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Verfahren zum Herstellen von gekörntem haltbarem Kalkstickstoff Es
ist bekannt, pulverigen Kalkstickstoff durch Hydratisieren und durchBehandeln der
hydratisierten Masse zu körnen.
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Die Schwierigkeiten bei der Herstellung eines solchen gekörnten Kalkstickstoffs
bestehen darin, Körner herzustellen, welche eine genügende Haltbarkeit besitzen,
d. h. welche nicht nach der üblichen Lagerzeit von einem halben Jahr und mehr wieder
ganz oder teilweise zu Pulver zerfallen. Es wurde bereits früher erkannt, daß die
Art, wie die Hydratisierung ausgeführt wird, von wesentlicher Bedeutung für die
Haltbarkeitseigenschaften des Produktes ist. Zahlreiche Vorschläge wurden daher
gemacht, um die Hydratisierung durchzuführen. So wurde z. B. vorgeschlagen, Kalkstickstoffpulver
bei 6o° übersteigenden Temperaturen mit io bis 200/ö Wasser und sodann nach Abkühlen
mit weiteren 12% Wasser bei 2, his q.0° zu behandeln oder Kälkstickstoffpulver bei
7o° nur teilweise zu hydratisieren und dann bei Temperaturen bis 1750 die Hydratisierung
zu Ende zu führen. Es wurde auch vorgeschlagen, die Hydratisierung nur mit q. bis
5 % Wasser unterDruck durchzuführen, ferner den Kalkstickstoff mit einem größeren
Überschuß an Wasser zu hydratisieren und das nicht ge-. bundene Wasser zu verdampfen,
bzw. den Kalkstickstoff mit Mengen von io bis i50/0 oder sogar 3o bis .40 % Wasser
oder bei ioo° mit 6o bis i i o 0/0
Wasser oderWasserdampf zu behandeln.
Im Gegensatz dazu bevorzugen andere Verfahren die Hydratisierung unter ioo° mit
mehr als 13 0/0 Wasser oder verlangen, daß ganz bestimmte Mengenverhältnisse zwischen
Wasser und Calciumnitrat von 5 Mol Wasser pro i: Mol Calciumnitrat im Endprodukt
enthalten sind.
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Diese vielen Vorschläge zeigen, daß, so einfach die Hydratisierung
an und für sich erscheinen mag, deren praktische Durchführung doch mit erheblichen
Schwierigkeiten verbunden ist, nicht nur weil die Reaktion möglichst vollständig
durchgeführt werden muß, sondern auch weil das Ausgangsprodukt je nach der Herstellungsart
verschiedene Eigenschaften besitzt. Sind z. B. bei der Azotierung Temperaturen über
iqoo° entstanden, so ist der Kalk totgebrannt und läßt sich viel schwerer hydratisieren
als das normale Produkt.
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Trotz der vielen Arbeiten und Vorschläge auf dem Gebiet fehlte bisher
die Kenntnis der für den Erfolg maßgebenden Faktoren, die bei der Hydratisierung
berücksichtigt werden müssen. Man mußte sich daher weitgehend auf empirische Erfahrungen
stützen und, um einigermaßen eine vollständige Hydratisierung zu gewährleisten,
sehr große und daher kostspielige Hydratisierräume schaffen.
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Demgegenüber hat nunmehr der-Urheber der vorliegenden Erfindung eine
Regel für die Durchführung der Hydratisierung gefunden, die erlaubt, diesen Vorgang'vollständig
zu beherrschen und dementsprechend mit verhältnismäßig kleinen Hydratisierräumen
auszukommen. Auf Grund eingehender Untersuchungen wurde nämlich gefunden, daß für
die Durchführung der Hydratisierung zu einem für die Herstellung von haltbaren Körnern
geeigneten, vollständig hydratisierten Produkt folgende zwei Merkmale von wesentlicher
Bedeutung sind: i. Rasches Aufwärmen des Rohkalkstickstoffs auf Temperaturen über
65° und Hydratisierung desselben oberhalb dieser Temperatur.
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2. Vollständige Hydratisierung des Produkts bis auf mindestens etwa
99,50/D und Homogenisierung desselben.
