. Methylalkohol hat sich hierfür als besonders geeignet erwiesen,
jedoch können beispielsweise auch verdünnter Äthylalkohol und verdünntes Aceton
für diesen Zweck verwendet werden. Die Menge der organischen Flüssigkeit oder der
Mischung organischer Flüssigkeiten schwankt innerhalb weiter Grenzen. In der Praxis
werden auf i kg Melasse nicht mehr als 2 kg organische Flüssigkeit angewandt, da
durch eine größere Menge dieser Flüssigkeit das Verfahren ungünstig beeinflußt wird.
Verwendet man eine zu geringe Menge der organischen Flüssigkeit, so ist die Viskosität
der erhaltenen Mischung für die nachfolgende Abtrennung des Niederschlags zu hoch.
An Hand dieser Angaben kann die erforderliche Flüssigkeitsmenge, die zugefügt werden
muß, bestimmt werden. Im allgemeinen genügt es, etwa o,6 bis a kg organische Flüssigkeit
auf i kg Melasse zu verwenden. Das hierbei vorzugsweise gewählte Gewichtsverhältnis
zwischen Melasse und organischer Flüssigkeit liegt etwa bei i : i. Von den Säuren
haben sich beispielsweise Schwefel-, Phosphor- und schweflige Säure als geeignet
erwiesen. In der Praxis gibt man Schwefelsäure den Vorzug. Die zugefügte Säuremenge
kann auch innerhalb weiter Grenzen schwanken. In jedem Falle sollte die Mischung
so stark angesäuert werden, daß ihr pH-Wert unterhalb von 6 liegt. Die besten Ergebnisse
werden erzielt, wenn der pH-Wert der Mischung durch Säurezusatz zwischen 3,5 und
a, vorzugsweise auf etwa 3 eingestellt ist. Der pH-Wert kann auf i oder gar darunter
absinken, aber dies verbessert den Prozeß nicht weiter. Außerdem können dann einige
Aminocarbonsäuren ausfallen. Durch das Ansäuern wird bezweckt, daß verschiedene
unerwünschte Substanzen, die Salze einbegriffen, abgeschieden werden. Die letzteren
fällen praktisch bei einem pH-Wert von etwa 3 aus, wobei sich auchdie anderen störenden
Substanzen in zufriedenstellendem Maße abscheiden.
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Der Niederschlag wird von der Flüssigkeit abgetrennt, was in verschiedener
Weise geschehen kann und hier nicht näher erörtert werden soll, da solche Verfahren
dem Fachmann ausreichend bekannt sind.
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Die beim Säurezusatz gebildete Fällung kann bei gewöhnlicher Temperatur
entfernt, z. B. abfiltriert werden. Es hat sich jedoch erwiesen, daß der Niederschlag
sehr viel schneller entfernt werden kann, wenn man entweder die Fällung bei einer
Temperatur oberhalb der Raumtemperatur durchführt oder die Flüssigkeit mitsamt dem
Niederschlag auf eine Temperatur oberhalb der Raumtemperatur erhitzt und anschließend
nach Abkühlen der Mischung bei Raumtemperatur den Niederschlag von der Flüssigkeit
abtrennt. Die Filtration kann schon merklich beschleunigt werden, wenn man die Flüssigkeit
vor oder nach der Fällung nur leicht, beispielsweise auf eine Temperatur von etwa
30 bis 35°, erhitzt. Durch weitere Temperaturerhöhung kann diese Beschleunigung
noch merklich erhöht werden. Es wird jedoch nur ein geringer zusätzlicher Vorteil
erzielt, wenn man mit der Temperatur über 8o° hinausgeht. Für die praktische Durchführung
des Verfahrens ist eine Temperatur von 4o bis 5o° ausreichend.
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Nach der Entfernung des Niederschlags 'bleibt eine klare homogene
Flüssigkeit zurück, welche außer Zucker'die zu gewinnenden Stickstoffverbindungen
enthält. In jedem Falle wird die organische Flüssigkeit abgedampft. Man kann jedoch
auch so verfahren, daß man zuerst den Zucker zur Ausscheidung bringt, beispielsweise
indem man eine zusätzliche organische Flüssigkeit, wie Essigester, Benzol, Chloroform,
zufügt, die mit der ersten organischen Flüssigkeit mischbar ist, wobei man aber
die Melasse nicht zur Ausflockung bringt, und in welcher sich der Zucker praktisch
nicht löst. Man kann aber auch analog dem Verfahren der USA.-Patentschrift :2 591704
verfahren, in welcher die Zugabe von nicht ionogenen oberflächenaktiven Mitteln
beschrieben ist.
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Nach dem Abdampfen der organischen Flüssigkeit wird eine vollkommen
klare Masse erhalten,
welche man - falls notwendig nach Verdünnung
mit Wasser - durch Ionenaustauscher perkolieren läßt.
