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Verfahren zur Reifung kohlensäurereicher Weine,- insbesondere von
nach dem Großraumgärverfahren gewonnenem Schaumwein durch Erwärmung Zur Schaumweinherstellung
werden (abgesehen von der Imprägnierung mit Kohlensäure) bekanntlich zwei Verfahren
benutzt, nämlich das traditionelle Verfahren der Flaschengärung (Methode champenoise)
und die erst vor einigen Jahrzehnten aufgekommene sogenannte Großraumgärung, d.
h. die Gärung in Drucktanks mit unmittelbar anschließender Filtration und isobarömetrischer
Abfüllung auf Flaschen. Der auf dem letztgenannten Wege hergestellte Schaumwein
weist infolgedessen in höherem Grade einen ausgeprägten und teilweise aufdringlichen
jungweincharakter auf als das durch die Flaschengärung gewonnene . Produkt. Diese
Eigenschaft, die. den Wert derartiger Schaumweine wesentlich beeinträchtigt, verliert
sich auf natürliche Weise erst durch längere Lagerung.
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Es liegen hier ähnliche Verhältnisse vor wie beim Stillwein. Bei diesem
ist bekannt, daß die gesehmackliche Reifung auf künstlichem Wege beschleunigt werden
kann. Hierüber existieren im Inland und Ausland verschiedene Patente, nach denen
diese Reifung z. B. durch Ultraviolett-Biestrahlung, Ultraschall-Behandlung, Beschießung
mit schnellen Elektronen usw. erreicht werden soll. Bekannt isst vor allem auch
für diesen Zweck die Erhitzung, die bei Rotweinen auch gelegentlich praktische Anwendung
findet. Es handelt sich dabei
durchweg um eine Erhitzung des Weines
mindestens auf 55 bis 65° C (Pasteurisiertemperatur), manchmal auch noch höher.
Um bei dieser Erhitzung einen Reifungseffekt zu erzielen, wird durchweg auch eine
mehr oder minder starke Zufuhr von Sauerstoff oder Luft für notwendig gehalten.
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Eine Übertragung dieses Verfahrens der künstlichen Reifung durch Erhitzung
unter Luftzufuhrauf Schaumwein oder auch auf andere Weine mit höherem Kohlensäuregehalt,
z. B. Perl'w.ein, .ist von vornherein schon deshalb nicht möglich, weil hierdurch
der Kohlensäuregehalt, das kennzeichnende Merkmal dieser Weine, verlorengehen würde.
Man hat deshalb versucht, die Reifebehandlung vor der Kohlensäurebildung durchzuführen,
- indem man den Ausgangswein unter gleichzeitigem Einpressen vors Luft auf Pasteurisiertemperatur
(55 biss 65° C) erhitzt, wodurch auch eine Sterilisation und eine Stabilisierung
(durch Ausscheidung von wärmelabilem Eiweiß) erreicht werden soll (Charmat-Verfahren).
Dieser so behandelte Wein wird dann unter Zuckerung und Hefezusatz zu Schaumwein
verarbeitet. Es hat sich aber gezeigt, daß durch die dabei erneut auftretende Gärung
"der zunächst vorhandene - Reifungseffekt zum großen Teil wieder aufgehoben wird
und daß der dabei entstehende Schaumwein ebenfalls weitgehend jungweincharakter
aufweist.
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In dem hier vorliegenden Verfahren wird nun .die Wärmebehandlung erst
beim fertigen Schaumwein vorgenommen und dadurch eine ganz erheblich bessere Reifewirkung
erzielt. Es wird dabei bewußt auf jegliche Sauerstoffeinwirkung verzichtet. Es hat
sich gezeigt, daß trotzdem oder wahrscheinlich gerade deshalb, unter den hier gewählten
Bedingungen der Erwärmung eine weit harmonischere Entwicklung der geruchlich und
geschmacklich wirksamen Bestandteile des Weines erhalten wird.
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Die Erwärmung kann bereits im Drucktank, also vor der Abfüllung auf
Flaschen vorgenommen werden, oder aber auch erst nach der Abfüllung auf Flaschen.
In beiden Fällen ergibt sich aber .die Schwierigkeit, dl.ß dadurch der Gasdruck
infolge des Kohlensäuregehaltes, der beim Schaumwein schon bei i5° C q. bis 5 atü
beträgt, durch die mit steigender Temperatur stark abnehmende Löslichkeit der Kohlensäure
im Wein ganz erheblich ansteigt (noch erhöht durch dien Partialdruck des Alkoholdampfes).