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Im einzelnen ist hierzu noch folgendes zu beachten Zu i. Es ist notwendig,
die Hydratisierung des freien Kalks gemäß der Formel CaO+H20=Ca (0H)2 (1) durchzuführen
und eineBildungvonwasserhaltigem Hydrat gemäß der Formel Ca0+2H20=Ca (OHW H20 (2)
unbedingt zu vermeiden. Da dieses Hydrat nur unterhalb 65° beständig ist, muß daher
die Temperatur während der Hydratisierung von Anfang an mindestens 65° betragen,
damit die Bildung des wasserreichen Hydrats gemäß der Formel (2) in obigem Sinne
verhindert wird. Kommt es nämlich zur Bildung dieses wasserreichen Hydrats, so läßt
es sich, wie gefunden wurde, nur schwer und langsam wieder in das wasserfreie Hydrat
gemäß der Formel (i) zurückführen. Dias Freiwerden des in Form von Hydratwasser
gebundenen Wassers im Temperaturgebiet über 65°, d. h. die Rückbildung des Ca (O
H)2 - H2 O in Ca (O H)2, äußert sich nämlich in einer bedeutenden Erschwerung der
Durchmischung des feuchten Produkts. Dieses läßt sich dann nur mit großem Kraftaufwand
durch den Rührer zerteilen. Eine solche Arbeitsweise hätte zur Folge, daß die Durchmischung
ungleichmäßig ausfallen und leicht zu Verkrustungen führen würde. Dies kann u. a.
das Stillstehen des Rührers verursachen und bewirken, daß nur partiell hydratisiertes
Produkt aus dem Hydratisierrührwerk entleert wird, was unbedingt zu unstabilen Endprodukten
führen müßte.
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Es ist also bei der Hydratisierung erfindungsgemäß darauf zu achten,
daß im Gegensatz zu den bekannten Verfahren, wonach das Produkt während der Hydratisierung
auf die gewünschte Temperatur gebracht wird, die Temperatur des Pulvers sich bereits
von Anfang an über 65°, z. B. auf 70°, befindet. Man wird das Produkt daher auf
irgendeine geeignete Art vorerst rasch auf diese Temperatur erwärmen und dafür sorgen,
daß bei der Hydratisierung diese Temperatur keinesfalls unterschritten wird. Befindet
sich das Produkt einmal auf über 65°, so ist ein Absinken der Temperatur leicht
zu vermeiden, da die Temperatur der Masse infolge der freiwerdenden Hydratationswärme
allmählich ansteigt und je nach der Wärmeisolation Temperaturenvon go- bis 1-30°
erreicht. Zweckmäßig wird man die Temperatur der Masse auf ioo bis 12o° ansteigen
lassen. Temperaturen von 13o° und höher bieten keine Vorteile. Wohl findet bei höheren
Temperaturen eine Steigerung der Hydratisiergeschwindigkeit statt, jedoch ebenfalls
eine Zunahme der Ammoniakverluste und der Dicyandiamidbildung.
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Zu 2. Es wurde gefunden, daß zur Gewinnung haltbarer Körner das Produkt
vollständig bis auf mindestens 99,5% hydratisiert und homogenisiert sein muß, bevor
es derkörnendenBehandlung unterworfen wird.
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Man hat allerdings bereits früher erkannt, daß das Produkt vollständig
hydratisiert sein muß, ohne jedoch diesen Begriff genau zu definieren. Was unter
vollständig hydratisiert zu verstehen ist, läßt sich theoretisch verhältnismäßig
einfach erklären. Vollständig hydratisiert ist das Produkt, wenn sowohl der ganze
freie Kalk (Ca O) als auch der an evtl. vorhandene Carbide und Phosphide gebundene
Kalk möglichst vollständig in Ca (OH) 2 umgewandelt sind. Dabei soll jedoch so wenig
wie möglich Calciumcyanamid durch das Wasser in freies Cyanamid und Dicyanamid zersetzt
werden. Praktisch läßt sich das Ende dieser Reaktion jedoch schwer verfolgen. Ist
aber die Hydratisierung nicht vollständig genug gewesen, so merkt man erst später,
z. B.. nach einer etwa halbjährigen Lagerzeit, daß die Hydratisierung ungenügend
war, weil die Körner teilweise oder ganz zu Staub zerfallen. Diese Schwierigkeiten
in der Beurteilung des Reaktionsverlaufes konnten bisher nur unvollkommen
und
durch einen großen technischen apparativ en Aufwand einigermaßen umgangen werden.
Da man den Beendigungszeitpunkt der Reaktion nicht einwandfrei festsetzen konnte,
hat man sehr große kostspielige Anlagen vorgesehen, um durch lange Verweilzeiten
des Reaktionsprodukts in den Apparaturen eine gewisse Sicherheit zu haben, daß das
Produkt ausreagiert sei. Was unter dem Ausreagieren effektiv zu verstehen ist und
wie man diesen Vorgang kontrollieren könnte, wußte man nicht. Trotz der langen Verweilzeiten
hatte man daher keine absolute Gewähr über den gewünschten vollständigen Reaktionsverlauf.
