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Steuerung von Rollgängen mit Einzelantrieb jeder Rolle durch Kurzschlußankermotoren
für steifes und unebenes Walzgut Ein unbestreitbarer Nachteil der Walzwerksrollgänge
mit einzeln angetriebenen Rollen gegenüber der Anordnung, bei der sämtliche Rollen
durch ein übertragungsgetriehe von einem einzigen Motorangetrieben werden, besteht
darin, daß bei ersterem am. Umfang einer einzelnen Rolle nur ein Bruchteil der Kraft
zur Verfügung steht wie bei dem letzteren. Dies macht sich bei kurzen und schweren
Blöcken dadurch unangenehm bemerkbar, daß es manchmal nicht gelingt, ungünstig liegengebliebene
Blöcke wieder in Bewegung zu bringen. Man kann diesen Übelstand nicht dadurch beseitigen,
daß man die einzelnen Rollen dichter nebeneinander anordnet. Denn die Blöcke sind
selten auf der jeweils aufliegenden Seite derart eben, daß sich ihr Gewicht gleichmäßig
auf alle Rollen verteilt, welche sich jeweils unter dem Block befinden. Es kann
oftmals beobachtet werden, daß ein Block, .der länger ist als der Abstand zweier
Rollen voneinander, fast mit seinem gesamten Gewicht auf der mittleren von drei
überdeckten Rollen etwa wie ein Waagebalken aufliegt. Er ist in dieser ungünstigen
Lage nur dann wieder in Bewegung zu bekommen, wenn der Rollenmotor von vornherein
für diesen ungünstigen Fall bemessen wurde.
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Noch ungünstiger liegen die Verhältnisse, wenn bei zu großem Rollenabstand
ein Block mit einer Kante noch auf dem Plattenbelag aufliegt, während der größere
Teil seines Gewichtes von einer Rolle aufgenommen wird. Wenn dabei der Reibungswiderstand
des Blockes auf dem Plattenbelag größer ist als der zwischen dem Block und der ihn
unterstützenden Rolle, ist es ohne äußeren Eingriff überhaupt nicht mehr möglich,
den Block wieder in Bewegung zu bekommen, weil die selbst mit beliebig hoher Umfangskraft
drehbare Rolle einfach unter dem Block zum Gleiten kommen würde. Ist aber die Lage
des Blockes so, daß der Reibungswiderstand zwischen Block und Rolle größer ist
als
der des Blockendes auf dem Plattenbelag, so gelingt es bei genügend großer, an der
Rolle zur Verfügung stehender Umfangskraft, den Block -wieder in Gang zu bekommen.
Ähnlich ungünstig können die Verhältnisse auch bei Kurvenrollgängen liegen, wenn
der Block an der Bordwand derselben zum Anliegen kommt.
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Aber auch bei den Rollgängen der Mittelstraßen, denen im allgemeinen
Walzgut größerer Länge zugeführt wird, macht sich diese Erscheinung unangenehm bemerkbar.
Die von der Vorstraße oder aus dem Ofen kommenden Knüppel mit etwa i 5o
' ; i 5o mm Seitenlänge sind selten ganz gerade. Ihre Steifheit ist außerdem
derart beträchtlich, daß :ein solcher Knüppelselbst bei einer Länge von S bis i
o m oft nur auf zwei der Rollen eines Rollganges aufliegt, deren er längengemäß
etwa sechs bis acht überdeckt.
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Der beschriebene Lbelstand tritt bei den Rollgängen mit gemeinschaftlichem
Antriebsmotor ga'r nicht in Erscheinung, da zur über-Windung der Reibung der Ruhe
einzelner, selbst mit dem gesamten Blockgewicht be= lasteten Rollen eben die gesamte
Leistung des Antriebsmotors zur Verfügung steht, die ein Vielfaches der Leistung
des Einzelmotors jeder Rolle ist.
