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Elektrolytischer Elektrizitätszähler
Es ist bekannt, Elektrizitätsmengen
dadurch zu zählen, daß man den Strom in Form von Gleichstrom ganz oder zu einem
bekannten Teil durch Lösungen leitet, wobei an einer oder an beiden Elektroden Abscheidungen,
vorwiegend Metallabscheidungen stattfinden, die der durchgegangenen Elektrizitätsmenge
proportional sind. Im bekannten Stia-Zähler wird beispielsweise Quecksilber ausgeschieden,
das den Vorteil bietet, daß die abgeschiedene Metallmenge volumetrisch gemessen
werden kann. Dieser Zähler benötigt recht kostspielige Materialien und ist auch
sonst gelegentlichen Störungen unterworfen. Ferner ist das Problem der strengen
Proportionalität zwischen der durchgegangenen Elektrizitätsmenge und der abgeschiedenen
Metallmenge in vielen Fällen nur angenähert und daher ungenügend lösbar.
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Erfindungsgemäß werden diese Nachteile dadurch beseitigt, daß die
Konzentrationen von Stoffen, die bei Stromdurchgang in einem Elektrolyt durch umkehrbare
oder nahezu umkehrbare elektrochemische Vorgänge erzeugt oder zusätzlich erzeugt
werden, physikalisch gemessen werden. Die Anordnung gemäß der Erfindung vermeidet
die Abscheidung von Stoffen, die außerhalb des Elektrode lyts bleiben, praktisch
vollständiig. Sie macht sich lediglich solche elektrochemischen Vorgänge zunutze,
die praktisch ohne Masseausscheidungen, aber dafür mit Konzentrationsänderungen
im Elektrolyt einhergehen. Ferner werden auch solche Vor-
gänge
benutzt, die zwar primär mit Masseausscheidungen verbunden sind, bei denen aber
die ausgeschiedenen Massen im Elektrolyt gelöst werden.
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Diese elektrochemischen Vorgänge ermöglichen eine genügende Proportionalität
zwischen der hindurchgegangenen Elektrizitätsmenge und den Konzen--trationen der
durch den Strom im Elektrolyt gebildeten Stoffe oder deren Konzentrationsänderungen.
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Wird beispielsweise eine Eisen(III) salzlösung, etwa Eisen(III)chlorid
allein oder in einem Gemisch mit einer Eisen(II) salzlösung, etwa Eisen(II)-chlorid,
in den Kathodenraum der Elektrolytzelle gebracht, so findet bei Stromdurchgang eine
Reduktion des dreiwertigen Eisens statt, so daß Eisen(II)chlorid entweder neu entsteht
oder sich seine Konzentration steigert, während die Konzentration des Eisen (III)
chlorids abnimmt. Von diesen Konzentrationen an Eisen(II)- und Eisen(III)-salz hängen
manche physikalischen Eigenschaften der Lösung ab, wie Farbe, Brechungszahl, Dichte,
elektrische Leitfähigkeit, Elektrodenpotentiale und andere. Diese Konzentrationen
und ihre Änderungen lassen sich daher mit Hilfe einer oder mehrerer dieser physikalischen
Eigenschaften messend bestimmen, wodurch auch die hindurchgegangene Elektrizitätsmenge
erfaßt wird.
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Eine bevorzugte Form der Messung von Konzentrationen in den nach
außen völlig abgeschlossenen Zählergefäßen besteht in der Bestimmung der Dichte
der Lösungen. Diese Bestimmung wird erfindungsgemäß mit Hilfe von Glasschwimmern
ausgeführt, in die ein Eisenkern eingeschmolzen ist, so daß sie entweder etwas leichter
oder etwas schwerer als die Flüssigkeit bleiben. Diese Schwimmer werden mit Hilfe
eines Elektromagneten, der sich außerhalb der Zählergefäße befindet, zum Schweben
in der Flüssigkeit gebracht. Der hierzu für den Elektromagneten notwendige Strom
dient zur Messung der Dichte bei der betreffenden Temperatur, die an einem in der
Lösung befindlichen Thermometer abgelesen wird.
