-
Verfahren zur Entfernung von Schwefelwasserstoff aus Gasen unter gleichzeitiger
Gewinnung von Schwefel Gemäß dem nicht vorveröffentlichten Hauptpatent 709 914 ist
vorgeschlagen worden, daß Schwefelwasserstoff aus Gasen mit einer Thiosulfatlösung,
welche durch Sauerstoff (Luft) in Anwesenheit geringer Mengen organischer Sauerstoffübertr'äger,
vorteilhaft Oxybenzole, Polyoxybenzole, Chinone usw., aktiviert wurde, mit gutem
Erfolg entfernt wird. Die zur Sauerstoffübertragung geeigneten Verbindungen dürfen
aber das Thiosulfat nicht zersetzen, 'bzw. sie dürfen durch das Thiosulfat und dessen
aktive Verbindungen, ferner durch die im Gase vorhandenen Schwefelverbindungen und.
andere Gasbestandteile weder zersetzt noch gefällt werden; sie müssen vor allem
geeignet sein, den Sauerstoff an Thiosulfat übertragen zu können. Die Sauerstoffübertragung
äußert sich in der Abnahmedes Thiosulfatgehaltes,der Lösung, jedoch auf Einwirkung
von Schwefelwasserstoff und anderen im Gase vorhandenen reduzierenden Gasbestandteilen
erscheint in der Lösung der ursprüngliche Thiosulfatgehalt wieder.
-
Den genannten Eigenschaften eines Sauerstoffüberträgers entsprechen,
wie schon in dem Hauptpatent angegeben wurde, am meisten manche Oxy- und Palyoxybenzole,
Chinone, Naphthole, cyclische Amine und deren Verbindungen. Es wurde nun gemäß vorliegender
Erfindung gefunden, daß sich auch manche anorganische Körper, wie z. B.
die
wasserlöslichen Verbindungen des Molybcläns, Vanadins und Wolframs, ä hnlicherweise
verhalten. Die anorganischen und organischen Sauerstoffüberträger können vorteilhaft
auch kombiniert werden, oder man kann sie au0r in Form ihrer Komplexverbindungen
an-«-enden.
-
Die Sauerstoffübertragung an Thiosulfat bzw. die Funktion des Überträgers
ist gegenüber -der O H-Konzentration der Lösung empfindlich. Die beispielsweise
genannten Sauerstoffüberträger erfordern. daß die Lösung einen bestimmten p11-Wert
besitzt, bei welchem ihre Wirkung die günstigste ist. Dieser p11-Wert kann aber
durch die im Gase vorhandenen sauren Bestandteile geändert werden; man muß daher
dafür sorgen, :daß der einmal eingestellte günstige pH-Wert der Lösung. auch konstant
erhalten bleibt. Die Einstellung und Beibehaltung eines den Sauerstoffüberträgers
kennzeichnenden PH-Wertes hat bei dem vorliegenden Verfahren eine sehr wichtige
Rolle. Es ist außerdem noch zu beachten, daß die Verwendung eines Überträgers auf
Schwierigkeiten stößt, weil seine Wirkung erst bei höherem PH-Wert zur Geltung kommt:
dieser Umstand beeinflußt aber ungünstig die Filtration des ausgeschiedenen Schwefels.
Der günstigste pH-Wert der Lösung, bei welchem die Sauerstoffübertragung zufriedenstellend
und auch für die sonstigen Verfahrensstufen noch günstig ist, liegt bei 8 bis g;
die äußerste Grenze zwischen 7 bis 1o, unter 7 zersetzt sich das Thiosulfat, über
g scheidet sich der Schwefel in so einer feinen Form aus, daß seine Filtration erhebliche
Schwierigkeiten verursacht.
-
Zum Erreichen des günstigsten pH-Wertes w *ililt man daher solche
basische Stoffe, welche die Wirkung des gewählten Sauerstoffüberträgers nicht herabsetzen.
Borsäure und seine Verbindungen z_. B. sind im Falle von Sauerstoffüberträgern,
bei welchen die OH-Gruppe durch Borsäure ersetzt wird (Brenzchatechin, Pyrogallol),
nicht anwendbar. Dagegen sind N'erbindungen. welche eine N H-Gruppe enthalten, gegenüber
Borsäure unempfindlich. Ferner sind solche basische Körper, welche auf Einwirkung
der sauren Gasbestandteile in neutrale Z'erl)indungen überführt werden, wie z. B.