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Würde man, um den beschriebenen übel-
stand zu beheben, die
Leistung des Antriebsmotors jeder Rolle jedoch so groß machen, daß sie auf alle
Fälle ausreicht, selbst in den genannten ungünstigsten Lagen das Walzgut noch in
Bewegung zu bekommen, so würde der Rollgang mit derartig starken Motoren meistens
so teuer werden, daß er trotz mancher Vorteile beispielsweise dem alten Kegzlradrollgang
gegenüber nicht mehr in Betracht käme. Diesem Umstand ist es auch im wesentlichen
zuzuschreiben, daß man für Rollgänse für schwereres Walzgut den Einzelantrieb, der
Rollen verhältnismäßig selten angewandt hat.
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Die Vergrößerung der einzelnen Antriebsmotoren der Rollen würde neben
der Erhöhung der elektrischen Leerlaufsverluste aber noch den -weiteren Nachteil
haben, daß für den immerhin oftmals vorkommenden Fall, daß sich das Gewicht des
Walzgutes ungefähr gleichmäßig auf die überdeckten Rollen verteilt, die Umfangskraft
der einzelnen Rollen größer wäre als der Widerstand, «-elchen sich aus Auflagedruck
und Reibung im Zustande der Ruhe ergibt. Unter der Wirkung der für diesen Fall zu
hohen Umfangskraft der Rollen beginnen sich diese so stark zu beschleunigen, daß
sie sofort unter dem Walzgut zu gleiten beginnen. Hierdurch nimmt aber die Reibung
zwischen dem Walzgut und der Rolle gegenüber der der Ruhe erheblich ab, und das
\j'alzgut wird somit viel langsamer beschleunigt. als wenn es bei kleinerer Umfangskraft
der Rollen nicht zu einem Gleiten gekommen wäre.
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Da. die Ver-roherung der Leistung der Einzelantriebsmotoren also eine
Verteuerung Lind gleichzeitig eine Verschlechterung des Rollganges zur Folge hat.
versuchte inan den beschriebenen übelstand dadurch ztt vermeiden, daß man möglichst
sämtliche Überdeckten Rollen zum Tragen und damit zum Treiben des Walzgutes dadurch
brachte, dall man die Rollen nebst ihren Antriebsmotoren auf Federn lagerte. Abgesehen
davon. daf) man auf diese Art keine genügend Aeichmäßige Verteilung des Gewichtes
des V\Valzgutes auf die einzelnen Rollen erzielte, stellt diese Lagerung der Rollen
auch eine erhebliche Verteuerung des Rollsanges dar. Da die Rollen insbesondere
bei schwerem Walzgut heftigen Schlägen und Stößen ausgesetzt sind, dürfte diese
Lösung insbesondere in Hinsicht auf die Rollenmotoren kaum als eine glückliche zu
betrachten sein.
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Durch die Erfindung soll der beschriebene Nachteil des Rollganges
mit einzeln angctricbenen Rollen gegenüber dem mit Gemeinschaftsmotor vollkommen
beseitigt «-erden, und es sollen gleichzeitig gegenüber dein Einzelantriebsrollgang
der heute noch iiblichen Ausführung gewisse weitere Vorzüge erreicht werden.
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Die Erfindung bezieht sich auf Rollgange, deren Einzelmotoren Kurzschlußankermotoren
sind, auf denen Walzgut bewegt werden soll, das eine solche Steifheit besitzt, daß
es je-
weils auf nur wenigen Rollen des von ihm überdeckten Teiles des Rollganges
aufruht. Nach der Erfindung wird ein sicheres Itigangbringen des Walzgutes dadurch
erreicht, daß das Anzugsdrehmoment der Einzelmotoren auf etwa das Zweifache des
norinalen Anlaufdrehmomentes gebracht ist und im Bedarfsfalle auf das Dreifache
durch von Hand unmittelbar oder mittelbar ausgeübte Schaltmaßnahmen vorübergehend
und kurzzeitig gesteigert wird. Hiermit gelingt es, den Block selbst dann noch in
Gang zu bekonimen, wenn er gleiclizeitib mit einem Ende etwa mit dem dritten Teil
seines Gewichtes auf dem Plattenbelag aufruht.
