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Verfahren zur Nachbehandlung von veredelten Textilwaren Es ist bekannt,
Textilwaren dadurch zu veredeln, daß man diese mit Lösungen tränkt, die Formaldehyd
oder formaldehydabspaltende Verbindungen oder wasserlösliche Vorkondensate von Formaldehydkunstharzen
und gegebenenfalls noch saure Katalysatoren enthalten, anschließend trocknet und,
gegebenenfalls nach einer chemischen oder mechanischen Zwischenbehandlung, bei erhöhter
Temperatur kondensiert.
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Die so behandelten Textilwaren enthalten nach der Heißbehandlung vielfach
noch einen Überschuß an freiem Formaldehyd, der der Ware beim Lagern einen unangenehmen
Geruch verleiht; ferner enthalten sie noch sauren Katalysator, der beim Lagern oder
beim Bügeln eine Zermürbung der Cellulosefasern hervorrufen kann. Zur Ausschaltung
dieser die Lager- und Verkaufsfähigkeit beeinträchtigenden Mängel war es bisher
üblich, die N eredelten Textilwaren nach der Veredlung noch auszuwaschen, was meistens
unter Zusatz von Ammoniak zur Waschflotte erfolgte. Durch diese Nachbehandlung wurde
zwar eine einwandfreie, geruchlose und neutrale Ware erhalten, doch bedingte sie
eine erhebliche Verteuerung der ganzen Ausrüstung, vor allem wegen des erforderlichen
zusätzlichen Trockenprozesses.
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Es wurde nun gefunden, daß es gelingt, auch dadurch eine geruchlose,
neutrale Ware zu erhalten, daß man die veredelte, trockne Ware mit einer Lösung
benetzt, die die zur Bindung des freien Formaldehyds und des sauren Katalysators
erforderlichen Stoffe enthält, und deren Menge und Zusammensetzung so gewählt werden,
daß das Fasergut nicht oder nur geringfügig gequollen
wird und beim
nachfolgenden Lagern eine geruchlose, neutral reagierende Ware ohne weitere Nachbehandlung
erhalten wird. Erst während des Lagerns wird das Textilgut gleichmäßig von den Stoffen
durchdrungen, die durch doppelte chemische Umsetzung den freien Formaldehyd und
den sauren Katalysator binden.
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Die für das Verfahren der vorliegenden Anmeldung entscheidende Forderung
ist die, daß durch die Benetzung nur eine geringfügige Quellung des Fasergutes hervorgerufen
wird. Dies kann bei der Nachbehandlung von Erzeugnissen aus Cellulose- oder Eiweißfasern
durch die Anwendung organischer Lösungsmittel oder bei Anwendung wäßriger Lösungen
allgemein dadurch erreicht werden, de.ß die Ware mit höchstens der doppelten Konditionierfeuchtigkeit
benetzt wird. Die Höchstmengen an wäßriger Benetzungsflüssigkeit, die für die vorliegende
Nachbehandlung benötigt werden, betragen also für Baumwolle etwa 17%, für Kunstseide
aus regenerierter Cellulose etwa 26%, für Zellwolle aus regenerierter Cellulose
22 bis 28,5%; für Kunstseide und Zellwolle auf Acetylcellulosebasis etwa r8%, für
Wolle 34 bis 36,5% und für Seide etwa 22%, für Mischgarne und -gewebe sind, zur
Abgrenzung des vorliegenden Verfahrens bei Anwendung wäßriger Lösungen als Benetzungsflüssigkeit,
ebenfalls die amtlich vorgeschriebenen Reprisen maßgebend. Aus wirtschaftlichen
Gründen wird das Arbeiten mit wäßrigen Benetzungsflüssigkeiten vor der Anwendung
organischer Lösungsmittel bevorzugt. Nur in Ausnahmefällen, z. B. zur Nachbehandlung
besonders wasserempfindlicher, glänzender Kunstseidengewebe, hat sich die Anwendung
organischer Lösungsmittel als zweckmäßig erwiesen.
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Bei Stückware, wo die Möglichkeit einer beiderseitigen Benetzung ;besteht,
genügt bei Anwendung wäßriger Lösungen in den weitaus meisten Fällen auch schon
die Hälfte der angegebenen Höchstmengen zur BEnetzung. Diese Flüssigkeitsmenge wird
zweckmäßig sofort nach der Heißbehandlung auf die veredelte Ware gebracht. Die so
benetzte Ware wird dann abgetafelt und so gelagert, daß sie keine Feuchtigkeit aus
der umgebenden Luft aufnehmen kann. Schon innerhalb kurzer Zeit erfolgt der Feuchtigkeitsausgleich
innerhalb der Ware. Eine Nachtrocknung ist nicht erforderlich, da die Ware gerade
die handelsübliche Feuchtigkeit enthält. Besonders durch die zuletzt angeführte
Ausfiihrungsform des vorliegenden Verfahrens vereinfacht und verbilligt sich die
sonst übliche Nachbehandlung der veredelten Textilwaren in erheblicher Weise.