Alkali- oder Erdalkalisulfite, Carbonate und Bicarbonate unbrauchbar, weil diese
auf Einwirkung von Schwefelwasserstoff bzw. Schwefel und Sauerstoff allmählich in
das neutrale Thi,osulfat übergehen, wodurch der eingestellte pH-Wert der Lösung
heruntersinkt und damit gleichzeitig die Sauerstoffübertragung herabgesetzt wird.
Die Puffersubstanzen müssen also so gewählt «-erden, daß sie die wirksame Lösungszusaminensetzung
nicht beeinflussen undder Lösung ohne weitere Zugabe vorn Puffersubstanzen einen
gleichbleibenden Wirkungsgrad bzw. ptt-@Vert sichern. So z. B. haben sich iin Falle
von ,#-mi@dooxvbenzolen die basischen Phosphate, Fluoride oder Borgte, bei o-Phenolen
anstatt der schädlichen Borgte die Phosphate kls geeignete Puffersubstanzen erwiesen.
Bei Anwendung von Molybdaten.und deren Komplexverbindungen waren dagegen nur Borgte
anwendbar, während bei Anwendung von Vanadaten und Wolfrainaten Borgte oder Phosphate
den gleichen Dienst geleistet haben. In einer richtig gep ufferten Waschflüssigkeit.
insbesondere, wenn man die erwähnten anorganischen Katalysatoren mit den peroxydierten
organischen Sauerstoffüberträgern in derselben Zusammensetzung anwendet, wird die
Leistungsfähigkeit der Lösung vielfach gesteigert.
-
In der mit Luft behandelten Lösung verschwindet ein Teil des vorhandenen
Thit>-sulfates, in dem dieser in sauerstoffhaltige, aktive Verbindungen übergeht.
Die Wirksamkeit der Lösung hängt mit dein Grad der Behandlung mit Sauerstoff zusammen,
und es ist erforderlich, daß während des Verfahrens die Lösung einen gleichbleibenden
Wirkungsgrad besitzt, welcher während des Atiswaschens von Schwefelwasserstoff nicht
restlos verschwinden darf. Die Wiederbelebung einer gänzlich zu Thiosulfat reduzierten
Lösung ist während des Betriebes schwierig und verursacht Betriebsstörungen, weil
bei einer vollständigen Reduktion nicht mir das Thiostilfat, sondern auch der Sauerstoffüberträger
reduziert wird. Es ist daher wichtig, cla1.I die Lösung noch so viel Sauerstoff
enthält, daß der Sauerstoffü!berträger in seiner Peroxydform vorhanden bleibt. Man
regelt also die Strömungsgeschwindigkeit der Lösung oder des Gases im Wäscher derart,
daß die aus dem Wäscher herausfließende Lösung noch zu einem gewissen Grad wirksam
bleibt und keine Schwefelwasserstofftension aufweist. Es können in einem gegebenen
Waschraum mit einer richtig geführtenLösung die tausendfachen :Mengen von Koksofengasen
gereinigt werden.
-
Günstig wirkende und gut stabilisierte @-,N'aschflüss.igkeiten sind
z. B.: i. o, i bis 0,2 Mol Alkali oder Erdalkalithiosulfat, 0,05 Mol Meta, Tetraborat
oder Borsäure in Alkalicarbonat gelöst, o,oi Mol Methy 1 p-Aminophenol, o,o5 Hydrochinon,
Chinon oder Chinhydron (es können OYvbenzole gewählt werden, welche in p- oder o-Chinone
übergehen, m-Chinone sind unwirksam), o,oi Mol Natriuinmolybdat, Wolframat oder
Vanadat, .a 1 Wasser.
-
o,i bis 0,2 Mol Alkali oder Erdalkalithios.uifat, Puffersubstanz o,o5
Mol -Natriumpyrophosphat
oder -perborat, o.22 1-1o1 N atriumvanadat
öder -wolframat. Bei Airwendung von Molybdat wird Borat als Puffersubstanz gewählt,
i 1 Wasser.
