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Herstellung von aliphatischen Chlorkohlenwa'sserstoffen Bei der Herstellung
von Chlorkohlenwasserstoffen durch Anlagerung von Chlor an olefinische Kohlenwasserstoffe
hat man bisher meistens die Umsetzung in der Gasphase ausgeführt. Hierbei ist es
notwendig, in, verhältnismäßig kleinen Umsetzungsgefäßen. zu arbeiten, da man sonst
der entstehenden Wärme nur ungenügend Herr wird und unerwünschte Nebenerzeugnisse
entstehen.
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Man hat auch bereits vorgeschlagen, Chlor an ofefinische Kohlenwasserstoffe
in der flüssigen Phase, beispielsweise unter Vermittlung eines geeigneten Lösungsmittels
und gegebenenfalls der Einwirkung eines Katalysators, anzulagern. Hierbei hat man
indessen als Ausgangsstoffe nur Olefine mit 2 oder 3 Kohlenstoffatomen oder deren
Chlorabkömmlinge verwendet, bei denen die Gefahr der Nebenumsetzungen verhältnismäßig
gering ist. Selbst wenn man hierbei, wie in der Patentschrift 363269 vorgeschlagen
wird, das Umsetzungserzeugnis als Lösungsmittel verwendet und stets für einen Überschuß
an Olefin sorgt, entstehen höher chlorierte Erzeugnisse. Überträgt .man diese Arbeitsweise
auf die Chloranlagerung an Olefine oder Diolefine mit q. oder 5 Kohlenstoffatomen,
so ist .die Gefahr der zu weitgehenden Chlorierung durch Substitution noch größer.
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In der Patentschrift 142 939 wird für die Halogenierung flüssiger
organischer Stoffe allgemein vorgeschlagen, den flüssigen Ausgangsstoff im Kreislauf
zu führen, so daß das halogenierte Gemisch der Einwirkung des Halogens entzogen
und stets ein großer Überschuß - von nicht halogeniertem Ausgangsmaterial aufrechterhalten
wird. Für die Halogenierung von Butylen eignet sich dieses Verfahren nacht, da .dieses
Olefin unter normalen Bedingungen gasförmig ist.
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Es wurde nun gefunden, daß man aliphatische Chlorkohlenwasserstoffe
aus Olefinen und Diolefinen mit q. oder 5 Kohlenstoffatomen durch Chlorieren eines
wesentlichen Überschusses der Olefine in flüssiger Phase, wobei das Umsetzungserzeugnis
als Chlorierungsmedium
dient, vorteilhaft und ohne die Bildung
von Nebenerzeugnissen herstellen kann, wenn man die Reaktionsmischung mit einer
solchen Geschwindigkeit im Kreislauf pumpt, daß stündlich ein Vielfaches der im
Umsetzungsgefäß enthaltenen Flüssigkeitsmenge durch das Gefäß fließt. Vorzugsweise
arbeitet man in Abwesenheit von Katalysatoren, um das Enderzeugnis nicht durch Fremdstoffe
zu verunreinigen. Es kann erwünscht sein, Chlorüberträger zu verwenden, namentlich
wenn man von Gasgemischen ausgeht, in denen das Olefin in geringer Konzentration
vorhanden ist.
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Die Chloranlagerung läßt sich besonders vorteilhaft in röhren- oder
schlangenförmig gebildeten Gefäßen ausführen, durch die mit Hilfe einer Umlaufpumpe
das Umsetzungserzeugnis, beispielsweise Dichlorbutan, so im Kreislauf gepumpt wird,
daß stündlich ein Vielfaches der im Gefäß enthaltenen Flüssigkeitsmenge durch das
Gefäß fließt. Die Größe des Gefäßes richtet sich nach der in der Zeiteinheit zugeführten
Menge Chlor. Diese wiederum hängt von der Temperatur ab, bei der man die Umsetzung
ausführt; d. h. bei niedrigeren Temperaturen kann man weniger Halogen zuführen als
bei höheren. Die Umsetzungsteilnehmer ,werden der Kreislaufflüssigkeit in einem
Mengenverhältnis zugeführt, daß das Olefin stets im wesentlichen Überschuß vorhanden
ist. Wie groß man den Überschuß wählt, hängt wiederum von der Umsetzungstemperatur
ab. Arbeitet man bei etwa o bis ro°, so ist es ausreichend, wenn das Olefin in etwa
der doppelten Menge zugeführt wird. Steigert man die Umsetzungstemperatur auf etwa
2o bis 3o°, so muß man einen noch höheren Olefinüberschuß wählen, der sich stets
leicht durch einen einfachen Vorversuch ermitteln läßt.
