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Unter den zahlreichen bisher beschriebenen Phthalocyaninfarbstoffen haben bekanntliich
nur wenige technische Bedeutung erlangt. Im Handel erhältlich sind vor allem Kupferphthalocyanin
und metallfreies Phthalocyanin sowie einige ihrer Derivate.
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Bekanntlich werden die Phthalocyanine bei ihrer Synthese, sei es aus
Phthalonitril oder seinen Derivaten, sei es aus Phthalsäureanhydrid, Phthalimvd
oder o-Diihalogenbenzolen, mit metallabgebenden Verbindungen vorerst in einer kristallinischen,
als Pigmentfarbstoff nicht brauchbaren Form erhalten. Die übliche Methode, den so
erhaltenen Rohfarb-Stoff in den als Pigmentfarbstoff brauchbaren um-,
zuwandeln,
besteht. darin; dien Rohfarbstoff in Schwefelsäure zu suspendieren bzw-. aufzulösen
und durch Eingießen in Wasser wieder auszufällen, Dieser Prozeß ist mit einer po@lyrhorphen
Umwandlung verbunden, indem die ursprüngliche, sog, ß.-Modifikation, die der Rohfarbstoff
auf 'weist und durch ihr Röntgendiagramm gekennzeichnet ist, in die sog. a-Modifikation
übergeht, welch letztere ein in typischer Weise verändertes Röntgendiagramm liefert.
Die Deckkraft bzw. Ausigiebi:gkeit !de.s Farbstoffes
nimmt dabei
in sehr hohem Maße zu. An Stelle von konzentrierter Schwefelsäure verwendet ein
anderes Verfahren Schwefelsäure niedrigerer Konzentration, insbesondere von 6o .bis
7io °/o, wobei ebenfalls die a-Modifikation mit den obengenannten Eigenschaften
entsteht. Im Gegensatz dazu bleibt bei Verwendung von Säurekonzentrationen unter
6oo/a die ß-Modifikation in färberisch unibrauchbarer Qualität bestehen.
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Im , Fall des Kupferphthalocyanins ist auch noch eine andere Aufbereitungsmethode
beschrieben worden, .diedarin besteht, den Rohfarbstoff mit einem solchen Substrat
trocken zu vermahlen, das nach der Mahlung wieder entfernt werden kann. Auch diese
zweite Methode ist weitgehend mit der oben beschriebenen polymorphen Umwandlung
in die a-Modifikation verbunden.
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Wendet man diese Methode auf metallfreies Rohphthalocyanin der ß Modifikation
an, so erhält man ebenfalls :die a-Modifikation in dispergiertem Zustand.
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Diejenigen Methoden. dier Herstellung von metallfreiem Phthalocyanin,
die von Alkali- oder Erdalkalip#h#thalocyaninen ausgehen und diese durch Behandlung
mit Säuren edier reit Methylalkohol zu metallfreien Phthalocyaninen zersetzen, führen
ebenfalls zur a-Modifikation oder zu der in färberischer Hinsicht sehr analogen
y-Modifikation.
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Man hab daraus geschlossen, daß die ß-Mo-d'ifikation als Pigmentfarbstoff
unbrauchbar sei (vgl. Fiat Final Report 1313 Vol. III, S. q.47). Durch diese Veröffentlichung
ist es auch bekanntgeworiden, daß die a- und die y-Modifikation beim Erhitzen auf
300° in die ß-Modifikation übergeht (loc. cit. S.448).
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Es wurde nun gefunden, daß man farbstarkes metallfreies Phthalocyanin
der ß-Form durch Vermahlen von metallfreiem Rohphthalocyanirr d!er ß-Form mit geeigneten
Mahlslwbstraten, die sich durch Lösungsmittel wieder entfernen lassen, herstellen
kann, wenn man das Vermahlen in Gegenwart organischer, unterhalb Zoo" und oberhalb
o'° siedender Flüssigkeiten vornimmt, bis die Farbstärke des Pigmentes nicht ' mehr
wesentlich zunimmt, wobei man die Menge der organischen Flüssigkeit derart bemißt,
daß die Mischung noch den Charakter eines Pulvers beibehält, worauf man die Mahlsubstrate
durch Behandeln mit Lösungsmitteln entfernt und! das Pigment gegebenenfalls trocknet.
