-
Verfahren zur Reinigung von milchsäurenitril-, acetaldehyd- und blausäurehaltigem
Acrylsäurenitril
Das durch Umsetzung von Acetylen und Blausäure in Lösungen von Kupfer(I)salzen
hergestellte Acrylsäurenitril enthält neben anderen Verunreinigungen Acetaldehyd,
freie Blausäure und Milchsäurenitril, das mit den beiden zuerst genannten Stoffen
im Gleichgewicht steht. Die Abtrennung dieser Verunreinigungen vom Acrylsäurenitril
bereitet außerordentliche Schwierigkeiten, obwohl die Siedepunkte dieser Stoffe
weit auseinanderliegen, da bei der Destillation das Milchsäurenitril zerfällt und
der Acetaldehyd und die Blausäure überdestillieren und sich im Destillat zum Teil
wieder zu Milchsäurenitril umsetzen.
-
Man hat deshalb schon vorgeschlagen, das Milchsäurenitril durch eine
Wasserwäsche aus dem Acrylsäurenitril zu entfernen. Da sich das Acrylsäurenitril
aber bei Raumtemperatur bis zu etwa 7 01o in Wasser löst, ist bei Benutzung der
Wasserwäsche eine Wiedergewinnung des im Wasser gelösten Acrylsäurenitrils erforderlich.
-
Es wurde nun gefunden, daß man aus technischem Acrylsäurenitril in
einfacher Weise Acetaldehyd, Blausäure und Milchsäurenitril entfernen kann, wenn
man es mit stark alkalisch reagierenden anorganischen Stoffen behandelt und nach
Abtrennung und bzw. oder Neutralisation der alkalisch reagierenden Stoffe, vorzugsweise
nach Einstellung einer sauren Reaktion, destilliert.
-
Zur alkalischen Behandlung des Acrylsäurenitrils eignen sich vor
allem die Oxyde bzw. Hydroxyde
und Carbonate der Alkali- oder Erdalkalimetalle
und alkalisch reagierende anorganische Pufferlösungen, die z. B. Alkaliphosphate
oder -borate enthalfen.
-
Man benötigt in der Regel nur geringe Mengen von alkalisch reagierenden
Verbindungen, sofern nicht das zu behandelnde Acrylsäurenitril säurehaltig ist.
-
Bei säurefreiem Acrylsäurenitril genügen z. B. 0,I bis 101o Natriumhydroxyd
oder Natriumcarbonat für die Durchführung des Verfahrens. Die alkalisch reagierenden
Stoffe kann man dem zu behandelnden Acrylsäurenitril in fester Form oder in wäßriger
Lösung oder Aufschlämmung zusetzen. Durch Rühren, Umwälzen oder eine ähnliche Maßnahme
sorgt man für eine gleichmäßige Verteilung. Die Behandlung kann bei Raumtemperatur
oder erhöhter Temperatur ausgeführt werden; die günstigsten Behandlungstemperaturen
liegen bei 10 bis 400.
-
Die Wirkungsweise der alkalisch reagierenden Zusätze ist je nach
der Alkalität des verwendeten Stoffes verschieden. Bei der Behandlung mit Alkalicarbonaten
wird ein Acrylsäurenitril erhalten, das weitgehend frei von Blausäure bzw. Milchsäurenitril
ist. Verwendet man Alkalihydroxyde, dann erhält man ein praktisch blausäure- bzw.
milchsäurefreies Acrylsäurenitril, womit jedoch durch Bildung des Cyanäthyläthers
des Milchsäurenitrils ein der Blausäure äquivalenter Verlust an Acrylsäurenitril
verbunden ist. Will man diesen Verlust möglichst klein halten, dann empfiehlt es
sich, besonders bei Anwesenheit größerer Blausäuremengen, zunächst eine Behandlung
mit Alkalicarbonaten vorzunehmen und dadurch die Hauptmenge des Milchsäurenitrils
bzw.
-
Acetaldehyds und Blausäure zu entfernen und in einer zweiten Stufe
dann mit Alkalihydroxyden nachzubehandeln, um die letzten Reste dieser Verunreinigungen
zu beseitigen.
-
Es lassen sich mit Hilfe dieses Verfahrens auch im Überschuß vorhandene
Verbindungen mit Carbonylgruppenvaus dem Acrylsäurenitril entfernen, wenn man dem
Acrylsäurenitril vor oder während der alkalischen Behandlung eine den carbonylgruppenhaltigen
Verbindungen äquivalente Menge an Blausäure zufügt.
-
Die alkalisch reagierenden Zusätze können nach der Behandlung z.
B. durch Dekantieren, Abfiltrieren oder Abheben entfernt werden. Zum Ansäuern nach
der alkalischen Behandlung kann man anorganische oder organische Säuren verwenden,
z. B. Schwefelsäure, Phosphorsäure, Oxalsäure, Toluolsulfonsäure oder sauer reagierende
Salze.
-
Das Verfahren kann z. B. in Rührbehältern diskontinuierlich ausgeführt
werden: Es läßt sich aber auch kontinuierlich gestalten. Es ist z. B. möglich, das
Acrylsäurenitril durch einen Turm strömen zu lassen, der mit einer Füllung aus festem
Natriumhydroxyd oder -carbonat beschickt ist.
-
Gegenüber einer bekannten Arbeitsweise, bei der Acrylsäurenitril
mit Anionenaustauschern behandelt wird, besitzt das vorliegende Verfahren wesentliche
Vorzüge, weil bei der Einwirkung von basisch reagierenden Verbindungen auf unreines
Acrylsäurenitril teerige bis harzartige Stoffe entstehen, die sich auf den Ionenaustauschern
absetzen und diese in kurzer Zeit unwirksam machen. Auch die Regenerierung der Anionenaustauscher
ist umständlich und kostspielig.
