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Verfahren zur Herstellung von Ketoximen Es wurde gefunden, daß man
Ketoxime in guten Ausbeuten erhält, wenn man sekundäre aliphatische oder cycloaliphatische
Nitroverbindungen in Form ihrer Salze oder der freien aci-Formen in saurem Medium
mit Thioschwefelsäure bzw. ihren wasserlöslichen Salzen umsetzt.
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Geeignete Nitroverbindungen sind z. B. Nitrocyclohexan, Nitrocyclooktan,
methylierte Nitrocyclohexane, die sekundären Nitrohexane sowie das 2-Nitropropan
und das 2-i\?itrobutan. Man verwendet sie zweckmäßig in Form ihrer Alkali-, Erdalkali-
oder Ammoniumsalze. Auch die Thioschwefelsäure wird zweckmäßig in Form ihrer Alkali-
oder Ammoniumsalze benutzt.
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Man kann z. B. so verfahren, daß man wäßrige Lösungen etwa äquivalenter
Mengen der Salze der Nitroverbindungen und derThioschwefelsäure nach vorheriger
Mischung oder getrennt, aber gleichzeitig, in vorgelegte verdünnte Säuren einrührt.
Als Säuren eignen sich z. B. Schwefelsäure oder Salzsäure. Gewünschtenfalls kann
man auch indifferente organische Lösungs- oder Dispergiermittel mitverwenden.
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Die Umsetzung erfolgt im allgemeinen bereits bei gewöhnlicher Temperatur
sehr rasch. Man kann das Verfahren also sehr leicht kontinuierlich ausführen, indem
man die Lösungen der Salze der Nitroverbindungen und der Thioschwefelsäure z. B.
in einem Mischrohr mit überschüssiger Säure zusammenfließen läßt.
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Erforderlichenfalls kann man auch unter Kühlung oder bei erhöhter
Temperatur arbeiten.
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Das Reaktionsgemisch muß auf jeden Fall sauer sein, wobei der genaue
PH-Wert keine größere Rolle spielt. Man legt also entweder einen überschuß an Säure
vor oder sorgt durch gelegentliche oder dauernde Zugabe von Säure dafür, daß das
Reaktionsgemisch dauernd sauer bleibt.
Zur partiellen Reduktion
von Nitrocyclohexan zu Cyclohexanonoxim sind bereits eine Reihe von Mitteln vorgeschlagen
worden, z. B. Zinnchlorür, Natrium und Alkohol, Natrium- oder Aluminiumamalgam,
Zink und Essigsäure, Eisen (II) -hydroxyd oder Natriumhydrosulfit. Alle diese chemischen
Mittel lieferten, wenn überhaupt, dann nur schlechte Ausbeuten an Oxim, das zudem
aus dem Reaktionsgemisch nur schwierig abtrennbar ist. Das gilt auch von dem aus
der Patentschrift 825 544 bekannten Verfahren, bei dem man die Alkali- oder Erdalkalisalze
von primären oder sekundären aliphatischen oder cycloaliphatischen Nitroverbindungen
mit Schwefelwasserstoff in saurer Lösung reduziert; bei diesem Verfahren fallen
die gewünschten Oxime im Gemisch aus freiem Schwefel an, von dem sie befreit werden
müssen. Ein weiteres Verfahren, das in der Patentschrift 825 547 beschrieben ist,
verwendet zur Umwandlung der Nitroverbindungen in Oxime die Umsetzung mit primären
oder sekundären organischen Halogenverbindungen, wie Benzy lchlorid, und Alkali.
Dabei erhält man die Oxime im Gemisch mit den aus den Halogenverbindungen entstehenden
Aldehyden, z. B. Benzaldehyd, wobei die Gefahr der Umoximierung und jedenfalls die
Aufgabe der Abtrennung des Oxims besteht. Demgegenüber liefert das vorliegende Verfahren
unmittelbar in sehr guten Ausbeuten praktisch reine Oxime, die im allgemeinen bereits
aus dem Reaktionsgemisch auskristallisieren und durch bloßes Absaugen gewonnen werden
können. Hinzu kommt, daß Thiosulfate leicht und wohlfeil erhältlich sind und daß
sich das verbrauchte Thiosulfat leicht regenerieren läßt. Das vorliegende Verfahren
besitzt vor dem in der Zeitschrift »Angewandte Chemie«, 195o, S- 559/56o, beschriebenen
katalytischen Verfahren den Vorteil, daß es bei gewöhnlichem Druck ausgeführt werden
kann und in wesentlich kürzerer Zeit bessere Ausbeuten liefert, ohne daß die Gefahr
einer Weiterhydrierung zum Alkyl- bzw. Cycloalkylhydroxylamin besteht.
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Die in den folgenden Beispielen genannten Teile sind Gewichtsteile.
