-
Verfahren zur Herstellung von Melamin Die Erfindung bezieht sich auf
ein Verfahren zur Herstellung von Melamin.
-
Es ist bekannt, daß Guanidinsalze durch Wärme unter Bildung von Melam
und anderen unlöslichen Substanzen zerlegt werden können, in welchem Falle kleine
Mengen an Melamin entstehen und dem Endzerfall entgehen. In den Monatsheften für
Chemie, Bd io, 1889, S. 86 bis ioo, wird die Bildung von 0,45 Teilen Melamin
durch die Zerlegung von 2,5 Teilen Guanidincarbonat oder von 0,13
Teilen Melamin durch Erhitzen von 2,5 Teilen Guanidinhydrochlorid beschrieben.
-
Es ist ferner bekannt, daß bei der thermischen Zerlegung von Gemischen
von Guanidinsalzen mit Dicyandiamid, zusammen mit Melam und anderen unlöslichen
Substanzen auch Melamin entsteht. Die Monatshefte erläutern an der angegebenen Stelle
die therrnische Zerlegung von Dicyandiamid im Gemisch mit Guanidincarbonat und weiter
mit Guanidinhydrochlorid und steHen fest, daß das Guanidinradikal zu Ammoniak und
Cyanamid zerfällt, wobei sich letzteres dann mit dem Dicyandiamid zu Melamin verbindet.
Die Ausbeute an Melamin liegt bei etwa 500/, (bei der Verwendung von Guanidinhydrochlorid)
bis 710/, (bei der Verwendung des entsprechenden Carbonats), wobei das verbleibende
Guanidinsalz durch den beschriebenen Vorgang zerstört wird. Es wird auch angegeben,
daß die beste Ausbeute an Melamin bei Verwendung von Guanidincarbonat erreicht wird,
was den Schluß zuläßt, daß das am leichtesten zerlegbare Guanidinsalz für die Reaktion
am geeignetsten ist.
-
Es wurde gefunden, daß bei der angegebenen Reaktion zwischen Dicyandiamid
und einem Guanidinsalz, wie das Hydrochlorid, Sulfat oder Nitrat, die Reaktion
bei
ungefähr 2oo' C beginnt und unkontrollierbar mit außerordentlicher Geschwindigkeit
und Heftigkeit verläuft, wobei Temperaturen bis zu 300' C in der Reaktionsmasse
erreicht werden. Die Ausbeute an gewinnbarem Melamin ist spärlich und unwirtschaftlich.
-
Weiter wurde gefunden, daß durch Regelung des thermischen Prozesses
Cyanamid und/oder Dicyandiamid in Gegenwart von Guanidinhydrochlorid, ebenso auch
in Gegenwart von anderen substituierten oder unsubstituierten Guanidinsalzen oder
von Salzen von Biguanid, die bis 25o' im wesentlichen stabil bleiben, zu Melamin
mit Ausbeuten von go0/, oder mehr polymerisiert werden können.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren ist im Wesen dadurch gekennzeichnet,
daß es unter atmosphärischem Druck und, außer Cyanamid und/oder Dicyandiamid, unter
Verwendung solcher Salze bzw. Gemisches solcher Salze von Guanidin, Biguanidin oder
deren Substitutionsprodukte durchgeführt wird, die bis 25o' nur wenig unter Ammoniakabgabe
zersetztwerden; es ist weiter gekennzeichnet durch Anwendung einer Reaktionstemperatur
von etwa 15o bis 250' und Hinterlassung eines im wesentlichen unveränderten
Salzes oder Gemisches von Salzen von Guanidin, Biguanid oder einem substi
' tuiertem Derivat derselben, das für das Polymerisieren weiteren Cyanamides
und/oder Dicyandiamides nach dem angegebenen Verfahren verwendbar ist.
-
Während also früher Melamin durch Erhitzen z. B. von Dicyandiamid
und Guanidinsalzen unter Zerlegung des Guanidins sowie Freimachung von Ammoniak
durchgeführt wurde und bei Verwendung von Guanidinsalzen, die gegen Zerlegung widerstandsfähiger
sind, die Temperatur bis zum Eintritt dieser Zerlegung erhöht wurde, wird beim vorliegendem
Verfahren durch Niederhalten der Temperatur die Zerlegung des Guanidinradikales
praktisch gänzlich verhindert. Dabei dient das Guanidinsalz nicht nur zur Verdünnung,
sondern auch zur Erniedrigung des Schrnelzpunktes des Reaktionsgemisches und ermöglicht
die Anwendung von Temperaturen, die niedriger sind als der Schmelzpunkt von Dicyandiamid.