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Das erhaltene Pigment ist bedeutend reiner und grüner als die bekannten
a- und y-Modifikationen; es unterscheidet sich vom Ausgängsmaterial dadurch, daß
es in dispergierbarer Form vorliegt, d: h. in einer Form, die sich durch einfache
mechanische Bearbeitung, beispielsweise durch Vermahlen in einer üblichen Mühle,
in eine feine Dispersion umwandeln läßt. Das vorliegende Verfahren stellt deshalb
eine wertvolle Bereicherung der Technik dar. Da alle bisherigen Versuche, das metallfreie
Phthalocyaninrohpraduktder ß-Form in die farbstarke ß-Form, also in den feinverteilten
Zustand überzuführen, insbesondere auch das an sich analoge Verfahren mit Mahlsubstraten,
aber ohne Zugabe einer organischen Flüssigkeit, zur a-Modifikation geführt haben,
konnte der erfindungsgemäße Effekt keinesfalls vorausgesehen werden.
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Es ist zwar bereits bekannt, daß man Substanzen, z. B. Graphit oder
Pigmentfarbstoffe, durch Mahlen mit Salzen od. dgl. als Substrat in hochdispersen
Zustand bringen und durch Entfernen des Substrates mit Lösungsmitteln den dispersen
Körper isolieren kann. Ein anderes Verfahren zur Zerkleinerung von Graphit verwendet
als Mahlmittel Natriumchlorid mit oder ohne Zugabe von gesättigter Natriumchloridläsung,
und schließlich wird ein Verfahren zur Zerkleinerung von Pigmenten und organischen
Farbstoffen empfohlen, in dem die besagten Substanzen mit Natriumchlorid., Wasser
und einer flüchtigen wasserlöslichen Substanz, z. B. Aceton, gemahlen werden.
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Alle diese Verfahren haben aiber nur die Zerkleinerung der betreffenden
Substanzen zum Zweck und führen im Fall des metallfreien Phthalocy.anins zu der
handelsüblichen a-Modifikation, sofern überhaupt eine genügende Mahlwirkung erreicht
wird. Bei denjenigen, bei denen eine so große Menge Flüssigkeit, insbesondere auch
Wasser, zur Anwendung kommt, daß die Mahlmischung eine pastenförrnige Konsistenz
annimmt, ist die Mahlwirkung auf metallfreies Phihalocyanin gering.
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Im Gegensatz dazu ist beim vorliegenden Verfahren der Zweck eine Zerkleinerung
unter Vermeidung der bei den bekannten Verfahren eintretenden Umwandlung zur a-Modifikation..
Die zugesetzten Flüssigkeiten müssen im wesentlichen wasserfrei sein; denn die Anwesenheit
von Wasser bewirkt die Bildung der a-Modifikation. Die Menge der zugesetzten Flüssigkeit
muß beim erfindungs- i gemäßen Verfahren so bemessen werden, daß d'as Gemisch von
Farbstoff, Mahlsubstrat und Flüssigkeit noch den Charakter eines Pulvers und nicht
denjenigen einer Paste hat. Bei zu geringer Zugebe von: Flüssigkeit kann indessen
ein Teil des i Mahlgutes in die a-Modifikation übergehen: Die zuzusetzende Flüssigkeitsmenge
muß sich deshalb innerhalb bestimmter Grenzen bewegen und kann zwischen 2 und 1o
°/o der Menge der Mahlmischung (Farbstoff -I- Substrat) schwanken; sie beträgt v
orzugsweise@ q. bis 7010.
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Als organische, nicht. wässerige Flüssigkeiten sind solche zu verwenden
deren Siedepunkt unterhalb Zoo' und oberhalb o°, vorzugsweise unterhalb 150' und
oberhalb 2ö° liegt. Diese können den verschiedensten Körperklassen, z. B. der Klasse
der Alkohole Aldehyde, Ketone, Ester, Kohlenwasserstoffe usw" angehören. Natürlich
müssen sie so gewählt werden, daß sie mit den jeweils verwendeten Mahlsubstraten
keine chemische Verbindung eingehen: Da, wie ausgeführt, die Anzahl der verwendbaren
Flüssigkeiten außerordentlich groß ist, wird man sich praktisch bei der Wahl weitgehend
von wirtschaftlichen Überlegungen leiten hissen; so. daß eine verhältnismäßig kleine
Anzahl von leicht
zugäiglichen und billigen Substanzen, wie z. B.