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Beispiel i Zu einer Lösung von 64,5 Teilen Nitrocyclohexan in 235
Teilen 9%iger Natronlauge gibt man eine Lösung von248Teilen kristallisiertem Natriumthiosulfat
in i5o Teilen Wasser. Das Gemisch läßt man unter kräftigem Rühren bei etwa 2o° in
9oo Teile 2 n-Schwefelsäure einlaufen. Bereits vor Beendigung des Eintragens beginnt
Cyclohexanonoxim auszukristallisieren. Man neutralisiert das mit Kristallen durchsetzte
Reaktionsgemisch mit Natriumcarbonatlösung und saugt das Oxim dann ab. Aus den Mutterlaugen
gewinnt man durch Ausschütteln, z. B. mit Äther, weiteres Oxim. Die Gesamtausbeute
beträgt 5o bis 52 Teile, entsprechend etwa 9o % der Theorie.
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Beispiel e Durch ein Rohr aus rostfreiem Stahl, das etwa io m lang
ist, eine lichte Weite von 4 mm hat und zu einer Spirale von etwa 6 cm Durchmesser
gerollt ist, leitet man im Laufe von 3 Minuten gleichzeitig eine auf 5° gekühlte
Lösung von 258 Teilen Nitrocyclohexan in 94o Teilen 9%iger Natronlauge, die man
mit einer gleichfalls gekühlten Lösung von 1042 Teilen kristallisiertem Natriumthiosulfat
in 133o Teilen Wasser vermischt hat, sowie ein ebenfalls auf 5° gekühltes Gemisch
aus 356 Teilen 96%iger Schwefelsäure und ioo Teilen Wasser. Man kühlt die Spirale
von außen durch fließendes Wasser derart, daß das Reaktionsgemisch mit einer Temperatur
von etwa 2o° die Spirale verläßt. Dann neutralisiert man es mit wasserfreiem Natriumcarbonat,
erwärmt es auf etwa 26° und saugt das ausgefallene Cyclohexanonoxim ab. Die Ausbeute
beträgt etwa 192 Teile, entsprechend 85 % der Theorie.
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Die Abmessungen des Rohres können in weiten Grenzen variiert sein,
doch empfiehlt es sich, sie so zu bemessen, daß im Rohr Turbulenz eintritt.
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Das Neutralisieren und Absaugen kann ebenfalls kontinuierlich ausgeführt
werden.
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Beispiel 3 Zu einer Lösung von 178 Teilen 2-Nitropropan in 94o Teilen
9%iger Natronlauge gibt man zunächst eine Lösung von 1042 Teilen kristallisiertem
Natriumthiosulfat in 133o Teilen Wasser, kühlt das Gemisch auf - ii° und läßt dann
unter gutem Kühlen und Rühren rasch eine auf - io° gekühlte Mischung aus 356 Teilen
96%iger Schwefelsäure und ioo Teilen Wasser zufließen. Nach etwa 5 Minuten neutralisiert
man ohne weitere Kühlung durch allmähliche Zugabe von Natriumcarbonat und erwärmt
auf etwa 26°. Dann wird das Reaktionsgemisch erschöpfend mit Äther extrahiert. Der
ätherische Extrakt wird mit Natriumsulfat getrocknet, filtriert und an einer gut
wirkenden Kolonne vom Äther befreit. Durch Destillation bei gewöhnlichem Druck erhält
man etwa 132 Teile Acetonoxim vom Siedepunkt 130 bis 136°, entsprechend 9o % der
Theorie.
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Beispiel 4 Man rührt ein Gemisch aus 178 Teilen 2-Nitropropan, 78
Teilen Calciumhydroxyd und 88o Teilen Wasser bei gewöhnlicher Temperatur so lange,
bis alles 2-Nitropropan gelöst ist. Dann filtriert man und gibt zum Filtrat eine
Lösung von io4o Teilen kristallisiertem Calciumthiosulfat in 8oo Teilen Wasser.
Das Ganze rührt man unter Kühlen auf etwa 2o° binnen weniger Minuten in 352o Teile
2n-Salzsäure ein. Nach weiteren 5 Minuten neutralisiert man mit Calciumhydroxyd
und äthert dann aus. Bei der Aufarbeitung wie im Beispiel 9 erhält man etwa 124
Teile Acetonoxim, entsprechend 851/o der Theorie.
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Beispiel s Zu einer Lösung von 58,5 Teilen 3-Nitropentan in 235 Teilen
9%iger Natronlauge gibt man eine Lösung von 248 Teilen kristallisiertem Natriumthiosulfat
in i5o Teilen Wasser. Das Ganze läßt
man unter kräftigem Rühren
und Kühlen bei etwa 20° ingooTeile 2n-Schwefelsäure einlaufen, worauf man wie im
Beispiel 9 mit Natriumcarbonat neutralisiert, mit Äther extrahiert und aufarbeitet.
