-
Verfahren zum Erzeugen einer zusätzlichen Farbwirkung in Dreifarbenaufnahmen
Vorliegende Erfindung ist eine Nutzanwendung von Beobachtungen und Erkenntnissen
über Gesetzmäßigkeiten des Farbensehens, welche in »Melliand's Textilberichten«,
1938, Nr. 1o, in der »Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft«,
1937, Heft 11, S.445 bis 451, und in der »Zeitschrift für Sinnesphysiologie«,
194o (Bd.68), S.65 bis 68, veröffentlicht worden sind.
-
Die bisherige Farbenphotographie ist mit einigen grundsätzlichen Mängeln
behaftet, welche sich nur durch besonders geschickte Wahl des Motivs verdecken lassen
und die sich, wie im folgenden gezeigt wird, auf eine gemeinsame Ursache zurückführen
lassen. Es sind dies der Mangel an farbiger Geschlossenheit, das unnatürlich starke
Hervortreten von Reflexen und die Leblosigkeit der Beleuchtung, welche u. a. dazu
führt, daß bei den bisherigen Farbaufnahmen aller Systeme sonnig und trüb sich im
Gegensatz zur Wirklichkeit nur im Zeichnerischen, nicht aber im Farbcharakter unterscheiden.
-
Auf rein photographischem Wege wäre eine richtige Farbwiedergabe nur
möglich, wenn eine gegenseitige Beeinflussung benachbarter Farben nicht stattfände.
Statt dessen aber hat jeder Farbfleck um sich ein gegenfarbiges Feld, das sich den
Eigenfarben der Umgebung überlagert. So wird die Farbe der bei Tageslicht gelben
Natriumflamme neben einer roten Lampe gelbgrün, neben einer grünen Lampe orangerot
empfunden, und zwar um so ausgeprägter, je näher sie der farbigen Lichtquelle steht.
Ebenso ruft jede Lichtfarbe eine bestimmte Schattenfarbe hervor . 7,. B. wirft orangerotes
Licht blaue, gelbes Licht violette Schatten usf. Die paarweise Zusammengehörigkeit
dieser Farben wurde bereits von Goethe erkannt. Sie können daher
zur
Unterscheidung von den Ostwaldschen Kompleinentärfarben als Goethesche Kontrastfarben
bezeichnet werden. Es sind dies die Farbenpaare Gelb-Veil, Gelbgrün-Veilrot, Grün-Rot,
Blaugrün-Kreßrot, Blau-hreß, Veilblau-Kreßgelb (vgl. ZV. Ehrenberg »Die Farbenwelt
und ihre zahlenmäßige Erfassung«, 1I. Mitt., Zeitschr. gesamte 1 aturwiss., z g
3 7 (.I 1144 5; »Kritisches über Farbendefinitionen«, Zeitschr. Sinnesphvsiol.,
194o [2164)- Die Stärke dieser induzierten Farben wächst mit dem Unterschied im
Buntgehalt zwischen ihrem Erreger und seiner Umgebung und daher mit dem Helligkeitskontrast.
Sie sind also im räumlichen Original ganz andere als in der photographischen Abbildung
mit ihren notwendig verminderten Helligkeitsunterschieden. Diese fehlenden Kontrastfarben
müssen hier also zusätzlich durch Überlagerung erzeugt werden, wenn das Farbenphoto
natürliche Wirkung haben soll.
-
Darüber hinaus ermöglicht dieses Überlagerungsprinzip auch künstlerische
Zusatzwirkungen.
-
Der Vorgang ist folgender: Die hellen Bildteile werden mit der beobachteten
oder riewünschten Beleuchtungsfarbe, die dunklen Bildteile mit der zugehörigen Goetheschen
Kontrastfarbe als Schattenfarbe in beliebiger Weise zusätzlich angefärbt. Diese
Farbüber Lagerung kann in jedem Stadium der Bildherstellung: bei der Herstellung
der lichtempfindlichen Schicht, bei der Aufnahme, beim Kopieren, beim Projizieren
oder auch beim Drucken, erfolgen. je nachdem sind die dazu verwendbaren Mittel verschieden.
Die Lichtfarbe soll möglichst geringen Schwarzgehalt, die Schattenfarbe möglichst
geringen Weißgehalt haben. Die günstigste Farbstärke läßt sich empirisch ermitteln
und wechselt wie das Farbenpaar selbst mit dem Verwendungszweck. Dieser kann -r.
eine Erhöhung der 'N atürlichkeit farbiger Aufnahmen sein. In diesem Falle verwendet
man als Lichtfarbe ein schwaches Gelb, als Schattenfarbe ein dunkles Violett; 2.
kann bei farbigen Aufnahmen eine Veränderung des Beleuchtungscharakters erwünscht
sein, z. B. die Verwandlung einer nüchternen Beleuchtung in eine Morgenstimmung.
Hierzu dient ein Gelbgrün als Lichtfarbe, als Schattenfarbe ein Rotviolett, dagegen
zur Erzielung vonAbendbeleuchtung ein Orangegelb als Lichtfarbe und ein Blauolivviolett
als Schattenfarbe.