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Eine andere Ausführungsform der Anordnung gemäß der Erfindung benutzt
die Änderung der Brechungszahl der Lösungen im Zählergefäß. Diese optische Methode
ist jedoch nur auf einige Beispiele beschränkt. Eine wesentlich allgemeinere und
genauere optische Methode liegt in der kolorimetrischen Gehaltsbestimmung vor, die
in allen den Fällen anwendbar ist, in denen die Konzentrationsänderungen mit Farbänderungen
einhergehen, wie beispielsweise bei Eisen-, Titan-, Vanadin-, Chromsalzlösungen
und anderen. In vielen Fällen läßt sich die Farbänderung direkt zur Konzentrationsbestimmung
verwenden, in manchen Fällen hat es sich jedoch ergeben, daß die Empfindlichkeit
der Messung erheblich durch Zusätze gesteigert wird oder werden kann. So wird beispielsweise
die Genauigkeit der Messung in dem oben angeführten Beispiel des Eisen(lTI)chlorids
erheblich durch einen Zusatz von Salzsäure gesteigert.
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In weiterer Ausbildung der Anordnung gemäß der Erfindung wird zur
Bestimmung der beim Stromdurchgang eingetretenen Konzentrationsänderungen die elektrische
Leitfähigkeit der Lösungen benutzt.
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Zu diesem Zweck werden gesonderte Elektrodenpaare in die beiden Räume
des Zählergefäßes eingebaut, derart, daß in jedem Elektrodenraum ein Elektrodenpaar
angeordnet wird. Jedes Elektrodenpaar ist seinerseits von einem Mantel aus nicht
leitendem Material, vorwiegend von einer Glasglocke, umgeben, die aber von dem Elektrolyt
d-s Zählers frei durchströmt werden kann. Die Messung der Leitfähigkeit kann mit
jedem Elektrodenpaar getrennt vorgenommen werden. Besonders genau sind jedoch Messungen,
bei denen die beiden Elektrodenpaare in geeigneter Weise gegeneinander geschaltet
werden. Die Temperatur wird an Thermometern abgelesen, die dauernd in die Zählergefäße
eingebaut sind, und zwar möglichst so, daß die ganze Skala in die Flüssigkeit eintaucht.
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Das Gefäß, in dem sich der Zählerelektrolyt befindet, das Zählergefäß,
kann an sich beliebige Form haben. In einer bevotzugten Form gemäß der Erfindung
ist das Gefäß gasdicht oder nahezu gasdicht nach außen abgeschlossen und besteht
aus zwei Räumen, je einem Kathoden- und einem Anodenraum, die leitend miteinander
verbunden sind.
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In einer einfachen Ausführungsform hat das Zählergefäß die Form eines
U-Rohres. Gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung erfolgt die unerläßliche Trennung
der Flüssigkeit des Kathodenraumes von derjenigen des Anodenraumes in diesem Fall
durch Schichten aus Materialien, die flüssigkeitsdurchlässig, aber eine Strömung
der Flüssigkeit zu behindern imstande sind.
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Hierzu kann entweder nur ein Stoff oder es können auch mehrere Stoffe
gleichzeitig verwandt werden. Bevorzugt werden Stopfen aus Glaswolle, Asbest oder
ähnlichem Material verwandt, aber auch halbdurchlässige keramische Platten oder
auch Flüssigkeitsschichten hoher Viskosität, wie etwa durch Gelatine oder Agar-Agar
versteifte Lösungen. Es können auch mehrere dieser Strömungshindernisse gleichzeitig
angewandt werden. In weiterer Ausgestaltung der Erfindung wird der Querschnitt des
Zählergefäßes auf diejenige Länge desselben, die von den Strömungshindernissen eingenommen
wird, erweitert, um Erwärmungen beim Stromdurchgang zu vermeiden.
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In einer weiteren Ausführungsform der Anordnung gemäß der Erfindung
werden Kathodenraum und Anodenraum in getrennten Gefäßen untergebracht. Die leitende
Verbindung zwischen beiden Gefäßen besteht aus einem Metalldraht oder einem anderen
metallischen Leiter. In diesem Fall wird in jedem Elektrodenraum eine zweite Elektrode
(Hilfselektrode) angeordnet, die aus einem Metall besteht, das mit dem Säurerest
des Elektrolyts des jeweiligen Elektrodenraumes ein schwerlösliches Salz zu bilden
imstande ist. Über diese Hilfselektrode, die sich irgendwo im Elektrodengefäß in
beliebiger Lage, vorzugsweise horizontal angeordnet, befindet, wird eine genügende
Menge des schwerlöslichen Salzes des Metalls der Hilfselektrode mit dem Säurerest
des Elektrolyts angeordnet, wobei
es weniger auf die räumliche Anordnung
von Salz und Hilfselektrode ankommt, als auf die Bedeckung der Hilfselektrode durch
das Salz.
