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Verfahren zur Herstellung von künstlichen Gebilden, wie Fäden, Schläuchen
oder Filmen, aus Dispersionen von tierischem Haut-und Sehnenkollagen Damit tnan
faserhaltige tierische Haut- und Sehnenkollagen zu Gebilden, wie Fäden, Bändern,
Folien uttd Schläuchen, verarbeiten kann, müssen die Materialien in Lösung oder
als homogene Dispersionen itt einer Flüssigkeit vorliegen. Beim Vertnahlen des Kollagenmaterials
in Kolloidmühlen, Holländern usw. muß man, um einen homogenen Faserbrei zu erhalten,
dasselbe so weit zerkleinern, daß man ttttr hoch Fasertrümmer übrigbehält. Da Wasser
und Faserreste sich sehr leicht von einander trennen, lassen sich solche Dispersionen
nur nach den Methoden der Papierindustrie zu Flächen oder Bahnen geringer Festigkeit
verarbeiten. Eine Verformung der Faserdispersionen durch Spinnen aus Düsen oder
durch Pressen durch Schlitze oder durch Gießen mittels Gießrahmen_ist nicht möglich.
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Um mit diesen Verformungsmethoden arbeiten zu können, mußte man die
Kollagenfasern in einen Zustand überführen, der einer homogenen Lösung ähnelt, ohne
daß jedoch die Faserstruktur zerstört wurde. Bei der Herstellung von Lösungen durch
Verkochen, durch Hydrolyse oder Depolymerisation mittels chemischer Mittel usw.
geht jedoch die wertvolle Faserstruktur und damit die Voraus-
Setzung
für die Gewinnung von Gebilden hofier Festigkeit verloren. Durch Behandlung der
tierischen Materialien mit Salzen oder mit Basen oder Säuren, mit oder ohne Zusatz
von Salzen, wurde unter gleichzeitigem starkem .Abbau das Kollagen in einen hochgequollenen
Zustand übergeführt, der, ähnlich einer Lösung, eine homogene Verteilung der Fasern
im flüssigen Medium darstellte, ohne daß bei der Verformung eine Sedirnehtation
der Fasern oder ein Abpressen von Wasser aus diesem Gel zu befürchten war. Vor der
Zerkleinerung wurde durch chemische Vorhehandlung unter "Zerstörung oder Schädigung
großer Faserteile das aufzuschließende Material stark aufgelockert, gequollen und
bei seinem alkalischen (PH = 9 his 12) oder sauren (pH = 2 bis 4) Quellungsoptimum
zerfasert. Wollte man dabei besonders materialschonend arbeiten, erhält man auch
unter gewissen 'Umständen einen Teil langer Fasern (his 20 cm und länger). Aber
durch die chemische Vorbehandlung, die sich teilweise über `'Wochen und Monate erstreckt,
erfolgt neben großen Materialverlusten durch Abbau (200;'o und mehr) eine beträchtliche
Schwächung der Fasern, so daß aus diesen Massen nur Gebilde von geringeren mechanischeii
Eigenschaften entstehen, die außerdem noch durch zurückbleibende Abbauprodukte glasartig
verhornen und spröde werden. Zu den Nachteilen der mechanischen Schädigung und des
Materialverlustes durch Abbau fällt der durch die lange Vorbehandlung benötigte
große Grubenraum uiid das sehr große Materiallager wirtschaftlich sehr ins Gewicht,
ganz abgesehen von den Chemikalien- undVerarbeitungskosten.Überdies wird das abgebaute
Material gegen thermische Einflüsse besonders empfindlicht was seine Verarbeitung
erschwert.
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Das vorliegende neue Verfahren vermeidet trotz aller 1?infachheit
die vorstehend angedeuteten Nachteile des mechanischen und des chemischen Aufschlusses,
und es bringt zusätzliche neue und nicht voraussehbar gewesene Effekte. Es ist generell
anwendbar auf Materialien jeglicher Herkunft, und die Herstellung der Fasermassen
kann mit einfachen gebräuchlichen :Maschinen.erfolgen.
