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Verfahren zur Herstellung von stabilisiertem y-Schwefelsäureanhydrid
Schwefelsäureanhydrid (S 03) wird bekanntlich sehr häufig bei Reaktionen organischer
Verbindungen und insbesondere bei Sulfonierungsreaktionen angewandt, wo es infolge
seiner stärkeren Reaktionsfähigkeit iooo/oiger Schwefelsäure oder selbst Oleum vorgezogen
wird.
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Leider ist die Verwendung von freiem Schwefelsäureanhydrid infolge
seiner Instabilität mit großen Schwierigkeiten verbunden, was sich sowohl auf die
Handhabung als auch auf die Aufbewahrung bezieht.
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So bildet bekanntlich das reine flüssige Schwefelsäureanhydrid beim
Stehen bei gewöhnlicher Temperatur eine feste Masse. In diesem Zusammenhang soll
daran erinnert werden, daß das Schwefelsäureanhydrid drei Formen bildet, nämlich
die bei i7° schmelzende y-Form, die bei 32,5° schmelzende ß-Form und die bei 62°
schmelzende a-Form. Von diesen ist nur die a-Form stabil, während die B-und die
y-Form metastabil sind.
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Es sind schon zahlreiche Maßnahmen bekanntgeworden, um eine Stabilisation
des Schwefelsäureanhydrids im flüssigen Zustand und bei gewöhnlicher Temperatur
zu erreichen.
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Ein Verfahren hierfür ist bekannt aus der französischen Patentschrift
843 949, gemäß dem die Stabilisierung mit Hilfe von Fettsäuren oder Fettsäureanhydriden,
die in einem Verhältnis von o bis ioo/o angewandt werden, erreicht wird. Nach der
USA.-Patentschrift 2 403 459 wird Thionylchlorid
empfohlen. In der
USA.-Patentschrift 2 458 718 ist die Verwendung von Borverbindungen (Borsäureanhydrid,
Borhalogeniden, Borax, Fluoraten, Borsäuren u. dgl.) beschrieben. Nach der weiteren
USA.-Patentschrift 2 49.2 7o6 wird als Stabilisator das Schwefelsäureanhydrid, Methylborat
oder das Methylätherat des Bortrifluorids in einer Menge von höchstens o,6 Gewichtsprozent
Bor als Stabilisator verwendet, und schließlich wird nach der. USA.-Patentschrift
2 511 072 das Pentafluorid oder Pentachlorid von Antimon in einer Menge von höchstens
6 Gewichtsprozent als Stabilisator benutzt.
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Diese verschiedenartigen Stabilisatoren unterscheiden sich übrigens
außerordentlich stark in ihrer Wirkung, und es hat den Anschein, als ob nur die
Borverbindungen für die industrielle Praxis geeignet wären; jedoch ihre Verwendung
ist nicht ganz einfach. So ist beispielsweise in der USA.-Patentschrift :2 458 718
beschrieben, daß nach Zugabe des Stabilisators ein etwa 2- bis iostündiges Erhitzen
auf eine Temperatur zwischen 6o und ioo°, d.h. unterDruck, notwendig ist. Darüberhinaus
weisen das Methylborat und das Methylätherat des Borfluorids den Nachteil auf, daß
sie in Gegenwart von Schwefelsäureanhydrid stark exotherme Reaktionen auslösen,
die starke gefärbte Mischungen zur Folge haben.
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Die Erfindung betrifft die Stabilisierung von Schwefelsäureänhydrid
oberhalb von 17° in seiner flüssigen y-Form, die schnell und in sehr einfacher Weise
durchgeführt werden kann, wobei die den obenerwähnten Methoden anhaftenden Nachteile
umgangen werden.
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Dies wird erfindungsgemäß dadurch erreicht, daß man dem flüssigen
Schwefelsäureanhydrid kleine Mengen an Methylsulfat, im allgemeinen zwischen 0,i
und i Gewichtsprozent, vorzugsweise 0,4 bis o,5 Gewichtsprozent, zufügt und die
dabei gebildete Mischung während oder nach der Zugabe des Stabilisators homogenisiert.