-
Man hat auch bereits andere Nitrile als Acrylsäurenitril durch eine
Behandlung mit Aminen, z. B. Trimethyl- oder Triäthylamin, gereinigt. Diese Verbindungen
haben aber bei Acrylsäurenitril keine befriedigenden Reinigungswirkungen und beeinflussen
außerdem auch die Polymerisation des Acrylsäurenitrils in schwer kontrollierbarer
Weise.
-
Die in den nachfolgenden Beispielen angegebenen Teile sind Gewichtsteile.
-
Beispiel I Es werden drei Acrylsäurenitrilproben, die Milchsäurenitril
und zum Teil auch freie Blausäure enthalten, über eine 2,4 m lange Raschigkolonne
bei Iofachem Rücklauf destilliert.
-
Probe a ist ein durch Umsetzung von Acetylen und Blausäure in Kupfer(I)salzlösung
hergestelltes technisches Acrylsäurenitril, das keiner alkalischen Reinigungsbehandlung
unterworfen wurde.
-
Für die Probe b wurden I000 Teile des in Probe a verwendeten Ausgangsacrylsäurenitrils
zunächst 4 Stunden mit 4,5 Teilen wasserfreiem Natriumcarbonat bei Raumtemperatur
behandelt und nach dem Abtrennen des Natriumcarbonats mit 7,5 Teilen 89 0/0iger
Phosphorsäure versetzt.
-
Für die Probe c wurden I000 Teile des Destillates von Probe b benutzt,
die vor der zweiten Destillation mit 3 Teilen Natriumhydroxyd 4 Stunden bei Raumtemperatur
behandelt wurden und dann nach Abtrennen des Alkalihydroxyds mit 6,5 Teilen 89 0I0iger
Phosphorsäure angesäuert wurden.
-
Die jeweils erzielte Reinigungswirkung ist aus der nachstehenden
Tabelle ersichtlich:
Ausgangsmaterial Endprodukt (Destillat) |
HON HON |
Art der Behandlung HCN | gebunden im HCN | gebunden im |
frei Milchsäure- frei Milchsäure- |
nitril nitril |
a) unbehandelt | 0,02 | 0,63 | o,oo | O,I9 |
b) Na2CO3/H3PO4 0,02 0,63 0,00 0,00I7 |
c) NaOH/H3PO ....... 0,00 0,OQI7 O,oO O,OOOI |
Während sich bei allen Proben im Destillat keine freie Blausäure nachweisen läßt,
ist der Gehalt an Blausäure, die in gebundener Form im Milchsäurenitril vorliegt,
bei Probe b um etwa 2 Zehnerpotenzen
und bei Probe c um 3 Zehnerpotenzen
niedriger als beim Destillat der nicht behandelten Probe a.
-
Beispiel 2 IOOO Teile Acrylsäurenitril werden mit 30 Teilen Calciumoxyd
bei 30° 3 Stunden verrührt. Dann wird von dem Bodensatz abfiltriert und das Acrylsäurenitril,
wie im Beispiel I beschrieben wurde, destilliert.
-
Die Reinigungswirkung ist aus folgenden Zahlen ersichtlich:
Freie und an |
Acet- Milchsäure- |
aldehyd nitril |
gebundene |
HCN |
ol ol |
Unbehandeltes Acrylsäurenitril 0,31 0,19 |
Behandeltes Acrylsäurenitril .. o,I5 0,00 |
Das gleiche Ergebnis erhält man, wenn man an Stelle des Calciumoxyds Calciumhydroxyd
oderBariumhydroxyd verwendet.
-
Beispiel 3 Zu IOOO Teilen Acrylsäurenitril werden unter Rühren bei
-15° nach und nach 20 Teile grob gepulvertes Kaliumhydroxyd gegeben. Man rührt noch
I Stunde, gießt das Acrylsäurenitril von dem teilweise verharzten dunkelbraungefärbten
Bodensatz ab, neutralisiert mit Essigsäure und destilliert, wie im Beispiel I beschrieben
wurde. Die Reinigungswirkung ist aus folgenden Zahlen zu erkennen:
Freie und an |
Milchsäure- |
aldehvd nitril |
gebundene |
HCN |
% % |
Unbehandeltes Acrylsäurenitril 0,31 0,19 |
Behandeltes Acrylsäurenitril .. 0,05 o,oo |
Beispiel 4 IOOO Teile Acrylsäurenitril werden bei 200 6 Stunden mit 30 Teilen Kaliumcarbonat
verrührt, dann, wie im Beispiel 1 beschrieben wurde, abgetrennt, mit Phosphorsäure
angesäuert und destilliert. Die Reinigungswirkung ist aus den nachstehenden Zahlen
zu erkennen:
Freie und an |
fllchsäure- |
Acet- nitril |
aldehyd gebundene |
HCN |
0/o |
Unbehandeltes Acrylsäurenitril 0,3I O,I9 |
Behandeltes Acrylsäurenitril .. o,Io j 0,01 |
Beispiel 5 1000 Teile Acrylsäurenitril werden mit 60 Teilen einer 50%igen Natronlauge
bei 200 verrührt. Die Lauge wird danach sorgfältig abgetrennt. Das leicht gelbgefärbte
Acrylsäurenitril wird destilliert. Die Reinigungswirkung ist aus folgenden Zahlen
ersichtlich:
An Milchsäurenitril |
gebundene HCN |
Unbehandeltes Acrylsäurenitril .. 0,I37 |
Behandeltes Acrylsäurenitril .... 0,000 |