Man erhält etwa 41 Teile Diäthylketonoxim vom Siedepunkt i65°, entsprechend einer
Ausbeute von 8o°/o der Theorie.
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Beispiel 6 Man rührt 57,5 Teile Nitrocyclopentan so lange mit Zoo
Teilen einer etwa i2 n-wäßrigen Ammoniaklösung, bis klare Lösung erfolgt ist; dies
ist nach etwa 2 Stunden der Fall. Dann fügt man eine Lösung von 156 Teilen Ammoniumthiosulfat
in 16o Teilen Wasser hinzu und läßt das Ganze möglichst rasch unter kräftigem Rühren
in ein frisch bereitetes Gemisch aus i8oo Teilen zerstoßenem Eis und 188 Teilen
96o/oiger Schwefelsäure einfließen. Nach 5 Minuten wird mit konzentrierter Ammoniaklösung
neutralisiert, worauf man das entstandene Cyclopentanonoxim durch Extrahieren mit
Äther, Trocknen des ätherischen Extrakts und Verdampfen des Äthers gewinnt. Man
erhält 42 Teile Cyclopentanonoxim vom Schmelzpunkt 56°, entsprechend etwa 85 % der
Theorie.
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Beispiel ? Eine Lösung von 286 Teilen i-Methyl-3-nitrocyclohexan in
94o Teilen g°/oiger Natronlauge wird mit einer Lösung von Io4o Teilen kristallisiertem
Natriumthiosulfat in I33oTeilen Wasser vermischt. Das Ganze wird auf etwa - i i°
gekühlt und dann möglichst rasch unter gutem Rühren und Kühlen in ein auf - io°
gekühltes Gemisch aus 356 Teilen 96°/oiger Schwefelsäure und ioo Teilen Wasser eingetragen.
Man erhält bei der Aufarbeitung wie im Beispiel 9 ein bei i io bis i 16° unter 15
mm Druck siedendes dickflüssiges 01, das aus dem Oxim des i-Methylcyclohexanons-(3)
besteht. Die Ausbeute beträgt etwa 202 Teile, entsprechend 8o % der Theorie.
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Beispiel 8 Man löst 258 Teile Nitrocyclohexan in 94o Teilen 9o/oiger
Natronlauge, fügt eine Lösung von 1042 Teilen kristallisiertem Natriumthiosulfat
in 133o Teilen Wasser hinzu, kühlt das Gemisch unter Rühren auf etwa - io° und läßt
dann möglichst rasch eine gleichfalls auf etwa - io° gekühlte Mischung von 356 Teilen
96o/oiger Schwefelsäure und ioo Teilen Wasser zufließen. Man rührt noch 5 Minuten
unter Kühlung, fügt dann ohne weitere Kühlung die zur Neutralisierung erforderliche
Menge wasserfreien N atriumcarbonats hinzu und erwärmt schließlich auf etwa 25°.
Das ausgefallene Cyclohexanonoxim wird abgesaugt, mit wenig Wasser gewaschen und
getrocknet. Die Ausbeute beträgt 2o4 Teile, entsprechend etwa go °/o der Theorie.
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Beispiel 9 In eine Aufschlämmung von 151 Teilen Kaliumtetrathionat
in i5o Teilen Wasser rührt man allmählich eine Lösung von i2o Teilen kristallisiertem
Natriumsulfid in i5o Teilen Wasser ein, wobei man die Temperatur durch Kühlen bei
etwa 2o° hält. Das Kaliumtetrathionat geht in Lösung, während sich gleichzeitig
freier Schwefel abscheidet. Man filtriert letzteren ab, vermischt das Filtrat mit
der Lösung von 64,5 Teilen Nitrocyclohexan in 235 Teilen go/oiger Natronlauge und
rührt die Mischung wie im Beispiel i in goo Teile 2 n-Schwefelsäure ein. Man erhält
ebenfalls So bis 52 Teile reines Cyclohexanonoxim, entsprechend rund go% der Theorie.
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Beispiel io Man erhitzt 173 Teile Kaliumtetrathionat mit einer Lösung
von 76 Teilen wasserfreiem Natriumcarbonat in 24o Teilen Wasser 2 bis 3 Stunden
am Rückfluß zum Sieden, wobei sich Kaliumsulfat ausscheidet, das man gewünschtenfalls
abfiltrieren kann. Man fügt nun bei gewöhnlicher Temperatur eine Lösung von 64,5
Teilen Nitrocyclohexan in 235 Teilen go/oiger Natronlauge hinzu und läßt das Ganze
wie im Beispiel i in goo Teile 2 n-Schwefelsäure einlaufen. Die Ausbeute an reinem
Cyclohexanonoxim beträgt 47 bis 49 Teile, entsprechend etwa 85 % der Theorie.