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Verfahren zur Herstellung von Polymerisaten oder Mischpolymerisaten
von Vinylestern Es ist bekannt, daß durch Peroxyde; die Polymerisation von organischen
Vinylestern ausgelöst wird. Arbeitet man ohne Anwendung eines Verdünnungsmittels
(sogenannte Blockpolymerisation) oder in einem organischen Lösungsmittel, so haben
sich organische Peroxyde als brauchbar erwiesen. Genannt seien Benzoylperoxyd, tert.-Butylperoxyd
oderDiacetylperoxyd. Bei derPolymerisation organischer Vinylester nach dem Verfahren
der Emulsionspolymerisation in Wasser verwendet man üblicherweise wasserlösliche
Perverbindungen, wie Wasserstoffperoxyd oder Salze der Perschwefelsäure.
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Es wurde nun gefunden, daß sich Wasserstoffsuperoxyd bis zu etwa z
o/o in monomeren vinylestern, wie Vinylacetat, Vinelpropionat, Vinylbutyrat, löst
und daß die Verwendung solcher Wasserstoffsuperoxyd enthaltender Monomerer bei der
Polymerisation eine Reihe unerwarteter Vorteile besitzt.
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Zunächst einmal zeigt sich überraschenderweise, daß das im monomeren
Ester gelöste Wasserstoffsuperoxyd nicht imstande ist, die Polym@erisation auszulösen,
solange sich der Ester in homogener Phase, also allein für sich oder gelöst in einem
Lösungsmittel, befindet. Es wurde im Gegenteil gefunden, daß das Wasserstoffsuperoxyd
die Polymerisationsfreudigkeit herabmindert. Durch den Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd
erreicht man also eine Stabilisierung, die den großen Vorteil besitzt, daß im Gegensatz
zu der Verwendung der bisher
bekannten Stabilisatoren keine reaktionsfremden
und im Endprodukt unter Umständen störenden Stoffe zugesetzt werden. Die stabilisierende
Wirkung des Wasserstoffsuperoxyds geht- aus Beispiel i 'hervor.
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Wie weiter gefunden wurde, hindert ein Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd
jedoch nicht die nachfolgende, mit einem organischenPeroxyd ausgelöste Polymerisation
in Block oder in Lösung. Der Zusatz hat jedoch die Wirkung, daß die mit einer bestimmten
Menge z. B. Benzoylsuperoxyd erhaltenen Polyvinylester einen vergleichsmäßig sehr
viel niedrigeren Polymerisationsgrad besitzen. Dies ist vermutlich so zu erklären,
daß das Wasserstoffsuperoxyd als Kettenabbrecher wirkt, ähnlich wie schon andere
für diesen Zweck bekanntgewordene Verbindungen, z. B. Aldehyde oder chlorhaltige
Kohlenwasserstoffe. Gegenüber diesen Verbindungen hat Wasserstoffsuperoxyd als.
Regler des Polymerisationsgrades den Vorteil, daß sieh keine unliebsamen Nebenprodukte
bilden können, wie z. B. bei der gemeinsamen Anwendung von organischen Peroxyden
und Aldehyden. Eine Polymerisation in homogener Phase in Gegenwart von Wasserstoffsuperoxyd
ist in Beispiel 2 beschrieben.
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Endlich hat sich gezeigt, daß mit Wasserstoffsuperoxyd versetzte Vinylester
ohne weiteres für die Emulsionspolymerisation verwendet werden können, denn das
im Vinylester gelöste Wasserstoffsuperoxyd ist in Gegenwart von Wasser und Emulgatoren,
wie z. B. seifenähnlichen Produkten oder Polyvinylalkohol und seinen wasserlöslichen
Derivaten, als Polymerisationskatalysator wirksam.
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Dieses Verfahren hat besonders dann Vorteile, wenn man die Emulsionspolymerisation
durch Anwendung eines Redoxsystems in Abwesenheit oder Gegenwart eines Schwermetallsalzes
nach bekannten Verfahren durchführen will. Man kann in diesem Fall das Reduktionsmittel
in der wäßrigen Flotte vorlegen und den Oxydationskatalysator in Gestalt von Wasserstoffsuperoxyd
gleich mit dem monomeren Vinylester in das Reaktionsgefäß einführen. Diese Arbeitsweise
wird im Beispiel 3 gezeigt.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung kann auch bei der Mischpolymerisation
von Vinylestern unter sich oder mit anderen, für sich oder im Gemisch polymerisierbaren
Verbindungen angewendet werden, beispielsweise bei der gemeinsamen Poly merisation
von Vinylacetat mit Maleinsäure, Crotonsäure oder deren Estern, sowie mit Vinylchlorid
und Acrylestern.
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Es ist vorteilhaft, das Wasserstoffsuperoxyd in möglichst konzentrierter
Form, beispielsweise als 3o- bis 4oa/aige wäßrige Lösung, anzuwenden, da ein stärker
verdünntes Wasserstoffsuperoxyd sich in geringerem Maße in den Vinylestern löst.