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Im allgemeinen arbeitet man bei Temperaturen, die sich mit Hilfe von
Leitungswasser als Kühlmittel aufrechterhalten lassen, d. h. zwischen. etwa zo und
30°. Man kann jedoch in besonderen Fällen auch noch bei Temperaturen von o° oder
tiefer arbeiten, wozu man dann eine Kühlsole braucht.
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Das Chlor wird, entweder flüssig oder gasförmig, möglichst fein verteilt
in die Kreislaufflüssigkeit eingebracht, beispielsweise durch Düsen mit einer Vielzahl
von Öffnungen oder durch Filterkerzen aus porösem Porzellan.
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Man arbeitet unter solchen Bedingungen, daß die Umsetzungsmischixng
immer flüssig ist. Es ist daher unter Umständen erforderlich, unter erhöhtem Duck
zu arbeiten.
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Die gebildeten Chlorkohlenwasserstoffe werden in der Weise gewonnen,
daß man an einer Stelle des Kreislaufs, an der das Chlor vollständig verbraucht
ist, einen Teil der Flüssigkeit abzieht und aus dieser das nicht umgesetzte Olefin
durch Abtreiben oder Destillieren entfernt. Man erhält so das Enderzeugnis bereits
in vollständig reiner Form, frei von Nebenerzeugnissen oder Lösungsmitteln. Die
Erfindung gestattet also z. B. die Herstellung von Chlorkohlenwasserstoffen von
der Art des Dichlorbutans oder Butadienchlorids in einem Arbeitsgang ohne weitere
Aufarbeitungsmaßnahmen. Verwendet man Chlorüberträger, so lassen sich diese leicht
durch Auswaschen oder Destillieren des Enderzeugnisses entfernen.
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Als Ausgangsstoffe kommen in Betracht Butylen und Isobutyl,eri sowie
Butadien und die entsprechenden Kohlenwasserstoffe mit 5 Kohlenstoffatomen. Besonders
vorteilhaft erweist sich das Verfahren beim Chlorieren von Isobutylen, das im allgemeinen
außerordentlich stark zur Bildung von in der Hauptsache ungesättigten Substitutionserzeugnissen
neigt. Chloriert man hingegen das Isobutylen entsprechend der Erfindung, so entsteht
überhaupt kein Chlorwasserstoff, sondern das Chlor lagert sich vollständig an die
Doppelbindung an. An Stelle von reinen Olefinen kann man auch olefinhaltige Geinische
benutzen, beispielsweise Gemische von Butylen und Butan. Aus derartigen Gemischen
wird, wenn man dafür sorgt, daß der olefinische Anteil stets im wesentlichen Überschuß
über das eingeleitete Chlor vorhanden ist, das Olefin in Dichlorkohlenwasserstoff
übergeführt, ohne daß der Paraffinkohlenwasserstoff auch nur im geringsten angegriffen
wird. Auch in diesem Fall gestaltet sich die Gewinnung des Enderzeugnisses aus der
Kreislaufflüssigkeit außerordentlich einfach. Beispiel z Durch einen Röhrenkühler
pumpt man in geschlossenem Kreislauf 23 kg einer Flüssigkeit, die aus gleichen Gewichtsteilen
Dichlorbutan und Butylen besteht. Der Inhalt des Röhrenkühlers wird in der Stunde
etwa 6omal umgepumpt; die Vorrichtung steht unter einem Druck von .2 Atmosphären.
