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Verfahren zur Gebrauchswerterhöhung von Keratinfasern Keratnfasern
werden bekanntlich durch Einwirkung von Alkali geschädigt. Es ist daher erforderlich,
bei der Herstellung und dem Gebrauch von Textilwaren aus, Keratinfasern alkalische
Behandlungen möglichst zu vermeiden oder sie zum mindesten unter mildesten. Bedingungen
durchzuführen.
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Die Empfindlichkeit der Wolle gegen Alkalien wurde auf Grund neuerer
Forschungen auf die Reaktionsfähigkeit der am Aufbau der Keratinfaser in hohem Maß
beteiligten Cystingruppierung zurückgeführt. Spaltet man die Cystinbrücke durch
Reduktion mit thioglykolsauren Salzen und verknüpft die entstandenen: Thiolgruppen
durch eine Behandlung mit Dihalogenalkylen, so wird nach den Arbeiten von H a r
r i s und seinen Mitarbeitern die Alkalibeständigkeit der Wolle erheblich verbessert.
Andererseits wurde bei der von S u i d a beschriebenen Alkylierung der Wollfaser
mit Halogenalkylen eine Verbesserung der Alkalibeständigkeit der Wolle nicht beobachtet.
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Es war daher überraschend, daß man eine erhebliche Verbesserung der
Alkalibestän:digkeit von Keratinfasern erhält, wenn man sie ohne vorherige Reduktion
der Cystinibrücke, also in einem einzigen Arbeitsgang, mit Verbindungen behandelt,
die eine
oder mehrere Halogenmethylgruppen an Amidstickstoff, aliphatisch
gebundenen Sauerstoff und/ oder Schwefel gebunden enthalten.
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Das Verfahren kann mit den Halögeninethylverbindungen von ein- oder
mehrwertigen Alkoholen bzw. Merkaptanen durchgeführt werden, ferner mit Haloggenmethylverbindungen
von Mono-und Pölyoarbonsäüreamiden bzw. Thioamiden, Hydrazi,den und Imidääthern;
die auch am Stickstoff substituiert sein. können, den Hälogenmethylverbindungen
von Mono- und Polyurethanen bzw. Thioürethanen oder den Halögenmethylverbindungen
von Harnstoffen bzw: Thioharnstoffen. Die genannten Verbindungen können, auch weiter
substituiert oder in der Kette durch Heteroatome oder Atomgruppen unterbrochen sein.
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Beispielsweise seien genannt: -die Chlormethyläther von Methyl-, Äthyl-
oder Isobutylalkohol und deren höheren Homologen, von Chlormethanol, Chloräthylalkohol,
Phenyläthylalkohol, Glykolmonoäthylräther; Essigsäurem-ethyl-y-oxybutylamid oder
Cyclohexamol, die Chlarmethyläther von - mehr-. wertigen Alkoholen, wie z. B. r
- 4-Bütandiol und höheren Homologen, von Glykolen, wie man sie durch Anlagerung
von, Aldehyden und Ketonen an Diacetylen und anschließende Hydrierung erhält, von
Polyolen, deren Kette durch Heteroatomgruppen unterbrochen ist, wie z. B. Di- und
Polyglykole de s# Äthylens und Butylens, Thiodiglyköl, Brenzkatechin- oder Hydrochinon-Dioxäthyläther
und deren Kernhydrierungsproduleten, Di,(y-oxy-Buttersäure) - hexamethylendiamid;
estergruppenhaltigen Glykolen, wie man sie erhält durch Kondensation von Dicarbonsäuren
mit überschüssigen Glykolen, von i - 4 - 7-Heptantriol sowie den analogen Schwefelverbindungen.
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Weiterhin seien genannt: Halogenmethylverbindungen von Staarinsäureamid,
Essilgsäu-reäthylamid, Stearylaoetami@d, n Butyl!-benzamid, Adipinsäure-.di-butylamid,
Äthyleil-di-laurylamid, Buttersäurehydräzi.d und von D,odecylimidoäther, von Methyl-
oder Äthylcarbaminsäureester und deren Homologen, von N-Methylcarbaminsäurebutylester,
von Carbamins,äureestern, wie man sie durch Umsetzeng von Diaminen mit 2 Mol Chlorkohlensäureester
z. B. aus Äthylendiamin und Butylchlorkohlensäureester oder von bichlorkahlensäureestern
mit -Ammoniak oder mit primären Aminen, z. B. aus i - 4-Butand,iol-di-chlorkohlensäureester
mit Ammoniak bzw. n-Butylaminy erhält.
