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Verfahren zum Aufschluß von Vitamin-B12, seine Vorstufe oder Vitamin-B12-ähnliche
Stoffe enthaltenden Kulturflüssigkeiten Für die Gewinnung von Vitamin B12 sind in
der letzten Zeit außer Leberkonzentraten Kulturmedien gewisser Mikroorganismen wichtig
geworden. Diese Mikroorganismen bilden aber in dafür geeigneten Nährlösungen außer
dem eigentlichen Vitamin noch Vitamin-B"-ähnliche Verbindungen, die auch zum Teil
wohl als Vorstufe für das Vitamin B12 anzusehen sind. Für die technische Gewinnung
des Vitamins ist es wichtig, diese Stoffe nach Möglichkeit in das Vitamin selbst
überzuführen.
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Die Konstitution des Vitamins B12 ist noch nicht in allen Einzelheiten
bekannt. Fest steht, daß es sich um einen Kobaltkomplex handelt, für den von E.
Kaczka (Chemistry of Vitamin B12; Am. Chem. Soc.11g. Meeting, 1951, 19A) folgende
Summenformel angegeben wurde: C61-64H86-s1N1401sPCo. Über den chemischen Aufbau
Vitamin-BI.,-ähnlicher Substanzen, die sich in der Kulturflüssigkeit der einzelnen
Vitamin-B12 bildenden Mikroorganismen befinden, wurde bisher sehr wenig veröffentlicht.
Ihre Art und Menge ist abhängig von der Zusammensetzung der Nährlösung und dem verwendeten
Mikroorganismus.
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Es ist bereits bekannt, solche Vitamin-B1,-ähnlichen Stoffe in das
Vitamin umzuwandeln. Nach den Angaben der USA.-Patentschrift 2 530 416 wird
die Umwandlung dieser Vitamin-B"-ähnlichen Stoffe durch CN-Ionen bewirkt. Dementsprechend
ist die Verwendung von freier Blausäure in wäßriger Lösung und in wasserfreier Form
bekannt, ferner die Verwendung
von Alkali-, Erdalkali- .und Ammoniumcyanid,
die in wäßriger Lösung CN-Ionen liefern. So werden nach dem Verfahren der obengenannten
Patentschrift z. B. 2 Zoo Gal. (etwa g 300 1) Kulturflüssigkeit auf* verschiedene
Weise stark konzentriert, und das vorhandene Vitamin B12 wird abgetrennt. Die im
Rückstand verbleibenden Vitamin-B"-ähnlichen Substanzen werden dann mit wäßriger
Cyankalilösung weiterbehandelt. Da das Arbeiten mit CN-Ionen-haltigen Lösungen,
vor allem in der Wärme, gewisse Schwierigkeiten und Gefahren mit sich bringt, wird
die Umsetzung von Konzentraten aus Kulturflüssigkeiten empfohlen, wobei nur kleinere
Mengen blausäurehaltiger Flüssigkeiten zu handhaben sind.
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Man hat auch schon vorgeschlagen, die Bildung von Vitamin B12 dadurch
zu erhöhen, daß man der Kulturlösung vor oder während der Fermentation cyanhaltige
Substanzen zugibt, aus denen der Organismus die Cyangruppe in verwertbarer Form
freisetzen kann. ` Es wurde nun gefunden, daß für die Umwandlung der Vitamin-B,.,-ähnlichen
Stoffe gar keine C N-Ionen notwendig sind, also auch keine freie Blausäure bzw.
Blausäure abgebende Lösungen, sondern daß man auch Stoffe verwenden kann, die die
CN-Gruppe in komplex gebundener Form enthalten oder sogar an ein Kohlenstoffatom
gebunden, also als Nitrilgruppe, enthalten. Mit diesen Verbindungen gelingt es nach
beendeter Fermentation ohne Schwierigkeit mit besseren, mindestens aber mit der
mit CN-Ionen erreichbaren Ausbeute, die Vitamin-I3,2-ähnlichen Stoffe in das Vitamin
B12 selbst umzuwandeln.
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Verbindungen, die CN-Gruppen in komplexer Form enthalten, sind bekanntlich
Ferro- und Ferricyankalium, Kobaltikaliumcyanid und andere Metallcyanidkomplexsalze.
In all diesen Salzen ist die C N-Gruppe an das Metall koordinativ gebunden und nicht
mehr als Ion nachweisbar, worauf die Ungiftigkeit der Verbindungen beruht.
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Verbindungen, in denen die CN-Gruppe an Kohlenstoff gebunden ist,
sind Nitrile. Auch diese geben in wäßriger Lösung keine Reaktion auf .C N-Ionen.