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Während zur Bindung des Formaldehyds bei den bisher gebräuchlichen
Auswaschmethoden praktisch nur das schnell reagierende Ammoniak Verwendung fand,
können nach dein vorliegenden Verfahren auch solche Stoffe mit Erfolg Verwendung
finden, die sich in neutraler Lösung und bei Zimmertemperatur erst innerhalb von.
Stunden oder auch erst im Laufe einiger Tage mit dem Formaldehyd umsetzen. So können
für das vorliegende Verfahren auch Ammoniumsalze, aliphatische und cyclische Amine,
Amide anorganischer und organischer Säuren sowie solche Verbindungen Verwendung
finden, die aktivierte, am Kohlenstoff haftende Wasserstoffatome aufweisen und mit
Formaldehyd unter Aldolkondensa.tion reagieren können. Als sehr vorteilhaft für
das Verfahren der vorliegenden Erfindung hat sich die Verwendung solcher formal,dehydbindender
Stoffe erwiesen, die selbst geruchlos sind und auch bei Anwendung eines Überschusses
die Lagerfähigkeit der Ware nicht ungünstig beeinflussen. Besonders günstige Resultate
wurden hierbei mit Harnstoff erzielt, besonders dann, wenn dieser mit so viel Wasser
auf _ die Ware gebracht wird, daß diese gerade den handelsüblichen Feuchtigkeitsgehalt
aufweist. Die so benetzte Ware kann sofort versandfertig gemacht werden. Die Umsetzung
mit Formaldehyd erfolgt unter diesen Bedingungen zwar erst im Laufe mehrerer Tage,
doch braucht ihr Abschluß in der Veredlungsanstalt nicht erst abgewartet zu werden.
Bei Anwendung eines Harnstoffüberschusses entsteht auf der Ware als Hauptreaktionsprodukt
der wasserlösliche Methylolharnstoff. Bei Anwendung eines größeren Harnstoffüberschusses
erübrigt sich in dien meisten Fällen auch die genaue Untersuchung des nach der Veredlung
auf der Ware befindlichen freien Formaldehyds.
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Zur Abstumpfung des auf der Ware nach der Veredlung vorhandenen sauren
Katalysators werden der Benetzungsflüssigkeit die Alkalisalze schwacher organischer
oder anorganischer Säuren oder organische, nicht flüchtige Basen in, solchen Mentgen
zugesetzt, daß die Ware nach der Benetzung und Lagerung keine freien Säuren mehr
enthält, die beim Bügeln eine Faserschwächung hervorrufen. können und der PH-Wert
eines wäßrigen Auszuges etwa bei 7 liegt.
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Der Benetzungsflüssigkeit können neben den zur Bindung des freien
Formaldehyds und des sauren Katalysators erforderlichen Verbindungen selbstverständlich
auch noch andere appreturtechnisch gebräuchliche Stoffe, wie Netz-, Füll- und Weichmachungsmittel
sowie Verbindungen zugesetzt werden, die für sich allein oder durch doppelte chemische
Umsetzung mit anderen auf der veredeltere. Ware befindlichen Verbindungen mattierend
oder wasserabstoßendmachend wirken.
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Zur gleichzeitigen Erzielung von Matteffekten werden z. B. der Benetzungsflüssigkeit
Pigmente, wie Titandioxyd, Zinksulfid u. dgl., zugesetzt, oder man setzt der Kunstharz-
oder Formaldehydlösung die eine das unlösliche Pigment bildende lösliche Komponente,
z. B. Glaubersalz, und der Benetzungsflüssigkeit die andere lösliche Komponente,
z. B. Bariumchlorid, zu; wodurch auf und in der Faser das mattierend wirkende Bariumsulfat
gebildet wird. Wasserabstoßende Effekte können in Verbindung mit dem vorliegenden
Verfahren ohne zusätzliche Arbeitsprozesse, beispielsweise durch Zusatz wasserabstoßendmachender
Stoffe, wie Paraffin und Wachsemulsionen, oder dadurch erhalten werden, daß man
der Kunstharz- oder Formal
-dehydlösung beispielsweise Aluminiumsalze
und der Benetzungsflüssigkeit Alkaliseifen zusetzt, die sich auf und in der Faser
mit dem Aluminiumsalz zur wasserabstoßenden Aluminiumseife umsetzen.