Dieser Druck würde sich, wie leicht berechnet werden kann, bei Pasteurisiertemperatur
auf 15 atü und darüber erhöhen. Dies würde bei der Erwärmung nach der Abfüllung
auf Flaschen einen beträchtlichen Flaschenbruch mit sich bringen,. der wirtschaftlich
keinesfalls tragbar wäre. Aber auch bei Erwärmung im Tank auf diese Temperatur würde
dieser Druck wesentlich die Druckbelastungsfähigkeit,dier üblichen bei der Schaumweinbereitung
benutzten Drucktanks, die bei .8 bis io atü liegt, übersteigen.
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Die Lösung dieses Problems wurde in folgendem -gefunden: Einerseits
wird die Erwärmung nicht bis zu der sonst allgemeinangewandten Pasteurisiertemperatur
gesteigert, sondern nur bis zu einer Temperatur von 35 bis q.5° C; andererseits
wird die Erwärmung unter Gegendruck vorgenommen. Es hat sich gezeigt, daß die vorgenannte
geringere Temperaturerhöhung, wenn sie längere Zeit, das ist 8 bis 1q. Tage, auf
den Schaumwein einwirkt (gegenüber der sonst angewandten nur mehrstündigen oder
noch kürzeren Erhitzung auf Pasteurisiertemperatur), in Verbindung mit dem vollständigen
Lüftausschluß, die vorerwähnte wesentlich harmonischere geschmackliche Reifung bewirkt,
besonders in Verbindung mit der nachstehend beschriebenen abwechselnden Erwärmung
und Abkühlung. Dauer der Erwärmung und Temperaturhöhe innerhalb der angegebenen
Grenzen sind naturgemäß von der Beschaffenheit des Weines und ,dien gewünschten
Reifungsgrade abhängig.
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Die Anwendung von Gegendruck kommt vor allem in Frage bei der Wärmebehandlung
des in Flaschen gefüllten Schaumweines und ist dabei unerläßlich; denn auch bei
einer Erwärmung auf nur 35 bis q.5° C kann der Gasdruck in den Flaschen auf mehr
als io atü ansteigen, was einen erheblichen und wirtschaftlich untragbaren Flaschenbruch
zur Folge haben würde. Wenn .man aber einen Gegendruck bis zu 6 bis 8 atü anwendet,
läßt sich ein Flaschenbruch praktisch vollständig vermeiden.
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Man verfährt dabei in zier Weise, daß man die in der üblichen Weise
verschlossenen Flaschen in einen Stahlbehälter einbringt, der eine Druckbelastung
von 8 bis io atü aushält, und alsdann auf die angegebene Temperatur erwärmt. Die
Erwärmung kann am vorteilhaftesten durch in den Behälter eingefülltes Wasser, welches
die eingelagerten Flaschen umspült, erfolgen, indem man das Wasser nach einem bekannten
Verfahren, z. B. mittels Warmwasser-, Dampf- oder elektrische Widerstandsheizung,
auf diie gewünschte Temperatur bringt. Es ist aber auch möglich, die Erwärmung mittels
eines in den Stahlbehälter eingebrachten Infrarotstrahlers varzunehmen. Der gewünschte
Druck wird, durch Druckluft oder auch durch ein anderes komprimiertes Gas, das man
in den Behälter einströmen läßt, erzeugt, wobei man diesen, Druck mit zunehmender
Temperatur erhöht.
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Ein weiterer wesentlicher Fortschritt dieses Verfahrens, soweit @es
auf die Reifung des in Flaschen befindlichen Schaumweines angewandt wird, besteht
darin, daß nicht nur der Flascheninhalt, d. h. der Schaumwein, die vorstehend dargelegte
Reifung erfährt, sondern auch der Flaschenkork eine Veränderung erleidet, die- von
größtem Vorteil ist. Durch den übernormal hohen Druck in dIer Flasche und den Gegendruck
im Stahlbe'häfber wird der Kork stark zusammengepreßt; er bekommt in Verbindung
mit der höheren Temperatur dadurch schon in wenigen Tagen. das Aussehen, welches
ein Schaumweinkork normalerweise erst nach z-. bis 3jähriger .Flaschenlagerung aufweist,
d. h. die bekannte Pilzform. Da auch der Flascheninhalt eine Reifung in etwa dem
gleichen Ausmaß erfährt,
wird durch diese Veränderung des Korkes
das äußere Erscheinungsbild der Beschaffenheit des Inhaltes ausgeglichen, was in
den Augen des Käufers von größtem Wert ist.