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Als Ionenaustauscher können, wie schon in der Literatur beschrieben
ist, Kationenaustauscher ver-@vendet werden, in welchen Glutaminsäure und Betain
festgehalten werden. Pyrrolidon-carbonsäure wird in einem Anionenaustauscher absorbiert.
Im Gegensatz zu der bisherigen Praxis ist es aber vorteilhaft, die Flüssigkeit zuerst
durch einen Anionenaustauscher hindurchzuschicken, was in diesem Falle möglich ist,
da die organischen Carbonsäuren in freier Form vorliegen. In der Praxis wird so
verfahren; daß man die Flüssigkeit auf etwa 2o bis. 3o Brix verdünnt und anschließend
direkt durch ein Anionenaustauschfilter hindurchschickt. Diese Methode weist den
Vorteil auf, daß in dem Filter die organischen Carbonsäuren, wie Glutaminsäure,
Pyrrolidon-carbonsäure und bei Verwendung von Rohrzuclcermelässe auch Aconitsäure
zurückgehalten und vom Betain getrennt werden. Die Elution kann in der üblichen
Weise, z. B. mit verdünntem Ammoniak oder verdünnter Salzsäure, durchgeführt werden.
Die organischen Carbonsäuren liegen dann in Form ihrer Am-. moniumsalze oder satzsauren
Salze in der Lösung vor. Enthält die Lösung Pyrrolidon-carbonsäure, so kann diese
in konzentrierter Lösung beispielsweise unter Zusatz von konzentrierter Salzsäure
oder Chlorwasserstoff hydrolysiert werden.
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Die aus dem Anionenaustauscher ausfließende Lösung ist praktisch neutral.
Infolgedessen braucht eine Invertierung des Zuckers nicht befürchtet zu werden.
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Es ist vorteilhaft, die aus dem Anionenaustauscher austretende Flüssigkeit
anschließend durch einen Kationenaustauscher zu leiten, in welchem das Betain absorbiert
wird. Dies kann wiederum mit einer Säure, beispielsweise verdünnter Salzsäure, oder
mit einer Base, z. B. verdünntem Ammoniak, eluiert werden. Wird diese Lösung konzentriert,
kristallisiert das salzsaure Salz des Betains oder bei Verwendung von Ammoniak das
Betain selbst aus. Dies °hat den Vorteil, daß die Kationen schon aus der Masse entfernt
sind und nicht zu befürchten ist, daß Betain durch andere Kationen verdrängt wird.
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Die abfließende Melasselösung ist noch schwach gefärbt und kann durch
Behandlung mit Kohle oder einem entfärbend wirkenden Harz vollkommen entfärbt werden.
Sie kann in konzentrierter Form und als Sirup aufgearbeitet werden. Der Aschegehalt
liegt außerordentlich niedrig, desgleichen der Stickstoffgehalt. Der Sirup kann
üblicherweise auf Zucker aufgearbeitet werden, falls dies nicht schon in einem früheren
Stadium geschehen sein sollte. Beispiel i 2 Gewichtsteile Rübenzuckermelasse mit
einem Feuchtigkeitsgehalt von 23 % und einem Zuckergehalt von 5o% werden mit 2 Gewichtsteilen
Methylalkohol verrührt, bis eine vollkommen homogene dünne Masse entsteht. Dann
werden o,i3 Gewichtsteile konzentrierte Schwefelsäure, auf die Melasse bezogen,
langsam und unter Rühren zugegeben. Der pH-Wert der Flüssigkeit beträgt 3. Es bildet
sich ein Sulfatniederschlag, der hauptsächlich aus Kaliumsulfat und aus Substanzen,
wie Proteinen, besteht, die in ursprünglichem Zustand in mehr oder minder kolloidaler
Verteilung vorliegen. Nach Entfernung dieses Niederschlages werden 0,36 Gewichtsteile
Essigester der klaren Lösung zugefügt und mit o,oio Gewichtsteilen feinkristallisiertem
Zucker angeimpft. Dann wird die Lösung in eine Kristallisationsvorrichtung übergeführt.
Der abgeschiedene Zucker, in einer Ausbeute von o,698 Gewichtsteilen, wird abzentrifugiert.
Die Gesamtmenge der »zweiten« Melasse beträgt etwa i,i6 Gewichtsteile mit einem
Gehalt von 67% Trockensubstanz. Diese Melasse wird mit Wasser auf etwa 3o Brix verdünnt
und durch einen Anionenaustauscher geschickt, in welchem die organischen Carbonsäuren,
wie Glutaminsäure und Pyrrolidon-carbonsäure absorbiert werden. Der pH-Wert der
Flüssigkeit vor der Perkolation ist 2,4 und nach der Perkolation 6,9.