-
Die Waschflüssigkeiten können in diesem-Sinne zusammengestellt an
Generator-, Synthese-, Koksofen-, Schwel= und sonstige Schwefelwasserstoff enthaltende
Gase ängepaßt werden. Die einzelnen Bestandteile und die Menge der Waschflüssigkeit
können ,dem Schwefelwasserstoffgehalt nach .geändert werden. Wenn auf ,die Schwefelgewinnung
kein besonderer Wert gelegt wird, was besonders bei kleinen Reinigungsanlagen der
Fall wäre, so kann man die Waschflüssigkeit statt mit Thiosulfat auch mit Soda ansetzen,
oder die Lösungsverluste, welche in der Praxis nur bei der Schwefelfiltration entstehen,
können ebenfalls mit Soda ersetzt werden. Soda bzw. Alkalicarbonate gehen in der
sauerstoffenthaltenden Lösung inAnwesenheitvon Schwefelwasserstoff und Schwefel
leicht in Thiosulfat über.
-
3hnlicherweise kann man Lösungen von sehr guter Wirkung mit Oxyhydrochinon,
p-Oxythiophenol, Resorcinmethyläther, p-Phenilendiam:in, Triaminoresorcin und anderecyclische
Verbindungen, welche sich peroxydieren lassen, zusammenstellen.' Die erwähnten Sauerstoffüberträgersind
bill=ig und leicht zu erhalten, und sie gehen während der Behandlung mit Sauerstoff,
besonders in Anwesenheit von Wolfram, Vanadin oder Molybdänsalze leicht in eine
Peroxydform über, und der Sauerstoff wird durch Thiosulfat reserviert. Erfindungsgemäß
werden der Lösung immer nur geringe Mengen Sauerstoffü:berträger zugegeben, und
es genügt, wenn in einer 2prozenti=gen Thiosulfatlösung etwa o,oi Mol oder noch
`weniger vorhanden sind.
-
Bei der technischen Durchführung des Verfahrens mischt man zu dem
schwefelwasserstoffhaltigen Gas Sauerstoff oder Luft und wäscht das Gasgemisch mit
einer Waschflüssigkeit nach der oben angegebenen oder ähnlichen Zusammensetzung.
®Ammon:iakfreie Gase wäscht man unter 6o° C aus, weil bei dieser Temperatur die
Sauerstoffaufnahme und Übertragung besonders günstig ist; außerdem wird das Thiosulfat
nur in sehr geringem Maße zu inaktivem Sulfat oxydiert. Die Waschflüssigkeit hält
man im Kreislauf. Wenn der Schwefelwasserstoffgehalt des Gases niedrig ist, dann
reicht manchmal schon der im Gas vorhandene Sauerstoff zum Entfernen ,des Schwefelwasserstoffes
aus. Der Sauerstoffgehalt des Gases muß aber gegenüber dem Schwefelwasserstoff im
Überschuß vorhanden sein. Ist d=ieses niedriger, und es ist nicht erwünscht, dem
Gas Sauerstoff zu-7umischen, dann wird die Aktivierung der Lösung in einer zweiten
Stufe durchgeführt; die aus dein Gaswäscher herausfließende und von Schwefel befreite
Waschflüssigkeit wird hier mit Sauerstoff oder Luft behandelt und in den Gaswäscher
zurückgeführt. Die Waschflüssigkeit bleibt auch 'in - diesem - Falle im ununterbrochenen
Kreislauf.
-
Die organischen Schwefelverhindungen, hauptsächlich die Merkaptane
und Polysulfide und ihre Polymerisationsprodukte, werden zum großen Teil in der
Waschflüssigkeit zersetzt, so daß das Gas mit dem Schwefelwasserstoff auch von dem
größten Teil der organischen Schwefelverbindungen befreit wird.
-
Wenn :es sich um Abgase handelt oder wenn das Gas nicht besonders
wertvoll ist und man nur den Schwefelwasserstoff, welcher für die Umgebung lästig
ist, vernichten oder auf Schwefel aufarbeiten will, dann verdünnt man dieses Gas
einfach mit so viel Luft, daß der Schwefelwasserstoffgehalt auf z Völurriprozent
oder noch tiefer heruntersinkt und das verdünnte Gas unmittelbar in .den Gaswäscher
leitet. Diese Arbeitsweise hat den Vorteil, daß die Behandlung der Waschflüssigkeit
mit Luft überflüssig wird. Geringe Mengen Schwefeldioxyd neben Schwefelwasserstoff
im Gas sind nicht schädlich für das Verfahren.
-
Das Verfahren wird wie folgt durch=geführt Die Waschflüssigkeit wird
vorher mit Luft behandelt, so lange, bis ein Teil :des Thiosulfates verschwindet.
