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Verfahren zur Veredelung von losnarbigen Ledern Bei der Lederhaut
der meisten Tiere können zwei Schichten, die Papillarschicht (Narbenschicht) und
die Retikularschicht, unterschieden werden, welche große Unterschiede in ihrer Struktur
aufweisen. Im Verlauf der verschiedenen Prozesse, die bei der Gerbung der Haut stattfinden,
tritt häufig eine Lockerung des Zusammenhangs der beiden Schichten ein, die als
Losnarbigkeit bezeichnet wird.
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Ein Leder, bei dem die Papillarschicht und die Retikularschicht fest
zusammenhaften, bildet ein einheitliches Gebilde, -bei dem die Papillarschicht jede
Bewegung der Retikularschicht mitmacht. Wenn ein solches Leder z. B. mit der Papillarschicht
(Narbenschicht) nach innen gebogen wird, so 'schiebt sich die' Narbenschicht in
sehr kleinen Wellen zusammen, während bei einem Leder, bei dem die Verbindung der
Narbenschicht zur -Retikularschicht gelockert ist, bei der gleichen Behandlung ein
dachförmiges Hochziehen der Narbenschicht stattfindet, weil bei gelok kerter Verbindung
der beiden Schichten die Narbenschicht die Bewegung der Retikularschicht nicht in
allen Teilen mitmacht. Mit Bezug auf die Entstehung der Losnarbigkeit sei verwiesen
auf A. Küntzel, »Über die Abschälbarkeit der Narbenmembran«, Collegium
1923, S. x94ff., und auf Stather, »Gerbereichemie und Gerbereitechnologie«
1948, S. 6ooff. Durch den Auftrag von Appreturen, Deckfarben oder Lacken wird die
Losnarbigkeit noch verstärkt (vgl. Stather, S. 6o2, Zeile 27).
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Der Zweck der vorliegenden Erfindung ist, Iosnarbige Leder festnarbig
zu machen. Eingehende Versuche haben ergeben, daß dieses Ziel dadurch erreicht werden
kann, daß das Iosnarbige Leder von der Narbenseite her mit einer Lösung von nicht
modifizierten,
noch freie Hydroxylgruppen aufweisenden Alkydharzen,
welche noch Vernetzungsmittel, wie Isocyanate, enthält, imprägniert wird und anschließend
das Lösungsmittel durch Verdunsten.oder Verdampfen entfernt wird. , _ Als besonders
geeignet für die Durchführung des Verfahrens haben :sich Lösungen von nicht modifizierten
Alkydharzen erwiesen, die nicht freie Hydroxylgruppen aufweisen (vgl. hierzu Hebermehl,
Isocyanate als Lackrohstoffe in Farben, Lacke, Anstrichstoffe, 1948, Heft 8, S.
123 ff., insbesondere S. 124 rechts unten). Nähere Angaben über die Zusammensetzung
dieser Alkydharze finden sich in der Ver-. öffentlichung von 0. Bayer, »Das Di-Isocyanat-Polyadditionsverfahren«
(Polyurethane), Zeitschrift Angewandte Chemie, 59. Jahrgang (1g47), Nr. g,
und Angewandte Chemie 62 (193o), S.57 bis 66.
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Für die Durchführung des--- vorliegenden Verfahrens hat sich besonders
das Alkydharz als gut geeignet erwiesen, das in der vorstehend erwähnten erstgenannten
Veröffentlichung von Bayer (S.264) als Polyester aus 3 Mol Adipinsäure + 1 Mol Triol
3 Mol Butylenglykol gekennzeichnet 'ist (Triöl = Glycerin, Hexantriol, Trimethylolpropan
usw.). Erfindungsgemäß wird ein derartiger Polyester in einem geeigneten Lösungsmittel,
z. B. Äthylacetat, gelöst und die Lösung zwecks Vernetzung mit einem Isocyanat versetzt
(vgl. 0. Bayer, »Das Di-Isocyanat-Polyadditionsverfahren«, Zeitschrift Angewandte
Chemie 59 [1g47]; 9:263): Als besonders geeignet für die Zwecke vorliegender
Erfindung hat sich das Isocyanat bewährt, das durch Addition von @ Mol Töluylendiisocyanat
an 11VIo1 Hexantriol hergestellt werden kann (vgl. 0. Bayer, Zeitschrift Angewandte
Chemie 59 [1ß47], S,264). .
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Erfindungsgemäß wird z. B. ein Gemisch des erwähnten Polyesters mit
dem Isocyanat in Essigester angewendet, wobei vorteilhaft das Verhältnis Polyester
: Isocyanat innerhalb des Bereichs von 100 : 15 bis Zoo : 5o gehalten wird. Das
Verhältnis von Festsubstanz zu Lösungsmittel-kann in weiten Grenzen schwanken. Mit
Vorteil können. Lösungen -verwendet werden, welche etwa 3o bis 6o °/a_ an Trockensubstanz
enthalten. Die Viskosität dieser Lösungen liegt vorwiegend zwischen etwa 5 und 6o
Centipoise bei -20°: -Das Optimum dürfte im allgemeinen etwa bei dem Verhältnis'
Polyester : Isocyanät - 1öö : 25 und bei Konzentrationen mit etwa 3o bis 5o 0/a
Trockensubstanz liegen.
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Die nachfolgende Tabelle veranschaulicht die Viskosität einiger Lösungen
bei 2o° in Centiphöise, und ,zwar unmittelbar nach Ansetzen der Lösung und nach
vierstündigem Stehenlassen bei Zimmertemperatur.'