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bas neue Verfahren wird in zwei oder gegebenenfalls in drei Stufen
ausgeführt: i. Stufe: Zerkleinerung üzw. Zerfaserung der nicht vorbehandelten oder
nur einer geringen chemischen Vorbeliandlung (Entsalzung, Entkalkung, Entfettung,
Enthaarung) zu unterwerfenden Materialien in Wasser oder Luft. 2. Stufe: gleichmäßige
Verteilung und weitere Auflockerung der Fasern durch einen Quellungsprozeß. Unter
Umständen, besonders wenn die erste Stufe nur als Vorzerkleinerung diente, folgt
noch als 3. Stufe: eine Homogenisierung.
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Als Ausgangsmaterial kann jedes tierische Haut-und Sehnenkollagen
dienen. Dassell@e wird hei= spielsweise mit J,lesserwalzen in Streifen geschnitten
oder in einem Fleischwolf oder Würfelschneider zerteilt cxler in einerMiihle,beispielsweise
einer L@iiuluxmühle, zerfasert. Vor oder während der Zerkleinerurig oder anschließend
an dieselbe kaxrn "ein Wasch- und Reinigungsprozeß und außerdem oder statt dessen
eine kurzzeitige schonende chemische Behandlung des-Materials erfolgen. Dann wird
das zerteilte Material in wäßrigen Chemikalien gequollen, beispielsweise in Salzsäure
oder in Natron-;lauge oder in Natriumchloridlösung, deren Menge `'sicy,aus dem gewünschten
Trockengehalt der Masse .un "dem einzustellenden PH-Wert ergibt. Man erso beispielsweise:
a) eine teigförmige Masse mit 8 bis 12% Trockengehalt und mit einem pH=Wertvon 2
bis 4 oder 1>) eine hochviscoseMasse mit 4his8%Trockengehalt und mit einem pH-Wert
von 9 bis 12 oder c) eine niederviscose ;<'lasse mit o,i bis 40/e Tröckengehalt
und mit einem PH-Wert, der eine ausreichende Quellung im sauren oder alkalischen
Gebiet garantiert.
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Trockengehalt und Quellungszustand sind jeweils . auf den gewünschten
Wert einstellbar.
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Während ein nicht aufgelockertes Kollagenmaterial nur schlecht oder
gar nicht quillt, wird durch die Zerkleinerung die mechanische Behinderung der Quellung
beseitigt. Die Fasern müssen nämlich, um in die Breite quellen zu können, die Möglichkeit
haben, frei in Längsrichtung schrumpfen zu können. Liegen sie aber noch im natürlichen
Verbande-fest; so kann keine oder nur eine geringe Quellung stattfinden. Es war
ein .Irrtum der alten Verfahren, anzunehmen, daß man diese Quellungsh@emmung nur
auf chemischem Wege beseitigen könne, ja daB überhaupt nur ein abgebautes Kollagen
genügend quellen würde. Die vorliegende Erfindung zeigt im Gegensatz hierzu, daß
man jede beliebige Quellung viel rascher und einfacher auf mechanischem Wege ermöglichen
kann und daß man dabei die Zerteilung des Materials nur so weit zu führen braucht,
daß', noch die wertvollen Fasereigenschaften des ,Materials erhalten bleiben.
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Eine weitere Beschleunigung der Qtrellung kann in an sich bekannter
Weise durch Rühren, Kneten bzw. Ableiten der Quellungswärme durch Kühlen erfolgen:
Die gequollenen:-garfz oder teilweise zerfaserten Massen .lassen sich nun, falls
erforderlich, viel leichter weiterhomogenisieren und aufspalten, als wenn die gleichen
Ausgangsmaterialien ohne oder mit chemischer Vorbehandlung als nicht zerteilte Stücke
gequollen und anschließend erst einer Zerfaserung oder Homogenisierung unterworfen
werden. Der Homogenisierungsprozeß, der sich an die ersten beiden Verfahrensstufen
noch anschließen kann, besteht aus an sich bekannten Vorgängen, wie Sieben, Kneten,
Rühren, Walzen oder Pressen der gequollenen Masse durch Schlitze, Siebplatten od.
dgl. Der Grad der Verfeinerung der Masse richtet sich nach der Dicke der aus der
Masse herzustellenden Erzeugnisse.