-
Zur Durchführung dieser Regelung und der Einhaltung dieser Temperaturgrenzen
sind verschiedene Mittel anwendbar.
-
Im allgemeinen wird, wenn die anfänglich vorhandene Menge an Guanidin-
oder Biguanidsalz kleiner ist als etwa die Hälfte der Ausgangsstoffe, das Gemisch
sorgfältig geschmolzen. Zu diesem Zweck wird ein leicht schmelzbares Salz oder ein
entsprechendes Salzgemisch gewählt. Die Schmelze wird während mehrerer Stunden von
außen auf eine Temperatur erhitzt, die allmählich vom Schmelzpunkt auf etwa:i8o'C
ansteigt. # Es ist vorteilhaft, die Schmelze während der ganzen Schmelzperiode zu
rühren, um ein lokales Überhitzen hintenanzuhalten. Unter diesen Umständen geht
die Polymerisation ohne wesentliche Wärmeentwicklung vor sich. Bei noch geringeren
Mengen an Salz ist die Entwicklung der Wärme so langsam und so schwach, daß sie
sofort an die Umgebung abgegeben wird. Es findet daher nur eine geringfügige Zerlegung
des Guanidinsalzes bzw. Ammoniakabgabe des Cyanamidpolyniers statt. Dadurch ergeben
sich hohe Ausbeuten an Melamin, wobei eine gute Wiedergewmnung von Guanidinsalz
ermöglicht wird.
-
Es ist manchmal vorteilhaft, das Guanidinsalz zuerst zum Schmelzen
zu bringen und dann Cyanamid und/ oder Dicyandiamid in solchen Mengen laufend zuzusetzen,
daß ausreichend Zeit für die Polymerisation jedes einzelnen Zusatzes verbleibt.
Durcil diese Methode kann eine etwas erhöhte Arbeitstemperatur ohne unzulässige
Wärmeentwicklung in der Charge sowie eine gewisse Verkürzung der Arbeitszeit erzielt
werden.
-
Bei einer anderen Arbeitsweise kann aus dem Freiwerden von Wärme Nutzen
gezogen werden, indem Dicyandiamid bei seinem normalen Schmelzpunkt von
205' C oder in der Nähe desselben verflüssigt wird. Beginnt man mit einer
anfänglich großen Menge an Salz, so wird die Schmelze unmittelbar auf i8o'
C
erwärmt, worauf die frei werdende Wärme ausreicht, um die Polymerisation
zu fördern und zu beschleunigen. Die Temperatur der Schmelze kann plötzlich ansteigen,
in welchem Falle man eine äußere Heizung ausschaltet oder anfänglich nur so viel
Wärme zur Anwendung bringt und eine zweckmäßig kleine -Nienge an Cyanamid und Dicyandiamid
verwendet, daß die Temperatur der Schmelze niemals über 25o' C liegt.
-
Die Schmelze darf dieses Maximum nur für den Fall der wärmebeständigsten
Salze und bei Anwesenheit großer Mengen derselben erreichen. Bei weniger stabilen
Salzen, die einer Zerlegun unterliegen können, wird eine etwas tiefer liegende Temperaturgrenze
gewählt. So dürfen Schmelzen, welche Guanidin- oder Biguanidsalze wärmebeständiger
Säuren, wie der Schwefel-, Salpeter- oder Salzsäure, enthalten, bis auf etwa
250' C gebracht werden, ja selbst diese Temperatur für kurze Zeitspannen
erreichen, wogegen ein weniger stabiles Salz, wie Guanidinrhodanid oder Biguanidrhodanid,
hauptsächlich zwischen i5o und i8o' C,
verwendet wird, vorzugsweise niemals
über 200' C.
-
Wenn die Polymerisation vollendet ist, was durch ein Sinken der Temperatur
angezeigt wird, läßt man die Schmelze auf vorbestimmte Temperaturhöhe, gewöhnlich
annähernd auf die ursprüngliche Arbeitstemperatur abkühlen, worauf ein weiterer
Zusatz von Cyanamid oder Dicvandiamid erfolgen und die Reaktion wiederholt Weiden
kann; in dieser Weise kann durch geregelte Zusätze weitergearbeitet werden, bis
der Melamingehalt der Schmelze auf das gewünschte Maß angestiegen ist.