Außerdem war-der große apparative Aufwand eine schwere wirtschaftliche .Belastung
für das Verfahren.
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Es wurde nun nach einer praktisch brauchbaren Bewertung des Reaktionsverlaufes
gesucht und gefunden, daß man das Produkt als ausreagiert betrachten kann, wenn
es einen Hydratationsgr ad von mindestens 99,511/o besitzt. Dabei ist unter Hy dratationsgrad
der prozentuale Anteil an hydratisiertem Produkt im Verhältnis zum gesamten hydratisierbaren
Ausgangsmaterial zu verstehen. Dieser Hydratationsgrad -kann aus der gesamten theoretischen
Wassermenge, die zur vollständigen Hydratisierung benötigt wird, im Verhältnis zur
Wassermenge, die nicht -umgesetzt wurde, analytisch bestimmt werden.
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Erfindungsgemäß muß das mit der erforderlichen Menge Wasser behandelte
heiße, auf einer T emperatur von z. B:. ioo bis i2o° befindliche Produkt in einer
zweiten Phase des Hydratisierprozesses durch eine Zwischenlagerung oder Silierung
zum Ausreagieren gebracht werden, bis der Hydratationsgrad von mindestens 99,5 %
erreicht ist. Die Temperatur des Produkts wird sich dabei wenig verändern und je
nach der Wärmeisolation eher etwas absinken. Auf jeden- Fall muß die Temperatur
ständig über 65° gehalten werden, v orteilhafterweise sohoch, daß dadurch zugleich
das Ausreagieren schneller vor sich geht. Gleichzeitig wird das Produkt homogenisiert,
d. h. an jeder Stelle gleichmäßig hydratisiert. Man hat es nun in der Hand, die
Apparatur so zu dimensionieren, daß eine vollständigeHydratisierung desProdukts
gewährleistet werden kann. Dadurch gelingt es, die Apparatur auf jene Größe zu beschränken,
die erforderlich ist, um dieses Ziel gerade noch zu erreichen. Es zeigte sich dabei,
daß. man mit ganz erheblich kleineren Apparaturen auskommen kann, als sie bisher
gebaut wurden, wodurch einerseits die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens wesentlich
verbessert und anderseits eine Gewährleistung über die Haltbarkeit der Produkte
erzielt wird.
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Die zur Hydratisierung erforderlichen Wassermengen entsprechen den
theoretisch berechneten Wassermengen mit einem kleinen Überschuß von io bis 2,o%.
Dieser Überschuß soll derart berechnet werden, daß das hydratisierte Produkt vor
dem Ausreagieren noch einen geringen Überschuß an freiem, d. h. nicht in Ca (O H)2
gebundenem Wasser enthält, wobei zu berücksichtigen ist, daß während der Hydratation
vorn 7o auf ioo bis i2o° ein Teil des Wasserüberschusses verdampft. Der Wasserüberschuß
während des Ausreagierens im Produkt braucht nur sehr gering, z. B. o, i % zu sein,
insofern man in geschlossenen Gefäßen arbeitet, so daß sich das Produkt ständig
in einer Dampfatmosphäre befindet. Ein größerer Überschuß an Wasser ist dagegen
zweckmäßig zu vermeiden, weil dadurch die Bildung von Dicyandiamid begünstigt wird.
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Die Durchführung der Hydratisierung, des Ausreagierens und Homogenisierens
erfordert je nach der apparativenAusgestaltung des Verfahrens bestimmte Verhältnisse
in bezug auf den Wassergehalt und die Temperatur und eine gewisse minimale Verweilzeit
desProdukts in denApparaturen. Diese Zeit kann gleichmäßig auf den Hydratisierungs-und
Ausreagierungsvorgang verteilt werden, z. B. je 6o Minuten; sie kann aber auch für
beide Phasen verschieden sein, wobei bei den gleichen Verhältnissen die Gesamtdauer
die gleiche bleibt.
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Bei der praktischen Durchführung der Hydratisierung ist die intensive
Dürchmischung des Kalkstickstoffs für die gleichmäßige Wasserverteilung von besonderer
Bedeutung. Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, die Hydratisierung in Rührwerken
durchzuführen, z. B, mit einer Aufenthaltszeit von etwa 6o Minuten und das vollständige
Ausreagieren in Zwischensilos mit einer Aufenthaltszeit von der gleichen Größenordnung.