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Schließlich seien noch genannt Halogenmethylverb.indüngen von N-Diäthyl-N'-butylharnstoff,
I\T-Phenyl-1\T'-methylharnstoff; Man kann die Haaogenmethylverbindungen als solche
oder auch als Mischung miteinander -verwenden. .. Die Bindung der Hälogenmethylgruppen
in polyfunktionellen Typen, kann- auch über verschiedene-der genannten Bindungselemente
erfolgen, so kann man z. B. die Bischlormethylverbindung des Oxyäthyläthers von
p-Oxypenzamid ver-Nvenden: Die Behandlung mit diesen Verbindungen kann mit den Produkten
selbst oder mit den in Lösungsmitteln gelösten oder in wäßrigen oder Lösüngsmittelsuspensionem
verteilten Körpern -geschehen, Zwobei eine Erhöhung der Temperatur den Ablauf der
Reaktion mit den Fasern beschleunigt. Es kann vorteilhaft sein, durch Zusätze von
säurebindenden Mitteln .die Wirkung der bei der Umsetzung frei werdenden Halogenwasserstoffsäuren
auf die Faser auszuschalten oder zu verringern. Nach der Behandlung wird die Faser
von dem ÜberschuB an Halogenmethylverbindungen befreit und erforderlichenfalls durch
Behandlung mit alkalisch reagierenden Bädern und nachträgliches Spüleng neutralisiert.
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Neben der Erhöhung der Alkalibeständigkeit der Fasern wird auch eine
Erhöhung ihrer Beständigkeit gegen Einwirkung von Säuren erzielt. Auch wird das
Anfärbevermögen .der Faser gegenüber den verschiedenen Farbstoffklassen verändert.
Während z. B. saure" Farbstoffe auf die behandelte Faser in der Regel besser ziehen,
wird das Ziehvermögen für basische Farbstoffe herabgesetzt. Behandelt man gefärbte
Keratinfasern, so wird die Naßechtheit dieser Färbungen durch die Behandlung. erhöht.
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Beispiele i. Ein Gewebe, das weiße Wolle und mit dem im Patent 6o4
q.29, Beispiel i, beschriebenen Farbstoff gefärbte blaue Wolle enthält, wird im
Badverhältnis z :.3o bei 50° 3 Stunden mit einer Lösung von 3,25 g des BischlormethyläthersAes
i - 4-Butandiöls und 1,5 g Pyridin im Liter Tetrachlorkohlenstoff behandelt. Das
Gewebe wird: nach der Behandlung von der überschüssigen Behandlungslösung befreit,
mit einer kalten wäBrigen Sodalösung durch viertelständige Einwirkung neutralisiert
und dann gespült und getrocknet.
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Wird dieses Gewebe neben unbehandeltem Gewebe einer mehrmaligen Behandlurng
mit io g eines Grobwaschmittels im Liter Waschflotte bei 6o° unterworfen, so tritt
bei ersterem außer einem durch das unveränderte Filzvermögen der Wolle bedingten:
begrenzten - Eingehen der Ware keine wesentliche Veränderung im Gefüge und Griff
der Faser sowie in der Färbung ein. Das Gewebe aus unbehandelter Wolle verliert
dagegen den Wollcharakter, wird spröde, geht erheblich in der--Reißfestigkeit zurück,
die Färbung wird erheblich abgeschwächt und die weiße Wolle durch .den ausblutenden
Farbstoff angetönt.
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2. Wollgarn aus einer ungefärbten Wolle, die bei Behandlung mit ioo
Teilen einer Lösung von 49 Äfiznatron im Uer Wasser bei 65° während i Stunde und
nachträglichem Spülen mit 2ooo Teilen destillierten Wassers i4,2°/a ihres Gewichtes
verliert,. wurde 3 Stundenbei 55° im Verhältnis i : 30 mit einer Lösung von 3,1
g Butandiolbischlormethyläther und 1,5 g Pyridin im Liter Tetrachlorkohlenstoff
behandelt, - mit Tetrachlorkohlenstöff gespült, 15 Minuten in ein kaltes Bad, enthaltend
3,5 g Natriumcarbonat im Liter Wasser, eingelegt, gespült und getrocknet.