Methanol, Äthanol, Propanol, Butanol, Acetaldehyd, Furfurol, Aceton, Essigester,
Hexan, Benzol, Cyclohexan, Cyclohexen., Tetrachlorkohlenstoff od. dgl., allen praktischen
Anforderungen gerechtwerden wird.
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Als Mahlsubstrat kommt grundsätzlich jeder feste Körper, den man nachträglich
durch ein Lösungsmittel wieder vom Farbstoff trennen kann, in Frage, mit den folgenden
aus mechanischen Gründen leicht erkennbaren Einschränkungen.
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Substrate, die wesentlich weicher sind als das Phthalocyanin, haben
geringe Mahlwirkung. Substrate, die sehr hart, d. h. die mit der benutzten Mahlvorrichtung
nicht gut zertrümmerbar sind, müssen von vornherein in feinkörniger Form vorliegen.
Ein Beispiel für den ersten Fall ist wasser= freies Natriumacetat. Beispiele für
den zweiten Fall sind Natriumchlorid und wasserfreies Natriumsulfat; werden sie
in grobkristallinischer Form, wie sie direkt aus wässeriger Lösung auskristallisieren,
verwendet, so ist ihre Mahlwirkung sehr schlecht. Im Gegensatz dazu ist sehr feinkristallinisches
Natriumchlorid, wie es z.. B. bei Reaktionen aus organischen, nicht wässerigen Lösungen
anfällt, ein gut brauchbares Mahlsubstrat und feinpulveriges wasserfreies Natriumsulfat,
wie es durch Entwässern des Dekahydrates im Vakuum bei niedriger Temperatur erhalten
wird, ist ebenfalls gut verwendbar.
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Man wird sich demnach auch bei .der Auswahl der Mahlsubstrate nach
wirtschaftlichen, Gesichts punkten richten. Dabei werden in der Regel billige, wasserlösliche
Substrate bevorzugt werden, die entweder an sich wertlos oder leicht regenerierbar
sind:. Will man dagegen für bestimmte Zwecke Pigmentfarbstoffpasten in organischen
Lösungsmitteln darstellen, so, wird man organische Substrate vorziehen, die in dem
betreffenden, nach beendeter Vermahlungl zugersetzten Lösungsmittel löslich sind.
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Unter den wasserlöslichen Substraten seien genannt: wasserfreies Chlorcalcium,
wasserfreies Natriumferrocyanid, wasserfreies Natriumcarbonat, Natriummetaborat
(Na B 02 - 2 H2 O), Ammonsulfat, Bariumchlorid, wasserfreie Borsäure, Natriumsalze
von aromatischen Sulfonsäuren, wasserfreies Natrium.- und Kaliumhydroxyd, Natriumphenolat,
USW.
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Von Substraten, die mit organischen Lösungsmitteln entfernbar sind,
seien z. B. Phthalsäureanhydrd und p-Toluolsulfamid genannt. Die Substrate werden
zweckmäßig in Mengen angewandt, die ein- bis- fünfmal, vorzugsweise zwei- bis dreimal
die Menge des Farbstoffes betragen.
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Natürlich können durch das beschriebene Verfahren auch Farbstoffe
erhalten werden, die Gemische von metallfreien a- und ß-Phthalocyaninen darstellen,
wenn man entweder den erfindungsgemäßen Zusatz an organischer Flüssigkeit zu klein
bemißt oder als solchen eine Substanz wählt, die an der Grenze der Brauchbarkeit
liegt, z. B. eine solche mit einem Siedepunkt wesentlich oberhalb i 5o'. Solche
Gennische werden sich selbstverständlich von der reinen a-Modifikation, wie sie
in den üblichen Handelsprodukten vorliegt, durch eine Nuancenverschiebung in der
Richtung der reinen ß-Modifikation unterscheiden. Die Kennzeichen der erfindungsgemäßen
Pigmente, die sich zum Färben von Lacken auf Celluloseesxer- oder anderer Basis,
natürlichen und künstlichen Harzen, natürlichem und künstlichem Kautschuk, Polymerisationsprodukten;
Viskose- und Gelluloseestern in der Masse usw., sowie für den Textildruck, ferner
zur Herstellung von Tapeten- und Lithographiefarben u. dgl., hervorragend eignen,
sind die röntgenographische Nachweisbarkeit der ß-Modifikation einerseits und die
Deckkraft anderseits, die größer ist als diej enige der bisher bekannten metallfreien
Phthalocyanine der ß-Form, d. h. des hekannten Rohproduktes sowie des Pigmentes,
das durch Erhitzen der a- oder y-Form auf 3oo° erhältlich ist.