Während der Umsetzung wird so stark gekühlt, daß sich die Kreislaufflüssigkeit nicht
über WO erwärmt. Man leitet nun in die Kreislaufflüssigkeit vor oder hinter
der Umlaufpumpe an getrennten Stellen stündlich 13 kg Butylen und 5 kg Chlor
ein. An einer andern Stelle des Kreislaufs zieht man stündlich 18 kg der
Flüssigkeit ab, erwärmt diese auf 50- und destilliert so g kg Butylen ab, die man
auffängt und von neuem der Kreislaufflüssigkeit zufügt. Der Rückstand besteht zu
98,2 °/9 aus Dichlorbutan.
Beispiel 2 Durch einen Röhrenkühler,
der von Wasser von a0° gekühlt wird und unter einem Druck von 5 Atmosphären steht,
pumpt man eine Mischung von 12,2 kg i, 2-Dichlorbuten-2 und 7J kg I, 3-Butadien
mit einer Geschwindigkeit, daß der Inhalt des Röhrenkühlers in der Stunde etwa 3oomal
umgepumpt wird. In den Röhrenkühler leitet man stündlich an getrennten Stellen 12,7
kg Butadien und 7,1 kg Chlor ein. Einen Teil der Kreislaufflüssigkeit zweigt man
ständig ab, entspannt ihn durch ein Regulierventil und! destilliert das nicht umgesetzte
Butadien daräus ab. Man erhält so in einer Ausbeute von 75,2 °/o eine Mischung von
1,.2- und i, 4-Dichlorbuten-2. . Beispiel 3 Als Umsetzungsgefäß dienen zwei senkrecht
nebeneinanderstehende Röhrenkühler mit einem Inhalt von Zoo 1, die durch Leitungen
so verbunden sind, daß sie einen geschlossenen Kreis bilden. In. die Leitung, die
die beiden unteren Enden der Kühler miteinander verbindet, ist eine Umlaufpumpe
mit einer Leistung von stündlich etwa 50 cbm eingebaut. Außerdem befindet
sich in der unteren und oberen Verbindungsleitung je eine Düse zum Einleiten von
Chlor und ein Stutzen zum Einpressen von Butylen. Um die Umsetzung in Gang zu bringen,
füllt man das System mit einer Mischung _ aus ioo kg 2,3-Dichlorbutan und 6o kg
Butylen, setzt unter 5 Atmosphären Druck und setzt die Pumpe in Bewegung. Dann,
preßt man durch die beiden Düsen stündlich 142 kg Chlor, durch die Stutzen 264 kg
Butylen ein. Die Temperatur der Kühler wird so gehalten, daß sie an der Eintrittsstelle
des Chlors etwa 40° beträgt. An einer Stelle des einen Kühlers zieht man stündlich
qo6 kg der Kreislaufflüssigkeit. ab, die aus etwa 254 kg 2, 3-Dichlorbutan, 152
kg Butylen und geringen Mengen höher chlorierter Erzeugnisse neben ,wenig Chlorwasserstoff
besteht. Dieses Gemisch läuft fortlaufend in eine unter Druck stehende Destillierkolonne,
wo unter 3,5 Atmosphären Druck und bei 8o° die Hauptmenge des Butylens und der Chlorwasserstoff
abgetrieben werden. Der Blaseninhalt, der noch etwa 5 bis io % Butylen enthält,
wird fortlaufend einem zweiten Destilliergefäß zugeführt, in dem bei etwa ioo° der
Rest des Butylens abgetrieben wird. Das so gewonnene Chlorierungserzeugnis besteht
zu mehr als 95 °/o aus 2,3 Dichlorbutan, das frei von Butylen und Chlorwasserstoff
ist. Das abgetriebene Butylen wird vom Chlorwasserstoff befreit und von neuem in
den Prozeß eingeführt.