-
Man erkennt folglich, daß der hier gebrauchte Ausdruck relativ wärmebeständiges
Salz bedeutet, daß die erfindungsgemäß verwendbaren Salze in geschmolzenem Zustande
bei Temperaturen zwischen 150 und 750' C in dem Sinne stabil sein müssen,
daß kein erheblicher Zerfall des Guanidinradikales unter Verlust von Ammoniak eintreten
darf. Viele Guanidin- und Biguanidinsalze derselben Säure sind ineinander umwandelbar,
und zwar unter dem Einfluß von Wärme und insbesondere in Anwesenheit von Cvanamid
oder dessen Polymeren; diese Art von Unstal#ilität schließt aber ihre Verwendung
im erfindungsgemäßen Verfahren nicht aus. Guanidin- 'und Biguanidinsalze schwacher,
flüchtiger und unstabiler Säuren, wie Kohlensäure, welche selbst bei den niedrigen
Temperaturen zwischen i5o' und 230# unter vollkommener
Abgabe von
Ammoniak plötzlich zerfallen, sind ungeeignet, und werden hier nicht beansprucht.
Die genauen Bedingungen hinsichtlich Zeit und Temperatur des Erhitzens hängen natürlich
von den jeweils verwendeten Salzen ab; sie können aber unter Berücksichtigung des
vorhin Gesagten durch Versuche rasch festgestellt werden. Die nachfolgend gegebenen
Beispiele erörtern geeignete Arbeitsbedingungen.
-
Beispiele geeigneter Salze sind Guanidinhydrochlorid, -sulfat, -thiocyanat,
Biguanidhydrochlorid, -nitrat; Salze von Alkyl- und Arylguanidinen oder Biguaniden,
z. B. Methylguanidinhydrochlorid, Dimethylbiguanidhydrochlorid und die Hydrochloride
von Phenylguanidinen.
-
Di# Salze Können nach irgendeinem bekannten Verfahren hergestellt
werden; ein solches kann auch mit der erfindungsgemäßen Darstellung von Melamin
kombiniert werden. So kann man Cyanamid oder Dicyandiamid mit einem Ammoniumsalz
oder mit Thioharnstoff, aus welchem beim Erhitzen ein Ammoniumsalz entsteht, zusammenschmelzen,
Wenn die Guanidinsalze in dieser Weise hergestellt sind, werden weitere Mengen an
Cyanamid oder Dicyandiamid zugegeben und dann zu Melamin umgewandelt, indem man
das Schmelzen unter Einhaltung der vorangegebenen Bedingungen fortsetzt.
-
Z> t' Beispiele i. Eine innige Nlischung von 84 Gewichtsteilen
Dicyandiamid und 54 Gewichtsteilen Ammoniumchlorid wird in einem offenen Schmelztopf
durch Erhitzen in einem auf i8o' gehaltenen Ölbad geschmolzen. Das Gemisch schmilzt
bei etwa 155'; nach etwa io Minuten setzt eine exoterme Reaktion ein, in deren Ver-]auf
die Temperatur der Schmelze auf etwa 22o' ansteigt. Wenn die Reaktion abgelaufen,
d. h. die Ternperatur auf etwa 220' gefallen ist, werden weitere 42 Teile
Dicyandiamid aufgegeben und durch Rühren gelöst. Die Schmelze wird 4 bis
5 Stunden auf i8o' gehalten, bis sie fest wird. Das mit einer Ausbeute von
etwa 980,', erhaltene Produkt enthält ungefähr 76 Teile Melamin, 92 Teile
Guanidinhvdrochlorid und 8 bis 9 Teile unlösliche oder schwaA lösliche
andere Stoffe (Melam, Melem usw.).
-
Es soll noch erwähnt werden, daß nach Beendigung der gelinden exothermischen
Reaktion zwischen Dicyandiamid und Ammoniumchlorid die Schmelze hauptsächlich Guanidinhydrochlorid,
Biguanidhydrochlorid sowie verhältnismäßig kleine Mengen von nicht umgewandeltem
Dicyandiamid und Melamin sowie eine Spur von Melam enthält. Nach Zusatz von weiterem
Dicyandiamid und Fortsetzung des Schmelzens besteht das Endprodukt aus Guanidinhydrochlorid
und Melamin, d. h. das ganze Cyanamid, mit Ausnahme jenes Anteiles, der durch
das Ammoniumsalz als Guanidin erhalten werden konnte, wurde polymerisiert. Das Biguanidsalz
wurde durch Verlust von Cyanamid) zerlegt und hinterließ als Äquivalent Guanidinhydrochlorid,
das zusammen mit den ursprünglichen Guanidinsalzen mit guter Ausbeute gewonnen wird.
-
,2. 63 Gewichtsteile Dicyanamid und 27 Gewichtsleile
Ammoninmchlorid werden sorgfältig hei etwa j63' miter atinosphärischem Druck geschmolzen.