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Die erfindungsgemäße Behandlung b.zw. Vermahlung kann auch bei erhöhter
Temperatur vorgenommen werden, sei es, daß künstlich Wärme zugeführt, sei es, daß
die beim Mahlvorgang entstehende Wärme nicht oder nicht vollständig abgeführt wird.
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Die nachfolgenden Beispiele erläutern die vorliegende Erfindung, ohne
deren Umfang jedoch irgendwie einzuschränken; dabei besteht zwischen Gewichtsteil
und Volurnteil die gleiche Beziehung wie zwischen Gramm und Kubikzentimeter; die
Temperaturen sind in Celsiusgraden angegeben.
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Beispiel i 25 Gewichtsteile metallfreies Rohphthalocyanin der ß-Form
werden mit 75 Gewichtsteilen wasserfreiem Natriurnferrocyanid und 6 Volumteilen
Propanol während 24 Stunden in einer geschlossenen Stabmühle vermahlen. Das Mahlgut
wird in iooo Volumteilen 2oo/oiger Kochsalzlösung aufgeschlämmt, auf 70° erwärmt,
filtriert, ausgewaschen und getrocknet.
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Man: erhält ein leicht dispergierbares Pigment, in welchem röntgenographisch
keine a-Modifikation mehr nachweisbar ist und bei welchem die Farbnuance gegenüber
dem handelsüblichen metallfreien Phthalocyanin der a-Form stark nach Grün verschoben
ist.
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Aus dem Filtrat wird .das Natriumferrocyänid in Form von Dekahydrat
durch Kaltrühren zurückgewonnen. Beispiel 2 Das in Beispiel i zugefügte Propanol
wird durch ebensoviel Benzin oder Hexan ersetzt. Man erhält einen Farbstoff, dessen
Eigenschaften mit demjenigien des Beispiels i übereinstimmen.
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Verwendet man statt 6 Volumteile Benzin nur q. \,''olumteile, so erhält
man eine etwas rötere Nuance, die aber gegenüber a-Phthalocyanin des Handels noch
stark grünstichig erscheint.
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Führt man die letztbeschriebene Mahlung bei 8o bis ioo° aus, *so erreicht
man die gleiche Nuance wie in Beispiel z.
' Beispiel 3 25 Gewichtsteile
metallfreies Rohphthalocyanin der ß-Form werden mit 75 Gewichtsteilen Rohr= zucker
und 6 Volumteilen Benzin 24 Stunden in einer geschlossenen Stabsmühle gemahlen.
Hierauf wird das Mahlgut mit iooo Volumteilen Wasser auf 7o°erwärmt, filtriert,
gewaschen und gegebenenfalls getrocknet. Man erhält den Farbstoff in der gleichen
Form wie bei Beispiel i.
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Der Zucker kann aus dem Filtrat gewünschtenfalls nach bekannten Methoden
regeneriert werden. Beispiel 4 2,5 Gewichtsteile des nach Beispiel i erhaltenen
Pigmentes werden mit io Volumteilen Alkohol und 2o Volumteilen einer i00/eigen wässerigen
Gummiarabikumlösung während 5 Minuten zusammen verrieben. Hierauf werden 5o Gewichtsteile
Schlemmkreide und portionenweiseweitere 40 Volumteile der gleichen Gummiarabikumlösung
zugegeben unrd zur feinsten Verteilung vermahlen. Die so erhaltene in lebhaft blaustichiggrünen,
lichtechten Tönen gefärbte Dispersion ist ausgezeichnet als Tapetenfarbe geeignet.