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Es wurde gefunden, daß ein in dieser Weise behandeltes Schwefelsäureanhydrid
bei normaler Temperatur selbst nach einer mehrmonatigen Lagerungszeit vollkommen
flüssig blieb. Wird auf eine Temperatur unterhalb 17° abgekühlt, verfestigt es sich
langsam zu einem Kristallblock, der beim Erwärmen auf normale Temperatur reversibel
verflüssigt werden kann.
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Bei Anwesenheit von Spuren von Feuchtigkeit bilden sich, wie beobachtet
wurde, vorzugsweise in den oberen Teilen der Gefäße, welche das in der erfindungsgemäßen
Weise stabilisierte Schwefelsäureanhydrid enthalten, kleine Kristalle. Diese Kristalle
zeigen jedoch kein Wachstum. Wenn die Kristalle mit der Flüssigkeit in Berührung
kommen, lösen sie sich weder darin auf, noch rufen sie eine Kristallisation der
gesamten Flüssigkeit hervor.
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Das Methylsulfat wirkt in einer gewissen Weise als Inhibitor auf die
Polymerisation der metastabilen Formen des Schwefeltrioxyds. Es ruft in den meisten
Fällen, in denen flüssiges Schwefelsäureanhydrid angewandt wird, keine Störungen
hervor. Das gemäß Erfindung stabilisierte Produkt kann in Apparaten aufbewahrt werden,
die aus demselben Material bestehen wie solche, die allgemein für die Aufbewahrung
und die Verwendung von konzentriertem Oleum benutzt werden. Die stabilisierende
Wirkung wird auch nicht durch die Anwesenheit von Eisenmetallen gestört, die ihrerseits
durch das stabilisierte Produkt auch nicht wesentlich angegriffen werden.
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Die Erfindung kann in der Praxis in zweifacher Weise verwirklicht
werden, entweder indem man das Schwefelsäureanhydrid auf eine bestimmte Menge Methylsulfat
destilliert oder indem man Methylsulfat dem in der y-Form befindlichen Schwefelsäureanhydrid
zufügt, insbesondere, indem Methylsulfat kontinuierlich dem nach einem der bekannten
kontinuierlichen industriellen Verfahren in reiner Form hergestellten Schwefelsäureanhydrid
zugeführt wird.
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Da die Erfindung die Stabilisatorwirkung des neutralen Methylsulfats
betrifft, ist sie nicht an eine bestimmte Verfahrensweise gebunden.
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Sie umfaßt daher auch die abgeänderte Verfahrensweise, nach der Methylsulfat
in situ gebildet wird, beispielsweise indem man Dimethyläther oder irgendein anderes
Reagens, aus dem Methylsulfat hergestellt werden kann, in Schwefelsäureanhydrid
einführt.
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An Hand der Beispiele sollen verschiedene mögliche Verfahrensweisen
der Erfindung sowie die charakteristischen Eigenschaften des erfindungsgemäß stabilisierten
Schwefelsäureanhydrids erläutert werden.
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Beispiel i 2J5 g neutrales Methylsulfat werden zunächst in ein Glasgefäß,
das mit einer Schliffzuführung ausgerüstet ist, eingebracht. und anschließend
486,5g flüssiges Schwefelsäureanhydrid, das bei der Destillation von Oleum
mit etwa 70% freiem SO, erhalten wird, einfließen gelassen. Dann schließt
man das Gefäß und homogenisiert die Mischung unter Rühren. Diese Mischung bleibt
bei gewöhnlicher Temperatur vollkommen flüssig. Wird sie in einen kühlen Raum gestellt,
erstarrt sie zu einem Kristallblock, der das Aussehen von Eis hat; eine charakteristische
Eigenschaft der y-Form des SO.. Wird dieser Block auf mehr als 17° erwärmt,
wird er vollkommen flüssig. Der Stabilisator wird in einem Verhältnis von 0,44%
angewandt.
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Beispiele In einen sorgfältig getrockneten Schliffkolben werden 240,59
S O3 (fest) destilliert, wobei man alle Vorkehrungen trifft, um das Einschleppen
von Feuchtigkeit zu vermeiden. Anschließend werden darauf i,44 g oder 0,59% Methylsulfat,
das in einem vollkommen trockenen Gefäß getrennt abgewogen ist, gegossen.
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Die so gebildete Mischung ist noch nach einigen Wochen vollkommen
stabil, durchsichtig und farblos. Temperaturänderungen haben . dieselben Änderungen
des
Zustandes zur Folge wie die von Beispiel i.