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Die Flüssigkeit wird mit verdünnter Salzsäure eluiert. Das Eluat enthält
alle organischen Carbonsäuren. Die Lösung wird verdampft, konzentrierte Salzsäure
hinzugefügt und die Mischung 6 Stunden unter Rückfluß erhitzt, um den Pyrrolidonring
zu öffnen und die fragliche Verbindung in Glutaminsäure überzuführen. Anschließend
wird die Mischung auf dem Wasserbad weiter eingeengt, bis sich auf der Flüssigkeit
ein Kristallfilm bildet. Man kühlt ab, wobei die Glutaminsäure direkt als salzsaures
Salz auskristallisiert. Beim Einengen der Mutterlauge werden noch weitere Kristalle
dieses salzsauren Salzes erhalten.
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Die Gesamtmenge an reinem salzsaurem Salz der Glutaminsäure beträgt
o,o52 Gewichtsteile. Die Flüssigkeit, die aus dem Anionenaustauscher austritt, wird
anschließend durch einen Kationenaustauscher geschickt, in welchem das Betain festgehalten
wird. Diese Verbindung wird mit verdünnter Salzsäure eluiert. Nach Eindämpfen und
Abkühlen kristallisiert das Betain als salzsaures Salz aus der Elutionsflüssigkeit
aus. Nach der Aufarbeitung der Mutterlauge wird eine Gesamtmenge von o,o64 Gewichtsteilen
salzsaures Betain erhalten.
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Die aus dem Kationenaustauscher austretende Flüssigkeit ist nur schwach
gefärbt. Der pH-Wert beträgt 4,6. Nach Neutralisation mit Natronlauge auf einen
,pH-Wert von 6,5 und Eindampfen auf 75 Brix beträgt der Aschegehalt o,o9% und der
Stickstoffgehalt o,42%. Dieser Sirup kann noch auf Zucker, gewünschtenfalls auch
als Sirup weiterverarbeitet. werden. Beispiel e 2 Gewichtsteile der im Beispiel
i verwendeten Rübenzuckermelasse werden mit 2 Gewichtsteilen Methylalkohol verrührt,
bis eine homogene Lösung
entsteht. Nach Zusatz von 6,5 0/0 96%iger
Schwefelsäure, auf die Melasse berechnet, bildet sich ein Niederschlag, der aus
der Flüssigkeit entfernt wird.
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Man destilliert den Methylalkohol ab und kühlt die klare Melasse sehr
schnell ab, um die Inversion so gering wie möglich zu halten. Der pH-Wert der Mischung
beträgt nun 2,3. Nach Verdünnung auf etwa a5 Brix wird die Melasse zunächst durch
einen Anionenaustauscher und anschließend durch einen Kationenaustauscher geschickt.
Man verfährt weiter wie im Beispiel i beschrieben. Es wird eine Gesamtausbeute von
o,o49 Gewichtsteilen an salzsaurem Salz der Glutaminsäure und von o,o68 Gewichtsteilen
des salzsauren' Salzes von Betain erhalten. Der nach dem Durchgang durch den Kationenaustauscher
erhaltene klare Sirup kann auf Zucker oder Sirup oder auf Zucker und Sirup aufgearbeitet
werden. Beispiel 3 z Gewichtsteile der im Beispiel i verwendeten Rübenzuckermelasse
werden mit einer Mischung von 2 Gewichtsteilen 85%igem Äthylalkohol und 6,3 0/0
96%iger Schwefelsäure (auf Melasse berechnet) vermischt. Es bildet sich ein Niederschlag,
der hauptsächlich aus Alkalisalzen und ursprünglich kolloidal verteilten Substanzen
besteht. Nach Entfernung des Niederschlages wird eine homogene Flüssigkeit erhalten.
Den Äthylalkohol destilliert man ab und läßt die danach erhaltene klare Melasse
nach Verdünnung mit Wasser auf 25 Brix durch ein Anionenfilter perkolieren.. Die
abfließende Lösung schickt man anschließend durch ein Kationenfilter.
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Nach Durchführen der im Beispiel i und 2 beschriebenen Verfahren werden
schließlich o,o44 Gewichtsteile salzsaures Salz der Glutaminsäure und o,o6o Gewichtsteile
salzsaures Betain erhalten.
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Der dabei erhaltene Sirup kann wie im Beispiel 2 weiter aufgearbeitet
werden. Beispiel 4 5 kg Melasse werden mit 5 kg Methylalkohol vermischt und auf
5o° erhitzt. Dann fügt man 6 Gewichtsprozent konzentrierte Schwefelsäure, bezogen
auf Melasse, hinzu. Anschließend kühlt man die Mischung schnell auf Raumtemperatur
ab; saugt den gebildeten Niederschlag über einem Büchnertrichter mit einer.Filterflächevon
5 dm2 ab. Der Druck unterhalb des Filters beträgt 40 cm Hg. Die Filtration dauert
5 Minuten. Werden die Fällung und die Filtration des Niederschlags bei Zimmertemperatur
durchgeführt, beträgt die Filtrationszeit 15 Minuten. Die Abtrennung der gewünschten
Verbindungen aus dem Filtrat kann in derselben Weise wie in den vorhergehenden Beispielen
vorgenommen werden.