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Gleichzeitig oder anschließend kann die Faserdispersion durch Entlüften
imVakuum oder mittels Zentrifugalkraft von eingeschlossenen Luftblasen befreit werden.
Im Verlaufe der Herstellung können der Fasermasse Desinfektionsmittel, Öle. Gerbstoffe
und andere Stoffe zugesetzt werden, die den Herstellungs
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Verarbeitungsprozeß fördern oder (las Endprodukt verbessern. Diese Zusatzstoffe
können in (lern Endprodukt verbleiben oder wieder daraus entfernt werden.
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Bei allen Operationen wird zur Vermeidung thermischer Schäden (las
Material auf Temperaturen unter do°, vorzugsweise unter 25° gehalten.
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l)ieVerarbeitung der gequollenen viscosenFaserdispersionen erfolgt
nach den in der Kunststoffindustrie üblichen Verfahren. Man erhält beispielsweise
Fäden durch Auspressen aus Düsen oder durch Verdrillen von einem oder mehreren trocknen
oder gequollenen Bändchen, die man aus Folien geschnitten oller mittels Loch- oder
Flachdüsen geformt hat. Folien gießt man auf Foliengießmascltittett, Schläuche preßt
man ausRingdüsen. Die verformten Massen werden durch Trocknung mittels Luft oder
wasserentziehenden Mitteln direkt oder in geeigneten Fällbädern mit nachfolgender
Trocknung verfestigt. Als Fiweißkörper können sie den ältlichen Behandlungsmethoden
der Lederindustrie, wie Entsiitterttttg, Pickelung, Geibung, Fettung, F'sirltung.
Konservierung usw., unterworfen werden. 1)as Kollagenmaterial wird vom menschlichen
und tierischen Körper verdaut und resorbiert.
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Als Verwendungsgebiet der Endprodukte seien genannt: Fäden als Roßhaare,
Borsten, Textilfäden, Musik- oder Tennissaiten, Wundnähmaterialien, Angelschnüre
usw.: Folien, Bändchen als Kunstleder, Möbelbezug. Büchereinbände, Transparentfolien,
Pergament. Verpackungsmaterial, Goldschlägerhäutchen, chirurgisches Material usw.;
Schläuche als Wursthüllen, Verpackungsmaterial, Folien, Bändchen.
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Von allen diesen 1'rcxlttkten wird eine sehr hohe Festigkeit und Elastizität
verlangt, wie sie Formgebilde aus ztt stark chemisch oder mechanisch vorbehandeltem
Kollagettmaterial nicht besitzen. Erst (las neue Verfahren ergibt Materialien von
genügend hoher Festigkeit.
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Die vorliegende Erfnduttg wird noch weiter veranschaulicht durch die
nachstehenden AusfÜhrungsbeispiele, auf die sie jedoch in keiner. Weise beschränkt
ist.