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Wegen ihrer leichteren Löslichkeit eignen sich für den Aufschluß Vitamin-B12
haltiger . Kulturflüssigkeiten vor allem Nitrile mit niederem Molekulargewicht.
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Gegenüber dem bekannten Verfahren des Aufschlusses mit CN-Ionen bedeutet
das vorliegende Verfahren einen Fortschritt, der sich vor allem bei der großtechnischen
Gewinnung des Vitamins B12 günstig auswirkt. Es liefert bessere Ausbeuten, es benötigt
keine Vorkonzentration der Kulturflüssigkeit, um große Mengen blausäurehaltige Lösungen
zu vermeiden, es sind keine Aufwendungen notwendig, um in den Kulturmedien nach
der Gewinnung des Vitamins B12 die Blausäurereste zu beseitigen. Die für den Aufschluß
eingesetzten Stoffe sind in der benutzten Konzentration ungiftig. Die Durchführung
des neuen Verfahrens ist einfach. Es genügt, die Kulturflüssigkeit mit einer entsprechenden
Menge des Komplexsalzes oder Nitriles auf höhere Temperatur, etwa bis ioo°, zu erwärmen.
Ein Erhitzen unter Druck ist dabei nicht notwendig. Das vorliegende Verfahren beeinflußt
das in der Kulturflüssigkeit bereits vorhandene Vitamin B12 nicht. Nach der Umsetzung
kann die Isolierung des gesamten Vitamins B12 in an sich bekannter Weise, z. B.
durch Adsorption, Eluieren usw., vorgenommen werden.
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Beispiel i . ioo ml einer Kulturlösung, in der ein neben Vitamin B12
auch Vitanün-B12 ähnliche Stoffe erzeugender Mikroorganismus, etwa Streptomyces
olivaceus, gewachsen ist, werden mitsamt dem in der Kulturflüssigkeit enthaltenen
Zellmaterial mit 0,085 g Kaliumkobalticyanid K3 [C O (C N) s] versetzt und
unter Umrühren etwa i Stunde auf g5° erwärmt. Der Test der behandelten Flüssigkeit
mit Lb. Leichm. ergab 440 Milligamma Vitamin B12 in einem ml. Eine Behandlung mit
0,05 g KCN, analog der Vorschrift der USA.-Patentschrift 2 530 4i6
für eine Kulturflüssigkeit von Streptomyces griseus lieferte mit der obengenannten
Kulturflüssigkeit des Streptomyces _olivaceus einen Test von 340 Willigamma Vitamin
B12 im ml. Die Menge des Kaliumkobalticyanids kann auch größer bemessen werden und
bis zu etwa 3 g in ioo ml Kulturflüssigkeit betragen.
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Beispiel 2 ioo ml Kulturlösung gemäß Beispiel i werden mit
0,93 g gelbem Blutlaugensalz K4 [Fe (C N) s] - 3 H,0 versetzt und i Stunde
bei 95° gerührt. Beim Test ergeben sich 460 Minigamma Vitamin B12 im ml. Es können
an Stelle von 0,93 g auch Mengen zwischen o,i bis 3,5 g Kaliumferrocyanid
benutzt werden. Beispiel 3 ioo ml Kulturlösung gemäß Beispiel i erwärmt man unter
Umrühren mit 0,56 g Kaliumzinkcyanid K2[Zn(CN)4] i Stunde auf g5°. Das Testergebnis
beträgt 385 Milligamma Vitamin B12 im ml. Beispiel 4 288 ml Kulturflüssigkeit gemäß
Beispiel i werden mit 0,3 ml go °/oigem Glykolsäurenitril zusammen i Stunde
bei 95° verrührt. Die behandelte Flüssigkeit wird nach der im Beispiel i angegebenen
Weise --getestet. und ergibt 360 Milligamma Vitamin B12 pro ml.
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Beispiel 5 Zoo ml Kulturflüssigkeit von Streptomyces olivaceus werden,
ohne das--Zellmaterial abzutrennen, mit 0,351 g Benzylcyamd'versetzt und i Stunde
bei 95° gerührt.
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Der Test der behandelten Flüssigkeit mit Lb. Leichm. ergab an Vitamin
B12 3,0 Y/ml. Zoo ml derselben Kulturflüssigkeit, aufgeschlossen mit o,2 g Kaliumcyanid
an Stelle des Benzylcyanids, enthielten an Vitamin B12 ebenfalls 3,0 y/ml.
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Beispiel 6 Zoo ml Kulturflüssigkeit entsprechend Beispiel 5 wurden
mit 0,309 g Benzonitril i Stunde bei g5° gerührt. Nach dem üblichen Test
wurde ein Gehalt
an Vitamin B12 von 3,0 y/ml gefunden. Dieselbe
Menge ergab der Aufschluß mit Kaliumcyanid an Stelle von Benzonitril.