Nach
dieser Behandlung wies das Wollgarn bei der oben angegebenen Alkalieinwirkung (49
Ätznatron im Liter Wasser, i Stunde bei 65°) nur noch einen Gewichtsverlust von
5,4% auf. Beim Überfärben mit 2 % des in S c h u 1 t z , Farbstofftabellen Nr. 95,
beschriebenen Farbstoffs in einem Bade, das io% Natriumsulfat, berechnet auf das
Gewicht der Faser, enthielt, wurde die behandelte Wolle erheblich kräftiger angefärbt
als unbehandelte.
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3. Ein Wollgarn, welches bei der in Beispie@12 geschilderten Alkaliprobe
z70/0 an Gewicht verlor, wurde mit einer Lösung von zog Hexandiolbischlormethyläther
im Liter Aceton, der 6 ccm Pyridin zugesetzt waren, 3 Stunden bei 5o° behandelt,
gespült und mit Natriumcarbonatlösung neutralisiert, gespült und getrocknet.
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Nach dieser Behandlung betrug der Gewichtsverlust des Wollgarns bei
der Alkaliprobe nur 7,4 0/0.
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4. Wollgarn, welches bei einstündiger Behandlung mit 1/1o n-Natronlauge
bei 65° 15,9% an Gewicht verlor, wurde mit einer Tetrachlorkohlenstofflösung von
4,3 g Methyladipolbischlormethyläther und 47 g Pyridin pro Liter 3 Stunden bei 50°
im Verhältnis z :3o behandelt. Die so behandelte, neutralisierte und gespülte Wolle
wies bei .der Alkaliprobe, einen Gew.ichtsverlust von 7,2% auf.
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5. Wolle wurde in 3-o Teilen einer i o%igen Kochsalzlösung, in die
1,4 Teile eines Gemisches aus gleichen Teilen Hexandiolbischlormethyläther und des
Umsetzungsprodukts aus 2o Teilen Äthylenoxyd und i Teil: Dodecylal.kohol; emul-giert
und,der o,2 Teile Natriumbicarbonat zugesetzt waren, 3 Stunden bei 65° behandelt,
in wäßriger Ammoniaklösung halt gespült, mit Wasser gespült und getrocknet. Die
Wolle, die nach der oben angegebenen Probe eine Alkalilöslichkeit von 16,3'/o aufgewiesen
hatte, wies nach der Behandlung eine Alkalilöslichkeit von i i % auf.
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6. Wollgarn wurde 3 Stunden im Verhältnis i : 30 mit einer
siedenden Lösung von 5 g pro Liter i -6-Hexandiolbischlormethyläther in einem Getnisch
von 6 Teilen Aceton und i Teil 5%iger wäßriger Natriumbicarbonatlösung behandelt,
gespült und getrocknet. Die Wolle; deren ursprüngliche Löslichkeit in 1/1o n-Natronlauge
nach der oben angeführten Probe 15,5% betrug, wies nach der Behandlung eine Alkalilöslichkeit
von. 7,5 % auf. Die Filzfähigkeit der Wolle wurde durch die Behandlung nicht beeinträchtigt.
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7. Entfettete Kälberhaare wurden 3 Stunden bei 50° mit einer Lösung
von 3,1 g Butandiolbischlormethyläther im Liter Tetrachlorkohlenstoff im Verhältnis
i : 3o behandelt, gespült und getrocknet. Die Alkalibeständigkeit und Säurebeständigkeit
der Haare wurden erheblich erhöht.
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B. Wollgarn wurde in einem geschlossenen Gefäß, durch welches ein
mit Dämpfen von Butandiolbischlormethyläther gesättigter Luftstrom geleitet wurde,
5 Stunden auf 7o bis 8o° erwärmt, dann mit kalter Sodalösung unter Zusatz eines
Netzmittels neutralisiert, gespült und getrocknet. Das Wollgarn verlor bei einer
einstündigen Behandlung mit der zoofachen Menge 1/1o n-Natronlauge bei 65° 3,4°/o
seines Gewichtes, während das unbehandelte Garn be'i dieser Probe einen Gewichtsverlust
von 14,2('/0 aufwies.