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Beispiel t too kg Hautabfälle werden in einem Waschholländer gewaschen
und anschließend in einem Fleischwolf zerkleinert. Hierauf werden die Hautstücke
in einem Kneter oder Walkfaß mit 2o kg Salzsäure (4o/oig) behandelt. Man erhält
eine gequollene Masse, welche sich beim Zerfasern zwischen geriffelten Walzen in
eine homogene gelartige l#'aserl)aste verwandelt. Durch Vermischen derselben mit
\1'asser und gegebenenfalls mit Säure kann man den Trockensubstanzgehalt und den
Säuregehalt der blasse variieren. Durch Zugabe von 6o kg Wasser zu obiger Masse
erhält man 18o kg Faserpaste mit einem Trockengehalt von 12% und mit einem ph-Wert
voll 2,7. Man preßt die Masse durch eine king(liise und trocknet den luftgefüllten
Schlauch. Gleichzeitig oder anschließend kann man dasFormgehilde mit k@tnservierenolen,
gerbenden, wasserfestmachenden und weichmachendenMitteln behandeln, beispielsweise
mit dem- Rauch verschwelenden Holzes oder mit Formaldehydlösungen. Ebenso kann man
Waschprozesse zur Entfernung unerwünschter Stoffe einschalten. Der erhaltene kochfesteSchlauch
kann in gleicher Weise wie ein Darm als Wursthülle verwendet werden. Beispiel e
i ooo kg Leimleder werden mittels Messerwalzen in Streifen geschnitten und hierauf
. im Waschholländer oder Walkfaß mit Wasser oder verdünnter Säure kalkfrei gewaschen.
Vorher oder nachher kann man das Material in einem Würfelschneider zerkleinern.
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Das isoelektrische Hautmaterial wird zusammen mit Wasser durch eine
Schlagkreuz- oder Scheibenmühle geleitet, wodurch es sich in eine Fasermasse umwandelt,
aus welcher das überschüssige Wasser durch :Mtsieben, durch Abpressen od. dgl. entfernt
wird.
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Man erhält 750 kg Fasern mit einem Trockengehalt von 25°4,
mischt dieselben mit t 12o kg dünner Salzsäure (0,2 °/o) und preßt das entstehende
Gel anschließend zur Erzielung einer besseren Homogenität und Feinheit durch Lochplatten.
Die Faserpaste wird durch Düsen auf ein Band gesponnen, auf welchem die entstandenen
Fäden durch einen Trockenkanal wandern.
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Die getrockneten Fäden werden aufgehaspelt und in Längen geschnitten.
Vorher und nachher können sie, beispielsweise ,mittels Einbadchromgerbtlng, gegerbt
werden. Die wasser- bzw. kochfesten Fäden sollen als Borsten, Polstermaterial, Textilfäden
usw. dienen. Sie können in an sich bekannter Weise in der Masse oder nachträglich
gefärbt werden. -Aus den verwendeten tooo kg Leimleder erhält man 244 kg Fäden.
Beispiel 3 too kg tierische Sehnen werden gewaschen und beliebig zerkleinert oder
nur in Längsstreifen geschnitten. Man unterwirft sie dann in der 25fachen Menge
einer beliebigen Säure vom pH-Wert 2,0 einem Quellungsprozeß, den man mechanisch
z. B. durch Rühren oder durch Kühlen beschleunigen kann.
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Die gelartige Masse wird in einem schnell laufenden Rührwerk mittels
WalzenstÜhlen, Knetern oder Pressen homogenisiert, nach den Methoden der Kunstseidenindustrie
entlüftet und mittels Foliengießmaschinen oder durch Spinnen durch Düsen verformt.
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Man kann nach dem trocknen oder dem nassen Spinnverfahren arbeiten.
Als Fällbad nimmt man im letzteren Falle schwach alkalische Bäder, Salzlösungen
oder wasserentziehende Flüssigkeiten, z. B. Alkohol. Der Faserpaste oder den Bädern
kann man Gerbstoffe, z. B. Chromsalze, zusetzen.
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Die trockene Folie kann man in Bändchen aufteilen, aus denen man durch
Verdrillen Fäden von großer Festigkeit gewinnt. Schaltet man vor oder nach dem Verdrillen
noch einen Quellungsprozeß
ein, so verkleben die Bändchen, und die
Fäden werden sehr homogen.
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Zu geeignetem Zeitpunkt kann man das Material mit sterilmachenden
Mitteln, z. B. mit Jodlösung behandeln. Es ist dann als chirurgisches Wundnähmaterial
geeignet. Außerdem kann man es als Darmsaiten. Tennissaiten, Angelschnüre usw. verwenden,
wobei die Fäden für den jeweiligen Vurwertdungszweck nach bekannten Methoden pr:ipariert
werden.