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Die in der genannten Größe erhöhten .\nzugsmomente reichen aus, das
Walzgut in all den Fällen -wieder in Bewegung zu be-
kommen, -wo dies auch
mit dem Rollgang mit gemeinschaftlichem Antriebsmotor möglich ist. In solch ungiinstiger
Labe, in welcher das Walzgut mit den nach der Erfindung überhöhten Anzugsmomenten
nicht in Bewegung zu setzen ist, gelingt es auch mit dein Rollgang mit Gemeinschaftätnotor
nicht,
weil das in solchen Lagen unvermeidbare Gleiten der Rollen
die Ausnutzung noch so hoher zur Verfügung stehender Umfangskräfte ausschließt.
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Gemäß Weiterentwicklung der Erfindung wird den Motoren gleichzeitig
eine solche Charakteristik des Drehmomentes gegeben, daß sie ihr größtes Moment
etwa bei der Hälfte der synchronen Drehzahl erreichen. Das Anzugsmoment soll dabei
kleiner sein. um das bereits erwähnte schädliche Gleiten der Rollen bei Einschalten
der Motoren möglichst zu verhüten, welches trotz der schwächeren Bemessung der Anzugsmomente
der Motoren dann eintritt, wenn der Auflagedruck auf den Rollen durch das Herunterwalzen
des Querschnittes des. Walzgutes abnimmt. Ein noch kleineres Motordrehmoment ist
zwecks Vermeidung des Gleiters der Rollen beim Umkehren ,der Bewegungsrichtung des
Walzgutes erwünscht, weil bei zu hohem Moment das Gleiten mit dem Doppelten der
vorherigen Bewegungsgeschwindigkeit erfolgen würde, was eine starke Abnahme der
Reibung zwischen Walzgut und Rolle und damit eine verzögerte Umkehrung der Bewegungsrichtung
des ersteren zur Folge hätte. Demnach ist gemäß dieser Erfindungserweiterung das
Motormoment nach der Drehfeldumkehrung noch kleiner als das Anzugsmoment bemessen.
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Gemäß einer weiteren Ausbildung der Erfindung können an sich bekannte
Mittel zu der erforderlichen Erhöhung des Anzugsmomentes der Rollenmotoren verwendet
werden. Beispielsweise können die Motoren zur Erzielung der bedarfsweise kurzzeitig
bis zum Dreifachen gebrachten Steigerung des normalen Anzugsmomentes vorübergehend
an eine um 410;o höhere Spannung eines für diesen Zweck vorgesehenen Transformators
geschaltet werden. Da dieser in Sparschaltung ausgeführt werden kann und außerdem
für eine Belastungsdauer von nur wenigen Sekunden bemessen zu werden braucht, wird
er sehr klein und daher kaum teurer als ein bis zwei Motoren des gespeisten Rollganges.
Man kann aber auch die Ständerwicklungen der Rollenmotoren mit Anzapfungen bei 2/1
bis 3/4 der vollen Windungszahl versehen und sie kurzzeitig auf diese Anzapfungen
umschalten. Die Motoren für Blockstraßen könnte man mit in Stern geschalteter Ständerwicklung
betreiben und sie zur Drehmomentsteigerung in Dreieck umschalten, wobei man das
erwiinschte dreifache Anzugsmoment erhält.
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Die beschriebene Steigerung des Anzugsmomentes der Rollenmotoren auf
i bis 2 Sek. wird in allen Fällen genügen, um die schwer belasteten Rollen aus dem
Zustand der Ruhe in Bewegung zu bringen. Zur .iv2iteren Ra! schleunigung reicht
dann das normale, sich nach der Erfindung .erhöhende Motordrehmoment aus. Inzwischen
hat sich das Walzgrit gewöhnlich so weit fortbewegt, daß es auf Rollen zur Auflage
kommt, welche infolge ihres unbelasteten Zustandes währenddessen auf höhere Geschwindigkeit
gekommen sind und die nun ihrerseits mit der aufgespeicherten Schwungkraft an der
weiteren Beschleunigung des Walzgutes teilnehmen.