Mit dieser Lösung wird das Gas gewaschen, und die aus dem Gaswäscher herausfließende
Lösung muß noch wirksam bleiben. Das Verfahren kann beispielsweise nach der Abbildung
in zwei Abänderungen,durch-geführt werden. Die Ab:b. i zeigt eine Ausführungsform
für kleinere Anlagen, während d=iejenige gemäß Ab b. 2 für größere Anlagen geeignet
ist.
-
Nach der Abb. i können -in eine=m Reaktionsgefäß von etwa ioo 1 in
der Stunde ioo cbm Gas mit etwa 8 g Schwefelfcbm mit etwa .4oo 1 Lösung ausgewaschen
werden. Im Kreislauf werden nur etwa 8o bis ioo 1 Lösung gehalten, welche sich sehr
leicht wiederbeleben läßt. Die im Kreislauf gehaltene Lösung ist folgenderweise
zusammengesetzf: o,i bis 0,2 Mol Natriumthiosulfat oder Carbonat, 0,05 Mol Borax,
o,oi NIol - Methyl-p-aminoph:enolsulfat, o,o2 Mol Natriummolybdat, i 1 Wasser. Die
Lösung wird im Lösungsbottich i, der auch als Flüs:s:igkeitssammelgefäßdient, angesetzt
und mit der Pumpe 2 durch die Leitungen 6, 7 und 8 durch den Injektor 14 in das
Reaktionsgefäß 4 gedrückt, in welchem die unter Druck gehaltene Waschflüssigkeit
zerstäubt wird. Gleichzeitig wird
auch Luft angesaugt. Die Flüssigkeit
und Luft wird hier innigst gemischt, und gleichzeitig wind auch der Thiosulfatgehalt
-der Lösung in aktive Form überführt. Die Lösung fließt von hier durch die Leitung
io wieder in das Sammelgefäß i zurück. Ein Teil der aktivierten Flüssigkeit wird
durch die Leitung, 7 und 9 in .den zu dem Reaktionsgefäß 5 gehörenden Injektor 15
gedrückt. Dieser arbeitet ebenso wie der Injektor 14, sein Saugrohr ist aber mit
der Gasleitung verbunden. Die im Belüftungsgefäß q. aktivierte Lösung oxvdiert hier
den Schwefehvasserstoff ztt Schwefel. Die mit Schwefel beladene Flüssigkeit fließt
durch die Leitung i i wieder in den Sammelbottich i. Die Pumpe hält die Flüssigkeit
in "der Leitung 7 unter Druck und betätigt die Injektoren, während der Drucküberschuß
die schwefelhaltige Lösung durch einen eingestellten Hahn durch die Leitung 12 in
das Filter 3 drückt. Von hier" fließt die filtrierte Lösung durch die Leitung 13
wieder in den Sammelbottich i. Die Leitungen 16 und 17 führen (las Reingas und die
Restluft ab. Ist die Strömungsgeschwindigkeit der Lösung bz1v. des Gases und der
Hahn eingestellt, dann läuft das Verfahren automatisch weiter, eine Überwachung
ist überflüssig. Der einzige bewegliche Teil der beschriebenen Apparatur ist nur
die Pumpe. Die Apparatur ist mit etwa 300 Watt im Betrieb zu halten. Verluste
können in der Lösung nicht entstehen. Bei größeren Anlagen wird die geschilderte
Schaltung folgenderweise abgeändert: Abb. 2: Lösungsbottich i, Pumpe 2, Injektor
1d.. Belüftungsgefäß :I, Lösungsbottich i, für aktivierte Lösung, Pumpe 2, Injektor
15, Reaktionsgefäß 5. Der geschlossene Kreislauf der Lösung ist klar und einfach.
-
Das Verfahren und seine technische Durchführung ist so einfach, daß
es auch kleine Gaswerke anwenden können. Für Generatoranlagen eignet sich das Verfahren
besonders gut, weil es im Betrieb überhaupt keine Übersv achung benötigt. Das Verfahren
besitzt auf Grund seiner Einfachheit die Vorteile des trockenen Reinigungsverfahrens,
wobei noch zu beachten ist, daß die Anlage viel weniger Raum benötigt und das umständliche
Ein-und Auspacken bzw. Neuanschaffung der Reinigungsmasse sich erübrigt.