# Teile Polyester Lösung mit 57-°/o Lösung- mit 40 °/a |
auf -roo Teile Trockensubstanz Trockensubstanz |
Isocyanat sofort) nach 4 Std. sofort@ nach 4 Std. |
15- , 46 51 g,3 =o |
25 _ 47 55 8,3 9,1 |
Im-üllgemeinen hat es sich als nötig erwiesen, bestimmte Mindestmengen an Festsubstanz.
in das los--närbige_.Leder--einzuführen.Diese@Mindesfmenge ist davon abhängig, in
welchem Gütezustand sich das Leder befindet" oder welche Hautteile zu behandeln
sind:- a So benötigen z. B. Kernstücke andere Mengen als Bäuche, Flämen. oder -Klauen.
Im allgemeinen hat es sich als nötig erwiesen, j e Quadratfuß Leder mindestens 5
g Festsubstanz in gelöster Form einzuführen. Beim Arbeiten in Fabrikationsmaßstab
hat es sich als zweckmäßig erwiesen, etwa 1o bis 25 g Festsubstanz, gegebenenfalls
auch mehr, einzuführen, da bei Ansetzen von größeren Ledermengen nicht selten wesentlich
losnarbigere Stücke vorliegen, die einer größeren Menge des Behandlungsmittels bedürfen.
Unter dem in der Lederindustrie üblichen Flächenmaß Quadratfuß ist eine Fläche von
9,3 Quadratdezimeter verstanden (Stather, a. a. 0., S. 577). Nach dem Verdunstendes.
Lösungsmittels verbleibt ein Produkt, dessen Narbenschicht mit der Retikularschicht
verbunden ist: Durch Nachbehandlungen, wie Bügeln oder Warmpressen, kann die Verbindung
noch inniger und dauerhafter gestaltet werden.
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Die auf diese Weise grundierten Leder können nach üblichen' Verfahren
appretiert werden. Hierzu können sowohl Kaseinappreturen (also wäßrige Appre= tunen)
als auch Appreturen auf Kunstharzbasis (wäßrige oder Lösungsmittelappreturen) oder
Appreturen mit Nitrocellulose (Lösungsmittelappretur) Verwendung finden.
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Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, die erfindungsgemäß behandelten
Leder im Verlauf der Appretierung zu bügeln bzw. zu pressen: -Das Bügeln kann von
Fall zu Fall verschieden, j e nach der Art der Appretur und /oder des Leders, entweder
von Hand oder mit einer Bügelmaschine ausgeführt werden. Das Pressen kann mit einer
hydraulischen Presse durchgeführt werden. Durch das Bügeln- bzw. Pressen wird die
durch die Grundierung mit Kunstharz erzielte Verbindung - zwischen Narbenschicht
und Retikularschicht vervollkommnet.
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Die Grundierung mit Hilfe von Kunststoffen, welche durch Vernetzung
von Polyestern und Isocyanaten im Innern des Leders-entstehen, haben sich als -wirksamer
erwiesen als die Grundierung mit thermoplastischen, nicht vernetzbaren Kunstharzen,
welche schon fertig in der Imprägnierlösung vorhanden --sind; wie z. B. Lösungen
von Acrylsäure- oder Acrylesterpolymerisaten. Eine der Ursachen für das unterschiedliche
Verhaltendürfte darin liegen; daß Lösungen fertiger Kunstharze bei gleicher -Konzentration
wesentlich höher viskos sind als Lösungen der erstgenannten Art. So hat z. B. eine
io°/oige Lösung eines Acrylesteipolymerisats in Essigsäureäthylester bereits -eine
Viskosität von 3o Centipoise, während z. B: eine 48°/Qige Lösung des erwähnten Polyesters
und Isocyanates eine Viskosität von 1g Centipoise aufweist. Man kann infolgedessen
mit den niedrig viskosen Lösungen der letztgenannten Art mehr Festsubstanz in das
Leder einbringen als mit den fertigen Kunstharzlösungen.. _ ' Beispiel, Auf eine
chromgegerbte, gefettete und getrocknete, mechanisch weichgemachte und gegebenenfalls
ge-_schliffene-.Rindboxfanke .von. =etwa x2 nu_adratfüß
wird auf
der Narbenseite eine Lösung von 250 ccm aufgebracht, die ioo g des Polyesters
und 2o g Isocyanat gelöst in Äthylacetat enthält. Das Aufbringen der Lösung auf
die Narbenschicht kann z. B. durch Aufstreichen mit einem breiten Pinsel oder einerBürste
erfolgen. Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels wird eine Appretur, z. B. eine
gebräuchliche Kaseinappretur (gegebenenfalls mehrfach), aufgebürstet und die Haut
nach dem letzten Auftrag getrocknet und von Hand bei Zoo bis 22o° gebügelt. Darauf
wird eine zweite Appretur, z. B. wiederum eine Kaseinappretur, z. B. durch Spritzen,
aufgebracht. Nach dem Ablüften wird mit dieser Appretur nochmals überspritzt. Nach
erfolgtem Trocknen wird die Appretur durch Besprühen mit einem härtend wirkenden
Mittel behandelt, z. B. einer Lösung, welche 5oo Teile Chromichloridlösung 5°/oig,
5oo Teile Formaldehyd i5°/oig und 6 Teile Essigsäure von 6° B6 enthält. Nach dem
Trocknen des Härtungsauftrags wird das Leder bei 55° mit etwa i,6 kg/cml auf einer
hydraulischen Presse gepreßt.
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Das Iosnarbige, erfindungsgemäß grundierte Leder verträgt die vorstehend
wiedergegebene komplizierte Weiterbehandlung (Fertigzurichtung), ohne daß Störungen
in Erscheinung treten, und liefert einwandfreie Endprodukte.