-
Für die technische Durchführung gibt es folgende Möglichkeiten: z.
Will man dem Photographen die Arbeit möglichst erleichtern, so stimmt man beim modernen
Dreifarbenmehrschichtenfilm die spektralen Empfindlichkeiten der lichtempfindlichen
Schichten so ab, daß eine weiße Fläche -f bei der herrschenden Beleuchtung nicht
Weiß, sondern die gewünschte Lichtfarbe ergibt. Es wird z. B. die Empfindlichkeit
der Blauschicht im Verhältnis zur Empfindlichkeit der anderen Schichten noch weiter
herabgesetzt als iin handelsüblichen Tageslichtfilm, so daß nach der Aufnahme und
Verarbeitung ein Gelbstich entsteht. Die gesamte Emulsion ist dann mit dem Lichte
der Kontrastfarbe, in diesem Falle Violett, gleichmäßig vorzubelichten.
-
Da bei gegebenem Gelbstich und gegebener schattenfarbiger Lichtquelle
die günstigste Violett-Belichtungszeit bei kontrastarmen Motiven höher liegt als
bei kontrastreichen, muß ein mittlerer Wert gewählt werden. Um Schwankungen in der
Violettempfindliclikeit der Emulsion zu begegnen, empfiehlt es sich, diesen günstigsten
Mittelwert für jede Charge durch Vorversuche mit den Anfangs- und Endstücken der
Filmstreifen neu zu ermitteln.
-
Sofern man dem Photographen die freie Wahl der Kontrastfarben lassen
will, ist die Herstellung von Dreifarbenmehrschichtenaufnahmen auch dadurch möglich,
daß man die Lichtfatbe durch Vorschalten eines lichtfarbenen (z. B. gelben) Farbfilters
erzeugt. Die Kontrastfarbe (in diesem Falle violett ist nach der Aufnahme durch
eine zweite Belichtung einzuführen, indem man z. B. vor das Objektiv ein Lichtfilter
in der Schatten-' farbe (in diesem Falle violett) und eine lichtstreuende Schicht,
z. B. eine Mattscheibe, setzt. Durch Offnen des Objektivs erreicht man dann eine
diffuse zusätzliche Belichtung in der Schattenfarbe.
-
Für den Amateurphotographen eignet sich hierzu ein Farbfilter, welches
mittels eines elastischen, den Apparat umschließenden Bandes vor jeder Linse befestigt
werden kann, und welches aus zwei Schichten besteht, einer farblosen und durchscheinenden,
lichtstreuenden Schicht und einer auf das zugehörige lichtfarbige Filter abgestimmten
schattenfarbigen Schicht.
-
3. Sollen Licht- und Schattenfarbe nachträglich einkopiert werden,
so ist dies bei einem aus drei Teilnegativen bestehenden Farbenphoto dadurch möglich,
daß diese zti einem vierten Teilfarbenbild vereinigt werden, dessen Positiv schattenfarbig
angefärbt') und zusammen mit den drei ursprünglichen Teilfarbenbildern einem lichtfarbig
getonten Untergrund überlagert wird.
-
4. Dient zur Aufnahme ein Dreifarbenmehrschichtenfilm, so wird zusätzlich
ein Schwarzweißabzug hergestellt, schattenfarbig getont und wie oben übertragen.
Statt die Unterlage lichtfarbig zu tönen, kann auch ein lichtfar-biges Deckglas
verwendet werden.
-
1) @. Eder, >%-Ausführliches Handbuch der Photographie;, 4. Bd., :.Teil,
4. Aufl., S-414--
5. Zur Erzeugung der Kontrastfarben bei der Projektion
wirken zwei Lichtquellen zusammen: Die eine projiziert das Bild durch ein lichtfarbiges
Filter hindurch, die andere übergießt die vom Bild ausgeleuchtete Fläche gleichmäßig
mit ;schattenfarbigem laicht. Hierbei wird die Schattenfarbe an den hellen Bildstellen
von der Lichtfarbe verdeckt, während sie an den dunklen Bildstellen sichtbar wird.
Umgekehrt tritt die Lichtfarbe nur in den hellen Bildstellen hervor und verschwindet
an den dunklen Bildstellen hinter der Schattenfarbe.
-
Söfern nur ein einziger Projektionsapparat zur Verfügung steht, kann
der zur Projektion der Schattenfarbe benötigte Lichtstrahl auf dem Wege der Strahlenteilung
dem zur Projektion-des Bildes bestimmten Strahl entnommen werden. Zur Erleichterung
der aArbeit für die Lichtspieltheater kann statt dessen auch ein mit Licht- und
Schattenfarbe bereits versehenes Diapositiv verwendet werden (s. z, z und q.).
-
Zur Erzeugung der Beleuchtungsfarben beim Drucken werden die drei
Teilnegative beim Kopieren zur Deckung gebracht und nach dieser Kopie eine Ätzung
hergestellt, welche die Bildwerte,der drei Teilaufnahmen in sich vereinigt. Diese
Ätzung wird in der Schattenfarbe zusammen mit den Autotypien der drei Teilnegative
auf einen lichtfarbig getonten Untergrund aufgedruckt. .