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Für die Durchführung des Verfahrens ist vor der Wasserzugabe eine
rasche Erwärmung des Rohkalkstickstoffs auf über 6o°, z. B. auf 70°, wie weiter
vorn dargelegt, von wesentlicher Bedeutung. Dies läßt sich, wie gefunden wurde,
dadurch vorteilhaft durchführen, indem man die Hydratisierung in einem Rührwerk
ausführt, welches man periodisch auf folgende Art füllt und entleert: Das hydratisierte,
etwa ioo bis i2o° heiße Produkt wird z. B. jeweils nur zur Hälfte aus dem Rührwerk
entleert. Dann wird rasch das Rührwerk mit frischem, kaltefn-Produkt aufgefüllt
und dasselbe mit dem vorhandenen heißen Produkt schnell vermischt. Dadurch wird
die kalte Masse rasch auf etwa 7o° gebracht. Dann gibt man das Wasser hinzu, wodurch
die Temperatur der Masse durch die Hydratisierwärme wieder auf ioo bis imo° ansteigt.
Nun wird das heiße Produkt wieder zur Hälfte entfernt und frisches Produkt hinzugefügt
usw. .
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Das Ausreagieren des hydratisierten Produkts kann durch Zwischenlagerung
in geeigneten Gefäßen erfolgen. So hat es sich als sehr zweckmäßig erwiesen, hierfür
zwei parallel geschaltete Gefäße, z. B. einen zweiteiligen Silo, zu.verwenden, wobei,
während das eine Gefäß gefüllt, das zweite entleert wird. Hierdurch wird das Produkt
gleichzeitig auch homogenisiert. Das.ausreagierte Produkt wird nun auf bekannte
Art weiterverarbeitet und in die körnige Form übergeführt. Zu diesem Zweck wird
es gekühlt und dann einer Körnüngsanlage zugeführt, in welcher die Körnung durch
Vermischen des Produkts mit Wasser oder mit Bindemitteln stattfindet. Bei der Zugabe
von Wasser ist die Bildung von größeren Mengen von Dicyandiamid nicht zu
vermeiden.
Man arbeitet daher zweckmäßig mit Bindemitteln, wie z. B. aus einer Lösung von Calciumnitrat
oder wie Sulfitablaugen usw.
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Die Körnung muß; wie bei früheren Verfahren, derart erfolgen, daß!
eine Verdichtung der Masse stattfindet, so daß Körner mit einem Litergewicht von
mindestens iooog, gemessen an Körnern von 2 bis 2,5 mm Durchmesser, und einem Zertrümmerungsdruck
von mindestens 350 g/mm2, vorteilhafterweise 60o bis i,oo-o g/mm2, entstehen.
Dies kann auf bekannte Art durch eine knetende und zerteilende Behandlung der Masse
unter Zugabe des Wassers oder Bindemittels geschehen. Es wurde diesbezüglich gefunden,
daß sich hierzu Schnecken besonders gut eignen, in denen die hydratisierte, Bindemittel
enthaltende Masse unter zerteilender und knetenderWirkungweiterbefärdert undgekörnt
wird. Beispiel Rohkalkstickstoff in pulveriger Form mit etwa 22 bis 23 % N wird
in ein Rührwerk eingeführt, das zur Hälfte mit einem bereits hydratisierten, etwa
ioo bis i20° heißen Produkt aus einem früheren Arbeitsgang gefüllt ist. Durch das
Vermischen mit der heißen Masse wird das kalte Rohprodukt rasch auf etwa 7o0 gebracht.
Nun gibt man in feinverteilter Form etwa i io kg Wasser auf i:ooo kg Rohprodukt
hinzu, wodurch dasselbe hydratisiert wird und die Temperatur der Masse wieder auf
etwa ioo bis i2o° ansteigt. Nach gründlicher Durchmischung während etwa 6o Minuten
wird das Produkt zur Hälfte aus dem Rührwerk abgelassen und die Hydratisierung von
Rohkalkstickstoff im oben beschriebenen Sinne fortgesetzt. Das zur Hälfte aus dem
Rührei abgelassene Produkt wird dann auf bekannte Weise in eine körnige Form übergeführt,
z. B. durch Behandeln mit Calciumnitratlösungen und darauffolgende Körnung in Trommeln
gemäß derArbeitsweise der SchweizerPatentschrift233 &57. Ausgehend von Rohkalkstickstoff
mit 23 % N erhält man ein körniges Produkt mit einem Stickstoffgehalt von 20,i %,
r,5 % Dicyanamid und 0,6°/o Wasser. Das Litergewicht des Körnungsprodukts beträgt
1015 g und der Zertrümmerungsdruck für Körner von 1- mm Durchmesser
1345 g/mm2. Die Haltbarkeit des Produkts ist ausgezeichnet. Nach 12 Monaten normaler
Lagerung betrug der Staubanfall weniger -als o,5 0/0.