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Diese Hilfselektrode kann sich an einer beliebigen Stelle des Elektrodenraumes
befinden, beispielsweise amBoden desselben usw. In einer bevorzugten Ausführungsform
der Anordnung gemäß der Erfindung wird die Hilfselektrode in einen Seitenraum des
Elektrodengefäßes angeordnet, der mit dem Elektrodenraum in Flüssigkeitsverbindung
steht. In dem Verbindungsweg zwischen El ektro denraum und Seitenraum befinden sich
Strömungswiderstände, etwa Pfropfen aus Glaswolle, Asbest od. dgl. Diese Anordnung
gewährt den Vorteil, daß sich die Hilfselektrode mit ihrem Salz in einem gegen Strömungen
abgeschlossenen Raum befindet.
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Außerdem ist es bei dieser Anordnung leichter, die Zuführungen zur
Hilfselektrode ohne Durchschmelzungen durch das Glas des Zählergefäßes anzuordnen.
Diese Zuführungen werden nach oben über die Flüssigkeit hinausgeführt und durch
Glasschliffe, die mit einer geeigneten Vergußmasse abgeschlossen sind, nach außen
geführt. Um an Länge der Zuleitungen zu sparen. werden die nräume für die Hilfselektroden
in der Nähe d2s oberen Flüssigkeitsspiegels vom Elektrodengefäß abgezweigt.
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Die Anordnung gemäß der Erfindung kann mit Elektroden beliebiger
Form und aus beliebigem geeignetem Material versehen sein. In einer hevorzugten
Ausführung der Anordnung werden für den Stromdurchgang Elektroden verwandt, die
den Flüssigkeitsraum nahezu in ganzer Höhe durchsetzen. Diese Anordnung bietet den
Vorteil. daß bei Stromdurchgang gleichzeitig möglichst die ganze Lösung eines Elektrodenraumes
vom elektrischen Strom durchsetzt wird, so daß Konzentrationsinhomogenitäten in
der Lösung schon beim Stromdurchgang möglichst ausgeglichen werden. Die Stromdurchführüngen
der Elektroden aus dem Zählergefäß heraus können, wie oben bei den Hilfselektroden
beschrieben, angeordnet sein. Sie können aber auch in beliebiger anderer Art konstruiert
sein, beispielsweise durch Quetschungen im Glaskörper, wie bei Glühlampen. Auch
können direkt Glühlampenfüße verwendet werden, die in üblicher Weise an das Zählergefäß
angeschmolzen sind. Das Zählergefäß ist außerdem mit einer Anzahl von Ansätzen,
beispielsweise aus Glas, versehen, die der Füllung mit dem Elektrolyt und anderen
Zwecken dienen.
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Während des Stromdurchgangs durch den Zählerelektrolyt entsteht stets
eine Konzentrationsinhomogenität im Elektrolyt. Wenn auch die über fast die ganze
Flüssigkeitshöhe reichende Elektrode eine solche Inhomogenität vermeiden soll, so
muß vor einer genauen Konzentrationsbestimmung der gesamten Lösung jede Inhomogenität
in der Lösung ausgeglichen werden. Gemäß einer weiteren Ausgestaltung des Erfindungsgedankens
geschieht dieses Homogenisieren der Konzentrationen durch Rühren. Die Rührer können
an sich beliebiger Art sein. Nur müssen sie es ermöglichen, die Flüssigkeiten in
den geschlossenen Gefäßen durchzurühren.
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In einer besonderen Ausführungsform der Anordnung gemäß der Erfindung
steht zur Rührung ein ständig eingebauter Rührer zur Verfügung, der aus einem Glasgefäß
mit geeigneten Flügeln besteht, in dessen Inneres ein Eisenkern eingeschmolzen ist.
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Durch einen außen an und um das Zählergefäß entlang geführten Elektromagneten
wird der Rührer bewegt. Wenn das Gewicht des Rührers mit dem der verdrängten Flüssigkeit
nahezu iibereinstimmt, so kann statt eines Elektromagneten auch ein gegewöhnlicher
Magnet verwandt werden.