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Mit dieser Anpassung des- Korkes an die Form der Flaschenmündung infolge
dies hohen Druckes und' der höheren Temperatur ist aber auch verbunden, daß sich
der Kork leichter aus der Flasche entfernen läßt als dies normalerweise bei fri6sch
verkorktem Schaumwein' der Fall ist. Besonders deutlich wirkt sich dies bei Schaumwein
mit mäßigem Kohlensäuregehalt (Cremant) und infolgedessen geringerem Kohlensäured@ruck
auf den Korken aus; hierbei brechen bei frisch verkorkten Flaschen die Korke beim
Öffnen ee!hr häufig ab und müssen dann (unter Verzicht auf das beliebte »Knallen«)
mittels :eines Korkziehers (oftmühsam) entfernt werden, was eine erhebliche Verärgerung
des Abnehmers finit sich bringt.
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Schließlich wird aber auch durch,das Zusammenpressen' der Korksubstanz
diese verdichtet und dadurch ihre Porosität verringert; dies 'bedingt eine größere
Dichtigkeit des Korkes . gegenüber dem Entweichen der Kohlensäure, aber auch dem
Auslaufen des Flascheninhaltes, so daß dadurch die Zahl der unbrauchbaren sogenannten
»rekulösen« Flaschen verringert wird.
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Die Wirkung des vorstehend beschriebenen Verfahrens sowohl auf die
Reifung des Schaumweines selbst wie auch auf die Verformung des Korkes, wird noch
.erhöht, wenn man die Wärme- und Gegendruckbehandlung intermittierend vornimmt,
d. h. wenn man im Verlaufe der i- bis 2wöchigen Behandlung die Temperatur und. den
Gegendruck 3- bis 5mal auf die angegebene Höhe ansteigen und dazwischen wieder auf
die normale Lagertemperatur von etwa ia° C bzw. den Normaldruck zurückgehen läßt.
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Selbstverständlich kann die vorstehend beschriebene Behandlung der
Schaumweinflaschen mit Inhalt nicht nur bei dem nach dem Großraumgärverfahren gewonnenen
Schaumwein durchgeführt werden, sondern auch mit frisch dosierten und verkorkten
Flaschen mit Schaumwein, der nach dem Flaschengärverfahren hergestellt wurde. Auch
hierbei wird eine Qualitätssteigerung des Schaumweines selbst und besonders aber
eine vorteilhafte Veränderung der Schaum-weinkorken erzielt.
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Ausführungsbeispiel Im Tank vergorener Schaumwein wird in der üblichen
Weise . unter Filtration auf Flaschen gefüllt. Diese Flaschen wenden in bekannter
Weise mit Schaumweinkorken unter Benutzung eines Drafhtversohlusses verschlossen.
Die Flaschen mit dem jungen und deshalb unreifen Schaumwein werden in einem Stahlbehälter
mit 8 bis io atü Druckbeständigkeit eingelagert und derselbe mit Wasser soweit gefüllt,
daß die Flaschen dabei völlig von Wasser umspült sind. Alsdann wird mit Druckluft
ein Gegendruck von i bis 2 atü erzeugt. Das Wasser wird alsdann langsam mittels
einer der vorgenannten Methoden auf etwa q.0° C erwärmt und dabei der Gegendruck
im Stahlbehälter bis Du 6 bis 8 atü gesteigert. Nach 2 Tagen wird durch Zufließenlassen
von kaltem Wasser unter Druckverminderung auf etwa io° C abgekühlt und am darauffolgenden
Tage erneut auf 40° C unter gleichzeitiger Drucksteigerung erwärmt. Dies wird noch
2- bis 3mal wiederholt, abhängig von der Beschaffenheit des Schaumweines, aber auch
von der mehr oder minder großen Elastizität der benützten Schaumweinkorken. Schließlich
werden die Flaschen, bei denen nunmehr der gewünschte Effekt eingetreten ist, nach
Ablaufenlassen des Wassers und Aufheben des Gegendruckes dem Tank entnommen.