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9. Wollgarn wurde mit einer Lösung von 3,7 g n-Bu,tylchlormet'hyläther
und 1,5 g Pyridin im Liter Tetrac'hlorkohlenstoff im Biadverhältnis 1
:30
3 Stunden bei 55 bis 5o° behandelt, gespült, mit kalter Sololösung
unter Zusatz eines Netzmittels neutralisiert, gespült und getrocknet. Das Wollgarn,
welches ursprünglich nach einstündiger Abkochung mit i g Natriumcarbonat pro Liter
im Verhältnis 1 : 200 und Spülen eine Trockenreißfestigkeit von 25og und eineDehnung
von 15 % imMittel von zwanzig Reißproben von 24 cm Reißlänge aufwies, zeigte im
behandelten Zustand nach der geschilderten Abkochung mit Natriumcarbonat eine Trockenreißfestigkeit
von 351 g und eine Dehnung von 16 %.
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Ähnliche Ergebnisse erhält man, wenn man an Stelle von n-Butylchlormethyläther
äquivalente Mengen von Äthylhexylchlormethyläther und Stearylchlormethyläther verwendet.
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1o. Wol.lgarn, welches bei einstündiger Behandlung mrit der zoofachen
Menge 1/1o n-Natronliauge bei 65' einen Gewichtsverlust von 12,9 % erlitt, wurde
im Verhältnis 1 :30 3 Stunden bei 50 bis 55° in einer Lösung von 8,4 g Dodecylalkoholchlormethyläther
und 3,319 Pyridin im Liter Tetrachlorkohlenstoff behandelt, in Tetrachlorkohlenstoff
gespült, dann in einer Lösung von 4 ccm 25%igen Ammoniak pro Liter kalten Wassers
neutralisiert, gespült und getrocknet. Das Garn wies bei der in Beispiel e geschilderten
Probe mit 1/1o n-Natronlauge nur noch einen Gewichtsverlust von 5,40/a auf.
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i i. Wolle wurde 3 Stunden. im Badverhältnis 1 :30 mit einer Lösung
von 3,4g der 94%igerz Bischlormethylverbindung des Urethans aus Butandiol-i - 4-bischlorkohlensäureesters
und 2 Mol Butylamin im Liter Tetrachlorkohlenstoff bei 55° behandelt, geschleudert,
15 Minuten in eine kalte wäßrige Lösung von 3 g Soda im Liter unter Zusatz eines
Netzmittels eingelegt, mit Wasser gespült und getrocknet.
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Die Wolle wurde im Vergleich zu unbehandelter Wolle im Verhältnis
i : 200 mit i g Soda im Liter Wasser i Stunde abgekocht. Dabei blieben die Fasern
wesentlich besser erhalten als bei unbehandelter Wolle. Eine gleichartige Verbesserung
der Alkalifestigkeit wurde erzielt, wenn an Stelle der obengenannten Bischlormethylamidverbindung
die Chlormethylverbindungen des Urethans aus Äthylendiamin und 2 Mol Butylchlorkohlensäureester
oder des Urethans aus Hexamethylendiamin und 2 Mol Butylchlorkohlensäureester zur
Anwendung gelangten.
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z2. Wolle wurde im Badverhältnis 1 :30 3 Stunden bei 50° in einer
Lösung von 6,4 g einer Dichlormnethylverbindung des oxygruppenhaltigen Kondensationsproduktes
aus 1 -- 4-Butandiol und
Apidins,äure mit einer mittleren Kettenlänge
von a,3 und 1,5 g Pyridin im Liter Tetrachlorkohlenstoff behandelt, sodann mit einer
kalten wäßrigen Sodalösung neutralisiert, gespült und getrocknet. Die so behandelte
Wolle behält bei einer einstündigen Abkochung mit i g calc. Soda pro Liter Wasser
ihre Struktur und Weichheit, während nicht vorbehandelte Wolle spröde wird und an
Festigkeit stark zurückgeht.
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Ähnliche Ergebnisse erhält man, wenn man an Stelle der obigen Dichlormethylverbindung
eine Lösung von 3 g der Dichlormethylverbindung aus i, 6-Di-(iisopropyl)-hexarndiol-(i,6)
und i;5 g Pyridin pro Liter Tetrachlorkohlenstoff anwendet.