Beispiel i je 5o g reines Vinylacetat werden mit nachstehenden Zusätzen versetzt
und in einer Glasflasche mit aufgesetztem Rückflußkühler in einem Wasserbad zum
Sieden erhitzt. Nach 6 Stunden Erhitzen wird abgekühlt und nach Zugabe von je o,
i a/o Hydrochinon durch Trockenbestimmung der Polymerisatgehalt bestimmt. Beispiel
2 0,5 Gewichtsteile 4oa/o-iges Wasserstoffsuperoxyd werden in 50o Gewichtsteilen
reinem Vihylacetat gelöst. je ioo Gewichtsteile dieser Lösung werden mit 0,1, 0,5,
i,o und 21o Gewichtsteilen B!enzoylsuperoxyd versetzt; als Testversuche werden in
reinem Vinylacetat ohne Wasserstoffsuperoxyd die gleichen Mengen Benzoyls.uperoxyd'
gelöst. Die Proben werden, wie im Beispiel i beschrieben, am Rückflußkühler erhitzt.
Nach io Stunden ist die Polymerisation beendet. Man erhält wasserklare harte Blödze.
Durch viskosimetrische Messungen an 5°/aigen Lösungen der Polymerisate in Benzol
wird die Eigenviskosität der Produkte bestimmt und der K-Wert berechnet.
Benzoylperoxyd K-Wert |
0/0 mit 0110!0 H202 1 ohne H,02 |
0,1 5115 98 |
0,5 42 72 |
-=,o 40 50 |
2,0 32,5 36 |
Beispiel 3 In 25o Gewichtsteilen einer wäßrigen 5a/oigen Polyvinylalkohollösung
werden 2,5 Gewichtsteile Natriumhydrosulfit gelöst. Diese Lösung wird in einem heizbaren,
mit Rührer und Rückflußkühler ausgestatteten Emaillekessel auf 75'°' erwärmt. Sodann
läßt man im Verlauf i Stunde eine Lösung von 2,5 Gewichtsteilen 4o°/oiges Wasserstoffsuperoxyd
in einer Mischung aus Zoo Gewichtsteilen Vinylacetat und 5o Gewichtsteilen Vinylpropionat
zulaufen. Es tritt lebhafte Polymerisation ein. 1/2 Stunde nach Beendigung des Rückflusses
wird abgekühlt. Man erhält eine sahnige, stabile Polyvinylesterdispersion, die man
nach eventueller Zugabe von Weichmachungsmitteln und Füllstoffen für Oberflächenveredlung
oder zur Herstellung von Überzügen verwenden kann. Beispiel 4 Eine Lösung von 3
Gewichtsteilen. Benzoylsuperoxyd in einem Gemisch aus 35o Gewichtsteilen Vinylacetat
und i50 Gewichtsteilen Äthylacetat wird mit 475 Gewichtsteilen 4oa/oigem Wasserstoffsuperoxyd
versetzt. Diese Lösung wird in einem mit Rührer und Rückflußkühler ausgestatteten
Gefäß zum Sieden erhitzt. Im Maße der fortschreitenden Polymerisation wird die Lösung
zähflüssig und hochviskos. Nach io Stunden ist die Polymeri-
Zusatz I Polymerisat |
ohne............................... 97,8 |
0,1 `/o H2 02 (40o/oig) .. . . . . . . . . . . . . .
. 4,4 °/o |
0,5 % H., O., (40o/aig) . ..... .. .. .. .. . . 1,7
a/" |
sation beendet. Das in Äthylacetat gelöste Polyv inylacetat hat
einen K-Wert von 25.
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Ein Parallelversuch ohne Anwesenheit von Wasserstoffsuperoxyd ergibt
ein Polyvinylacetat vom K-Wert 39#5.
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Man kann bei der Lösungsmittelpolymerisation auch derart verfahren,
daß man das organische Peroxyd in der Vinylverbindung, das Wasserstoffsuperoxyd
im Lösungsmittel löst oder umgekehrt und während der Polymerisation die beiden Flüssigkeiten
aus getrennten Vorratsbehältern in das Reaktionsgefäß zulaufen läßt. Mit den obengenannten
Zusätzen erhält man nach diesem Verfahren ein Polyvinvlacetat vom K-Wert 26. Beispiel
5 In einen Druckautoklav mit Rühr@verk werden eingefüllt i2oo Gewichtsteile Äthylacetat,
54o Ge-%v ichtsteile Vinylacetat, 30 Gewichtsteile leinölfettsaures Magnesium
(3o°/oige Lösung in Benzol), 18 Gewichtsteile Benzoylsuperoxyd, io Gewichtsteile
_;.o°/oigps Wasserstoffsuperoxyd. Durch eine Druckschleuse werden sodann i26o Gewichtsteile
Vinylchlori@d zugegeben. Unter Rühren wird das Reaktionsgefäß auf 65° geheizt. Der
dabei auftretende Druck beträgt maximal 5,5 atü. Nach 3 Stunden Reaktionszeit tritt
Druckabfall ein. Anschließend wird 12 Stunden nachgeheizt. Nach dem .ablassen des
überschüssigen Druckes erhält man eine hochviskose, klare Lösung eines Mischpolymerisats
aus Vinylchlorid und Vinylacetat. Die Viskosität des Produktes, gemessen in ioo/oiger
Äthylacetatlösung, beträgt 5,0 Centipoisen.
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Führt man den Ansatz ohne Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd durch, so
erhält man eine bedeutend zähere Lösung; die Viskosität dieses Produktes, gemessen
in io°higer Äthylacetatlösung, beträgt 7,5 Centipoisen.