Nach der exothermischen Reaktion wird die Schmelze während etwa 3 Stunden
bei i8o bis igo' gehalten, wobei sie in der Konsistenz merklich eindickt. Weitere
63 Gewichtsteile von Dicyandiamid werden in Einzehnengen in Intervallen zugefügt;
nach der letzten Zugabe wird die Schmelze etwa 4 Stunden bei i8o bis igo' gehalten,
bis sie erstarrt. Das in einer Ausbeute von 980/, erhaltene Produkt enthält
68 Gewichtsteile Melamin, 46 bis 47 Gewichtsteile Guanidinhydrochlorid und
etwa 18 Gewichtsteile schwachlöslicher Stoffe.
-
3. Das nach dem vorangehenden Beispiel erhaltene Endschmelzprodukt
wird aufgebrochen und mit kaltem Wasser ausgelaugt und die Lösung zur Trockene eingedampft
- 48 Gewichtsteile des so erhaltenen Guanidinhydrochlorids werden mit
63 Gewichtsteilen Dicyandiamid 4 bis 5 Stunden bei etwa 18o' geschmolzen,
bis die Schmelze fest wird. Das Produkt enthält bei 990/,iger Ausbeute etwa 6o Gewichtsteile
Melamin, 7 Gewichtsteile unlöslicher oder schwach löslicher Stoffe und 44
Gewichtsteile Guanidinhydrochlorid.
-
4. Ein Gemisch von 38 Gewichtsteilen Thioharnstoff und 42 Gewichtsteilen
Dicyandiamid wird in einem offenen Gefäß bei 16o' geschmolzen. Nach ungefähr einer
Stunde werden weitere 42 Gewichtsteile Dicvandiamid zugesetzt und die Schmelze etwa
Stun-3 den lang auf 18o bis igo'gehalten, bis sie merklich eingedickt ist. Eine
Ausbeute von 98 bis 990/, wird erhalten. Das Reaktionsprodukt enthält
ungefähr 55 Gewichtsteile Guanidinsulfocyanid, 45 Gewichtsteile Melamin und
2o Gewichtsteile unlösliche oder schwachlösliche Stoffe.
-
Das Produkt wird abgekühlt, aufgebrochen, mit kaltem Wasser zum Auszug
des Guanidinsalzes ausgelaugt und die Lösung zur Trockne verdampft. 5o Gewichtsteile
des gewonnenen Guanidinrhodanids werden mit 5o Gewichtsteilen Dicvandiamid etwa
6 Stunden lang bei i6o bis :18o' geschmolzen; man erhält ein Erzeugnis, das
ungefähr 48 Gewichtsteile Guanidinrhodanid, 38 Gewichtsteile Melamin und
12 Gewichtsteile unlöslicher oder schwachlöslicher Stoffe enthält.
-
5. Ein Gemisch von 41 Gewichtsteilen Dimethylaminhydrochlorid
und 84 Gewichtsteilen Dicyandiamid, welches bei 8o' schmilzt, wird vorsichtig unter
atmosphärischem Druck auf 16o' erhitzt und während etwa 12 Stunden auf 16o bis 170'
gehalten. Das Produkt enthält ungefähr 41 Gewichtsteile Melamin und 6 Gewichtsteile
unlöslicher oder schwachlöslicher Stoffe, zusammen mit 74 Gewichtsteilen leichtlöslicher
Salze, hauptsächlich Dimethylguanidinhydrochlorid.
-
6. Ein Gemisch von Guanidinhydrochlorid und phenylsubstituierten
Guanidinhydrochloriden wurde durch Schmelzen von Triphenvlguanidinhydrochlorid mit
ungefähr dem Vierfachem seines Gewichtes an Dicyandiamid während 2 Stunden bei i8o
bis 22o0, Extraktion der leichtlöslichen Salze mit kaltem Wasser und Eindampfen
der Lösung zur Trockne, gewonnen.
-
25 Gewichtsteile der wie oben gewonnenen Produkte werden bei
i7o' in einem offenen Gefäß mit 3o Gewichtsteilen Dicyandiamid i',', Stunden geschmolzen
und dann weitere io Gewichtsteile Dicyandiamid
zugesetzt. Das Erhitzen
der Schmelze wird bei i8o bis igo' etwa 3 Stunden fortgesetzt, bis die Masse
erstarrt. Das Produkt besteht aus ungefähr 32 Gewichtsteilen Melamin, iz
Gewichtsteilen unlöslichen oder schwer löslichen Stoffen und 2o Gewichtsteilen Guanidinhydrochlorid
und phenylsubstituierten Guanidinhydrochloriden, die extrahiert und mit frischem
Dicyandiamid in einer weiteren Schmelze verwendet werden können.