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Die Benetzung der Ware gemäß dem vorliegenden Verfahren kann durch
Einsprengen oder mit Hilfe entsprechend profilierter oder bandagierter Walzen erfolgen.
Grundsätzlich ist eine derartige Befeuchtungstechnik in der Appretur nicht neu.
So ist bekannt, getrocknete Ware zur schnelleren Einstellung auf den handelsüblichen
Feuchtigkeitsgehalt mit Wasser einzusprengen. Man setzt der lkfeuchtungsflüssigkeit
auch vielfach Appreturmittel, wie Füllstoffe, Weichmacher, sowie mattierende oder
wasserabstoßendmachende Stoffe zu. Da diese Zusatzstoffe in erster Linie den Zweck
verfolgen, auf der Ware gewisse Oberflächeneffekte zu erzielen, war nicht vorherzusehen,
daß es mit Hilfe einer ähnlichen Technik auch möglich ist, doppelte chemische Umsetzungen
gemäß dem vorliegenden Verfahren auf und in der Faser zur Einsparung eines sonst
üblichen Auswaschprozesses durchzuführen.
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Der Vorteil des Verfahrens der vorliegenden Erfindung gegenüber den
bisher üblichen Nachbehandlungsmethoden liegt in der Einsparung des umständlichen
Auswaschprozesses und des damit verbunderien zusätzlichen Trockenganges.
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Beispiel i Ein durch Tränken mit einer 5o g Formaldehyd und io g einer
30%igen Salzsäure je Liter enthaltenden Flotte und anschließende Trocknung und Heißbehandlung
knitter- und krumpfecht gemachtes Zellwollgewel>e, welches noch 0,85% freien Formaldehyd
und 0,35% freie Salzsäure enthält, wird sofort nach der Heißbehandlung mit Hilfe
entsprechend profilierter Walzen mit je io% einer Lösung benetzt, die je Liter 65
g Ammoniumcarl>onat, 31 g Kaliumcarbonat und als Netzmittel und Weichmacher
5 g des Natriumsalzes einer hochmolekularen .llkylsulfonsäure enthält, anschließend
im verpackten Zustand gelagert, dann kurze Zeit bei mäßig erhöhter Temperatur gelüftet
und versandfertig gemacht. Die so behandelte Ware ist geruchlos; der Gehalt an freiem
Formaldehyd beträgt o,o5%; ein wäßriger Auszug reagiert neutral.
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Beisliiel2 Ein Kunstseidengewehe wird in bekannter Weise dadurch waschecht
geprägt und gleichzeitig waschecht mattiert, claß man es mit einer 6o g Formaldehyd,
4o g Harnstoff, 15 g Ammoniumchlorid und 20 g Titandioxid je Liter enthaltenden
Flotte tränkt, bei mittlerer Temperatur trocknet, prägt und anschließend einer Heißbehandlung
unterwirft. Das Gewebe enthält nach dieser Behandlung noch 0,7.f0/0 freien Formaldehyd
und 0,25% freie Salzsäure. Sofort nach der Heißbehandlung wird das Gewebe beidseitig
mit je 6,5% einer Lösung besprengt, die je Liter i80 g Harnstoff, 40 g Kaliumbicarbonat,
i i g Triäthanolamin und als Netzmittel 5 g des Natriumsalzes einer Alkylnaphthalinsulfonsäure
enthält, anschließend abgetafelt und versandfertig gemacht. Nach viertägiger Lagerung
ist auf der so nachbehandelten Ware freier Formaldehyd nicht mehr nachweisbar; ein
wäßriger Auszug reagiert neutral.
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Beispiel 3 Ein Baumwollpopelin, der durch Tränkung mit einer 5o g
Formaldehyd, 50 g Albumin und 5 g Aluminiumchlorid je Liter enthaltenden
Lösung und anschließender Trocknung und Heißbehandlung waschecht appretiert wurde
und der noch i,i % freien Formaldehyd enthält, wird sofort nach der Heißbehandlung
beidseitig mit je 5% einer Lösung besprengt, die je Liter i io g Äthylendiamin und
36o g Kaliumoleat enthält, anschließend abgetafelt und versandfertig gemacht. Nach
etwa dreistündiger Lagerung ist freier Formaldehyd nur noch in Spuren nachweisbar.
Durch die Umsetzung des Kaliumoleate,s mit dem Aluminiumchlorid ist das Gewebe bügelfest
und außerdem etwas wasserabstoßend.