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DieMessungen der physikalischen Größen, die der Konzentrationsbestimmung
dienen, können direkt in dem Kathoden- oder Anodenraum der Zählergefäße oder in
beiden Räumen gleichzeitig vorgenommen werden. Vielfach, besonders bei optischen
Messungen, wird hierbei jedoch nicht die erforderliche Genauigkeit erreicht. Gemäß
einer Weiterbildung der Erfindung wird daher das (oder die) Zählergefäß mit Nebenräumen
versehen, die zusätzliche Meßräume darstellen. Diese Seitenräume werden aus Rohren
gebildet, die unten und oben in das Hauptzählergefäß einmünden. Sie werden beim
Rühren vom Elektrolyt durchströmt. Die Länge und Weite dieser Meßrohre werden den
Erfordernissen angepaßt. In manchen Fällen weisen diese Rohre einen ovalen, in anderen
einen nahezu rechteckigen Querschnitt auf. In einer bevorzugten Ausführungsform
der Anordnung gemäß der Erfindung ist der Querschnitt dieser Rohre nicht gleichbleibend
auf ihrer ganzen Länge, sondern abgestuft, derart, daß zwei, drei oder mehr verschiedene
Querschnitte auf die ganze Länge dieser Meßräume verteilt sind.
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Durch diese Anordnung wird es möglich, die Meßgenauigkeit den jeweils
vorliegenden Verhältnissen gut anzupassen.
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In der Anordnung gemäß der Erfindung lassen sich eine ganze Anzahl
von elektrochemischen Prozessen zum Zweck der Zählung von Elektrizitätsmengen verwenden
wie beispielsweise die schon erwähnten Umladungen der Eisen-, Titan-, Vanadin- und
Chromionen oder wie beispielsweise die anodische Bildung von in Kaliumjodidlösung
gelöstem Jod. Es ist dabei darauf zu achten, daß die Elektrodenvorgänge rein, d.
h. praktisch ohne Nebenvorgänge. erfolgen. Meist ist es so, daß nur an einer der
Elektroden eine gut meßbare, reine und umkehrbare Änderung der physikalischen Eigenschaften
der Lösung eintritt. In einer bevorzugten Ausführungsform der Anordnung gemäß der
Erfindung werden in beiden Elektrodenräumen verschiedene Elektrolyte verwandt, von
denen jeder einzeln zur Messung von Elektrizitätsmengen geeignete Umsetzungen gibt.
Beispielsweise kann man als Katholyt Eisen(III)chloridlösung in Salzsäure, als Anolyt
Kaliumjodidlösung verwenden. Beim Stromdurchgang werden an derKathodeEisen(III)-ionen
reduziert, an der Anode Jod ausgeschieden, das aber in der Kaliumjodidlösung gelöst
bleibt. Beide Umsetzungen sind mit starken Farbänderungen verbunden, die zur Messung
der Konzentrationsänderungen ausgenutzt werden können.
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In einer anderen bevorzugten Ausführungsform der Anordnung gemäß
der Erfindung sind beide Räume des Zählergefäßes mit der gleichen Lösung beschickt,
und zwar mit einer solchen Lösung, bei der bei Stromdurchgang an der Kathode der
entgegengesetzte Vorgang vonstatten geht wie an der Anode. Werden beispielsweise
Kathoden- und Anodenraum des Zählergefäßes beide mit einer Lösung von Eisen (III)
chlorid und Eisen(I;I)chlorid annähernd gleicher Molarität und mit Salzsäure beschickt,
so werden bei Stromdurchgang an der Kathode Eisen(III)ionen zu Eisen(II)ionen reduziert,an
derAnode aber Eisen(II) ionen zu Eisen(TII) -ionen oxydiert. Dadurch entsteht in
beiden Elektrodenräumen eine Konzentrationsänderung der Elektrolyte, aber im entgegengesetzten
Sinne. Diese Anordnung gewährt daher eine sehr erhebliche Meßgenauigkeit und benötigt
nur einen und dazu noch einen sehr preiswerten Elektrolyt.
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Nach Ablesen der in einem bestimmten Zeitraum durch den Zähler hindurchgegangenen
Elektrizitätsmenge, das natürlich vor dem Erschöpfen der Elektrolyte an ihren aktiven
Bestandteilen zu erfolgen hat, wird der Strom am Zähler umgepolt.
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Dadurch wird erreicht, daß die umkehrbaren Elektrodenvorgänge nunmehr
in umgekehrter Richtung verlaufen und ebenfalls meßbar sind. Bei der Anordnung gemäß
der Erfindung wird demnach jegliches Offenen des Zählergefäßes, jegliches Schütteln,
Kippen usw. vermieden.
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Die Anordnung gemäß der Erfindung läßt sich mit einfachen Gefäßen
und äußerst billigem Elektrolyt verwirklichen. Gerade diese billigen Elektrolyte
erfüllen auch die Bedingung der Umkehrbarkeit und geben an den Elektroden reine
Reaktionen, d. h. Umsetzungen ohne Nebenreaktionen. Die Anordnung gemäß der Erfindung
stellt somit einen Fortschritt in der Technik der Zählung von Elektrizitätsmengen
dar.