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Beispiel -3 In ein Gefäß, wie es in den vorhergehenden Beispielen
erwähnt wurde und das gut polierte und getrocknete metallische Teststückchen enthält,
werden 477 g Schwefelsäureanhydrid destilliert. Anschließend werden 2,16g
oder 0,45% neutrales Methylsulfat schnell zu dem Schwefelsäureanhydrid gegossen,
dann das Gefäß verschlossen und vorsichtig unter Rühren der Inhalt homogenisiert.
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Noch nach einigen Wochen ist die in dieser Weise behandelte Flüssigkeit
durchsichtig und farblos.
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Die Teststückchen, von denen eines aus einem kleinen Plättchen von
gewöhnlichem Weichstahl und das andere aus kleinen Prismen von gewöhnlichem Gußeisen
besteht, bleiben glänzend und zeigen keine sichtbaren Spuren eines Säureangriffes.
Beispiel 4 Eine Mischung, die auf 5o1 g S 03 o,95 g=o,i9% Methylsulfat enthält,
wird analog Beispiel i hergestellt. Diese Mischung bleibt einige Tage lang flüssig,
ohne eine Neigung zur Kristallisation zu zeigen. Wird durch intensive Kühlung eine
Kristallisation hervorgerufen, findet man beim anschließenden Erhitzen in der Flüssigkeit
einige Kristallflocken, die das Aussehen von Asbest haben, welches die charakteristische
Eigenschaft der a-und ß-Form ist. Diese Kristallflocken schmelzen auch nicht, wenn
die Temperatur der Flüssigkeit unter zeitweiligem Rühren auf 35 bis 40° gebracht
wird. Bei dieser Temperatur würde die ,8-Modifikation schmelzen. Die Kristalle müssen
daher der a-Anhydridform angehören. Wird jedoch die Mischung gegen das Eindringen
von Feuchtigkeit geschützt, bleibt sie vollkommen stabil. Beim Abkühlen bilden sich
Kristalle der y-Form, die reversibel geschmolzen werden können.
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Beispiel s Nach Stabilisation von 7839 SO, mit 3,939
=
etwa 0,5% Methylsulfat wird die dabei erhaltene Mischung in einer geeigneten Vorrichtung
destilliert. Hierfür genügt es, wenn man die Mischung mit einer ganz kleinen Flamme
erhitzt und auf eine Temperatur von 5o° bringt, um eine reguläre Destillation des
SO, zu erhalten. Die gesamte Operation wird in 3 Stufen mit Zwischenräumen
von einigen Tagen durchgeführt. In jedem Fall koagulierte das Destillat innerhalb
von einigen Stunden zu einem festen Block, der das Aussehen von asbestförmigem a-Anhydrid
hat, während der Rückstand in der Ballonflasche vollkommen stabil blieb und eine
farblose Flüssigkeit bildete.
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Lediglich am Schluß der letzten Phase mußte man etwas stärker erhitzen.
Dabei wurde die Bildung von etwas weißem Rauch beobachtet. Der Rückstand war stark
gefärbt, und sein Gewicht erreichte noch nicht einmal To g.
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Wurden die dabei erhaltenen Destillate einer neuen Destillation unterworfen,
so verdampften sie vollkommen, ohne einen Rückstand zu hinterlassen. Hieraus geht
hervor, daß bei der ersten Destillation kein Methylsulfat übergegangen war. Die
gesamte Menge des Methylsulfats ist in dem entsprechenden Rückstand verblieben,
wo es leicht identifiziert werden konnte.
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Werden chemische Reaktionen, beispielsweise Sulfonierungen, mit
SO, in Dampfform ausgeführt, das seinerseits aus dem erfindungsgemäß stabilisierten
Produkt entwickelt worden ist, so braucht man nicht zu fürchten, daß Verunreinigungen,
die auf die Anwesenheit des Methylradikals zurückzuführen sind, in der Reaktionsmischung
vorhanden sind.
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Wird dagegen zur Reaktion die stabilisierte Flüssigkeit verwendet,
so ist die Bildung von Methylderivaten zwar möglich, jedoch infolge der zur Stabilisation
notwendigen außerordentlich geringen Methylsulfatmenge kann der Prozentsatz solcher
Verunreinigungen nur sehr gering sein.