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" Die Schalteinrichtungen für die beschriebene Art der Rollgänge werden
so gestaltet, daß .der Steuermann nur kurzzeitig und selten von der Steigerbarkeit
der Motorleistung Gebrauch machen kann. Zu dem Zweck wird beispielsweise ein besonderer
Druckknopf angeordnet, durch welchen mittels Schützen die gleichzeitige Umschaltung
aller Motoren auf das erhöhte Anzugsmoment erfolgt. Nach einer weiteren Erfindungsausbildung
werden durch ein thermisches Zeitrelais nach i bis 2 Sek. die Motoren selbsttätig
in die ursprüngliche Schaltung zurückgebracht. -Das Relais, dessen Metalldoppelstreifen
durch den normalen Arbieitsstrom der Motoren bereits vorgeheizt wird, soll so beschaffen
sein, daß es die durch den erhöhten Strom bei zwei- bis dreimaliger Benutzung der
Leistungssteigerung entstehende zusätzliche Wärme eine beträchtliche Zeitlang festhält
und damit sich selbst in der Ausschaltstellung sperrt.
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Die vorübergehende Erhöhung des Anlaufdrehmom@entes von Drehstrommotoren
mit Kurzschlußläufern sowie die geeigneten Mittel hierzu sind an sich längst bekannt.
Sie sind auch bereits für Rollenmotoren vorgeschlagen worden. Nach einem Vorschlag
sollten die Rollenmotoren beim Anlauf ui id beim Abbremsen in Dreieckschaltung der
-Ständerwicklung mit hohem Drehmoment betrieben werden, während sie beim Durchlauf
in Sternschaltung oder in gruppenweiser Reihenschaltung mit kleinem Moment arbeiten
sollten. Dabei sollte die Umschaltung der Ständ:erwicklungen auf das hohe Drehmoment
selbsttätig in Abhängigkeit vom Belastungsstrom erfolgen. Da nun die Stromaufnahme
eines Drehstrommotors mit Kurzschlußanker aber nur von seiner jeweiligen Drehzahl
abhängig ist, tritt beim Einschalten oder beim Abbremsen mit gegenläufigem Drehfeld
immer der hohe Strom auf, durch den die Umschaltung auf das hohe Drehmoment absichtsgemäß
erfolgt. Die Motoren entwickeln daher, unabhängig von der jeweiligen Belastung der
,einzelnen Rollen, stets das hohe Drehmoment. Wenn die Gewichtsbelastung der Rollen
klein ist, was im heruntergewalzten Zustand immer der Fall sein wird, muß es also
stets zu eirein -Gleiten der-Rollen unter dem Walzgut kommen.
Das
angestrebte Ziel, nämlich die kürzestmögliche Umsteuerzeit, wird daher mit diesem
Verfahren nicht erreicht.
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Demgegenüber -wird bei der Erfindung das überhöhte Drehmoment nur
dann benutzt, trenn sich das Walzgut zu langsam oder gar nicht in Gang setzt, wenn
die Motoren mit dem normalen Anzugsmoment eingeschaltet werden. Hierdurch und durch
die beschriebene Änderung des Drehmomentes mit der Drehzahl wird das schädliche
Gleiten der Rollen unter dem Walzgut weitgehend verhütet und damit die kürzestmögliche
Anfahr-bzw. Umkehrzeit erreicht. Gleichzeitig fallen bei dieser Steuermethode die
Motoren viel kleiner und daher viel billiger aus, als wenn dia hohen Anfahr- bzw.
Bremsströme bei jeder Schaltung auftreten.